Einräumung eines Wohnungsrechtes an die Lebensgefährtin
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Dr. Herbert Wimmer, Rechtsanwalt, 8410 Wildon, Hauptplatz 58, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Schenkungssteuer gemäß § 8 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG), BGBl 1955/141, idgF, mit 16 v. H. von 13.187,32 €, sohin im Betrag von 2.109,92 €, festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Mit Wohnrechtsvertrag vom räumte HP für sich und seine Rechtsnachfolger seiner Lebensgefährtin MB (in der Folge kurz Bw. genannt) ein lebenslängliches und unentgeltliches Wohnungsrecht an der gesamten Wohnung G, Wohnung 2 (94/7122 Anteile an EZGB) ein. Lt. Vertragspunkt 3. wurde dieses Wohnungsrecht mit monatlich 200,-- € bewertet.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt für die Bw. die Schenkungssteuer fest, dabei ausgehend vom monatlichen Wert des Wohnungsrechtes lt. Vertrag.
Dagegen wurde rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung erhoben mit der Begründung, dass der Bw. zu Lebzeiten des HP kein ausschließliches Nutzungsrecht an der Eigentumswohnung eingeräumt werden sollte. Die Bw. sei nur zur Mitbenutzung neben HP berechtigt und erlange erst im Fall des Ablebens des HP ein ausschließliches Nutzungsrecht. Die im Wohnrechtsvertrag vorgenommene Bewertung des Wohnungsrechtes beziehe sich auf das ausschließliche Benützungsrecht, weshalb unter Berücksichtigung der Mitbewohnerschaft die Steuerbemessung lediglich von der Hälfte der Bemessungsgrundlage vorgenommen werden könne. Jedoch könne ein Nutzungsrecht nicht höher bewertet werden, als mit dem steuerlichen Wert jenes Wirtschaftsgutes, an dem das Nutzungsrecht eingeräumt werde. Der Einheitswert für die gesamte Wohnung betrage 8.864,69 €, sodass als Obergrenze der Bemessungsgrundlage der halbe dreifache Einheitswert, nämlich 13.297,04 €, herangezogen werden könne. Nach Ansicht der Bw. liege jedoch ein schenkungssteuerpflichtiger Tatbestand nicht vor, da das gemeinsame Bewohnen aus der Lebensgemeinschaft resultiere und ein ausschließliches Nutzugsrecht unter der aufschiebenden Bedingung stehe, dass HP vor der Bw. versterbe.
Am erging seitens des Finanzamtes die teilweise stattgebende Berufungs-vorentscheidung. Dabei wurde als Bemessungsgrundlage der dreifache Einheitswert für die gesamte Wohnung herangezogen.
Am wurde der Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz eingebracht. Das der Bw. eingeräumte Wohnungsrecht könne von ihr zu Lebzeiten des Wohnungseigentümers nur gemeinsam mit diesem ausgeübt werden. Unter Berücksichtigung der Mitbewohnerschaft sei die Steuerbemessung daher nur vom hälftigen dreifachen anteiligen Einheitswert vorzunehmen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG idgF. (= für alle Erwerbe bis ) gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechts - somit ein Vertrag, wodurch jemandem eine Sache unentgeltlich überlassen wird - sowie nach Z 2 dieser Bestimmung jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Gegenstand einer Schenkung kann jede im Verkehr stehende Sache sein, sofern sie von wirtschaftlichem Wert ist ( 361/79), sohin auch eine Dienstbarkeit, wie etwa im Gegenstandsfalle die Zuwendung eines Wohnungsrechtes, da auch die Gewährung von Vermögensgebrauch ein Vorteil ist, der dem Vermögen des Zuwendenden entstammt (vgl. , 0237 und dort zitierte Lehrmeinungen).
In § 521 ABGB ist das "Wohnungsrecht" als das dingliche Recht zum Gebrauch einer Wohnung bestimmt, das je nach dem Umfang der Gestattung entweder den Grundsätzen des (unbeschränkten) Fruchtgenussrechtes (§ 521 Satz 3) oder jenen des auf die persönlichen Bedürfnisse abgestellten Gebrauchsrechtes zu unterstellen ist (Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts10, Band II, S. 164 - 169).
Nach dem Inhalt der Vereinbarung vom wurde der Bw. die Dienstbarkeit des "Wohnungsrechtes" im Sinne eines höchstpersönlichen, lebenslangen Nutzungsrechtes (Gebrauchsrechtes) an der im Eigentum des Lebensgefährten stehenden Wohnung unentgeltlich eingeräumt. Entgegen dem Dafürhalten der Bw., die Rechtseinräumung stehe unter einer aufschiebenden Bedingung und werde sohin "de facto" erst bei Ableben des Lebensgefährten ausgeübt, sprechen aber gerade die vorliegenden Fakten eindeutig für eine bereits ausgeführte und damit steuerpflichtige Zuwendung des Wohnungsrechtes. Abgesehen davon, dass die Bw. das Wohnungsrecht tatsächlich bereits ausübt - was für sich betrachtet als "normales Zusammenleben" im Rahmen einer Lebensgemeinschaft als einer Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft noch keine steuerlichen Auswirkungen zeitigen würde - wurde aber diese Berechtigung für die Bw. durch Abschluss der Vereinbarung mit der darin vorgesehenen grundbücherlichen Besicherung und damit Verdinglichung, welche bereits - wie im Grundbuch ersichtlich - auch durchgeführt wurde, rechtlich auf eine andere Basis gestellt. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2001/16/0436, ausgeführt, dass das bisherige Bewohnen durch den Lebensgefährten Ausfluss der Lebensgemeinschaft gewesen sei, und weiter: "Demgegenüber wurde dem Beschwerdeführer in der Vertragsurkunde ... ausdrücklich die persönliche Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauches bestellt, wobei vereinbart wurde, dass die Dienstbarkeit im Grundbuch zu "verdinglichen" sei. Dabei wurde dem Beschwerdeführer zweifellos gegenüber der vormaligen Nutzungsberechtigung auf Grund der Lebensgemeinschaft eine andere Rechtsposition eingeräumt." Die Änderung der Rechtsposition ist laut VwGH darin zu erblicken, dass der Berechtigte, anstelle eines vormals bloß mündlich eingeräumten Nutzungsrechtes ohne dingliche Wirkung, nunmehr vertraglich einen Titel zur Erlangung der Dienstbarkeit mit Wirkung gegenüber Dritten innehat. Im Übrigen genüge dabei der durch den Vertrag geschaffene Titel im Hinblick auf die Beurteilung der eingetretenen Bereicherung, wohingegen dem Umstand, ob die Dienstbarkeit im Grundbuch tatsächlich sichergestellt wird, keinerlei Bedeutung zukommt.
Im Gegenstandsfalle ist aus dem Vertragsinhalt wie auch dem Berufungsvorbringen eindeutig erkenntlich, dass es beiden Vertragsparteien gerade willentlich und unbedingt daran gelegen war, das Wohnbedürfnis der Bw. für die Zukunft abzusichern und zu wahren, ihr sohin offenbar eine gegenüber dem vormaligen Zustand "erhöhte", nämlich grundbücherlich und damit nach außen hin besicherte Rechtsposition zu verschaffen.
Aufgrund des eingeräumten, unentgeltlichen und bereits verdinglichten Wohnungsrechtes, wobei nach Obigem allein der durch die Vereinbarung hiefür geschaffene Titel genügen würde, wird sohin die Bw. infolge der ihr verschafften geänderten Rechtsposition in ihrem Vermögen bereits jetzt - und nicht vermeintlich erst bei Ableben des Lebensgefährten - bereichert, während das Vermögen des Lebensgefährten als Wohnungseigentümer durch die Belastung der Liegenschaft mit einer grundbücherlich sichergestellten Dienstbarkeit entsprechend geschmälert wird. Demzufolge kann aber von einer aufschiebenden Bedingung keine Rede sein und unterliegt die eingeräumte Dienstbarkeit aufgrund der Vereinbarung der Schenkungssteuer.
Dieses Berufungsbegehren ist daher dem Grunde nach abzuweisen.
Was nunmehr die strittige Höhe der Bemessungsgrundlage anlangt, so kommt dem Berufungsbegehren allerdings Berechtigung zu. Aufgrund des dem Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht immanenten Bereicherungsprinzipes darf nach der ständigen VwGH-Judikatur (siehe ; ; ) ein Nutzungsrecht nicht höher als mit dem steuerlichen Wert (= Einheitswert) des Wirtschaftsgutes selbst, an dem das Nutzungsrecht eingeräumt wird, bewertet werden.
Soferne also - wie im Gegenstandsfalle - ein nach objektiven Maßstäben gemäß den §§ 16 und 17 BewG ermittelter Wert des Nutzungsrechtes den Einheitswert der Liegenschaft übersteigt, ist als Wertansatz höchstens der Einheitswert als Obergrenze heranzuziehen. Dem Umstand, dass der Bw. kein ausschließliches Nutzungsrecht, sondern dieses unter Mitbenützung des Eigentümers zukommt, ist in diesem Fall - entgegen dem bisherigen Bemessungsansatz des Finanzamtes - eben dahin Rechnung zu tragen, dass die Steuerbemessung bloß vom hälftigen anteiligen und dreifachen Einheitswert der Wohnung, das sind 13.297,04 €, vorzunehmen ist. Ausgehend vom hälftigen dreifachen Einheitswert bemisst sich die Schenkungssteuer unter Berücksichtigung des Freibetrages von 110,-- € gemäß § 8 Abs. 1 ErbStG (Stkl. V) mit 16 % von 13.297,-- €, das sind 2.109,92 €.
In Anbetracht obiger Sach- und Rechtslage konnte daher der Berufung insgesamt nur ein teilweiser Erfolg beschieden sein und war spruchgemäß zu entscheiden. Der Differenzbetrag zur Berufungsvorentscheidung in Höhe von 2.657,20 € wird abgeschrieben.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at