Neuerliche Gebührenpflicht für Vertragsbeitritt eines Dritten auf Seiten der Mieterin?
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Festsetzung der Selbstbemessungsabgaben gemäß § 201 BAO entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
M.M. war seit Anfang November 2003 persönlich haftender und vertretungsbefugter Gesellschafter der im Firmenbuch eingetragenen M-KEG. Kommanditist der M-KEG war ab dem selben Zeitpunkt A.B.. Am hatte der Berufungswerber (in der Folge: Bw.) als Alleineigentümer eines Gebäudes in O-Dorf mit der M-KEG, vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter M.M., einen Mietvertrag über ein im vorgenannten Gebäude befindliches Geschäftslokal auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen. Für sämtliche Zahlungsverpflichtungen aus dem gegenständlichen Mietvertrag würde M.M. als persönlich haftender Gesellschafter der M-KEG zur ungeteilten Hand mit der Mieterin haften. Alle Rechte und Pflichten aus dem Vertrag würden beiderseits auf die jeweiligen Rechtsnachfolger übergehen.
Ausgehend vom vereinbarten Mietzins samt Umsatzsteuer und Betriebskostenakkontierung wurde im Wege der Selbstberechnung für diesen Mietvertrag die Bemessungsgrundlage für die Gebühr mit € 43.380,00 ermittelt sowie die daraus gemäß § 33 TP 5 Gebührengesetz 1957 (GebG) mit € 433,80 errechnete Gebühr an das zuständige Finanzamt Klagenfurt (FA) entrichtet.
Aufgrund der Gesellschafterversammlung vom der M-KEG ist dann A.B. als Kommanditist ausgescheiden, R.S. als weiterer persönlich haftender und vertretungsbefugter Gesellschafter eingetreten und die M-KEG in eine OEG umgewandelt worden.
Am erklärte X.Y., in Kenntnis der Bestimmungen des Mietvertrages vom , dem Bw. als Vermieter und der M-KEG (richtig gemeint: M-OEG) als Mieterin gegenüber, hiermit auf Seiten der Mieterin diesem Mietvertrag mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten beizutreten, und stimmten der Bw. und die Mieterin diesem Beitritt ausdrücklich zu. Dem Vermieter gegenüber würde X.Y. zur ungeteilten Hand mit der Mieterin hinsichtlich aller Verpflichtungen aus dem Mietvertrag haften. Unterfertigt ist die Vertragsurkunde vom vom Bw., dem Beitretenden sowie von M.M. als persönlich haftendem Gesellschafter der M-OEG.
Die im Wege der Selbstberechnung ermittelte Bemessungsgrundlage von € 43.380,00 sowie die daraus errechnete Gebühr in Höhe von € 433,80 wurde dem FA, unter Bezugnahme auf den Vertragsbeitritt vom , am mittels Vordruck "Geb 1" bekanntgegeben.
Mit Eingabe an das FA vom brachte der Bw. vor, der Vertragsbeitritt vom wäre von vollkommen falschen Voraussetzungen ausgegangen. Zu diesem Zeitpunkt habe es eine M-KEG gar nicht mehr gegeben, sondern wäre diese in die M-OEG umgewandelt gewesen, wodurch X.Y. automatisch vollhaftender Mieter gewesen sei. Es werde daher ersucht, die vom rechtsfreundlichen Vertreter des Bw. vorgenommene Selbstberechnung aufzuheben.
Das FA wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid das Ansuchen des Bw. als unbegründet ab und führte hiezu aus, dass die M-OEG als Gesamtrechtsnachfolgerin infolge Umwandlung der M-KEG hinsichtlich aller Rechte und Pflichten an die Stelle der Rechtsvorgängerin getreten sei. Da sich die Höhe der selbstberechneten Gebühr als richtig erweise, wäre auch eine Maßnahme nach § 201 BAO nicht gerechtfertigt.
Seine dagegen fristgerecht erhobene Berufung begründete der Bw. zunächst damit, dass mangels Vorliegen eines gültigen Rechtsgeschäftes gar keine Selbstberechnung erfolgen hätte dürfen. Die seinerzeit aus Anlass des Mietvertrages vom entrichtete Gebühr werde gar nicht angefochten, sondern richte sich der gegenständliche Antrag auf die abermalige Erhebung einer Gebühr für dasselbe Rechtsgeschäft. Da durch die Umwandlung der M-KEG in eine OEG die Identität der Mieterin als Vertragspartei, der seit dem durch den formändernden Gesellschafterwechsel auch X.Y. als persönlich haftender Gesellschafter angehörte, unberührt geblieben wäre, würde ein zivilrechtlich gültig zustandegekommenes (weiteres) Rechtsgeschäft in Wahrheit gar nicht vorliegen. Durch den Umstand, dass ab diesem Zeitpunkt die M-OEG, der auch X.Y. (als persönlich haftender) Gesellschafter angehörte, Mieterin gewesen sei, wäre ein "Beitritt" des X.Y. rechtlich gar nicht mehr möglich und von den Parteien auch nicht gewollt gewesen. § 17 Abs. 5 GebG könnte nicht zur Anwendung gelangen, da eine Aufhebung eines absolut nichtigen Vertrages, welcher also ein rechtliches Nichts darstelle, nicht erforderlich sei. Es werde daher nochmals beantragt, die Rechtsgeschäftsgebühr für den nicht gültig zustande gekommenen Beitrittsvertrag mit Null festzusetzen.
In seiner abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das FA aus, dass es sich bei der M-KEG (später M-OEG) und dem beigetretenen X.Y. um zwei verschiedene Rechtssubjekte handle und der Einwand, der Beitritt sei nicht gültig zustandegekommen, weil X.Y. bereits als Gesellschafter am Rechtsgeschäft beteiligt gewesen wäre, somit ins Leere gehen musste. Von einer doppelten Besteuerung für dasselbe Rechtsgeschäft könne aufgrund des Vorliegens zweier verschiedener Urkunden und Vertragsparteien nicht gesprochen werden.
Innerhalb der Frist des § 276 BAO stellte der Bw. den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz und wiederholte nochmals seinen Standpunkt, wonach der Beitritt, der eine Haftung begründen sollte, die tatsächlich (durch die Gesellschafterstellung des X.Y.) schon bestanden habe, nicht gewollt und daher nichtig gewesen sei.
Eine Anfrage an das zuständige Firmenbuchgericht durch die Berufungsbehörde ergab, dass X.Y. erst am der M-OEG als Gesellschafter beigetreten war und den Geschäftsanteil des ausscheidenden M.M. übernommen hatte. Dieses Ergebnis des Ermittlungsverfahren wurde dem Bw. zur Kenntnis gebracht. Eine Äußerung hiezu ist seitens des Bw., trotz ausreichendem Zuwarten über die eingeräumte Frist hinaus, nicht erfolgt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Vorweg ist festzuhalten, dass die rein rechnerische Ermittlung der Bemessungsgrundlage und der daraus abgeleiteten Rechtsgeschäftsgebühr von den Verfahrensparteien nicht in Streit gezogen wurde, wozu nach Ansicht der Berufungsbehörde auch kein Anlass besteht. Strittig ist lediglich, ob der Vertragsbeitritt des X.Y. vom ein gültig zustande gekommenes und der Gebührenpflicht unterliegendes Rechtsgeschäft darstellt.
Hiezu wird ausgeführt:
Im III. Abschnitt des GebG ist unter der Überschrift "Gebühren für Rechtsgeschäfte", worunter auch Bestandverträge fallen, im § 15 Abs. 1 leg. cit. normiert, dass Rechtsgeschäfte nur dann gebührenpflichtig sind, wenn über sie eine Urkunde errichtet wird, es sei denn, dass in diesem Bundesgesetz etwas Abweichendes bestimmt ist.
Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgeblich. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
Nach § 33 TP 5 Abs. 1 Z. 1 GebG unterliegen Bestandverträge (§§ 1090 ff ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, einer Gebühr von 1 v.H. nach dem Wert. Gemäß Abs. 3 leg. cit. sind bei bestimmter Vertragsdauer die wiederkehrenden Leistungen mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert zu bewerten.
Aus dem Zusammenspiel dieser gesetzlichen Bestimmungen erhellt, dass Voraussetzungen für eine rechtsrichtige Vergebührung eines Rechtsgeschäftes das Vorliegen eines gültig zustande gekommenen Rechtsgeschäftes und eine darüber errichtete Urkunde sind (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band I, Stempel- und Rechtsgebühren, Rz 40 zu § 15 GebG; Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom , 93/16/0077).
Die im § 33 TP 5 GebG behandelten Bestandverträge sind nach § 1090 ABGB Konsensualverträge, wonach jemand eine bestimmte Sache auf eine gewisse Zeit gegen einen bestimmten Preis zum Gebrauch erhält (Fellner, a.a.O., Rz 5 zu § 33 TP 5; ). Derartige zweiseitig verbindliche Konsensualverträge kommen im Zeitpunkt der Willenseinigung über die von den Vertragspartnern jeweils zu erbringenden Leistungen, nämlich Überlassung der Bestandsache und Höhe des Bestandzinses, zustande (Fellner, a.a.O.; ). Im vorliegenden Fall haben nun die beteiligten drei Vertragsparteien, nämlich der Bw. als Vermieter, die M-OEG als Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Mieterin M-KEG, vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter M.M., sowie X.Y. als Beitretender Willenseinigung darüber erzielt, dass hiermit, also mit Unterfertigung der Vertragsurkunde am , X.Y. auf Seiten der Mieterin dem Mietvertrag mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten beitreten würde. Durch die ausdrückliche Bezugnahme auf die Mietvertragsurkunde vom haben die Beteiligten den Inhalt dieser Urkunde zum rechtsgeschäftlichen Inhalt des Vertrages vom gemacht und ergeben sich aus der erstgenannten Urkunde die Essentialia eines Bestandvertrages, nämlich die Bestandsache, die Vertragsdauer sowie der Bestandzins. Ihren Willen, den Vertrag genau in dieser Form abschließen zu wollen, haben alle Parteien dann auch durch die Unterfertigung am Ende der Urkunde vom dokumentiert.
Durch diesen allseitigen Konsens, bekräftigt durch die Unterzeichnung der Urkunde durch sämtliche Beteiligten, wurde daher erstmalig ein Bestandverhältnis zwischen dem Bw. als Vermieter und X.Y. als beigetretenem (Mit-) Mieter in Form von wechselseitigen Rechten und Verpflichtungen begründet, da ein solches bis dahin nur zwischen dem Bw. und der M-KEG bzw. der M-OEG als deren Rechtsnachfolgerin bestanden hatte.
Für dieses sohin gültig zustandegekommene Rechtsgeschäft ist die Steuerschuld gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GebG im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Urkunde durch alle Vertragsteile, also mit , entstanden.
Soweit der Bw. nun vorbringt, es würde gar kein zivilrechtlich gültig zustandegekommenes Rechtsgeschäft vorliegen, da der beigetretene X.Y. bereits ab der Mieterin als persönlich haftender Gesellschafter angehört habe und daher eine neuerliche Haftungsbegründung rechtlich nicht möglich gewesen wäre, so ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass X.Y. erst am , also einen Tag nach der Unterfertigung des Beitrittsvertrages, in die M-OEG als Gesellschafter eingetreten ist. Dass X.Y. etwa schon vorher irgendwie gesellschaftsrechtlich mit der M-OEG verbunden gewesen war, lässt sich dem gesamten Akteninhalt indes nicht entnehmen, weshalb dieser im Zeitpunkt auch nicht als automatisch vollhaftender Mieter angesehen werden kann. Der aus der Anfrage beim zuständigen Firmenbuchgericht resultierenden Sachverhaltsfeststellung, dass X.Y. erst am in die M-OEG als Gesellschafter eingetreten ist, ist der Bw., nach Vorhalt durch die Berufungsbehörde, nicht entgegengetreten. Der Einwand des Bw., der Beitritt des X.Y. als (mit-) haftender Mieter wäre infolge dessen Stellung als persönlich haftender Gesellschafter der M-OEG gar nicht gewollt gewesen, stellt sich daher angesichts der gerade aufgezeigten Umstände bloß als (unrichtige) Zweckbehauptung dar und steht überdies im Widerspruch zur Tatsache, dass die Vertragsparteien ihren Willen, einen Vertragsbeitritt zu vereinbaren, durch die allseitige Unterfertigung der Urkunde vom dokumentiert hatten.
Der vom Bw. zusätzlich vertretenen Ansicht, § 17 Abs. 5 GebG könne im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangen, ist keine weitere Relevanz beizumessen, da weder eine Vernichtung der Urkunde, noch eine Aufhebung des Rechtsgeschäftes oder ein Ausbleiben seiner Ausführung aus dem Akteninhalt abgeleitet werden kann.
Wie schon vom FA in seiner Berufungsvorentscheidung zutreffend ausgeführt wurde, kann auch nicht von einer unzulässigen Doppelbesteuerung eines einzigen Rechtsvorganges gesprochen werden, da, wie bereits oben dargelegt, zwei verschiedene Rechtsgeschäfte abgeschlossen wurden, über die auch zwei getrennte Urkunden errichtet worden sind.
Schließlich ist noch der Inhalt des § 201 BAO beachtlich. Diesem zufolge kann bzw. muss in Fällen, in denen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen anordnen oder gestatten, unter bestimmten Voraussetzungen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Im vorliegenden Fall ist aber nach den obigen Ausführungen ein (weiteres) Rechtsgeschäft gültig zustandegekommen, für das die Gebührenschuld entstanden ist. Hinsichtlich der Höhe der Selbstbemessung konnten keine Unrichtigkeiten festgestellt werden, weshalb für das FA keine Veranlassung bestanden hatte, eine erstmalige Abgabenfestsetzung mit Null, wie dies vom Bw. begehrt wurde, vorzunehmen.
Im Ergebnis erweist sich sohin der angefochtene Bescheid, mit welchem dem Antrag des Bw. auf Festsetzung der selbstberechneten Gebühr mit Null nicht Folge gegeben worden ist, als frei von den behaupteten Rechtswidrigkeiten, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Klagenfurt, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 15 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 Abs. 1 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 5 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Mietvertrag Bestandvertrag Beitritt Vertragsbeitritt |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at