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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 30.12.2011, RV/1256-W/10

Umfasst die Befreiung gemäß § 5 Finanzmarktstabilitätsgesetz ausschließlich die Gesellschaftsteuer für den Ersterwerb von Rechten aus dem Partizipationskapital gemäß § 23 Abs. 4 BWG durch den Bund? (Abweisung)

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/16/0046 eingebracht. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/1256-W/10-RS1
Die Befreiung des § 5 Finanzmarktstabilitätsgesetz umfasst ausschließlich die Gesellschaftsteuer für den Ersterwerb von Rechten aus dem Partizipationskapital gemäß § 23 Abs. 4 BWG durch den Bund. Für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, mit der Folge, dass die Befreiung auch die Gesellschaftsteuer für den Ersterwerb von Rechten aus dem Partizipationskapital iSd § 23 Abs. 4 BWG durch Privatanleger erfasst, bieten die Tatbestände des Finanzmarktstabilitätsgesetzes keinen Raum.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr. xxx, StNr. yyy betreffend Gesellschaftsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Strittig ist, ob die Befreiung des § 5 Finanzmarktstabilitätsgesetz ausschließlich die Gesellschaftsteuer für den Ersterwerb von Rechten aus dem Partizipationskapital gemäß § 23 Abs. 4 BWG durch den Bund, und nicht auch die Gesellschaftsteuer der im Rahmen der Gesamtemission für den von den Privatanlegern gezeichneten Teil der Partizipationsscheine umfasst.

Mit Gesellschaftsteuererklärung gemäß § 10 Abs.1 Kapitalverkehrsteuergesetz vom zeigte die Bw. den Ersterwerb von Gesellschaftsrechten gemäß § 2 Z 1 KVG mit einer Gegenleistung von 0,00 Euro dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel an. Als Beschreibung des Rechtsvorganges gab sie an: "Einzahlung von Partizipationskapital -Privatplazierung von EUR 539.744.000,--....und Tranche Bund II von" EUR 224.000.000,--...., "steuerbefreit gemäß FinStaG". Beigelegt waren der Gesellschaftsteuererklärung der Zeichnungsvertrag betreffend Partizipationsscheine der Bw. zwischen der Republik Österreich und der Bw. samt Partizipationsscheinbedingungen und der Annex 1 aus dem Kapitalmarktprospekt: deutsche Zusammenfassung des Prospekts.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Gesellschaftsteuer in Höhe von 5,397.400,00 Euro fest (Bemessungsgrundlage Euro 539,744.000,00 x 1%) und gab als Begründung an:

"Gemäß § 2 Abs.1 Z 3 des Finanzmarktstabilitätsgesetzes, BGBl. I 136/2008, ist der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, Darlehen zu gewähren oder Eigenmittel an Kreditinstitute gemäß §§ 23 und 24 BWG zuzuführen. Für derartige, zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderliche Rechtsgeschäfte, ist laut § 5 des FinStaG die Befreiung von den bundesgesetzlich geregelten Abgaben vorgesehen. Werden derartige Rechtsvorgänge von einer Person durchgeführt, die nicht in § 1 FinStaG genannt ist, so kommt die Befreiung des § 5 des FinStaG nicht zur Anwendung."

Fristgerecht wurde Berufung erhoben und beantragt, die Gesellschaftsteuer für den von den Privatanlegern gezeichneten Teil der Partizipationsscheine mit 0 Euro festzusetzen. Die Bw. habe im Jahr 2009 Partizipationskapital in Form einer Emission in mehreren Tranchen unter einheitlicher Wertpapierkennnummer begeben, wobei ein Anteil ("Anteil Bund") unterteilt in eine Tranche in Höhe von 1.000,000.000,00 ("Tranche Bund I") und eine Tranche mit dem Betrag von 224,000.000,00 Euro ("Trance Bund II") von der Republik Österreich und der zweite Anteil mit einem Betrag von 539,744.00,00 Euro ("Anteil Private") in einer Tranche von Privatanlegern gezeichnet worden sei. Die Gesamtemission umfasse somit drei Tranchen.

Eingewendet wurde, dass § 5 FinStaG, der die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Rechtsgeschäfte, Schriften und Amtshandlungen von den bundesgesetzlich geregelten Abgaben befreie, keine Einschränkung auf Personen in § 1 FinStaG vorsehe. Befreit seien die Rechtsgeschäfte, die zur Durchführung des Gesetzes erforderlich sind. In teleologischer Interpretation seien nach dem Sinn und Zweck des FinStaG die Grundlagen der Stabilisierungsmaßnahmen die Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Österreichs, die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts und Zweck des Schutzes der österreichischen Volkswirtschaft. Alle diese Zielsetzungen würden in gleicher Weise erfüllt, ohne Unterschied, ob die Emission zu 100% von der Republik Österreich, oder wie in vorliegendem Fall auch ein geringer Teil von Privatanlegern gezeichnet würde. In der zwischen der Bw. und dem Bund abgeschlossenen Grundsatzvereinbarung sei festgehalten worden, dass die Dividende des Partizipationskapitals 9,3% p.a. vom Nennbetrag nach Steuern betrage. Unter der Voraussetzung, dass eine Beteiligung von Privaten von mindestens 30% erreicht würde, reduziere sich diese Dividende auf 8%. Dieser Auflage des Bundes entsprechend habe die Bw. Bemühungen unternommen, einen entsprechenden Anteil der Gesamtemission bei privaten Investoren zu platzieren, was erfolgreich abgeschlossen werden habe können. Die Sichtweise der Bw. werde noch durch § 21 BAO untermauert, wonach der maßgebliche wahre wirtschaftliche Gehalt die Tatsache sei, dass Sinn und Zweck des FinStaG ohne Unterschied, ob die Emission zu 100% von der Republik Österreich oder auch ein geringerer Anteil von Privatanlegern gezeichnet wird, erfüllt werde. Die Tatsache, dass Privatanleger, die neben der Republik Teile des Partizipationskapitals gezeichnet haben, nicht explizit im FinStaG genannt würden, sei bloß die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes und für die Beurteilung der Befreiungsbestimmung nicht maßgebend.

Das Finanzamt erließ keine Berufungsvorentscheidung, sondern legte dem Unabhängigen Finanzsenat die Berufung zur Entscheidung vor. Im Vorlagebericht, der der Bw. zugestellt wurde, beantragte das Finanzamt, die Berufung als unbegründet abzuweisen. Die Begründung des Antrages lautet auszugsweise:

"...Den genannten Gesetzesbestimmungen zufolge sind nur die Rekapitalisierungsmaßnahmen durch den Bundesminister für Finanzen von der Befreiungsbestimmung des § 5 FinStaG erfasst. Sinn und Zweck des FinStaG sind eingeschränkt auf die Ermächtigung des Bundesministers für Finanzen; diesem stehen bestimmte Maßnahmen zur Verfügung. Entgegen den Berufungsausführungen scheidet demzufolge eine teleologische Interpretation aus. Die Übernahme von Partizipationskapital durch Dritte bloß zwecks Absenkens der abzuführenden Mindestdividende ist im FinStaG nicht geregelt und ist nicht zur Durchführung des FinStaG erforderlich. Aus den selben Gründen scheidet auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise des § 21 BAO aus, die eine Regelung über die Beurteilung abgabenrelevanter Sachverhalte und keine Regelung zur Auslegung von Steuergesetzen ist."

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Gesellschaftsteuer

Gemäß § 2 Z 1 KVG unterliegt der Gesellschaftsteuer der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber. Kapitalgesellschaften sind gemäß § 4 KVG Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die GmbH&Co KG, sowie die GmbH&Co KEG. Als Gesellschaftsrechte an Kapitalgesellschaften gelten

1. Aktien, GmbH-Anteile, die Kommanditanteile von GmbH&Co KG und GmbH&Co KEG

2. Genussrechte

3. Forderungen, die eine Beteiligung am Gewinn oder Liquidationserlös der Gesellschaft gewähren,

die Personen, denen diese Gesellschaftsrechte zustehen, gelten als Gesellschafter. (§ 5 KVG).

2. Die Vorschriften zum Partizipationskapital gemäß § 23 Abs. 4 und 5 Bankwesengesetz

§ 23 Bankwesengesetz (BWG) trägt die Überschrift "Eigenmittel". Gemäß § 23 Abs. 1 Z 1 BWG und § 23 Abs. 3 Z 8 BWG sind den Eigenmitteln einer Bank zuzurechnen: "...Partizipationskapital mit/ohne Dividendennachzahlungsverpflichtung....".

Gemäß § 23 Abs. 4 BWG ist Partizipationskapital Kapital,

1. das eingezahlt ist und auf Unternehmensdauer unter Verzicht auf die ordentliche und außerordentliche Kündigung zur Verfügung gestellt wird

2. das nur unter analoger Anwendung der aktienrechtlichen Kapitalherabsetzungsvorschriften herabgesetzt oder gemäß den Bestimmungen des § 102a eingezogen werden kann,

3. dessen Erträge gewinnabhängig sind, wobei als Gewinn das Ergebnis des Geschäftsjahres (Jahresgewinn) nach Rücklagenbewegung anzusehen ist,

4. das wie Aktienkapital bis zur vollen Höhe am Verlust teilnimmt,

5. das mit dem Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös zumindest im Ausmaß des Nominales verbunden ist und erst nach Befriedigung oder Sicherstellung aller anderen Gläubiger zurückgezahlt werden darf.

§ 23 Abs. 5 BWG lautet: ....Berechtigte aus Partizipationskapital können an der Hauptversammlung (Generalversammlung) teilnehmen und Auskünfte im Sinne des § 112 AktG begehren. Auch bei Sparkassen, Landes-Hypothekenbanken, der Pfandbriefstelle der österreichischen Landes-Hypothekenbanken und der Österreichischen Postsparkasse ist den Berechtigten aus Partizipationskapital einmal jährlich Gelegenheit zu geben, von den Geschäftsleitern des Kreditinstitutes in einer Versammlung, in der über den Jahresabschluss zu berichten ist, Auskunft zu begehren. Für die Einberufung einer solchen Versammlung sind die Bestimmungen des Aktiengesetzes über die Einberufung der Hauptversammlung anzuwenden.

Nach der Regierungsvorlage 934 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVI. GP, 5, gehören zum Haftkapital das Eigenkapital, das Partizipationskapital und das Ergänzungskapital (§ 12 Abs. 3). Nach den Erläuterungen gehören zum Haftkapital das tatsächliche Eigenkapital sowie die Eigenkapitalsurrogate, die insofern Eigenkapitalfunktionen erfüllen, als sie zum Ausgleich von Verlusten dienen und der Bank mit einer gewissen Dauerhaftigkeit zur Verfügung stehen.....Das Eigenkapital ist jenes Haftkapital, das den Anforderungen der Teilnahme am laufenden Verlust durch Bestandsausgleich mit eingezahltem und dauerhaftem Kapital am besten entspricht....Das Partizipationskapital ist dem Eigenkapital weitgehend ähnlich konzipiert. (Regierungsvorlage 934 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVI. GP, 31).

Die Regierungsvorlage zeigt, dass mit den Vorschriften über Partizipationskapital eine Verbreiterung der Eigenkapitalbasis von Banken erwünscht war. Das Partizipationskapital sollte daher eigenkapitalähnlich ausgestaltet sein.

3. Die klarstellende Fiktion des Abschnittes VIII BGBl. 1986/325, dass die mit dem Partizipationskapital verbundenen Rechte ohne Rücksicht auf die Rechtsform der Bank als Gesellschaftsrechte iSd KVG gelten

Laut Abschnitt VIII BGBl. 1986/325 idF BGBl. 1987/312 gelten die mit dem Partizipationskapital iSd Bankwesengesetzes verbundenen Rechte ohne Rücksicht auf die Rechtsform der Bank und des Versicherungsunternehmens als Gesellschaftsrechte und Dividendenwerte, auf welche die Bestimmungen des Kapitalverkehrsteuergesetzes in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden sind.

Vorweg wird festgehalten, dass Abschnitt VIII BGBl. 1986/325 idF BGBl. 1987/312 zwingend festlegt, dass die mit dem Partizipationskapital iSd Bankwesengesetzes verbundenen Rechte ohne Rücksicht auf die Rechtsform der Bank und des Versicherungsunternehmens als Gesellschaftsrechte und Dividendenwerte iSd KVG gelten. Abschnitt VIII BGBl. 1986/325 idF BGBl. 1987/312 stellt somit die Fiktion auf, dass die mit dem Partizipationskapital iSd Bankwesengesetzes verbundenen Rechte Gesellschaftsrechte und Dividendenwerte sind, da sie ausgestaltet sind wie die Gesellschaftsrechte des § 5 KVG. Abschnitt VIII BGBl. 1986/325 idF BGBl. 1987/312 ordnet die mit dem Partizipationskapital verbundenen Rechte nicht einem bestimmten Gesellschaftsrecht des § 5 Abs. 1 KVG zu, sondern sagt lediglich, dass sie als "Gesellschaftsrechte" gelten, auf die die Bestimmungen des KVG anzuwenden sind. Jedenfalls sind die mit dem Partizipationskapital verbundenen Rechte kapitalverkehrsteuerlich je nach Ausgestaltung entweder Genussrechte oder eine gewinnbeteiligte Forderung. Die Gesellschaftsteuerpflicht würde nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates auch ohne BGBl. 325/1986 idF BGBl. 1987/312 eintreten und dient nur eine Klarstellung.

4. Die Befreiungsbestimmung des Finanzmarktstabilitätsgesetzes

Gemäß § 5 FinStaG sind die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Rechtsgeschäfte, Schriften und Amtshandlungen von den bundesgesetzlich geregelten Abgaben, den Bundesverwaltungsabgaben sowie den im Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetz geregelten Gebühren befreit.

Das Bundesgesetz über Maßnahmen zur Sicherung der Stabilität des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilitätsgesetz, FinStaG) sieht folgendes vor: Gemäß § 1 FinStaG ist der Bundesminister für Finanzen ermächtigt, zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben Österreichs, zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts sowie zum Zweck des Schutzes der österreichischen Volkswirtschaft Maßnahmen zur Rekapitalisierung von betroffenen Rechtsträgern zu ergreifen. Betroffene Rechtsträger iSd Gesetzes sind: 1.Kreditinstitute gemäß § 1 Abs. 1 Bankwesengesetz (BWG)....Auf Maßnahmen nach diesem Bundesgesetz besteht kein Rechtsanspruch. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 FinStaG stehen dem Bundesminister für Finanzen nachstehende Instrumente zum Zwecke der Rekapitalisierung zur Verfügung: die Gewährung von Darlehen sowie die Zuführung von Eigenmittel an Kreditinstitute gemäß §§ 23 und 24 BWG...Gemäß § 2 Abs. 3 FinStaG sind die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erworbenen Gesellschaftsanteile nach Erreichen des Zwecks dieser Maßnahme nach § 1 unter Bedachtnahme auf die Kapitalmarktsituation zu privatisieren. Soweit nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Ansprüche gegen den Bund begründet werden, können diese weder durch Rechtsgeschäft, wie insbesondere Abtretung oder Verpfändung, ohne Zustimmung des Bundes an Dritte übertragen werden, noch unterliegen sie der Pfändung.

Als bundesgesetzlich geregelte Abgabe wäre die Kapitalverkehrsteuer der Befreiung grundsätzlich zugänglich.

5. Inhalt und Ausmaß der Befreiung gemäß § 5 FinStaG

Die Bw. wendet sich dagegen, dass die Befreiung gemäß § 5 FinStaG, der die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Rechtsgeschäfte, Schriften und Amtshandlungen von den bundesgesetzlich geregelten Abgaben befreie, keine Einschränkung auf Personen in § 1 FinStaG vorsehe.

Der Bw. wird insoweit Recht gegeben, dass § 5 FinStaG für sich alleine gesehen, keine Einschränkung auf Personen vornimmt.

Doch sieht § 5 FinStaG die Befreiung von Rechtsgeschäften vor, die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlich sind. Daher kann § 5 FinStaG nicht für sich alleine gesehen werden, sondern es ist zu untersuchen, welche Rechtsgeschäfte zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlich sind.

Das Gesetz sieht nach den parlamentarischen Materialien eine Reihe von Maßnahmen vor, die es dem Bund ermöglichen, einem betroffenen Unternehmen rasch und effektiv die erforderlichen Unterstützungen zu gewähren. Mit den Maßnahmen sollen dem betroffenen Unternehmen entweder direkt Mittel zugeführt oder die Mittelzufuhr durch Dritte erleichtert werden. Dem Bundesminister für Finanzen wird die Ermächtigung erteilt, zur Sicherung des Finanzwesens gesellschaftsrechtliche Beteiligungen zu erwerben. Diese Ermächtigungen sollen bloß für einen vorübergehenden Zeitraum aufrecht erhalten werden. Weiters sollen Gesellschaftsanteile oder Gesellschaftsvermögen, die erworben wurden, so rasch als möglich wieder privatisiert werden. (682 der Beilagen XXIII. GP- Regierungsvorlage -Vorblatt und Erläuterungen, 2). Zu § 2: In Abs.1 werden zunächst jene Maßnahmen aufgelistet, die dem Bundesminister für Finanzen im Rahmen seiner privatwirtschaftlichen Tätigkeit zur Verfügung stehen. (682 der Beilagen XXIII. GP- Regierungsvorlage -Vorblatt und Erläuterungen, 3). Zu § 4: Die vorgesehenen Verfügungs- und Pfändungsbeschränkungen sind erforderlich, um sicherzustellen, dass die vom Bund aufgewendeten Mittel auch tatsächlich für Kapitalisierungszwecke zur Verfügung stehen. Zu § 5: Im Hinblick auf die staatlichen Hilfsmaßnahmen ist eine Gebührenbefreiung sachlich geboten und gerechtfertigt. (682 der Beilagen XXIII. GP- Regierungsvorlage -Vorblatt und Erläuterungen, 4).

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 FinStaG steht dem Bundesminister für Finanzen das Instrument der Zuführung von Eigenmittel an die Kreditinstitute gemäß §§ 23 und 24 BWG zur Verfügung. Nach dem vorliegenden Sachverhalt begab die Bw. Partizipationskapital, von welchem ein Teil vom "Bund" und ein Teil von Privatanlegern gezeichnet wurde. Gesellschaftsteuerlich betrachtet, stellten der Bund bzw. die Privatanleger der Bw. Kapital zur Verfügung und erhielten dafür Genussrechte wie eine gewinnabhängige fixe Verzinsung, Beteiligung am Liquidationserlös uvam. § 5 FinStaG ist daher im Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 Z 3 FinStaG zu lesen, dass ein Rechtsgeschäft zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich ist, mit welchem der Bundesminister für Finanzen Eigenmittel an die Kreditinstitute gemäß § 23 Abs. 4 BWG zuführt. Der Erwerb der mit dem Partizipationskapital verbundenen Rechte durch Privatanleger gilt gemäß § 5 FinStaG iVm § 2 Abs. 1 Z 3 FinStaG nicht als Rechtsgeschäft, das zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich ist. Die Einschränkung auf die Person des Bundesministers für Finanzen erfolgt durch Auslegung des § 2 Abs. 1 Z 3 FinStaG und nur der Bundesminister für Finanzen kann den begünstigten Zweck erfüllen.

6. Wirtschaftliche Betrachtungsweise gemäß § 21 BAO

Gemäß § 21 BAO ist für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

Die wirtschaftliche Betrachtungsweise ist nur insoweit anzuwenden, als der Tatbestand selbst nicht die rechtliche Betrachtungsweise erfordert. (Ritz, BAO4, § 21, Tz 14). Nach dem nicht in Frage gestellten Sachverhalt hat die Bw. Partizipationskapital iSd § 23 Abs. 4 BWG begeben. Die Beschaffenheit des Partizipationskapitals ist in § 23 Abs. 4 BWG sehr detailliert geregelt. Der Erwerb von Rechten aus dem Partizipationskapital unterliegt als Genussrecht oder gewinnbeteiligte Forderung gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 oder Z 3 KVG der Gesellschaftsteuer. Das Finanzmarktstabilitätsgesetz sieht vor, dass der Bundesminister für Finanzen unter bestimmten Voraussetzungen über Begebung von Partizipationskapital einer Bank Eigenmittel zuführen kann. Gemäß § 5 FinStaG ist dann das erforderliche Rechtsgeschäft u.a. von der Gesellschaftsteuer befreit. Die gesetzlichen Bestimmungen verweisen aufeinander. § 5 FinStaG iVm § 2 Abs. 1 Z 3 FinStaG kann nicht entnommen werden, dass auch Privatanleger den begünstigten Zweck erfüllen können. Nach dem Sinn und Zweck des Finanzmarktstabilitätsgesetzes kann nur der Bundesminister für Finanzen Maßnahmen zur Rekapitalisierung mit den in § 2 FinStaG genannten Instrumenten ergreifen.

Entgegen der Meinung der Bw. vertritt der Unabhängige Finanzsenat die Ansicht, dass für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gemäß § 21 BAO kein Platz ist, da § 5 FinStaG im Tatbestand die rechtliche Betrachtungsweise fordert: "....die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes erforderlichen Rechtsgeschäfte...." Diese Rechtsgeschäfte ergeben sich aus § 2 FinStaG, im vorliegenden Fall "....Zuführung von Eigenmittel an Kreditinstitute gemäß § 23 BWG....". Und in § 2 FinStaG steht ausdrücklich, dass die Zuführung von Eigenmittel an Kreditinstitute gemäß § 23 BWG dem Bundesminister für Finanzen als Instrument zum Zwecke der Rekapitalisierung zur Verfügung steht.

Nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Festlegung näherer Bestimmungen über die Bedingungen und Auflagen für Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz BGBl. II 382/2008 sind unter "Entgelte" in § 9 Abs. 4 bei der Zuführung von Eigenmitteln an Kreditinstitute gemäß § 23 BWG, nach § 2 Abs. 1 Z 3 FinStaG, soweit sie in wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Verzinsungskomponente aufweisen, marktkonforme Zinsen zu vereinbaren. Nach ihren Angaben hat die Bw. mit dem Bund über die Dividende eine Grundsatzvereinbarung abgeschlossen. Eine sozusagen "private" Vereinbarung kann nicht zur Interpretation eines Gesetzes herangezogen werden - auch nicht über § 21 BAO.

Die in § 9 Abs. 4 der VO angesprochene "wirtschaftliche Betrachtungsweise" bezieht sich auf die Verzinsungskomponente (hier:) des Partizipationskapitals und nicht auf die Interpretation des § 5 FinStaG.

Der Unabhängige Finanzsenat stützt diese Ansicht auch auf Wollmann, Staatliche Hilfsmaßnahmen in der Finanzkrise - Beihilfenrechtliche Rahmenbedingungen, ecolex 2009, 109:

"... Die Europäische Kommission hat ihre Genehmigung an die Voraussetzung geknüpft, dass Österreich für Vorzugsaktien oder sonstige Zuführung von Eigenmitteln, die nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Verzinsungskomponente enthalten (dazu zählt insbesondere Partizipationskapital), eine Vergütung verlangen wird, die bei einem grundsätzlich gesunden Beihilfenempfänger nicht unterhalb von 9,3% ... liegt. ... Dementsprechend ist es gleichwertig, ob ein Kreditinstitut an den Bund für (z.B.) Partizipationskapital eine Dividende von 9,3% p.a. leistet und das Kapital zu par zurückzahlt, oder aber während der Laufzeit der Rekapitalisierung "nur" eine Dividende von 8% Anwendung findet, das Kreditinstitut aber mindestens 110% des bereit gestellten Kapitals zurückführt. Diese Mindestverzinsungsregeln gelten nicht, wenn sich an der Kapitalerhöhung - neben dem Bund - auch Private zu gleichen Bedingungen im Ausmaß von mindestens 30% beteiligen (wobei Gebietskörperschaften und öffentliche Unternehmen iSd. Transparenz RL 2006/101/EG nicht als privat gelten). Die Beteiligung Privater an der Emission ist jedoch keine Bedingung, damit der Bund Eigenmittel übernehmen darf (Fußnote 7: Die Europäische Kommission akzeptiert bloß, dass bei einer "gemischten" Emission der wettbewerbsverzerrende Effekt der Staatshilfe vermindert wird und die Beteiligung Privater zu gleichen Bedingungen eine ausreichende Marktnähe der Vergütung indiziert.). ..."

Zur Stellungnahmen des Finanzamtes im Vorlagebericht wird bemerkt, dass nach der überwiegenden Literaturmeinung, der sich auch der Unabhängige Finanzsenat anschließt, die wirtschaftliche Betrachtung als Element der teleologischen Interpretation der Auslegung von Gesetzesvorschriften dient (Ritz, BAO4, § 21, Tz 6).

7. Schlussfolgerung

Die Befreiung des § 5 Finanzmarktstabilitätsgesetz umfasst ausschließlich die Gesellschaftsteuer für den Ersterwerb von Rechten aus dem Partizipationskapital gemäß § 23 Abs. 4 BWG durch den Bund, und nicht auch die Gesellschaftsteuer der im Rahmen der Gesamtemission für den von den Privatanlegern gezeichneten Teil der Partizipationsscheine. Für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise iSd § 21 BAO, welche die Bw. anzuwenden begehrte, mit der Folge, dass die Befreiung auch die Gesellschaftsteuer für den Ersterwerb von Rechten aus dem Partizipationskapital iSd § 23 Abs. 4 BWG durch die Privatanleger erfasst, bieten die Tatbestände des Finanzmarktstabilitätsgesetzes keinen Raum.

Aus all diesen Gründen war der Berufung der Erfolg zu versagen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 23 Abs. 4 BWG, Bankwesengesetz, BGBl. Nr. 532/1993
§ 2 Z 1 KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934
§ 21 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 5 FinStaG, Finanzmarktstabilitätsgesetz, BGBl. I Nr. 136/2008
Schlagworte
Partizipationskapital
Gesellschaftsrechte
Bund
wirtschaftliche Betrachtungsweise
Gesellschaftsanteile
Privatanleger
fixe Verzinsung
Gewinnabhängigkeit
Verweise
Ritz, BAO 4. Auflage, §21
Wollmann, Staatliche Hilfsmaßnahmen in der Finanzkrise - Beihilfenrechtliche Rahmenbedingungen, ecolox 2009, 109
Zitiert/besprochen in
StExp 2012/76

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at