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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSK vom 16.11.2012, RV/0271-K/09

Art und Zeitpunkt der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruches

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Zemrosser und die weiteren Mitglieder HR Dr. Ploner, KR Dr. Wilhelm Miklin und Reinhard Krassnig im Beisein der Schriftführerin Melanie Zuschnig über die Berufung der Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Erbschaftssteuer nach der am in 9020 Klagenfurt, Dr. Herrmanngasse 3, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung

entschieden:

Der Berufung wird stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Der Vater der Berufungswerberin (in der Folge auch bloß: Bw.), Mirko Musteric, verstarb im Sommer 2007. Er war slowenischer Staatsbürger, alleinstehend und hatte seinen Wohnsitz in Slowenien.

Mit Eingabe vom teilte die Bw. ihrem Wohnsitzfinanzamt in Ö-Stadt mit, dass sie gemeinsam mit ihrer Schwester aus dem Nachlass ihres Vaters Sparbücher von Banken mit Sitz in Slowenien erhalten hätte. Ihr Anteil an den Sparguthaben habe € 209.451,30 betragen, die ihr anerlaufenen Auslagen € 17.064,94. Die bis zum Todestag des Vaters angefallene slowenische Kapitalertragsteuer sei ordnungsgemäß abgegolten worden. Schließlich ersuchte die Bw., die Erbschaftssteuer unter Berücksichtigung des Urteiles des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom , Rechtssache C-315/02, Anneliese Lenz, sowie des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom , 2003/13/0011, vorzuschreiben.

Das Finanzamt setzte der Berufungswerberin gegenüber für deren Erwerb von Todes wegen Erbschaftssteuer (ErbSt) im Betrag von € 15.214,88 fest. Begründend führte das Finanzamt aus, die - erkennbar von der Bw. angestrebte - Befreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) könne nicht gewährt werden, da die Erträge des Kapitalvermögens im Zeitpunkt des Todes des Erblassers nicht der österreichischen Einkommensteuer unterlegen sind.

Ihre dagegen fristgerecht erhobene Berufung begründete die Bw. zunächst damit, dass in dem von ihr angegebenen Betrag des erworbenen Kapitalvermögens auch die Zinsen ab dem Todestag des Erblassers enthalten waren, die ab diesem Zeitpunkt ihr zuzurechnen wären. Es seien daher die Zinsen für 2008 in Höhe von € 7.015,07 sowie anteilig Zinsen für 2007 im Ausmaß von € 3.077,78 in Abzug zu bringen. Darüber hinaus würden die ihr auch schon zum Todeszeitpunkt und danach zuzurechnenden Kapitalerträge der österreichischen Einkommensteuer unterliegen. Deshalb wären die berufungsgegenständlichen slowenischen Sparbücher gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG steuerfrei, da diese Steuerbefreiung mit Wirksamkeit ab auch auf ausländische Sparbücher ausgedehnt worden sei. Die vom Finanzamt gewählte Auslegung würde dem österreichischen Gesetz einen Inhalt unterstellen, der der im EG-Vertrag normierten Kapitalverkehrsfreiheit widerspräche. Überdies wäre die Ansicht des Finanzamtes auch nicht mit dem ebenfalls aus dem EG-Vertrag ableitbaren Grundsatz der Niederlassungsfreiheit vereinbar, weshalb beantragt werde, den bekämpften Bescheid aufzuheben.

In seiner dem Begehren nur teilweise stattgebenden Berufungsvorentscheidung verminderte das Finanzamt die Bemessungsgrundlage um die Zinsen für 2008 sowie um einen Teil der Zinsen für 2007, insgesamt um € 9.977,60. Dem weiteren Begehren der Bw. auf Anwendung der Steuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 1 Z 17 ErbStG auf die slowenischen Sparguthaben versagte das Finanzamt indes eine Anerkennung. Abgesehen davon, dass dem von der Bw. angezogenen EuGH-Verfahren C-315/02, Anneliese Lenz, ein anderer Sachverhalt zugrunde gelegen sei, würde die Befreiung auch nach der im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht stehenden Rechtslage ab dem nicht zustehen, da die dem Erblasser bis zu seinem Ableben zuzurechnenden Kapitaleinkünfte jedenfalls nicht der österreichischen Einkommensteuer unterlegen wären. Dies gelte unabhängig davon, dass die nach dem Todeszeitpunkt der Bw. zuzurechnenden Zinserträge aufgrund ihres Wohnsitzes in Österreich der inländischen Einkommensteuer zu unterwerfen waren.

Die Berufungswerberin bekräftigte in ihrem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nochmals ihren Standpunkt, dass die Sparbücher schon mit dem Todeszeitpunkt ihr zuzurechnen und daher die Erträgnisse daraus der österreichischen Einkommensteuer zu unterziehen wären. Außerdem wiederholte die Bw. ihr Begehren, die Zinsen auf den Tag genau und nicht, wie das Finanzamt das vorgenommen hatte, monatsweise zu aliquotieren. Beigelegt hatte die Bw. ihrer Eingabe eine Ablichtung eines Protokolls vom über die Durchführung der Verlassenschaftsabhandlung nach Mirko Musteric vor dem Bezirksgericht Slo-Stadt. Dieser Niederschrift zufolge hatte der Erblasser ein gültiges Testament hinterlassen, womit er seine Schwägerin Darija Musteric und deren Tochter Mariza Musteric als Erbinnen eingesetzt hatte. Die Berufungswerberin und deren Schwester (Anm.: Sollten sich in der Folge Ausführungen, Bezeichnungen oder Angaben auf eine Mehrzahl von Personen beziehen, so sind, sofern nicht ausdrücklich anders angeführt, die Berufungswerberin und ihre Schwester gemeint. Da betreffend die Schwester in ihrer eigenen Erbschaftsteuerangelegenheit ebenfalls ein Berufungsverfahren unter der GZ. RV/0270-K/09 anhängig ist, wird der einfacheren Lesbarkeit halber im Folgenden auch nur die Bezeichnung Berufungswerberinnen verwendet.) als einzige gesetzliche Erbinnen waren im Testament nicht erwähnt. Bei der Aufteilung des Nachlassvermögens, welches neben den Sparguthaben auch die im Eigentum des Erblassers gestandene Wohnung in Slo-Stadt umfasste, folgte das Nachlassgericht der zwischen den testamentarischen und den gesetzlichen Erbinnen getroffenen und in einer Urkunde vom festgehaltenen Vereinbarung. Dieser einvernehmlichen Abrede zufolge erhielten die Testamentserbinnen die erblasserische Eigentumswohnung, während das Kapitalvermögen den Bw. je zur Hälfte zugewiesen wurde. Weiters ist im Verhandlungsprotokoll festgehalten, dass die Schwägerin zugunsten ihrer Tochter auf ihr testamentarisches Erbe verzichten würde, sodass die Wohnung ihrer Tochter bzw. der Nichte des Erblassers allein übereignet wurde. Außerdem wurde im Protokoll noch darauf hingewiesen, dass die Bw. mit Rücksicht auf das als gültig anerkannte Testament bloß als Pflichtteilsberechtigte mit Anspruch auf jeweils nur die Hälfte des gesetzlichen Erbteiles anzusehen wären. Die mit € 1.231,50 bezifferten Verfahrenskosten hätten je zu einem Drittel die Bw., ihre Schwester sowie die testamentarischen Erbinnen zu tragen.

Unter Bezugnahme auf ein schon zuvor mit dem Referenten geführtes Telefonat brachten die Bw. und ihre Schwester in der mündlichen Berufungsverhandlung einleitend vor, sie hätten ihren Pflichtteilsanspruch erst in der Verlassenschaftsverhandlung vom geltend gemacht. Im Hinblick auf die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Geltung stehenden Bestimmungen des ErbStG wäre ihnen auch keine Erbschaftssteuer vorzuschreiben und müssten die angefochtenen Bescheide daher aufzuheben sein.

Zum Sachverhalt selbst führten die Berufungswerberinnen aus, sie wären stets der Meinung gewesen, als einzige leibliche Nachkommen des Erblassers gemeinsam Erbinnen des gesamten Nachlassvermögens zu sein. Erst geraumere Zeit nach dem Ableben ihres Vaters wäre ihnen seitens der slowenischen Verwandten eröffnet worden, dass angeblich ein Testament zugunsten der Schwägerin und Nichte des Erblassers bzw. Tante und Cousine der Berufungswerberinnen existieren würde, welches aber vorerst nicht auffindbar gewesen sei. Im Jänner 2008 hätten dann diese Verwandten dem Bezirksgericht Slo-Stadt das in der Wohnung gefundene Testament vorgelegt, ihren daraus abgeleiteten Erbanspruch dort deponiert sowie die Berufungswerberinnen davon verständigt. In der Folge sei Dr. Advokatnic, ein von den Berufungswerberinnen beauftragter Anwalt, für sie tätig geworden, der auch die Ansicht der Bw., das Testament weise erhebliche Mängel auf, teilte. Diesbezüglich wurde ein an die Berufungswerberin gerichtetes Schreiben des Dr. Advokatnic vom vorgelegt, worin dieser zunächst festhielt, dass die slowenischen Verwandten offensichtlich ihre Forderungen beträchtlich reduziert hätten. Weiters bekräftigte Dr. Advokatnic darin nochmals seine Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit und rechtlichen Qualität des Testamentes. Festgehalten ist im genannten Schreiben auch, dass der Bw. neben dem Pflichtteil angeblich der doppelte Pflichtteil bzw. schließlich ein Drittel angeboten worden sei, diese das Angebot aber richtigerweise nicht angenommen hätte. Hiezu führten die Berufungswerberinnen in einer nach Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung übermittelten Eingabe klarstellend aus, ein doppelter Pflichtteil wäre ihnen niemals angeboten worden. Wenn dies so der Fall gewesen wäre, hätten sie sich schon im Jänner 2008 geeinigt, da ihnen dann ja der gesamte Nachlass zugekommen wäre. Die entsprechende Textstelle im Schreiben des Dr. Advokatnic sei vielmehr dahingehend auszulegen, dass ihnen die Verwandten offenbar im Hinblick auf das vorgefundene Testament nur die Position als Pflichtteilsberechtigte zugebilligt hätten. Trotzdem hätten ihnen die Verwandten zwei Drittel der Erbschaft angeboten und sich selbst mit einem Drittel begnügt, was von den Berufungswerberinnen damals aber nicht angenommen wurde. Schließlich findet sich im Schreiben des Dr. Advokatnic noch der Vorschlag an die Bw., ein Verzeichnis über all die Gegenstände und Beträge, die sie als Erbin aus der Verlassenschaft erhalten würde, zu erstellen.

Beigelegt war dem Schriftsatz des Dr. Advokatnic eine mit datierte Eingabe der Schwägerin und der Nichte des Erblassers an das Bezirksgericht Slo-Stadt. Damit wurden unter Bezugnahme auf eine schriftliche Eingabe vom eine Ablichtung des zwischenzeitig aufgefundenen Testamentes dem Nachlassgericht vorgelegt und die Ansprüche als testamentarische Erben angemeldet.

Im Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung legten die Bw. weiters eine mit datierte "Ladung zur Verlassenschaftsverhandlung" für den vor. Nach dem Inhalt dieser Ladung konnten die Bw. bis zum Ende des Nachlassverfahrens die Erbschaftsannahme oder die Erbschaftsausschlagung vor dem Gericht zu erklären. Auch war es noch erforderlich, dass in der Erklärung ausdrücklich festgehalten werde, ob die Bw. den Erbteil, welcher ihnen gesetzlich oder laut dem Testament zusteht, annehmen oder ausschlagen wollen bzw. ob sich die Erklärung auf den Pflichtteil beziehe.

Zudem legten die Bw. noch eine schriftliche Vereinbarung mit den slowenischen Verwandten vor, welche von allen Vertragsparteien am unterfertigt worden war. Diese Vereinbarung enthielt zunächst eine genaue Umschreibung des vom Verstorbenen hinterlassenen Vermögens. Dann erklärten Mariza Musteric und Darija Musteric, die Eigenschaft der Berufungswerberinnen als gesetzliche Erben nach dem verstorbenen Mirko Musteric anzuerkennen. Im Gegenzug anerkannten die Bw. die Gültigkeit und Richtigkeit des Testamentes und daraus abgeleitet das testamentarische Erbrecht von Mariza und Darija Musteric. Unter Berücksichtigung dieser wechselseitigen Erklärungen teilten die Parteien den Nachlass so auf, dass Mariza und Darija Musteric die erblasserische Wohnung erhielten, die Berufungswerberinnen je zur Hälfte das Kapitalvermögen. Abschließend ist in der Urkunde noch festgehalten, dass die Vereinbarung dann abgeschlossen wäre und gelte, wenn diese von allen Parteien unterschrieben sei. In der Verlassenschaftsabhandlung am folgte das Bezirksgericht Slo-Stadt dieser Vereinbarung und wies den Parteien die Vermögenswerte laut der getroffenen Abrede zu. Ausdrücklich wurde weiters festgehalten, dass die Bw. das Testament und das Erbrecht von Mariza und Darija Musteric anerkannt hatten, sowie dass die beiden Letztgenannten das gesetzliche Erbrecht der Bw. anerkannt hatten. Mit Rücksicht auf die Anerkennung der testamentarischen Erben würde nach den maßgeblichen Bestimmungen des (slowenischen) Erbgesetzes den beiden Berufungswerberinnen daher nur der Pflichtteil, der die Hälfte des gesetzlichen Erbteiles ausmache, zustehen.

Schließlich legten die Bw. in der mündlichen Berufungsverhandlung einen Schriftsatz sowie einen Aktenvermerk des Dr. Advokatnic vom vor, wonach dieser im Hinblick auf die am unterfertigte Urkunde die Bw. ausdrücklich darauf aufmerksam machte, dass sie damit nur mehr die Stellung von Pflichtteilsberechtigten hätten und er sie infolge Vollmachtsaufkündigung in der Verlassenschaftsabhandlung am nicht mehr vertreten könne. Angeschlossen waren diesen Schriftstücken auch noch eine Kopie einer E-Mail der Bw. an Dr. Advokatnic vom , womit sie diesem mitgeteilt hatte, dass sie am gleichen Tag die Vereinbarung mit den slowenischen Verwandten unterschrieben hätten, sowie eine Ablichtung einer E-Mail der Schwester der Bw. vom , adressiert ebenfalls an Dr. Advokatnic, mit der diese um Rückübermittlung verschiedener Unterlagen ersuchte.

In rechtlicher Hinsicht vertraten die Bw. die Auffassung, sie hätten den Pflichtteilsanspruch erst in der Verlassenschaftsverhandlung am , frühestens jedoch am , mit der Unterfertigung der Vereinbarung, geltend gemacht. Erst zu diesem Zeitpunkt hätten sie das bis dahin als fragwürdig angesehene Testament anerkannt und sohin überhaupt erst die Stellung von Pflichtteilsberechtigten erlangt. Vorher wären sie als gesetzliche Erben, die auch nach slowenischem Recht Anspruch auf den doppelten Pflichtteil, hier also auf das gesamte Nachlassvermögen, gehabt hätten, anzusehen gewesen. Die mit Wirksamkeit vom aufgehobenen Bestimmungen des ErbStG wären daher nicht mehr zur Anwendung zu bringen und die angefochtenen Bescheide sohin aufzuheben.

Vom Finanzamt, dem sämtliche vorangeführte Unterlagen ausgehändigt bzw. übersendet worden waren, wurde die Ansicht vertreten, die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruches wäre schon vor dem , nämlich im Zuge der Verhandlungen mit den slowenischen Verwandten über die Höhe der jeweiligen Ansprüche, erfolgt. Maßgeblich sei dabei nicht die Unterzeichnung der Urkunde oder eine genaue Bezifferung des Anspruches, sondern bloß eine nach außen hin - und nicht nur einem Gericht gegenüber - erkennbare allgemeine Handlung zur Geltendmachung des Pflichtteiles, was hier notwendigerweise schon vor Unterzeichnung der Urkunde geschehen sein musste. Weil damals aber die maßgeblichen Bestimmungen des ErbStG noch in Gültigkeit gestanden wären, beantragte die Amtsvertreterin, die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Als Ergebnis des erst- und zweitinstanzlichen Ermittlungsverfahrens geht der erkennende Senat von nachstehendem und als entscheidungsrelevant festgestelltem Sachverhalt aus:

Im Sommer 2007 verstarb Mirko Musteric. Er war slowenischer Staatsbürger, alleinstehend und hatte seinen Wohnsitz in Slo-Stadt, B-Straße-1, Slowenien. Einzige leibliche Nachkommen und auch gesetzliche Erbinnen waren die Töchter des Erblassers, nämlich die Berufungswerberin und ihre Schwester, die beide als österreichische Staatsbürgerinnen ihren Wohnsitz seit dem Kindesalter in Österreich haben. Zum Nachlassvermögen gehörten neben der Eigentumswohnung an der vorangeführten Wohnsitzadresse des Erblassers auch mehrere Sparbücher bei Banken mit Sitz in Slowenien. Die Zinserträge aus diesen Kapitalien unterlagen der slowenischen Kapitalertragsteuer. Das gesamte hinterlassene Kapitalvermögen inklusive Zinsen bis zum Todestag hatte ca. € 395.000,00 betragen.

In den Jahren vor seinem Ableben hatten sich die Schwägerin des Erblassers, Darija Musteric, und deren Tochter Mariza Musteric um ihn gekümmert. Darija Musteric hatte den Haushalt besorgt und dem Erblasser bei den Verrichtungen des täglichen Lebens geholfen, während sich die Nichte Mariza Musteric um die finanziellen, wirtschaftlichen und behördlichen Belange des Erblassers gekümmert hatte.

Die Berufungswerberin und ihre Schwester waren stets der Meinung gewesen, dass ihnen als einzigen Erbinnen der Nachlass auch zur Gänze zufallen würde. Einige Zeit nach der Beerdigung des Erblassers haben sich Darija Musteric und ihre Tochter Mariza an die Berufungswerberinnen gewendet und von diesen zur Abgeltung der erbrachten Pflege- und Betreuungsleistungen einen Betrag von € 240.000,00 verlangt. Die Bw. wiesen dieses Ansinnen wegen des ihrer Ansicht nach weit überhöhten Ausmaßes zurück.

Im Oktober 2007 haben Darija und Mariza Musteric einen Pflegeaufwandsersatz bei dem für das Nachlassverfahren zuständigen Bezirksgericht Slo-Stadt angemeldet und auf ein angeblich vorhandenes, bis dahin allerdings nicht aufgefundenes Testament hingewiesen. Mit Eingabe vom überreichten sie dann das in der Wohnung des Erblassers aufgefundene handschriftlich verfasste Testament und meldeten ihre Ansprüche auf die Erbschaft als Testamentserben an. Mit diesem undatierten Testament hatte Mirko Musteric seine Schwägerin Darija Musteric und seine Nichte Mariza Musteric als alleinige Erbinnen seines gesamten Vermögens eingesetzt. Die beiden Berufungswerberinnen als seine leiblichen Töchter hatte der Erblasser indes nicht erwähnt, wodurch ihnen im Falle der Gültigkeit des Testamentes nach der damals geltenden slowenischen Erbrechtslage nur die Qualifikation von Pflichtteilsberechtigten zugekommen wäre.

Zwischenzeitig hatten die Berufungswerberinnen im Wege des mit der Wahrung ihrer Interessen betrauten Rechtsanwaltes Dr. Advokatnic dem Gericht bekanntgegeben, dass sie die einzigen leiblichen Abkömmlinge des Erblassers wären. Bestärkt und bestätigt durch die Meinung des Dr. Advokatnic, wonach aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes die Echtheit und Gültigkeit des Testamentes auf jeden Fall angezweifelt werden müsse, waren die Bw. weiterhin der Ansicht, alleinige Erbinnen des gesamten Vermögens zu sein und hatten aus dieser Position heraus Verhandlungen mit den slowenischen Verwandten hinsichtlich der Anerkennung deren Forderungen geführt.

Die Schwägerin des Erblassers und deren Tochter wiederum hatten aus dem Testament für sich das alleinige Erbrecht abgeleitet und den Berufungswerberinnen die Stellung von bloßen Pflichtteilsberechtigten zugebilligt. Trotzdem boten die slowenischen Verwandten den Bw. zwei Drittel des Wertes der Erbschaft an und hätten sich selbst mit einem Drittel davon begnügt. Dieses Angebot haben die Bw. jedoch - im Hinblick auf die ihnen nach ihrer damaligen Auffassung zur Gänze zustehende Erbschaft - nicht angenommen.

Mit Ladung vom zur Verlassenschaftsverhandlung am wurden die Bw. darauf hingewiesen, dass sie bis zum letztgenannten Termin zu erklären hätten, ob sie den gesetzlichen oder testamentarischen Erbteil annehmen oder ausschlagen würden bzw. ob sich eine derartige Erklärung (Anm.: bloß) auf den Pflichtteil beziehe.

Die Verhandlungen mit den slowenischen Verwandten hinsichtlich der Aufteilung des Nachlassvermögens fanden schließlich dergestalt einen Abschluss, dass Darija und Mariza Musteric die Eigenschaft der beiden Bw. als Erbinnen kraft Gesetzes anerkannten. Im Gegenzug stellten die Bw. die Echtheit und Gültigkeit des Testamentes außer Streit. Gleichzeitig erfolgte die ausdrückliche Anerkennung der rechtlichen Stellung der beiden slowenischen Verwandten als Testamentserbinnen durch die Berufungswerberinnen. Auf Basis und im Lichte dieser so geschaffenen Voraussetzungen wurde das Kapitalvermögen den beiden Berufungswerberinnen zugeordnet, die erblasserische Eigentumswohnung den slowenischen Testamentserbinnen. Diese Vereinbarung erlangte nach dem Willen aller Vertragsparteien mit der allseitigen Unterfertigung der Urkunde am ihre Rechtsgültigkeit.

Im Hinblick auf die getroffene Vereinbarung beendeten die Berufungswerberinnen ihre Zusammenarbeit mit Dr. Advokatnic, der sie in seinem abschließenden Schreiben vom ausdrücklich darauf aufmerksam machte, dass ihnen damit nur mehr die Stellung von Pflichtteilsberechtigten zukommen würde.

Das Nachlassgericht folgte in der Verlassenschaftsverhandlung am der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarung und wies ihnen die Vermögenswerte entsprechend zu. Hervorgehoben wurde durch das Gericht auch, dass die Bw. mit Rücksicht auf die vorgelegte Urkunde nach slowenischem Erbrecht nur mehr die Eigenschaft von Pflichtteilsberechtigten hätten.

Diese Feststellungen gründen sich auf die vorliegenden und vom erkennenden Senat als unbedenklich erachteten Urkunden sowie auf die überzeugenden Aussagen der beiden Berufungswerberinnen in der mündlichen Senatsverhandlung.

Rechtlich ist dieser Sachverhalt wie folgt zu würdigen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 (ErbStG) unterliegt der Steuer nach diesem Bundesgesetz der Erwerb von Todes wegen.

Nach § 2 Abs. 1 Z 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches.

Pflichtteil ist jener Erbteil, den bestimmte nahe Verwandte mindestens erhalten müssen. Den Berufungswerberinnen als erblasserischen Kindern stand auch nach slowenischem Erbrecht als Pflichtteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteiles zu. Ohne Vorliegen einer gültigen letztwilligen Verfügung wäre ihnen als einzigen leiblichen Nachkommen das gesamte erblasserische Vermögen zugefallen. Die Schwägerin des Erblassers und deren Tochter indes hätten nur einen eingeschränkten Anspruch auf eine Abgeltung der dem Verstorbenen gegenüber erbachten Leistungen gehabt.

§ 12 Abs. 1 Z 1 lit. b ErbStG normiert, dass für den Erwerb eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches die Steuerschuld mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung entsteht.

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat mit seinem Erkenntnis vom , G 54/06 u.a., den Grundtatbestand des § 1 Abs. 1 Z 1 ErbStG als verfassungswidrig aufgehoben. Im Spruch des genannten Erkenntnisses hat der VfGH auch bestimmt, dass diese Aufhebung mit Ablauf des in Kraft trete. Hat also der VfGH in einem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände - mit Ausnahme des(r) Anlassfalles (-fälle) - weiterhin anzuwenden (Erkenntnis des ). Umgekehrt bedeutet dies, dass die maßgebliche Gesetzesbestimmung in Fällen, wo die Steuerschuld erst mit oder danach entstanden ist, eben nicht zur Anwendung gelangen kann.

Von entscheidender Relevanz für den vorliegenden Berufungsfall ist sohin, wann die Berufungswerberin ihren Pflichtteilsanspruch geltend gemacht hat und ob damit gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 lit. b ErbStG eine Steuerschuld entstanden ist.

Die Erbschaftssteuerpflicht für den Pflichtteil entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte oder dessen Vertreter nach außen hin - auch außergerichtlich und auf welche Weise auch immer - ernstlich zu erkennen gibt, dass er seinen Pflichtteilsanspruch wahren und nicht darauf verzichten möchte (Dorazil-Taucher, ErbStG, MANZsche Große Gesetzausgabe, Rz 3.14ff zu § 12; Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Rz 16 zu § 12; , vom , 88/16/0163, und vom , 93/16/0129, 0130). Nach Megow/Michel, Kommentar zum (Anm.: deutschen) ErbStG, Beck'sche Steuerkommentare6, § 9 Abs. 1 Z 1 lit. b dErbStG, Rz 5, ist ein Pflichtteilsanspruch in dem Zeitpunkt geltend gemacht, in dem der Pflichtteilsberechtigte dem Belasteten zu erkennen gibt, dass er aus seinem Anspruch Rechte herleiten will.

Anders als dies das Finanzamt sieht, vertritt der erkennende Senat die Auffassung, dass ein eindeutiger Wille, den Anspruch als Pflichtteilsberechtigte jedenfalls zu wahren, frühestens am , mit der Unterfertigung der Urkunde über die Verteilung des Nachlasses, zu Tage getreten ist. Dies deshalb, da die Berufungswerberinnen vorher, als das Testament noch nicht aufgefunden war, und auch daran anschließend in der Zeit, als noch Zweifel über die Echtheit und Gültigkeit desselben bestanden hatten, stets der Meinung gewesen sind, als einzige Erbinnen einen Rechtsanspruch auf das gesamte Nachlassvermögen zu haben. Umgekehrt ist den slowenischen Verwandten, solange eine Anerkennung des Testamentes und damit ihrer Eigenschaft als Erbinnen durch die Berufungswerberinnen nicht erfolgt war, auch kein erbrechtlicher Anspruch auf den Nachlass bzw. Teile davon zugestanden. Hiezu besonders bedeutsam erscheint der Berufungsbehörde die gerade wiedergegebene Ansicht von Megow/Michel, dass jedenfalls ein Belasteter vorhanden sein muss, dem gegenüber der Pflichtteilsberechtigte Ansprüche geltend machen kann. Belasteter im Sinne dieser Rechtsmeinung kann aber nur jemand sein, dem erbrechtliche Ansprüche auf das Nachlassvermögen - aus welchem Titel auch immer - zustehen. Solche Ansprüche entstanden für die slowenischen Verwandten aber frühestens mit der Anerkennung des Testamentes und ihrer Erbenstellung, wodurch sie erst die Stellung von Belasteten erlangen konnten. Vorher hätten die Bw. rechtswirksam gar keine Pflichtteilsansprüche geltend machen können, da es an Empfängern für solche Forderungen mangelte, also keine belasteten Personen rechtlich existent waren.

Erst mit dem Moment der Anerkennung der Gültigkeit des Testamentes und damit der Erbenstellung der Tante und der Cousine reduzierte sich sohin die rechtliche Eigenschaft der Berufungswerberinnen auf eine solche von bloßen Pflichtteilsberechtigten. Dadurch waren die Bw. erbrechtlich auch erst in der Lage, überhaupt Pflichtteilsansprüche an rechtlich vorher gar nicht existente Forderungsempfänger zu richten. Die rechtsverbindliche Anerkennung des Testamentes und der daraus resultierenden Konsequenzen erfolgte aber nach dem am Ende der Urkunde zum Ausdruck gebrachten Parteienwillen und auch bei Würdigung des gesamten Geschehensablaufes erst mit der Unterzeichnung der Urkunde am . Bis dahin hätten es die Berufungswerberinnen jederzeit in der Hand gehabt, ihre Meinung unschwer wieder zu ändern. Allfällige Zweifel an der Richtigkeit der Datierung der Vereinbarung können damit ausgeräumt werden, dass die Bw. mittels einer in Ablichtung vorgelegten E-Mail vom Dr. Advokatnic über die am gleichen Tag getroffene Entscheidung und Unterfertigung der diesbezüglichen Urkunde informierte.

Eine auf die Geltendmachung von bloßen Pflichtteilsforderungen gerichtete Willensäußerung konnte vorher nicht festgestellt werden. Im Gegenteil wurden die Bw. - wie etwa aus dem Schreiben vom erhellt - von Dr. Advokatnic laufend und bis zuletzt als einzige Erbinnen angesehen und auf dieser Basis die geschäftliche Beziehung abgewickelt. Auch mit der Ladung vom zur gerichtlichen Nachlassabhandlung war die rechtliche Stellung der Berufungswerberinnen noch offen geblieben.

Da sohin nach Ansicht des erkennenden Senates der Pflichtteilsanspruch erst am geltend gemacht wurde, konnten die Bestimmungen des ErbStG nicht zur Anwendung gelangen und war der Berufung daher stattzugeben.

Nicht gefolgt werden kann indes der Meinung des Finanzamtes in seiner Replik auf die nach Schluss der mündlichen Senatsverhandlung erstattete Eingabe der Bw., diese hätten in den Gesprächen mit den slowenischen Verwandten ihre Pflichtteilsansprüche deponiert und zu erkennen gegeben, dass sie auf ihre Ansprüche nicht verzichten würden. Diesbezüglich wird auf die klarstellenden, glaubhaften und oben wiedergegebenen Ausführungen der Bw. verwiesen, wonach ihnen von den Verwandten im Hinblick auf das aufgefundene Testament als vermeintlichen Pflichtteilsberechtigten trotzdem zwei Drittel der Erbschaft angeboten worden wäre. Die Bw. haben dieses Angebot im Glauben an ihre alleinige Erbenstellung jedoch nicht angenommen.

Unzutreffend ist nach Auffassung des Berufungssenates auch der vom Finanzamt angestellte Größenschluss, mit einer Geltendmachung ihrer Ansprüche als gesetzliche (Allein-) Erbinnen wäre seitens der Bw. implizit auch der Pflichtteil angesprochen und geltend gemacht worden. Folgte man dieser Rechtsansicht, dann wäre die im § 12 Abs. 1 Z 1 lit. b ErbStG getroffene und von der grundsätzlichen Regelung, wonach die Steuerschuld mit dem Todestag des Erblassers entsteht, abweichende Normierung entbehrlich und inhaltsleer. Eine solche Intention kann dem Gesetzgeber wohl nicht unterstellt werden.

Abschließend wird noch bemerkt, dass im Hinblick auf die getroffene Entscheidung ein weiteres Eingehen auf die von den Bw. behauptete EU-rechtswidrige Auffassung und Vorgangsweise des Finanzamtes nicht weiter geboten war.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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