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OGH vom 22.01.2014, 1Nc132/13x

OGH vom 22.01.2014, 1Nc132/13x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen C***** K*****, V***** K*****, R***** K***** und S***** K*****, aufgrund der vom Bezirksgericht Klagenfurt zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN verfügten Vorlage der Akten 1 Ps 7/12g und 1 Pu 7/12g, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Bezirksgericht Klagenfurt zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern wurde am einvernehmlich geschieden. Sie vereinbarten die gemeinsame Obsorge für ihre vier 2000, 2002, 2006 und 2008 geborenen Kinder mit deren hauptsächlichem Aufenthalt bei der Mutter. Diese verzog mit den Kindern nach Klagenfurt, während der Vater in Linz blieb.

Das Bezirksgericht Klagenfurt hob die gemeinsame Obsorge der Eltern auf, betraute mit der alleinigen Obsorge für die älteste Tochter sowie den Sohn die Mutter und für die beiden jüngeren Töchter den Vater. Das Landesgericht Klagenfurt gab dem Rekurs der Mutter nicht Folge. Ihren außerordentlichen Revisionsrekurs wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom (1 Ob 126/13f) zurück. Die beiden jüngeren Kinder übersiedelten im August 2013 zum Vater nach Linz.

Die Mutter beantragte in der Folge die Übertragung der Obsorge für die beiden jüngeren Töchter, die Erlassung einer einstweiligen Maßnahme sowie die Regelung des Kontaktrechts. Sämtliche Anträge sind noch offen.

Das Bezirksgericht Klagenfurt übertrug mit Beschluss vom , GZ 1 Ps 7/12g 101, die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache hinsichtlich der Personensorgesache gemäß § 111 Abs 1 JN an das Bezirksgericht Linz. Dieser Beschluss wurde nicht bekämpft und rechtskräftig.

Am beantragte der Vater, seine Unterhaltsverpflichtung für die bei der Mutter verbliebenen Kinder herabzusetzen sowie die Mutter zu Unterhaltsleistungen für die beiden jüngeren Töchter zu verpflichten.

Das Bezirksgericht Klagenfurt übertrug mit Beschluss vom , GZ 1 Pu 7/12g 27, die Zuständigkeit auch dieser Pflegschaftssache nach § 111 Abs 1 und 2 JN an das Bezirksgericht Linz. Dieser Beschluss wurde den Parteien nach der Aktenlage noch nicht zugestellt.

Das Bezirksgericht Klagenfurt übermittelte die Pflegschaftssachen an das Bezirksgericht Linz. Dieses verweigerte deren Übernahme und verwies in seiner Stellungnahme darauf, dass sich das übertragende Gericht in dem bereits seit Dezember 2011 anhängigen Verfahren aufgrund unmittelbarer Beweisaufnahme ein umfassendes Bild von der gesamten Familie gemacht und auch zu den neuen Anträgen der Mutter unmittelbare Beweise aufgenommen habe. In der Unterhaltssache wies es auf den Wohnsitz zweier Kinder in Klagenfurt hin.

Das Bezirksgericht Klagenfurt legte die Pflegschaftsakten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über die Zuständigkeit vor.

Die Aktenvorlage ist verfrüht.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 111 Abs 1 JN kann das Pflegschaftsgericht seine Zuständigkeit einem anderen Gericht ganz oder zum Teil übertragen, wenn dies im Interesse des Minderjährigen oder sonstigen Pflegebefohlenen gelegen erscheint, insbesondere, wenn dadurch die wirksame Handhabung des pflegschaftsgerichtlichen Schutzes voraussichtlich gefördert wird.

Solche Übertragungsbeschlüsse sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (2 Nc 4/11b mwN) den Parteien zuzustellen, die dagegen ein Rechtsmittel erheben können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das für die Entscheidung über einen Rekurs gegen den Übertragungsbeschluss zuständige Gericht mit dem zur Genehmigung nach § 111 Abs 2 JN berufenen Gericht nicht identisch ist (RIS Justiz RS0047067 [T14]), was hier der Fall ist. Ohne Vorliegen eines rechtskräftigen Übertragungsbeschlusses nach § 111 Abs 1 JN kommt eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nach Abs 2 leg cit nicht in Betracht.

Im vorliegenden Fall ist zwar der erste, nur die Personensorgesache betreffende Übertragungsbeschluss in Rechtskraft erwachsen, nicht jedoch der zweite Beschluss über die Übertragung auch der Unterhaltssache an das Bezirksgericht Linz. Es erscheint nicht zweckmäßig, das Unterhaltsverfahren bei einem anderen Gericht zu führen als das Personensorgeverfahren. Ein solches Ergebnis wäre hier theoretisch möglich, wenn die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs über die Genehmigung der Übertragung der Personensorgesache mit dem Ergebnis eines allfälligen, die Übertragung der Unterhaltssache betreffenden Rekursverfahrens in Widerspruch stünde. Das Bezirksgericht Klagenfurt wird daher zunächst auch seinen Übertragungsbeschluss vom , GZ 1 Pu 7/12g 27, den Parteien zuzustellen und erst nach dessen Rechtskraft die Pflegschaftsakten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 111 Abs 2 JN vorzulegen haben.

Fundstelle(n):
ZAAAC-92526