Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 03.01.2012, RV/1464-L/10

Rückforderung von Familienbeihilfe bei Wechsel in der Person des Anspruchsberechtigten

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/16/0047 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/5100217/2014 erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/1464-L/10-RS1
Die Bestimmung des § 26 Abs. 1 FLAG stellt nach ihrem klaren und eindeutigen Wortlaut allein darauf ab, wer die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, nicht wer Anspruch auf den Bezug der Familienbeihilfe hatte oder gehabt hätte.
RV/1464-L/10-RS2
Gibt der Anspruchsberechtigte für die Überweisung der Familienbeihilfe eine neue Kontoverbindung lautend auf seine Ehefrau bekannt, liegt in sinngemäßer Anwendung des § 2a Abs. 2 FLAG ein konkludenter Verzicht auf seinen Anspruch auf Familienbeihilfe zugunsten der Kindesmutter vor. Dieser Verzicht kommt einem Widerruf der Verzichtserklärung durch die Kindesmutter gleich.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen, die für das Kind A K im Zeitraum Februar 2008 bis Juli 2010 bezogen wurden, entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber lebte mit seiner Gattin C K (geborene S) und seinem Sohn A (geborener S, geb.1990) in O, in einem gemeinsamen Haushalt und bezog für dieses Kind Familienbeihilfe.

Laut Auskunft des Finanzamtes sei diesem Bezug "sicher" eine Verzichtserklärung der Kindesmutter im Sinne des § 2a Abs. 2 FLAG zu Grunde gelegen, dieselbe könne jedoch aufgrund der bereits erfolgten Skartierung des seinerzeitigen Beihilfenantrages, auf dem die Verzichtserklärung abgegeben worden sei, nicht mehr vorgelegt werden.

Am hatte der Berufungswerber dem Finanzamt seinen aktuellen Wohnsitz (damals auch gemeinsamer Wohnsitz mit der Kindesmutter und dem Kind) sowie eine neue Kontoverbindung (zur Überweisung der Familienbeihilfe) bekannt gegeben. Diese lautete: Kontonummer 0000, Raiffeisenbank XY, BLZ 000, Kontoinhaber C K (Ehefrau des Berufungswerbers und Mutter des anspruchsvermittelnden Kindes).

Die Anweisung der Familienbeihilfe wurde in weiterer Folge auch auf das Bankkonto der C K veranlasst.

Seit sind die Kindesmutter und das Kind nicht mehr am Wohnsitz des Berufungswerbers gemeldet, sondern in G. Ungeachtet dessen gab der Berufungswerber im Zuge einer Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe am die Aufgabe des gemeinsamen Haushaltes nicht bekannt.

Erst im Zuge einer neuerlichen Überprüfung des Beihilfenanspruches teilte der Berufungswerber am mit, dass das Kind nicht mehr ständig bei ihm, sondern bei seiner von ihm getrennt lebenden Ehegattin lebe. Im Zuge einer Rückfrage gab der Berufungswerber dem Finanzamt noch bekannt, dass er schon seit längerer Zeit nicht mehr mit seiner Gattin zusammen lebe und keinen Kontakt mehr zu ihr habe. Er glaube, dass sein Sohn derzeit beim Bundesheer sei. Der Fragebogen zur Überprüfung des Beihilfenanspruches möge an seine Gattin geschickt werden. Die Beihilfe sei auf deren Konto überwiesen worden, er habe daher geglaubt, keine Familienbeihilfe zu beziehen.

Das Finanzamt forderte daraufhin mit einem an den Berufungswerber gerichteten Bescheid vom Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Februar 2008 bis Juli 2010 in Höhe von insgesamt 6.228,90 € zurück. Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG hätten Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehöre, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trage, habe dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz (dieser Bestimmung) anspruchsberechtigt sei. Das Kind A sei laut Abfrage im Zentralen Melderegister mit aus dem gemeinsamen Haushalt mit dem Berufungswerber ausgeschieden und seit diesem Zeitpunkt bei seiner Mutter wohnhaft.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Eingabe vom Berufung erhoben. Der Berufungswerber wies darauf hin, dass die Familienbeihilfe auf Wunsch seiner Gattin ab auf deren eigenes Konto überwiesen worden sei. Dies sei auch dem Finanzamt bekannt. Sollten Rückforderungsansprüche bestehen, mögen diese bei der Kindesmutter als Empfängerin der Familienbeihilfe eingefordert werden.

Das Finanzamt wies diese Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom mit der Begründung ab, dass die Überweisungen der Familienbeihilfe auf Wunsch des Berufungswerbers auf das Konto seiner Ehegattin erfolgt seien. Die Weitergabe der zu Unrecht bezogenen Familienbeihilfe an die Kindesmutter entbinde denjenigen, der sie zu Unrecht bezogen habe, nicht von der zwingenden Rückzahlungsverpflichtung. Im Sinne des § 19 EStG wären Einnahmen bezogen, wenn sie einem Steuerpflichtigen zugeflossen seien. Mit seinem Ersuchen, die Familienbeihilfe auf das Konto der Ehefrau zu überweisen, habe der Berufungswerber rechtlich über die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge, die ansonsten auf sein eigenes Konto geflossen wären, eine Verfügung getroffen. Eine derartige "Vorausverfügung" ändere nichts daran, dass der Zufluss im Zeitpunkt der Auszahlung beim Berufungswerber erfolgt sei. Er sei daher als derjenige anzusehen, der die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen habe, der Rückforderungsbescheid sei daher an ihn zu richten gewesen.

In der als "Berufung gegen die Berufungsvorentscheidung" bezeichneten, als Vorlageantrag im Sinne des § 276 Abs. 2 BAO zu wertenden Eingabe vom wies der Berufungswerber neuerlich darauf hin, dass die Familienbeihilfe ab November 2006 seiner Ehefrau ausbezahlt worden sei. Ab diesem Zeitpunkt habe er sich als der ganzen Familienbeihilfe "entledigt" angesehen und die "Abwicklung" sei allein von seiner Frau übernommen worden. Es hätte auch nie eine "Bestandsaufnahme" zur aktuellen Schul- bzw. Berufsausbildung des Kindes ihm gegenüber stattgefunden, denn ansonsten hätte eine Reaktion seitens des Finanzamtes schon nach dem 18. Geburtstag des Kindes im April 2008 stattfinden müssen. Sein Sohn habe ohnehin bis Juni 2009 die Tourismusschule in B besucht und sei im November 2009 vom Bundesheer einberufen worden. Da er ab November 2006 nie Familienbeihilfe bezogen habe, sei er auch nicht verpflichtet, diese wieder zurück zu zahlen. Andererseits könnte seine Frau nach der Rückzahlung des geforderten Betrages wieder ein Ansuchen auf Auszahlung der Familienbeihilfe für den ihr zustehenden Zeitraum stellen und bekäme die Beihilfe somit doppelt. Es sei daher einfacher, eine "Bestandsaufnahme" bei seiner Frau einzuholen und anschließend das Verfahren mit dem tatsächlichen Bezieher der Beihilfe abzuführen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 26 Abs. 1 FLAG hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Gleiches gilt für zu Unrecht bezogene und gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlte Kinderabsetzbeträge (§ 33 Abs. 3 EStG iVm § 26 FLAG).

Die Bestimmung des § 26 Abs. 1 FLAG stellt nach ihrem klaren und eindeutigen Wortlaut allein darauf ab, wer die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, nicht wer Anspruch auf den Bezug der Familienbeihilfe hatte oder gehabt hätte. Auch der Verwaltungsgerichtshof weist in seiner ständigen Rechtsprechung stets darauf hin, dass § 26 Abs. 1 FLAG eine objektive Erstattungspflicht desjenigen normiert, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat (z.B. ).

Unbestritten ist im vorliegenden Fall, dass die vom Finanzamt im angefochtenen Bescheid zurückgeforderten Beträge an Familienbeihilfe samt Kinderabsetzbeträgen tatsächlich nicht an den Berufungswerber, sondern an seine seine Ehefrau ausbezahlt worden waren. Diese hatte daher die streitgegenständlichen Beträge bezogen. Schon aus diesem Grund erweist sich der an den Berufungswerber gerichtete Rückforderungsbescheid als verfehlt.

Dieser war im vom Rückforderungsbescheid umfassten Zeitraum aber auch nicht mehr Anspruchsberechtigter im Sinne des FLAG.

Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, wenn die in § 2 FLAG genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Gehört ein Kind zum gemeinsamen Haushalt der Eltern, so geht der Anspruch des Elternteiles, der den Haushalt überwiegend führt, dem Anspruch des anderen Elternteiles vor. Bis zum Nachweis des Gegenteils wird vermutet, dass die Mutter den Haushalt überwiegend führt (§ 2a Abs. 1 FLAG).

In den Fällen des Abs. 1 kann der Elternteil, der einen vorrangigen Anspruch hat, zugunsten des anderen Elternteiles verzichten. Der Verzicht kann auch rückwirkend abgegeben werden, allerdings nur für Zeiträume, für die die Familienbeihilfe noch nicht bezogen wurde. Der Verzicht kann widerrufen werden (§ 2a Abs. 2 FLAG).

Der Berufungswerber hat im November 2006 (somit während aufrechten gemeinsamen Haushaltes mit der Kindesmutter) für die Überweisung der Familienbeihilfe eine neue Kontoverbindung lautenden auf seine Ehefrau bekannt gegeben und damit in sinngemäßer Anwendung des § 2a Abs. 2 FLAG konkludent auf seinen Anspruch auf Familienbeihilfe zugunsten der Kindesmutter verzichtet. Dieser Verzicht kommt im Ergebnis einem Widerruf der Verzichtserklärung durch die Kindesmutter gleich (sofern eine solche überhaupt vorgelegen ist). Diese war daher in weiterer Folge Anspruchsberechtigte und hat auch tatsächlich die Familienbeihilfe bezogen.

Der an den Berufungswerber gerichtete Rückforderungsbescheid erweist sich daher auch aus diesem Grund als verfehlt. Abgesehen davon liegt kein Nachweis dafür vor, dass die Kindesmutter auf ihren Beihilfenanspruch verzichtet hatte. Das Finanzamt konnte aufgrund der bereits erfolgten Skartierung des seinerzeitigen Beihilfenantrages das Vorliegen einer solchen Verzichtserklärung durch die Ehefrau des Berufungswerbers nicht mehr belegen.

Das Finanzamt stützte sich in der Berufungsvorentscheidung erkennbar auf die Entscheidung des . Das dort zitierte Erkenntnis des betraf jedoch einen Fall, in dem der Beschwerdeführer tatsächlich die Familienbeihilfe bezogen (vom Finanzamt ausbezahlt erhalten) und an die Kindesmutter ausgehändigt hatte. Diese Fallkonstellation ist aber mit der entscheidungsgegenständlichen nicht vergleichbar. In der ferner zitierten Entscheidung führte der Gerichtshof im Sinne seiner bereits oben erwähnten ständigen Rechtsprechung lediglich aus, dass § 26 Abs. 1 FLAG eine objektive Erstattungspflicht ohne Rücksicht darauf normiere, ob die Beträge gutgläubig empfangen worden sind oder nicht und ob die Rückgabe eine Härte bedeute; eine Weitergabe der Familienbeihilfe durch die anspruchsberechtigte, die Beihilfe auch unmittelbar beziehende und beschwerdeführende Kindesmutter lag diesem Fall nicht zugrunde. Die Bestimmung des § 19 EStG (vgl. zur Vorausverfügung auch Jakom, EStG, 2011, § 19 Tz 8, 26) kann im vorliegenden Fall weder unmittelbar noch sinngemäß Anwendung finden. Zum einen fehlt im FLAG ein Verweis auf diese Bestimmung des EStG, zum anderen kann der Zufluss von Einnahmen nicht mit dem Bezug einer dem Ausgleich der Familienlasten dienenden Beihilfe gleichgesetzt werden.

Im Übrigen hat der Berufungswerber im Vorlageantrag zutreffend darauf hingewiesen, dass es durch den angefochtenen Rückforderungsbescheid faktisch zu einem (ungerechtfertigten) Doppelbezug der Familienbeihilfe durch seine (getrennt lebende) Ehefrau kommen könnte; ob der Berufungswerber eine Erstattung der Rückforderung gegenüber seiner Ehefrau zivilrechtlich durchsetzen könnte, erscheint zweifelhaft. Schließlich wäre es auch unter verwaltungsökonomischen Gesichtspunkten wenig zweckmäßig, eine tatsächlich von der Kindesmutter bezogene Beihilfe zurückzufordern, um sie sodann (eine entsprechende Antragstellung derselben vorausgesetzt) an diese neuerlich auszahlen zu müssen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

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