Familienbeihilfenanspruch eines Spachtlers
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des J, 1120, vertreten durch Mag. Renate Fradinger, 2100 Korneuburg, Badesee 119, vom gegen die Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, vertreten durch Mag. Irene König, vom betreffend Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe für den Zeitraum August 2005 bis November 2005 und über den Bescheid betreffend Abweisung des Antrags auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum von August 2005 bis Dezember 2007 entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Antrag 1:
Der Berufungswerber (Bw.) stellte am einen Antrag auf Gewährung einer Ausgleichszahlung für die Familienbeihilfe für seinen Sohn K, geb. am 2005 für das Kalenderjahr 2005.
Bescheid 2005
Mit Bescheid vom wurde die Ausgleichszahlung für den Zeitraum August 2005 bis Dezember 2005 gewährt.
Antrag 2
Am stellte der Bw. einen weiteren Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für seinen Sohn K .
Bescheid 2006
Am erließ das Finanzamt einen Abweisungsbescheid für den Zeitraum Jänner 2006 bis Dezember 2006. Dieser Bescheid kam dem Bw. allerdings nicht zu. Dieser hatte laut Angabe der KIAB am einen Unfall und war in der Folge neun Monate in ärztlicher Behandlung in der Slowakei und in Polen .
Antrag 3
Am stellte der Bw. wiederum einen Antrag auf Gewährung einer Ausgleichszahlung für die Familienbeihilfe für die Kalenderjahre 2005, 2006 und 2007. In diesem gab er an, dass seine nicht arbeitende Gattin und sein Sohn seit in Wien wohnhaft seien und zuvor in Polen gelebt hätten.
Rückforderungsbescheid
Am erließ das Finanzamt einen Bescheid über die Rückforderung der zu Unrecht bezogenen Beihilfe für den Zeitraum August bis Dezember 2005 und begründete diesen wie folgt:
"Für Staatsangehörige bestimmter EU/EWR-Staaten gelten die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes weiter. Sie haben innerhalb der 7-jährigen Übergangsfrist keinen freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Stehen solche Staatsangehörige unter Umgehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in Österreich in einem Arbeitsverhältnis, kann nicht vom Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft im Sinne der genannten EU-Verordnungen ausgegangen werden. In einem solchen Fall ist daher der Anspruch auf die österreichischen Familienleistungen ausgeschlossen.
Gemäß § 47 Einkommensteuergesetz liegt ein Arbeitsverhältnis dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet, der Arbeitnehmer unter der Leistung des Arbeitgebers steht oder dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Ein Arbeitsverhältnis liegt demnach insbesondere dann vor, wenn der Arbeitgeber sein persönliches Weisungsrecht hinsichtlich der Art der Ausführung der Arbeit, der Zweckmäßigkeit des Einsatzes der Arbeitsmittel, der zeitlichen Koordination der zu verrichtenden Arbeiten, der Vorgabe des Arbeitsortes und der Arbeitszeit ausübt.
Dabei ist nach gängiger Rechtsprechung bei der Beurteilung, ob ein steuerlich als Arbeitsverhältnis einzustufendes Vertragsverhältnis besteht, vom tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern auszugehen. Maßgebend sind ausschließlich die objektiven Umstände, auch wenn die formalen Voraussetzungen (z.B. Gewerbeschein) für eine selbständige Erwerbstätigkeit vorliegen."
Bescheid
Mit gleichem Datum erließ das Finanzamt einen abweisenden Bescheid August 2005 bis Dezember 2007, wobei die Begründung ident mit jener des Rückforderungsbescheides war:
1. Berufung
Am wurde gegen beide Bescheide Berufungen eingebracht. Bezüglich des Abweisungsbescheides brachte der Bw. vor:
"- In der Begründung zitieren Sie einige Gesetzes-Ausschnitte bzw. einige allgemeinen Feststellungen Ihrerseits angeführt werden.
- Kein einziger Satz praktisch begründet, aus welchem Grund immer, mir die Gewährung der Familienleistung für oben erwähnten Zeitraum abgewiesen wurde!
- Wenn es mir aber unterstellt wird, dass die von mir in Österreich auf Basis der gelösten Gewerbescheine ausgeübte Tätigkeit als Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG zu beurteilen und daher nach dem AuslBG bewilligungspflichtig wäre, dann möchte ich hiermit anführen, dass es nicht stimme, weil ich tatsächlich am in Österreich ein Gewerbebetrieb gegründet habe und gleich nach der Anmeldung des Gewerbebetriebes, die zuständige LD der SVA der Gewerblichen Wirtschaft über die von mir angemeldete Tätigkeit mitgeteilt habe und die Beiträge dann laufend bezahlte, und weil ich beim zuständigem Wohnsitzfinanzamt innerhalb eines Monats nach Anmeldung des Gewerbebetriebes um eine Steuernummer angesucht habe sowie die entsprechenden Steuererklärungen für die abgelaufenen Wirtschaftsjahre 2005, 2006 und 2007 dann abgegeben habe (siehe Beilagen im Steuerakt).
- In meinem Fall lag ein Gewerbebetrieb vor, weil alle Kriterien, welche für die selbständige Führungen eines Gewerbebetriebs sprachen, samt dem Vorliegen einer betrieblichen Struktur (§§ 28, 29 BAO), bei mir vorhanden waren (die Gewerben inzwischen zurückgelegt wurden).
- In meiner nachhaltigen, selbständigen Betätigung, welche mit Gewinnabsicht von mir unternommen wurde, war ich mit keinen Weisungen der Auftraggeber verbunden, ich war persönlich von niemandem abhängig und in den geschäftlichen Organismus der Auftraggeber nicht eingegliedert.
- Das Unternehmerrisiko ausschließlich von mir getragen wurde und für die Gewährleistung ich selbe haftete.
- Kein Auftraggeber hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsfortgang und die Arbeitsqualität mich kontrollierte!
- Eine Vertretung bei Hinderung zulässig war.
- In meiner Arbeit ich ausschließlich mein eigenes Werkzeug und zum Großteil eigene Arbeitsmittel verwendete.
- Am Standort meines Gewerbebetriebes ich über die Büroräumlichkeit und Aufbewahrungsmöglichkeit für meine Arbeitsmittel und Arbeitsmaterial verfügt habe.
- Durch das aktive Geschäftsanbahnen ich um ausreichende Anzahl von Aufträgen selbst kümmerte.
- Von allen anderen Behörden meine selbständige Tätigkeit in meinem Gewerbebetrieb niemals aberkannt wurde."
2. Berufung
Bezüglich der Rückforderung zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe führte der Bw. wie folgt aus:
"- Mit gegenständlichem Bescheid wurde ich verpflichtet die zu Unrecht bezogene Familienleistung für meinen damals in o.a. Zeitraum in Polen lebenden Sohn K, geb. am 2005, gem. § 26 Abs. 1 FLAG 1967 i.V. mit § 33 Abs. 4 Z3 lit. a EStG 1988 zurückzuzahlen.
- In der Begründung zum o.a. Bescheid zitieren Sie nur einige Gesetzes-Ausschnitte bzw. einige allgemeine Feststellungen Ihrerseits angeführt werden. Kein einziger Satz praktisch begründet, aus welchem Grund, mir die Gewährung der Familienleistung für oben erwähnten Zeitraum aberkannt wird, und warum ich die mir früher gewährte Leistung jetzt zurückzahlen muss!
- Daher schließe ich hiermit die gleiche Begründung zu meiner jetzigen Berufung ein, welche ich zu meiner Berufung gegen Ihren anderen Abweisungsbescheid, ebenfalls vom , angehängt habe."
Berufungsvorentscheidungen
Am erließ das Finanzamt zwei Berufungsvorentscheidungen, eine hinsichtlich der Berufung gegen den Abweisungsbescheid und eine betreffend die Berufung gegen den Rückforderungsbescheid vom und führte aus:
"Für Staatsangehörige bestimmter EU/EWR-Staaten gelten die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und haben diese innerhalb der siebenjährigen Übergangsfrist keinen freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt. Stehen diese Staatsangehörige unter Umgehung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in Österreich in einem Arbeitsverhältnis, kann nicht vom Vorliegen einer Arbeiternehmereigenschaft im Sinn der EU-Verordnung ausgegangen werden. In einem solchen Fall ist daher der Anspruch auf die österreichische Familienbeihilfe ausgeschlossen.
Sie besitzen zwar einen Gewerbeschein für Verspachteln sowie für Hausbetreuung. Ihre diesbezüglichen Tätigkeiten wurden aber seitens der KIAB als scheinselbständige Tätigkeit eingestuft. Da diese Tätigkeiten arbeitnehmerähnlich sind, wäre dafür eine Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz notwendig gewesen. Da aber eine solche nicht vorliegt, ist somit kein Anspruch auf Familienbeihilfe gegeben."
Vorlageantrag
Am brachte der Bw. gegen beide Bescheide einen Vorlageantrag ein und begründete diesen folgendermaßen:
"Ich bestreite hiermit nochmals ihre Behauptungen, dass meine in o.a. (Rückforderungs)Zeitraum geführte in Österreich Tätigkeit nicht selbständig bzw., wie die KIAB sie einstufte, scheinselbständig war. Was die Niederschrift mit dem KIAB-Team vom alleine betrifft, möchte ich anführen, dass es mir nachher keine diesbezügliche Stellungnahme in Form von einem Bescheid zugestellt wurde, welcher meine in Österreich geführte selbständige Erwerbstätigkeit anders interpretiert hätte.
Nochmals erkläre ich ausdrücklich hiermit, dass ich mein zu versteuerndes Einkommen in dem gefragten und o.a. Zeitraum von August 2005 bis November 2005 (ab August 2005 bis Dezember 2007), ausschließlich als Einkünfte aus meinem Gewerbebetrieb zu betrachten war. Das alles in meiner Berufung vom ganz deutlich von mir begründet wurde.
Ich verstehe auch nicht, warum ihre Finanzamt-Beihilfengruppe anders denke?"
Verständigungsschreiben des Magistrates der Gemeinde Wien
In der Folge langten zwei Verständigungsschreiben des Magistrates der Gemeinde Wien Seite 46,47 beim Finanzamt ein, über die Zurücklegung der Gewerbeberechtigungen mit betreffend Verspachteln bereits montierter Gipskartonplatten und betreffend Hausbetreuung, sowie eine Bestätigung der Firma InnenausbauZ, in der bestätigt wird, dass der Bw. in dieser Firma seit als Monteur beschäftigt ist und ein Bruttogehalt von € 1.600,--, bzw. ein Nettogehalt von € 1.171,29 bezieht.
Beigelegt war weiters eine Bescheidausfertigung des AMS, demgemäß dem Bw. für die Zeit vom bis eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Baumonteur erteilt worden ist.
Zentralmelderegister
Eine Behördenanfrage aus dem Zentralmelderegister ergab, dass der Bw. seit in Wien hauptgemeldet ist.
Einnahmen/Ausgabenrechnung für das Jahr 2005
Der im Akt aufliegenden Einnahmen/Ausgabenrechnung für das Jahr 2005 ist zu entnehmen, dass der Bw. in diesem Jahr einen Gewinn von € 3.331,22 erzielte. Für das Jahr 2006 erklärte er einen Gewinn von € 149,47.
Niederschrift KIAB
In der mit der KIAB am aufgenommenen Niederschrift gab der Bw. an, dass er seit fast einem Jahr ununterbrochen gemeinsam mit seiner Frau und seinem Kind in Österreich lebe. Der monatliche Mietzins betrage € 220,-- exklusive Energiekosten. In der Zeit von April 2005 bis September 2009 sei er in Österreich selbständig mit Gewerbeschein für Verspachteln sowie für Hausbetreuung tätig gewesen.
Am sei er schuldlos an einem Kfz-Unfall beteiligt gewesen und sei aus diesem Grund neun Monate in medizinischer Behandlung in der Slowakei und in Polen gewesen.
Er sei in diesem Zeitraum, wie aus den vorgelegten Rechnungen hervorgehe, lediglich für drei Auftraggeber tätig gewesen.
Er lebe von Ersparnissen, die er aufgrund seiner Tätigkeit für eine polnische Firma in Deutschland in den Jahren 2002 und 2003 angespart habe.
Seit sei er nunmehr als unselbständiger Baumonteur erwerbstätig. Er besitze ein Auto mit polnischem Kennzeichen, das er für Familienbesuche in Polen nütze. Sein Werkzeug (Spachteln, Wasserwaage, Maßstab und Bleistifte) transportiere er in seinem Rucksack mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Gemäß einer im Akt aufliegenden Bescheinigung der Verwaltungskommission für die soziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer hat die Gattin des Bw. von August 2005 bis auf weiteres keinen Anspruch auf Familienleistungen, weil "Brak Aktywnosci Zawodowej" (fehlende berufliche Aktivität).
Den im Akt aufliegenden Bestätigungen des Zentralmeldeamtes, ist zu entnehmen, dass sowohl Frau A und auch das Kind K seit mit Nebenwohnsitz beim Bw. gemeldet sind.
Beantwortung eines Ergänzungsersuchens
In Beantwortung eines Ergänzungsersuchens vom brachte der Bw. vor:
"Da ich keine Anmeldebescheinigung benötige (ich kam nach Österreich vor dem ), lege ich Ihnen nur diese von meiner Ehefrau und meinem Sohn vor. Unser Sohn hat niemals einen Kindergarten in Österreich besucht. Wird und wurde immer von meiner Ehefrau zu Hause betreut und gepflegt."
Beigelegt war diesem Schreiben eine Anmeldebescheinigung für EWR-Bürgerinnen, demgemäß sich die Gattin des Bw. und dessen Sohn seit als Angehörige in Österreich aufhalten dürfen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Allgemeine Ausführungen
Gemäß § 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe.
Gemäß Artikel 73 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern iVm der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 hat ein Arbeitnehmer oder ein Selbständiger, der den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats unterliegt, für seine Familienangehörigen, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des ersten Staates, als ob diese Familienangehörigen im Gebiet dieses Staates wohnten.
Der persönliche Geltungsbereich der Verordnung Nr. 1408/71 ist in Artikel 2 definiert. Gemäß Artikel 2 Abs. 1 gilt die - als unmittelbares Recht anzuwendende - Verordnung Nr. 1408/71 insbesondere für "Arbeitnehmer und Selbständige, für welche die Rechtsvorschriften eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gelten oder galten".
Gemäß Art 3 der VO (EWG) Nr. 1408/71 haben Personen, die im Gebiet eines Mitgliedstaates wohnen und für die diese Verordnung gilt, die gleichen Rechte und Pflichten auf Grund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, wie die Staatsangehörigen dieses Staates, soweit besondere Bestimmungen dieser Verordnung nicht anderes vorsehen.
Eine Leistung wie die Familienbeihilfe nach dem österreichischen FLAG ist eine Familienleistung iSv Art 4 Abs. 1 lit h der VO (EWG) Nr. 1408/71.
Da der Bw. als polnischer Staatsangehöriger infolge des Beitritts Polens zur Europäischen Union vom persönlichen Geltungsbereich der genannten Verordnung erfasst ist, besteht somit grundsätzlich Anspruch auf Familienleistungen auch für Kinder, die sich ständig in einem anderen EU-Land aufhalten.
Mit dem EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz, BGBl I 2004/28, hat Österreich den Beitritt der neuen Mitgliedstaaten umgesetzt und von der vertraglichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Arbeitnehmerfreizügigkeit für die neuen EU-Staatsbürger einzuschränken. Österreich kann Übergangsbestimmungen hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit und der Dienstleistungsfreiheit für die neuen EU-Bürger für maximal sieben Jahre einführen. Für Staatsangehörige der neu beigetretenen Staaten (mit Ausnahme Maltas und Zyperns) wird im § 32a Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) normiert, dass sie nicht unter die Ausnahme für EWR-Bürger (§ 1 Abs. 2 lit 1 AuslBG) fallen. Neue EU-Bürger unterliegen für die Dauer der Anwendung des Übergangsarrangements weiterhin dem AuslBG.
Für polnische Arbeitnehmer besteht daher grundsätzlich Bewilligungspflicht nach dem AuslBG.
Die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 28/2004, lauten:
"Begriffsbestimmungen
§ 2 Abs. 2: Als Beschäftigung gilt die Verwendung
a) in einem Arbeitsverhältnis,
b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
c) in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5,
d) nach den Bestimmungen des § 18 oder
e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
Abs. 4: Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.
Voraussetzungen für die Beschäftigung von Ausländern
§ 3 Abs. 2: Ein Ausländer darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder einen Niederlassungsnachweis besitzt."
Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet (vergl. auch § 47 Abs. 2 EStG 1988).
Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht, oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Nach gängiger Rechtsprechung (, , ) ist bei der Beurteilung, ob ein Dienstverhältnis besteht, vom tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt der Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern auszugehen. Maßgebend sind weder die Bezeichnung noch subjektive Gesichtspunkte, sondern ausschließlich die objektiven Umstände (). Dies gilt sowohl hinsichtlich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes als auch hinsichtlich des Steuerrechts.
Das sachliche Weisungsrecht ist auf den Arbeitserfolg gerichtet, während das für die Arbeitnehmereigenschaft sprechende persönliche Weisungsrecht einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit fordert. Die persönlichen Weisungen sind auf den zweckmäßigen Einsatz der Arbeitskraft gerichtet und dafür charakteristisch, dass der Arbeitnehmer nicht die Ausführung einzelner Arbeiten verspricht, sondern seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt (; ; ). So nimmt das persönliche Weisungsrecht des Arbeitgebers etwa auf die Art der Ausführung der Arbeit, die Zweckmäßigkeit des Einsatzes der Arbeitsmittel, die zeitliche Koordination der zu verrichtenden Arbeiten, die Vorgabe des Arbeitsortes usw. Einfluss.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus ist im Sinne einer Abhängigkeit vom Auftraggeber zu verstehen (). Sie zeigt sich u.a. in der Vorgabe von Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsmittel durch den Auftraggeber sowie in der unmittelbaren Einbindung der Tätigkeit in betriebliche Abläufe des Arbeitgebers. Ein Tätigwerden nach den jeweiligen zeitlichen Gegebenheiten bringt eine Eingliederung in den Unternehmensorganismus zum Ausdruck, was dem Vorliegen eines Werkverhältnisses zuwider läuft ().
Eine Entlohnung, die sich ausschließlich am wirtschaftlichen Erfolg bzw. Arbeitsergebnis orientiert (Akkordlohn, Provisionen), ist für einen Arbeitnehmer eher selten, kommt aber im Wirtschaftsleben vor. Sie begründet dann kein Unternehmerwagnis, wenn die mit der Tätigkeit verbundenen Kosten unmittelbar vom Auftraggeber getragen werden, und wenn diesem gegenüber ein wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis besteht ().
Das an sich für eine selbständig ausgeübte Tätigkeit sprechende Merkmal des Unternehmerrisikos kann in gewissem Maße auch auf Dienstverhältnisse zutreffen, etwa wenn der Arbeitnehmer in Form von Provisionen oder Umsatzbeteiligungen am wirtschaftlichen Erfolg seines Arbeitgebers beteiligt ist ().
Eine Kontrolle des Auftraggebers hinsichtlich Art, Ort und Zeit der Beschäftigung spricht für Nichtselbständigkeit.
Wenn ein Auftragnehmer sich bei seiner Arbeitsleistung vertreten lassen kann und das Bestimmungsrecht darüber nicht dem Auftraggeber zusteht, sondern im Belieben des Auftragnehmers liegt, ist in der Regel ein Werkvertragsverhältnis anzunehmen (; ). Allerdings ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise darauf Bedacht zu nehmen, dass es sich bei der Vertretungsmöglichkeit nicht bloß um eine formale Vereinbarung, sondern um eine der üblichen Gestaltung im Wirtschaftsleben entsprechende tatsächliche Vertretungsmöglichkeit handeln muss ( 92//15/0230).
Einordnung der Tätigkeit des Bw.
Im vorliegenden Fall ist aus nachstehenden Erwägungen davon auszugehen, dass sich die Tätigkeit des Bw. nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht als selbständige, sondern vielmehr als eine typische unselbständige Beschäftigung als Arbeiter auf einer Baustelle darstellt:
Der Bw. hat seit April 2004 in Österreich seinen Hauptwohnsitz.
Lt. eigenen Angaben war er in diesem Zeitraum lediglich für 3 Auftraggeber tätig. Der Bw. stand daher - mangels einer Vielzahl von Auftraggebern - in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zu seinem/n Auftraggeber/Auftraggebern.
In den berufungsgegenständlichen Jahren erzielte der Bw. nachfolgende Einkünfte:
April - Dezember 2004
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einnahmen gesamt | Keine erklärt |
01.01. -
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einnahmen (Pauschalzahlungen) | 6.044,60 | |
Ausgaben (incl. Miete, PKW-Kosten) | 2.713,38 | |
Ergebnis | 3.331,22 |
01.01. -
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einnahmen (Pauschalzahlungen) | 5.170,08 | |
Ausgaben (incl. Miete, PKW-Kosten) | 5.020,61 | |
Ergebnis | 149,47 |
01.01. -
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Einnahmen (Pauschalzahlungen) | 9.940,00 | |
Ausgaben | 2.000,60 | |
Ergebnis | 7.939,40 |
Für die Ausübung seiner Tätigkeit benötigte der Bw. an Werkzeug gemäß seiner Aussage vom nur Spachteln, Wasserwaage, Maßstab und Bleistifte. Das zu verarbeitende Arbeitsmaterial wurde dem Bw., entgegen seinem Berufungsvorbringen, großteils von seinem Auftraggeber zur Verfügung gestellt, wie einerseits aus den vorgelegtem Einnahmen Ausgaben Rechnungen, andererseits aus seiner Aussage vom ersichtlich ist. Dass er selbst die zu erbringenden Leistungen festlegte und die Baustellen aussuchte auf denen er arbeitete ist nicht anzunehmen und (wurde auch nicht behauptet), da der Bw. insgesamt nur für 3 Auftraggeber arbeitete und es den wirtschaftlichen Gegebenheiten entspricht, dass diese ihm mitteilten auf welcher Baustelle und wo auf dieser Baustelle er zu arbeiten hatte bzw. welche Arbeiten er ausführen sollte. Der Bw. hatte keine Mitarbeiter. Das Entgelt wurde immer als Pauschale abgerechnet. Festgestellt wird, dass die vom Bw. gelegten Einnahmen- Ausgabenrechnungen keine einzige der Vielzahl an Betriebsausgabenpositionenaufweisen, wie sie üblicherweise im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit anfallen (bspw. die Kosten eines betriebsbereiten Standortes, Werbe/Akquisitionskosten, Personalkosten) , sondern aus diesen vielmehr ersichtlich ist, dass auch Kosten der privaten Lebensführungen mit eingeflossen sind. (Beispielsweise PKW/Treibstoffkosten - obwohl der Bw. selbst angibt den PKW nur für Besuche bei seinen Eltern und Schwiegereltern zu benutzen.)
Die dem Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Arbeitskraft betraf Verspachtelungsarbeiten, wie sie in gleicher Weise üblicherweise im Rahmen eines Arbeitsvertrages verrichtet werden. Inwieweit sich die Art seiner Tätigkeit von jener eines (Hilfs)Arbeiters, eines mit solchen Arbeiten befassten Unternehmens, unterscheiden sollte, ist an Hand des vorliegenden Sachverhaltes nicht zu erkennen.
Auch wenn der Bw. in seiner Berufung angibt, dass er bei der Ausübung seiner Tätigkeit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsqualität und Arbeitsfortgang von seinem Auftraggeber nicht kontrolliert wurde kommt dieser Aussage keine entscheidende Bedeutung zu, weil er in hohem Ausmaß von seinen (3) Auftraggebern wirtschaftlich abhängig war.
Wenn der Bw. angibt, dass er sich bei einer Verhinderung vertreten lassen konnte, erscheint dies dem UFS als Schutzbehauptung, da der Bw. in jenen Zeiten in denen er unfallsbedingt nicht arbeiten konnte keine Einnahmen erzielte und auch für diese Zeit keine Vertretungskosten angefallen sind.
Als Beschäftigung § 2 Abs. 2 AuslBG gilt die Verwendung in einem Arbeitsverhältnis, in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird, in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs. 5, nach den Bestimmungen des § 18 oder überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.
Abs. 4 leg. cit normiert weiters, dass für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend ist.
Aufgrund obiger Ausführungen weist Tätigkeit des Bw. - trotz Vorliegens eines Gewerbescheins - eindeutig die äußere Erscheinungsform einer nicht selbständigen Tätigkeit auf, so dass für deren Ausübung eine Beschäftigungsbewilligung notwendig gewesen wäre.
Im Einkommensteuerrecht besagt § 47 Abs. 2 EStG 1988 dass ein Dienstverhältnis vorliegt, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist.
Der Begriff des Dienstverhältnisses ist durch § 47 EStG jedoch nicht abschließend definiert, sondern wird als Typusbegriff durch eine Vielzahl von Merkmalen bestimmt, die nicht alle in gleicher Intensität vorhanden sein müssen (). Der Legaldefinition des § 47 Abs. 2 EStG 1988 sind jedoch zwei Kriterien zu entnehmen, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen, nämlich die Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber und die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers.
In jenen Fällen, in denen beide Kriterien noch keine klare Abgrenzung zwischen einer selbständig und einer nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit ermöglichen, ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (vgl. z.B. Erkenntnis vom , 2007/13/0071; , 2003/13/0018) auf weitere Abgrenzungskriterien Bedacht zu nehmen, wozu insbesondere das Fehlen eines Unternehmerrisikos zählt. Das für eine selbständige Tätigkeit typische Unternehmerrisiko besteht darin, dass der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und damit den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend zu gestalten. Hingegen ist es für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses kennzeichnend, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und demgegenüber der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen vom Erfolg unabhängigen Lohn zu bezahlen hat.
Mit einem Werkvertrag iSd § 1151 ABGB wird grundsätzlich die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges, d.h. zur Herstellung eines Werkes als eine in sich geschlossene Einheit, in der Regel bis zu einem bestimmten Termin, vereinbart. Die zu erbringende Leistung wird im Werkvertrag selbst konkretisiert und individualisiert. Ein Werkvertrag stellt ein Zielschuldverhältnis dar, dem keine auf Dauer angelegte Leistungserbringung zu Grunde liegt. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet.
Den aus den Jahren 2004 bis 2007 vorliegenden Rechnungen sind der ähnliche, wenig konkretisierte Inhalte und die Gestaltung gemeinsam. Neben dem Namen der Vertragspartner enthalten sie jeweils eine Objekt-(Baustellen)adresse. Die Arbeiten sind mit "Verspachtelung" bezeichnet. In keinem Fall ist der tatsächliche Umfang des Auftrages bzw. die konkrete Leistung, d.h. eine Angabe über das zu erbringende "Werk", enthalten. Als Auftragswerte finden sich Pauschalbeträge. Hinsichtlich der Abrechnungsform sind keine Angaben enthalten. Auch ist kein Leistungserbringungszeitraum enthalten. Des Weiteren sind keine Vereinbarungen hinsichtlich Haftung oder Pönale erkennbar, auch wenn der Bw. in der Berufung angibt, dass er die Gewährleistung zu tragen gehabt hätte. Eine Gewährleistung gegenüber dem Bauherrn ist jedenfalls nicht gegeben, das der Bw. nicht von diesem sondern von einem diesem untergeordneten Unternehmer die Aufträge erhielt.
Somit fehlen jegliche präzise Angaben über das zu erbringende "Werk" (z.B. Angabe der Quadratmeter), ebenso wie konkrete Angaben, die auf eine Gesamtheit, ein einheitliches Werk schließen lassen. Damit liegen aber die für einen Werkvertrag maßgeblichen Eigenschaften und Inhalte nicht vor.
Bei den erbrachten Leistungen (Spachtlerarbeiten) handelt es sich um einzelne manuelle Beiträge, die in dieser Form keine geschlossene Einheit darstellen; sodass deshalb von keiner Herstellung eines Werkes auszugehen ist. Die Tätigkeit "Verspachteln" von Gipskartonplatten umfasst einfache Hilfsarbeiten, die im unmittelbaren zeitlichen Ablauf mit von anderen Unternehmern (auf der Baustelle) zu erbringenden Dienstleistungen stehen. Nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt stellen diese Hilfsarbeiten bzw. einfachen manipulativen Tätigkeiten Dienstleistungen und somit kein selbständiges Werk dar. Sie können daher nicht den Inhalt und die Grundlage eines Werkvertrages bilden (vgl. , , 94/09/0163).
Insgesamt führt die Beurteilung der vorliegenden Vereinbarungen zum Schluss, dass diese nicht als Werkverträge zu qualifizieren sind. Die behauptete Selbständigkeit des Bw. wird mit diesen Vereinbarungen nicht schlüssig begründet.
Wie der VwGH in seiner ständigen Judikatur ausführt, ist es für das Bestehen eines Dienstverhältnisses nicht maßgebend welche Bezeichnung die Vertragspartner der Vereinbarung geben auf der die Tätigkeit beruht; z.B. Werkvertrag, Dienstvertrag etc., entscheidend allein ist der wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit. Das Gesamtbild der Tätigkeit ist danach zu beurteilen, ob die Merkmale der Selbständigkeit oder jene der Unselbständigkeit überwiegen. Für diese Beurteilung sind insbesondere die Kriterien Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers sowie das Unternehmerwagnis heranzuziehen.
Weisungsgebundenheit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet ist, den Weisungen des Arbeitgebers zu folgen. Die damit in direktem Zusammenhang stehende persönliche Abhängigkeit und weitgehende Unterordnung führt zur Ausschaltung der eigenen Bestimmungsfreiheit. Das persönliche Weisungsrecht fordert somit einen Zustand wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit. Ein rein sachliches bzw. technisches Weisungsrecht, welches das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit nicht ausschließen würde, bezieht sich lediglich auf die im Rahmen eines Werkvertrages vereinbarte Werkleistung und somit nur auf den Arbeitserfolg. Wie schon oben ausgeführt, hat der Bw. keine eigenständigen Werke erbracht und stellen die getroffenen Vereinbarungen keine Werkverträge dar, sodass ein rein sachliches Weisungsrecht der Bw. auszuschließen ist.
Beurteilt man die Situation des Bw. als "Subunternehmer" so ergibt sich, dass beim "Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten unter Ausschluss jeder einem reglementierten Gewerbe vorbehaltenen Tätigkeit" (so, das in den vorliegenden Auszügen aus dem Gewerberegister angeführte Gewerbe), und den ohne Gewerbeschein durchgeführten "Abbrucharbeiten" nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt von Hilfsarbeiten auszugehen ist. Es handelt sich um einfache manipulative Tätigkeiten, wie sie auf Baustellen üblich sind, die keine besondere Ausbildung erfordern und bei denen der Gestaltungsspielraum des Ausführenden begrenzt ist. Aus den unpräzisen und wenigen Angaben in den vorliegenden "Aufträgen" ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der Tätigkeit des "Spachtlers" um eine selbständige Tätigkeit handelt, sondern dass vielmehr eine übliche unselbständige Beschäftigung, nämlich ein Dienstverhältnis als Hilfsarbeiter vorliegt.
Dass sich der Bw. seineArbeitszeit selbst einteilen kann und die Durchführung der Arbeit nicht in jedem Moment kontrolliert wird, bzw. der Bw. angibt seine Arbeiten selbst zu kontrollieren, spricht zwar für eine gewisse Eigenverantwortlichkeit auch in Bezug auf die Arbeitseinteilung, es ist aber dennoch festzuhalten, dass im Gesamten eine weitgehende Unterordnung und Weisungsgebundenheit des Dienstnehmers vorliegt und eine derartige "Freiheit" auch bei Arbeitnehmern durchaus vorkommt.
Den vorgelegten Unterlagen (Rechnungen) ist kein Leistungszeitraum zu entnehmen und sind nähere Terminisierungen und Zeiträume nicht enthalten. Die Rechnungen sind mangels diesbezüglicher Angaben weder als Teil- noch als Schlussrechnungen zu qualifizieren und sagen nichts über einen fixierten Leistungszeitraum aus. Angaben darüber, dass der Bw. einer Baustelle oder einem Projekt konkret von einem bestimmten Tag an, in einer bestimmten Zeit ein bestimmtes "Werk" zu erbringen hatte konnten nicht festgestellt werden. Aufgrund der vorgelegten Rechnungen ist vielmehr auf eine regelmäßige Beschäftigung und somit auf ein Dienstverhältnis zu schließen.
Dafür, dass ein Dienstverhältnis vorliegt spricht hier auch der Umstand, dass der Bw. seine Tätigkeit nur für insgesamt drei (Bau)Unternehmen erbracht hat, nicht aber für eine unbegrenzte, oftmals wechselnde Zahl von Auftraggebern (Bauherrn), (entgegen seinen Angaben in der Berufung) wie dies bei einer selbstständigen Tätigkeit der Fall wäre.
Zum weiteren Kriterium der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Auftraggebers ergibt sich aus dem Sachverhalt, dass es sich bei den erbrachten Tätigkeiten, um keine Fixgeschäfte iSd § 919 ABGB handelt. Wie angeführt, sind keine Vereinbarungen bezüglich einer Erfüllung der Arbeiten zu einer bestimmten Zeit oder in einer bestimmten Frist, bzw. zu einem bestimmten Endtermin enthalten. Die Rechnungen lauten lediglich auf die Übernahme von "Spachtelung" zu Pauschalpreisen ohne nähere Spezifizierung.
Aufgrund dessen, dass hier von Hilfsarbeiten ohne die Notwendigkeit spezieller Vorkenntnisse die Rede ist, dass der Bw. vor seiner Ansässigkeit in Österreich keine Verbindungen zum österreichischen Markt hatte, wird das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit ausgeschlossen.
Diese genannten Umstände lassen es in wirtschaftlicher Betrachtungsweise wenig glaubwürdig erscheinen, dass der Bw. eigenständig in der Lage war auf den Ablauf (zeitlich, organisatorisch) der durchzuführenden Arbeiten an den jeweiligen Baustellen Einfluss zu nehmen und entsprechende Vereinbarungen zu treffen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass er im Rahmen der Auftragserfüllung als Dienstnehmer tätig wurde und der jeweilige Auftraggeber die Organisation der Arbeitsabläufe durchführte und auch die Einteilung der Arbeiten und Arbeiter vornahm. Auch die für die Arbeit erforderlichen Materialien wurden wie bereits ausgeführt, dem Bw. an der Baustelle zur Verfügung gestellt. Die Verwendung von eigenem Arbeitsmaterial (Spachteln, Wasserwaage) ist dabei nur von untergeordneter Bedeutung.
Wenn die Bw. vermeint er sei selbständig tätig gewesen, dann stellt sich weiters die Frage nach der Unternehmereigenschaft und dem Unternehmerwagnis. Wie bereits dargestellt, ist der Bw. polnischer Staatsbürger, der erst April 2004 nach Österreich gekommen ist. Er nahm wie sich aus obigen Ausführungen ergibt, nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil. D.h. er bot seine Tätigkeit nicht am allgemeinen Markt an. Inwieweit der Bw. tatsächlich über ein eigenes Büro verfügte, wie von ihm behauptet, ist aufgrund obiger Ausführungen nicht mehr entscheidend, doch erscheint es unglaubhaft. Dass er über Aufbewahrungsmöglichkeiten für sein Arbeitsmaterial verfügt ist zwar glaubhaft, doch ist für die Aufbewahrung von Kleinmaterial sicherlich weder ein Büro noch ein Lager notwendig, kann es doch in einem Rucksack transportiert werden, sondern kann dieses aufgrund der Größe beispielsweise auch in einer Lade aufbewahrt werden Unter Unternehmerwagnis versteht man die Beeinflussbarkeit der Höhe der Einnahmen und der Ausgaben durch eigene Geschäftseinteilung, z. B. durch die Wahl der Mittel und durch geeignete Organisation des Betriebes. Werden jedoch die Arbeitsmittel durch den Auftragerteiler zur Verfügung gestellt hat der Bw. diese Möglichkeit nicht.
Die vorgelegten Rechnungen lassen nicht darauf schließen, dass der Bw. Einfluss auf die Gestaltung seiner Einnahmen nehmen konnte. Anderweitige Unterlagen über die Gestaltungsmöglichkeit liegen keine vor (z.B. Kalkulation der schließlich verrechneten Preise seiner Tätigkeit). Es wurden auch keine einzelnen Werke abgerechnet, die allenfalls unterschiedlich rasch oder geschickt zu erledigen gewesen wären, sondern es wurden jeweils diverse Leistungen monatlich mittels Pauschalbeträgen verrechnet. Auch ausgabenseitig konnte kein wesentliches Unternehmerrisiko festgestellt werden. Wenn der Bw angibt, dass er seine Fahrtkosten selbst zu tragen hatte so ist dies nicht als unüblich oder als ein Indiz für Selbständigkeit zu bewerten, da auch in gewöhnlichen Dienstverhältnissen beschäftigte Arbeitnehmer die Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz meist selbst zu tragen haben. Die geltend gemachten Aufwendungen für den PKW sind zudem auch deshalb ohne Bedeutung, das der Bw. selbst angibt diesen nur für Familienheimfahren benützt zu haben. Die Aufwendungen für die Beistellung von Kleinwerkzeugen sind unwesentlich.
Darüber hinaus konnte sich der Bw. in Realiter nicht, wie oben bereits ausgeführt, durch eine andere Person vertreten lassen.
Der festgestellte Sachverhalt lässt nicht erkennen, dass der Bw. tatsächlich ein Unternehmerwagnis zu tragen hatte, weshalb nach Ansicht des UFS keine Unternehmereigenschaft vorliegt.
Dass der Bw. beim Magistratischen Bezirksamt gem. § 340 Abs. 1 GewO 1994 zwei Gewerbescheine (für Verspachtelungsarbeiten und für Hausbetreuertätigkeit) hat eintragen lassen ist für die Beurteilung der Tätigkeit nach ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt nicht maßgeblich.
Ebenso unbeachtlich ist dabei die Meldung der Beschäftigung bei der und Zahlungen an die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, da es bei der steuerlichen Beurteilung einer Tätigkeit nicht darauf ankommt, in welches äußere Erscheinungsbild die Vertragspartner ihr Rechtsverhältnis gekleidet haben.
Auch das Ansuchen beim zuständigen Finanzamt um Vergabe einer Steuernummer und die Abgabe von Einkommensteuererklärungen, vermögen an der Einordnung der Beschäftigung nichts zu ändern.
Denn eine solche nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeutende Beschäftigung wird nicht dadurch zu einer selbständigen Tätigkeit, dass die Formalvoraussetzungen vorliegen, sind doch nach gängiger Rechtsprechung für die Beurteilung einer Leistungsbeziehung als Dienstverhältnis wie bereits ausgeführt nicht die vertraglichen Abmachungen maßgebend, sondern stets das tatsächlich verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit, wobei auch der im Wirtschaftsleben üblichen Gestaltungsweise Gewicht beizumessen ist (vgl. die bereits zitierten Erkenntnisse des , und vom , 99/13/0223).
Zum vorliegenden Sachverhalt wird, aufgrund der in der gesetzlichen Bestimmung des § 47 Abs. 2 EStG 1988 enthaltenen Kriterien, die für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sprechen und bei Berücksichtigung der diesbezüglich in der ständigen Judikatur des VwGH enthaltenen weiteren Abgrenzungskriterien, zusammenfassend festgehalten.
Im Fall des Bw. ergibt die oben dargestellte Untersuchung und rechtliche Würdigung, dass dieser als weisungsgebunden und organisatorisch in das Unternehmen der Bw. eingegliedert zu qualifizieren sind. Es war auch nicht zu erkennen, dass der Bw. ein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis zu tragen hatte.
Der hier zu beurteilenden Tätigkeiten des Bw. als "Spachtler" liegen keine Werkvertragsverhältnisse zugrunde, sodass mangels solcher Vertragsverhältnisse von keiner selbständigen Tätigkeit der "Spachtler" auszugehen wäre.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Bw. seine Arbeitskraft geschuldet hat und Dauerschuldverhältnisse vorgelegen sind.
Die Tätigkeit des Bw. (Verspachteln) war somit weder nach einkommensteuerlichen noch nach arbeitsrechtlichen Bestimmungen als selbständige, sondern als nichtselbständige Tätigkeit zu qualifizieren.
Eine solche (nichtselbständige) Tätigkeit muss aber den oben zitierten Vorschriften des AuslBG entsprechen, d.h. es handelt sich dabei um eine - bewilligungspflichtige - Beschäftigung iSd § 2 iVm § 3 Abs. 2 AuslBG.
Da der Bw. im Berufungszeitraum über keine erforderliche Berechtigung zur Arbeitsaufnahme (z.B. Beschäftigungsbewilligung) verfügt, (und dies möglicherweise mit der gewählten Gestaltung, nämlich durch die Vorgabe der Selbständigkeit, umgangen werden sollte) folgt daraus, dass der Bw. in Österreich eine rechtmäßige Beschäftigung als Arbeitnehmer im dargelegten Sinn nicht ausübt und auch nicht von einer Beschäftigung iSd VO (EWG) Nr. 1408/71 ausgegangen werden kann. Die VO (EWG) Nr. 1408/71 ist daher auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Der Bw. hat demnach mangels Rechtmäßigkeit der nichtselbständigen Beschäftigung keinen Anspruch auf Familienbeihilfe bzw. Gewährung einer Differenzzahlung für sein Kind.
Die Entscheidung über die Berufungen war dementsprechend spruchgemäß zu treffen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at