Tausch von Miteigentumsanteilen an mehreren wirtschaftlichen Einheiten
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des S, Adr, vertreten durch Steuerberater, gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Grunderwerbsteuer (zum "Tausch- und Schenkungsvertrag" vom mit M) entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Grunderwerbsteuer wird mit 3,5 v. H. von € 573.868,75, sohin im Betrag von € 20.085,41, festgesetzt.
Entscheidungsgründe
Laut dem am abgeschlossenen "Tausch- und Schenkungsvertrag" sind die Geschwister S (= Berufungswerber, Bw), L, M und K als Miteigentümer mehrerer Liegenschaften übereingekommen, das ideelle Miteigentum aufzuheben und Alleineigentum im Wege eines Tausch- und Schenkungsgeschäftes zu begründen. Der Bw war zu jeweils 7/16-Anteilen und die drei Geschwister zu je 3/16-Anteilen an den folgenden Liegenschaften Miteigentümer: 1. Gst1 in EZ1, bebautes Grundstück samt Einfamilienhaus, Fläche 4.442 m²; 2. EZ2, dazu zählt ua. das Gst2 (1.915 m²), landwirtschaftl. Betrieb; 3. EZ3, landwirtschaftl. genutztes Grundstück, 209 m²; 4. EZ4, landwirtschaftl. genutztes Grundstück, 230 m².
zu 1.: Gemäß Vermessungsurkunde vom wird das Gst1 geteilt in die 4 Teilgrundstücke Gst1a (Fläche 2.170 m², di. Bestand alt 2.018 m² + Zuschreibung der Teilfläche 1 von 152 m² aus Gst2 in EZ2), Gst1b (Fläche 1.157 m²), Gst1c (Fläche 930 m², di. Bestand alt 418 m² + Zuschreibung der Teilfläche 2 von 512 m² aus Gst2 in EZ2) und das Gst1d (Fläche 849 m²). Alle vier Teilgrundstücke werden vom bisherigen Gutsbestand abgeschrieben, hiefür je eine eigene Einlagezahl eröffnet und wie folgt im Tausch- und Schenkungswege ins Alleineigentum übergeben: das Gst1a (2.170 m²) an M; die Gst1b, Gst1c und Gst1d (Fläche gesamt 2.936 m²) an den Berufungswerber.
zu 2. - 4.: Hinsichtlich der landwirtschaftlichen Grundstücke EZ2, EZ3 und EZ4 wurde jeweils unter Vertragspunkten 2. - 4. vereinbart, dass der Bw seine 7/16-Anteile sowie die weiteren Geschwister M und K ihre je 3/16-Anteile, sohin zusammen 13/16-Anteile, an L übertragen, sodass dieser jeweils Alleineigentümer dieser Liegenschaften wird.
Laut Einheitswertabfrage wurden zu den betreffenden Liegenschaften folgende Einheitswerte vom Lagefinanzamt zuletzt festgestellt:
a) zu EZ1: unter EW-AZ1 (Geschäftsgrundstück) mit € 250.503,26; b) zu EZ1: unter EW-AZ2 (Einfamilienhaus) mit € 89.500; c) zu EZ2 tw.: unter EW-AZ3 (landwirtschaftl. Betrieb) mit € 290,69; d) zu EZ2 tw.: unter EW-AZ4 (Einfamilienhaus, dh. Wohnungswert) mit € 2.906,91.
Das Finanzamt hat daraufhin ua. dem Bw mit Bescheid vom , StrNr, zum "Tausch- und Schenkungsvertrag" mit M ausgehend von einer geschätzten Tauschleistung von € 223.000 die 3,5%ige Grunderwerbsteuer im Betrag von € 7.805 vorgeschrieben und ausgeführt, beim Tauschvertrag sei die Steuer vom gemeinen Wert des (für das erworbene Grundstück) hingegebenen Grundstückes - zuzüglich einer allfälligen Aufzahlung - zu berechnen.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde eingewendet, die herangezogene Tauschleistung ergebe sich weder aus dem Vertrag noch seien von der Behörde die Berechnungsgrundlagen dargestellt bzw. bekannt gegeben worden, sodass der Betrag nicht nachvollziehbar sei. Der Bescheid sei daher als rechtswidrig zu beheben. Vorgelegt wurde ua. eine detaillierte Aufstellung der Verkehrswerte (m²-Preise lt. Gemeinde X) samt anschließender "Berechnung Grunderwerbsteuer", wobei jeweils ein Steuersatz von 2% angeführt wurde. Der "Verkehrswert 2" für die Liegenschaft EZ1 beträgt demnach € 650 pro m².
Das Finanzamt hat gegenständliche Berufung mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen und die Grunderwerbsteuer nunmehr ausgehend von einer Tauschleistung in Höhe von € 617.093,75 (= Verkehrswert des Teilgrundstückes Gst1a: 2.170 m² x € 650/m² = € 1,410.500, davon 7/16el) im Betrag von € 21.598,28 vorgeschrieben und darauf hingewiesen, dass mangels Teilung nur EINES Grundstückes der Fläche nach die Bestimmung nach § 3 Abs. 2 GrEStG nicht zutreffe.
Mit Antrag vom wurde die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde II. Instanz ohne weitere Begründung begehrt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG), BGBl 1987/309, idgF, unterliegen der Grunderwerbsteuer Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die einen Anspruch auf Übereignung begründen, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen. Zu den "anderen Rechtsgeschäften" iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG zählt ua. der Tauschvertrag. Dieser ist nach § 1045 ABGB ein Vertrag, durch den eine Sache gegen eine andere überlassen wird. Bei einem Austausch von zwei Grundstücken liegen zwei grunderwerbsteuerpflichtige Erwerbsvorgänge vor, da gem. § 4 Abs. 3 GrEStG bei einem Tauschvertrag, der für jeden Vertragsteil den Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes begründet (= "reiner" Grundstückstausch), die Steuer sowohl vom Werte der Leistung des einen als auch vom Werte der Leistung des anderen Vertragsteiles zu berechnen ist (). Erfolgt die Aufteilung mehrerer wirtschaftlicher Einheiten in der Weise, dass jeder der Beteiligten Alleineigentümer an einer wirtschaftlichen Einheit wird, so liegt ein Austausch von Miteigentumsanteilen an verschiedenen wirtschaftlichen Einheiten vor.
Demgegenüber kommt eine steuerliche Begünstigung nach § 3 Abs. 2 GrEStG (wie vom Finanzamt angesprochen) nicht in Betracht, weil keine "Realteilung" vorliegt. Bei der (echten) Realteilung werden zum Unterschied vom Tausch nicht Grundstücke verschiedener wirtschaftlicher Einheiten ausgetauscht, sondern vielmehr Miteigentumsanteile an einer (einzigen) wirtschaftlichen Einheit gegen das Alleineigentum an einem Teil dieser Einheit. Werden dagegen mehrere wirtschaftliche Einheiten in der Weise aufgeteilt, dass jeder Beteiligte Alleineigentümer an einer wirtschaftlichen Einheit wird, dann ist von einer Vermögensauseinandersetzung schlechthin zu sprechen (; , 2001/16/0402, 0403 u. v. a.). § 3 Abs. 2 GrEStG kann also auf die körperliche Teilung eines Grundkomplexes, der nach dem Bewertungsrecht in mehrere wirtschaftliche Einheiten zerfällt, nicht angewendet werden, und zwar auch dann nicht, wenn die einzelnen wirtschaftlichen Einheiten räumlich in unmittelbarer Verbindung stehen (vgl. -0092). Wird sohin ein gemeinschaftliches Vermögen als ein Komplex mehrerer wirtschaftlicher Einheiten geteilt, so handelt es sich nicht um eine Sachteilung, sondern um einen Austausch einzelner Vermögensbestandteile bzw. um einen Austausch von Miteigentumsanteilen an verschiedenen Einheiten, der als Grundstückstausch zu versteuern ist (vgl. zB , 0230, 0231, 0238). Über die wirtschaftlichen Einheiten haben dabei die Lagefinanzämter in einer auch für Grunderwerbsteuerzwecke bindenden Weise abzusprechen (). Dabei ist die Einheitsbewertung zum letzten dem Erwerb vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt maßgebend. Nach der gegebenen Sachlage steht fest, dass das zuständige Lagefinanzamt zum Grundbuchskörper EZ1 zwei getrennte Einheitswerte, erkenntlich an den verschiedenen Einheitswert-Aktenzahlen, festgestellt hat (siehe eingangs: unter EW-AZ1 als Geschäftsgrundstück; unter EW-AZ2 Bewertung des Einfamilienhauses). Bereits aus diesem Grund, da sohin von zwei verschiedenen wirtschaftlichen Einheiten auszugehen ist, wurde durch den Austausch von Miteigentumsanteilen ua. zwischen dem Bw und der Schwester M an EZ1, sodass beide Alleineigentümer an jeweils neu gebildeten Teilgrundstücken hieraus wurden, keine Realteilung verwirklicht. Hinzu kommt, dass bei der (begünstigten) Realteilung nicht nur ein (einziges) Grundstück flächenmäßig zu teilen ist, sondern auch, dass jeder der bisherigen ideellen Miteigentümer nach Durchführung der Realteilung materielles Eigentum an einem Teilgrundstück erhält, das wertmäßig der bisherigen ideellen Beteiligung entspricht. Auch diese Voraussetzung liegt gegenständlich nicht vor, weil die Geschwister und bisherigen Miteigentümer L und K im Ergebnis keinerlei Eigentum an einem der Teilgrundstücke erwerben.
Gemäß § 5 Abs. 1 Z 2 GrEStG stellt beim Tausch die Tauschleistung des anderen Vertragsteiles einschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung die der Bemessung zugrundezulegende Gegenleistung dar. Die "Tauschleistung des anderen Vertragsteiles" bildet das von dem Erwerber des eingetauschten Grundstückes hingegebene (vertauschte) Grundstück, das als Gegenleistung mit dem gemeinen Wert (§ 10 BewG) bzw. dem Verkehrswert - zuzüglich einer allfälligen Tauschaufgabe (Aufzahlung) - zu bewerten ist (). Für die Wertermittlung ist anstelle des Einheitswertes der gemeine Wert deshalb maßgebend, weil beim Grundstückstausch die Grunderwerbsteuer nicht vom Wert des den Gegenstand des Erwerbsvorganges bildenden Grundstückes, sondern vom Wert des als Gegenleistung hingegebenen Grundstückes zu berechnen ist (vgl. u.v.a.; siehe zu vor auch: Fellner, Kommentar Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, Grunderwerbsteuer, Rz. 37 f. zu § 4, Rzn. 108 - 113 zu § 5).
Durch die gegenständlich im Rahmen des einheitlichen Rechtsgeschäftes ("Tausch- und Schenkungsvertrag" vom ) vereinbarte wechselseitige Hingabe und teils Aufgabe (seitens K) von Miteigentumsanteilen an mehreren Grundstücken bzw. wirtschaftlichen Einheiten, sodass im Ergebnis der Bw und die Schwester M jeweils Alleineigentum an den aus EZ1 abgetrennten und neu gebildeten vier Teilgrundstücken sowie im Gegenzug der Bruder L Alleineigentum an den landwirtschaftlichen Grundstücken erworben haben, wurde ua. zwischen dem Bw und der Schwester M ein Tauschgeschäft verwirklicht. Die Tauschleistung des Bw für seinen Alleinerwerb der drei Teilgrundstücke Gst1b, Gst1c und Gst1d besteht dabei ua. in dem an die Schwester hingegebenen 7/16-Miteigentumsanteil an jener Teilfläche Gst1a, die nunmehr die Schwester in ihr Alleineigentum erwirbt, mit deren gemeinen Wert (Verkehrswert).
In Streit gezogen wurde allein diese - zufolge des Erstbescheides - nicht nachvollziehbare Bemessungsgrundlage. Gleichzeitig wurde im Nachhang zur Berufung eine Darstellung des Verkehrswertes der Liegenschaft EZ1 beigebracht, wonach dieser € 650 pro m² beträgt. Gleichzeitig gilt zu berücksichtigen, dass sich die nunmehrige Fläche des Gst1a aus der Übertragung aus dem Altbestand von 2.018 m² sowie einer aus dem Gst2 zugeschriebenen Teilfläche 1 von 152 m², sohin aus dem Gutsbestand der Landwirtschaft und damit einer Gegenleistung wiederum des L, zusammensetzt, sodass bei gegenständlicher Steuerbemessung lediglich von der Grundstücksfläche von 2.018 m² auszugehen sein wird. Demgemäß ermittelt sich die Tauschleistung des Bw (= Hingabe von 7/16-Anteilen an Gst1a) wie folgt: Fläche 2.018 m² x € 650 je m² = Verkehrswert gesamt € 1,311.700, hievon 7/16-el = € 573.868,75.
In Anbetracht obiger Ausführungen ist daher gegenständlich von einem Tauschgeschäft mit der Schwester und einer Tauschleistung des Bw in Höhe von € 573.868,75 auszugehen und die Grunderwerbsteuer gemäß § 7 Z 3 GrEStG mit 3,5 %, sohin im Betrag von € 20.085,41, festzusetzen.
Der Vollständigkeit halber wird festgehalten, dass - entgegen der eigenen Berechnungsdarstellung im Anschluss an die bekannt gegebenen Verkehrswerte - zufolge § 7 Z 1 GrEStG der Steuersatz von lediglich 2 % nicht auf Erwerbe von Grundstücken - wie hier - durch Geschwister anzuwenden ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 5 Abs. 1 Z 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 § 3 Abs. 2 GrEStG 1987, Grunderwerbsteuergesetz 1987, BGBl. Nr. 309/1987 |
Schlagworte | Tausch Miteigentum Verkehrswert Tauschleistung wirtschaftliche Einheit Realteilung |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at