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Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSG vom 24.02.2010, FSRV/0001-G/10

Einleitung des Finanzstrafverfahrens; mangelnde finanzielle Mittel zur Abgabenentrichtung

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, in der Finanzstrafsache gegen A, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH, Kalchberggasse 6-8, 8010 Graz, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid über die Einleitung des Strafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) des Finanzamtes Graz-Umgebung als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 001,

zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist rumänischer Staatsbürger und betreibt seit dem Jahr 2004 im Finanzamtsbereich ein Kleintransportgewerbe sowie einen Handel mit Gebrauchtwagen.

Mit dem Beschluss des Landesgerichtes für ZRS Graz vom wurde über das Vermögen des Bf. das Konkursverfahren eröffnet.

Mit dem Bescheid vom leitete das Finanzamt Graz-Umgebung als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Bf. hinsichtlich der Zeiträume Jänner 2007 bis Dezember 2008 ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ein.

Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde vom wurde mit der Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , GZ. FSRV/0023-G/09, hinsichtlich 2007 aufgehoben, hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume Jänner bis Dezember 2008 als unbegründet abgewiesen. Auf die Ausführungen in dieser Beschwerdeentscheidung wird verwiesen.

Im Zuge einer nach Eröffnung des Konkursverfahrens durchgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass für die Voranmeldungszeiträume 4-6/2009 und 7-9/2009 bis dato weder Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt eingereicht noch Umsatzsteuervorauszahlungen geleistet wurden (siehe Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ).

Mit dem Bescheid vom leitete die Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Bf. neuerlich ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ein, weil der Verdacht bestehe, er habe vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen Verkürzungen von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für den Zeitraum April bis Juni 2009 in der Höhe von 4.632,90 € bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten.

Begründend wird ausgeführt, in objektiver Hinsicht sei der Verdacht auf Grund der Aktenlage gegeben. In subjektiver Hinsicht sei dem Bf. wissentliche Handlungsweise anzulasten, da ihm spätestens seit der am erfolgten Zustellung des Einleitungsbescheides zu StrNr. 003 die genaue Kenntnis der entsprechenden abgabenrechtlichen Vorschriften bekannt sei.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde vom wird vorgebracht, die Eröffnung des Konkursverfahrens resultiere aus einem Antrag der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom .

Die inkriminierte Unterlassung der Umsatzsteuervoranmeldungen hätte frühestens am (Quartalsmeldung) erfolgen sollen.

Im "inkriminierten" Zeitraum habe der Bf. davon ausgehen müssen, dass letztlich seine materielle Insolvenz festgestellt werde. In statu cridae sei eine Gläubigerbevorzugung verboten und unzulässig. Dies müsse insbesondere der Abgabenbehörde bekannt sein, zumal sie dieses Prinzip gegen Geschäftsführer von insolventen Kapitalgesellschaften mit aller Konsequenz durchziehe, soferne auch nur ein Drittgläubiger besser gestellt werde als die Abgabenbehörde.

Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits im Erkenntnis vom , Zl. 93/15/0170, dargelegt, dass eine unter Bedachtnahme auf insolvenzrechtliche Bestimmungen verminderte Abgabenentrichtung einer Schadensgutmachung im Sinne des § 29 Abs. 2 FinStrG entspreche. Dem die Ausgleichsquote erfüllenden Abgabenschuldner müsse hinsichtlich der gesamten Abgabenschulden Straffreiheit zugebilligt werden.

Im vorliegenden Fall sei unbestritten, dass eine Entrichtung der Abgabenschuld insolvenzrechtlichen Vorschriften widersprochen hätte. Der Bf. habe der Gläubigergemeinschaft einen Zwangsausgleich angeboten; die Abstimmung darüber stehe noch aus.

Der Bf. habe Selbstanzeige erstattet, der Behörde ohne Verzug die für die Feststellung der Verkürzung oder des Ausfalls bedeutsamen Umstände offen gelegt und könnte durch die Selbstanzeige in Verbindung mit der nachträglichen Entrichtung der Zwangsausgleichsquote Straffreiheit erwirken.

Zur Zeit könne ein Finanzstrafverfahren noch gar nicht eingeleitet werden, weil noch offen sei, ob der Zwangsausgleich angenommen und die Quote entrichtet werde.

Es sei auch zu einer den Abgaben- und Monopolvorschriften entsprechenden Entrichtung der geschuldeten Beträge bis zu jenem Zeitpunkt gekommen, als diese auf Grund des Verbotes der Gläubigerbevorzugung unzulässig gewesen seien.

Dem Bf. sei eine Ratenzahlung von 500,00 € monatlich gewährt worden. Der Ratenzahlungsbescheid sei in Rechtskraft erwachsen. Nach Einbringung des Konkursantrages durch die Steiermärkische Gebietskrankenkasse am sei es dem Bf. aber zweifellos untersagt gewesen, die Abgabenbehörde - und sei es auch nur durch Zahlung der vereinbarten Raten - zu befriedigen.

Auf Grund der einschlägigen insolvenzrechtlichen Vorschriften habe der Bf. keine Möglichkeit gehabt, unter Beachtung der Gesetze Zahlung an die Abgabenbehörde zu leisten. Andernfalls wäre auch die Abgabenbehörde mit einem Anfechtungsanspruch des Masseverwalters konfrontiert gewesen; dies hätte die Volkswirtschaft mit weiteren Kosten belastet.

Das Unterbleiben der Zahlungen sei im Hinblick auf die insolvenzrechtlichen Gläubigerschutzbestimmungen für die strafbefreiende Wirkung der Selbstanzeige auch dann unschädlich, wenn die Zahlungsfrist vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgelaufen sei.

Letztlich dürfe auch nicht übersehen werden, dass die Hausbank die Konten des Bf. im relevanten Zeitraum gesperrt habe. Der Bf. habe nicht einmal Kontoauszüge erhalten. Mangels dieser Unterlagen und mangels fehlender Geldmittel, einen abgabenrechtlichen Berater zu bezahlen, habe der Bf. keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben können.

Der Bf. sei Ist-Versteuerer. Schriftliche Umsatzsteuervoranmeldungen seien für ihn nicht zwingend notwendig. Die Zahlung reiche als Umsatzsteuermeldung aus. Eine Zahlung habe jedoch auf Grund insolvenrechtlicher Vorschriften nicht geleistet werden können. Dem Bf. könne daher nicht der Vorwurf gemacht werden, dass er Umsatzsteuervorauszahlungen für den Zeitraum April bis Juni 2009 in der Höhe von 4.632,90 € verkürzt habe.

Es werde beantragt, den bekämpften Bescheid ersatzlos aufzuheben.

Der Prüfer M führte am als Zeuge aus, er habe nach Übernahme des Aktes am mit dem Masseverwalter und der Buchhalterin telefonisch Kontakt aufgenommen und die Prüfung angekündigt. Mit der Prüfung habe er allerdings bis zur Tagsatzung am 15. Oktober zugewartet, da erst zu diesem Zeitpunkt ein Anmeldungsverzeichnis vorgelegen sei, das er mit den von der Buchhalterin übermittelten Journalen für das 2. und 3. Quartal 2009 abgleichen konnte. Am habe er den Masseverwalter kontaktiert und diesen ersucht, den Prüfungsauftrag unterschrieben zurück zu übermitteln. Im Prüfungsauftrag sei unter der Rubrik "Selbstanzeige erstattet" "eine" bzw."keine" nichts angekreuzt gewesen, weshalb er telefonisch rückgefragt und die Antwort erhalten habe, dass keine Selbstanzeige erstattet werde. Am 18. November habe er von der Buchhalterin eine Umsatzsteuervoranmeldung für das 2. Quartal sowie zwei Umsatzsteuervoranmeldungen für das 3. Quartal (eine bis Konkurseröffnungsstichtag und eine ab Konkurseröffnungsstichtag) erhalten.

Der steuerliche Vertreter des Bf. teilte daraufhin in der Eingabe vom mit, es liege aus seiner Sicht ein Missverständnis insoweit vor, als nach Konkurseröffnung keine Selbstanzeige erstattet worden sei. Die Selbstanzeige beziehe sich auf die erste Prüfung und nicht jene nach Konkurseröffnung.

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gegenstand des angefochtenen Einleitungsbescheides vom ist die Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für den Zeitraum April bis Juni 2009 (2. Quartal 2009) in der Höhe von 4.632,90 €.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich derjenige einer Abgabenhinterziehung schuldig, der vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer (Vorauszahlung oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Gemäß § 33 Abs. 3 lit. b leg.cit. ist eine Abgabenverkürzung (bereits) bewirkt, wenn die selbst zu berechnenden Abgaben (Umsatzsteuervorauszahlungen) bis zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt nicht entrichtet werden.

Nach der Aktenlage (Buchungsabfrage des Abgabenkontos St.Nr. 002) wurde eine Umsatzsteuervoranmeldung für das 2. Quartal 2009 bis zum Fälligkeitstag (der war ein Samstag) weder eingebracht noch eine Umsatzsteuervorauszahlung entrichtet. Zu diesem Zeitpunkt war ein Insolvenzverfahren über den Bf. nicht eröffnet.

Ebensowenig wurde hinsichtlich der dem Bf. angelasteten Tat eine Selbstanzeige eingebracht (die vor Beginn der abgabenbehördlichen Prüfung am erstattete Selbstanzeige betraf die Jahre 2007 und 2008), weshalb die Ausführungen in der Beschwerde, die die Entrichtung der aushaftenden Abgaben im Zusammenhang mit der Einbringung einer Selbstanzeige zum Gegenstand haben, nicht von Relevanz sind.

Verkürzt wird eine Steuereinnahme nicht bloß dann, wenn sie überhaupt nicht eingeht, sondern auch dann, wenn sie, ganz oder teilweise, dem Steuergläubiger nicht in dem Zeitpunkt zukommt, in dem er nach dem betreffenden Steuergesetz darauf Anspruch gehabt hat.

Der Begriff der Verkürzung umfasst daher grundsätzlich jede Beeinträchtigung einer Abgabe in Bezug auf Höhe und Fälligkeit. Die Abgabenverkürzung braucht zur Tatbestandsverwirklichung keine dauernde zu sein (vgl. dazu Fellner, Finanzstrafgesetz, Rz. 26 zu § 33 FinStrG mit weiteren Nachweisen). Gerade beim Tatbestand nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG stellt die bloß vorübergehende Erlangung eines Steuervorteils den Regelfall dar ().

Da eine Verkürzung selbst zu berechnender Abgaben bereits mit der Nichtentrichtung zu den gesetzlichen Fälligkeitsterminen bewirkt ist, besteht in Höhe der nicht fristgerecht entrichteten bzw. gemeldeten Umsatzsteuervorauszahlungen für den Voranmeldungszeitraum 4-6/2009 in der Höhe von 4.632,90 € in objektiver Hinsicht ein zu überprüfender Verdacht auf Verwirklichung des vorgeworfenen Tatbestandes nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG. Der Tatbestand der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil die Tat im Zuge der vor Ablauf der Frist zur Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung 2009 durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung entdeckt wurde.

Insoweit vorgebracht wird, der Bf. habe im "inkriminierten" Zeitraum von seiner materiellen Insolvenz ausgehen müssen, ist darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger zur Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage ist, einer Strafbarkeit nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG nicht entgegen steht. Mit der Erfüllung der abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht (Abgabe einer Umsatzsteuervoranmeldung bis zum Fällikeitszeitpunkt) hätte sich der Bf. der strafrechtlichen Haftung entziehen können.

Die dem Bf. zur Last gelegte Tat erfordert für den Verkürzungserfolg Wissentlichkeit, während für die Pflichtverletzung bloß bedingter Vorsatz genügt.

Bezogen auf § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG handelt derjenige vorsätzlich, der die abgabenrechtliche Pflichtverletzung im Sinne des § 21 UStG 1994 zumindest ernstlich für möglich hält bzw. die (wenn auch nur vorübergehende) Abgabenverkürzung zumindest dem Grunde nach (vgl. ) für gewiss hält, und sich jeweils mit dieser Möglichkeit (billigend) abfindet (vgl. zB Reger/Hacker/Kneidinger, aaO, K 33/64).

Der Verdacht der wissentlichen Handlungsweise gründet sich auf den Umstand, dass es sich beim Bf. um einen langjährigen Unternehmer handelt, das Finanzamt bei ihm mehrere Umsatzsteuerprüfungen durchgeführt hat, vor deren Beginn er jeweils Selbstanzeige erstattet hat (z.B. am und am ) und gegen ihn mit dem am zugestellten Einleitungsbescheid vom ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eingeleitet wurde, sodass ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt seine abgabenrechtlichen Verpflichtungen bekannt waren.

Fehlende Geldmittel, einen abgabenrechtlichen Berater zu bezahlen, können den Bw. nicht exkulpieren. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Entscheidung vom , FSRV/0023-G/09, wird verwiesen.

Den Gegenstand eines Einleitungsbescheides bildet nicht die Tat selbst, sondern vielmehr die Feststellung solcher Lebenssachverhalte, die den Verdacht begründen, der Betroffene könnte ein derartiges Finanzvergehen begangen haben. Auf Grund der angeführten Umstände ist der Verdacht, der Bf. habe das ihm angelastete Finenzvergehen begangen, in subjektiver und objektiver Hinsicht begründet.

Ob der Bf. tatsächlich die ihm (vorläufig) zur Last gelegte Finanzstraftat begangen hat (vgl. § 98 Abs. 3 FinStrG), bleibt dem von der Erstbehörde nach den Grundsätzen des Finanzstrafgesetzes durchzuführenden Untersuchungsverfahren vorbehalten, in dessen Verlauf dem Beschuldigten die Möglichkeit eingeräumt werden wird, Stellung zu beziehen und seine rechtlichen Interessen zu vertreten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
CAAAC-92496