Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 16.05.2007, RV/0132-W/05

Aufnahme einer Beschäftigung bei Vormerkung als arbeitsuchend iSd § 2 Abs.1 lit.f FLAG 1967

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Adr1, gegen den Bescheid des Finanzamtes X. vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Juni bis September 2004 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerberin (Bw.) wurden die Familienbeihilfe und die Kinderabsetzbeträge für ihren bereits volljährigen Sohn S., geb. Datum1, vom Finanzamt laufend gewährt, weil der Sohn laut vorgelegter Bestätigung des Arbeitsmarktservice (AMS) ab November 2003 - ohne Anspruch auf Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) 1977 oder eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes gemäß § 35 Arbeitsmarktservicegesetz (AMSG) 1994 zu erhalten - "arbeitsuchend vorgemerkt" war.

Mit Schreiben vom teilte die Bw. dem Finanzamt mit, dass der Sohn in der Zeit vom bis als freier Dienstnehmer beschäftigt gewesen sei, der Sohn habe die Arbeit wegen seiner chronischen Krankheit aufgeben müssen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom verpflichtete das Finanzamt die Bw., die für den Zeitraum bis für den Sohn ausbezahlten Beträge an Familienbeihilfe (in Höhe von € 662,-) und die Kinderabsetzbeträge (in Höhe von € 203,60) als zu Unrecht bezogen zurückzuzahlen. Das Finanzamt begründete den Bescheid im Wesentlichen damit, dass der Sohn ab eigene steuerpflichtige Einkünfte beziehe.

In der gegen den Rückforderungsbescheid eingebrachten Berufung führt die Bw. aus, dass dem Finanzamt für den Monat Juni schriftlich mitgeteilt worden sei, dass der Sohn arbeite. Da laut Auskunft des Finanzamtes bei einer Unterbrechung die Familienbeihilfe neu eingereicht werden müsse, beantrage sie ab Juli 2004 neuerlich die Familienbeihilfe, da der Sohn seit Juli 2004 kein Einkommen beziehe.

Ein vom Finanzamt erstellter Versicherungsdatenauszug vom bestätigte die Beschäftigung des Sohnes der Bw. im Jahr 2004 als freier Dienstnehmer (§4 Abs.4 ASVG) bei der Fa. Y-GmbH vom 15. Juni bis .

Einem am eingereichten Antrag fügte die Bw. - neben Unterlagen betreffend ein weiteres Kind der Bw. - auch eine Vormerkbestätigung des AMS Arbeitsmarktservice Wien Jugendliche vom . GZ RGS 970/141/2004 bei, wonach der Sohn S. "seit " "arbeitsuchend vorgemerkt" gewesen sei.

Das Finanzamt wies die Berufung gegen den Rückforderungsbescheid als unbegründet ab und führte in der Begründung im Wesentlichen aus, dass der Sohn der Bw. im Zeitraum Juni bis September 2004 nicht arbeitsuchend vorgemerkt gewesen sei.

Mit dem als "Einspruch" bezeichneten Vorlageantrag übermittelte die Bw. eine weitere Bestätigung des AMS; laut dieser Bestätigung, ausgestellt am , war der Sohn der Bw. "seit arbeitsuchend vorgemerkt".

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten in einer Fachhochschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung des Berufes nicht möglich ist.

Für volljährige Kinder, die sich nicht in Berufsausbildung befinden und die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, besteht gemäß § 2 Abs. 1 lit. f FLAG 1967 Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie weder den Präsenz- oder Ausbildungsdienst noch den Zivildienst leisten und bei der regionalen Geschäftstelle des Arbeitsmarktservice als Arbeitsuchende vorgemerkt sind und weder einen Anspruch auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) 1977 haben, noch eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes durch das Arbeitsmarktservice erhalten; das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist durch eine Bestätigung des AMS nachzuweisen.

Gemäß § 5 Abs. 1 FLAG 1967 (idF BGBl. I Nr. 68/2001) besteht für ein Kalenderjahr, das nach dem Kalenderjahr liegt, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat und in dem es ein zu versteuerndes Einkommen (§ 33 Abs. 1 EStG 1988) bezogen hat, das den Betrag von 8.725 Euro übersteigt, kein Anspruch auf Familienbeihilfe, wobei § 10 Abs. 2 nicht anzuwenden ist. Bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens des Kindes bleibt nach lit. a leg.cit. das zu versteuernde Einkommen, das vor oder nach Zeiträumen erzielt wird, für die Anspruch auf Familienbeihilfe besteht; außer Betracht.

Gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 ist die Familienbeihilfe vom Beginn des Monats zu gewähren, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a Einkommensteuergesetz (EStG) 1988 steht einem Steuerpflichtigen, dem auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag zu.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 des Familienlastenausgleichsgesetzes iVm § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 anzuwenden.

Der volljährige Sohn der Bw. hat im Rückforderungszeitraum unstrittig weder eine Berufsausbildung noch eine Berufsfortbildung absolviert, sodass die Anspruchsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 nicht gegeben sind. Damit besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe für den Zeitraum Juni bis September 2004 für den Sohn der Bw. nur dann, wenn die in § 2 Abs. 1 lit. f FLAG 1967 genannten Voraussetzungen erfüllt waren und deren Nachweis durch eine Bestätigung des Arbeitsmarktservice als unabdingbar zu erfüllendes Merkmal vorliegt.

Dass der Sohn der Bw. weder Anspruch auf eine Leistung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) 1977 hatte noch eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes durch das Arbeitsmarktservice erhalten hat, ist unbestritten. Strittig ist, ob für den Zeitraum, für den die bereits bezogene Familienbeihilfe mit dem angefochten Bescheid rückgefordert wurde, eine Vormerkung des Sohnes beim Arbeitsmarktservice als "arbeitsuchend" vorlag bzw. das Vorliegen dieser Voraussetzung durch eine entsprechende Bestätigung des AMS nachgewiesen wurde.

Mit Schreiben vom übermittelte die Bw. der Berufungsbehörde diverse Kopien von Schriftstücken aus dem Schriftverkehr mit dem Finanzamt bzw. der Geschäftstelle des AMS, u.a. nachstehend angeführten Bestätigungen des "AMS, Arbeitsmarktservice Wien Jugendliche", GZ 999, über die Vormerkung des Sohnes als "arbeitsuchend" (ohne Anspruch auf Leistung nach AlVG 1977 oder eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes gemäß § 35 AMSG 1994 zu erhalten):

Vormerkbestätigung ausgestellt am : arbeitsuchend vorgemerkt seit , Vormerkbestätigung ausgestellt am : arbeitsuchend vorgemerkt seit , Vormerkbestätigung ausgestellt am : arbeitsuchend vorgemerkt seit , Vormerkbestätigung ausgestellt am : arbeitsuchend vorgemerkt seit , sowie Vormerkbestätigung ausgestellt am : arbeitsuchend vorgemerkt seit - laufend, mit zusätzlichem handschriftl. Vermerk der Sachbearbeiterin vom , dass die Bestätigung vom (Ausstellungsdatum ) irrtümlich falsch ausgestellt worden sei.

Nach telefonisch erfolgtem Auskunftsersuchen durch die Berufungsbehörde hinsichtlich der widersprüchlichen Bestätigungen über den Zeitraum der Vormerkung als arbeitsuchend wurde der Berufungsbehörde vom AMS eine weitere Bestätigung über die Vormerkung des Sohnes der Bw. als ,arbeitsuchend seit ", ausgestellt am , mit dem Zusatzvermerk, dass ein etwaiges Dienstverhältnis beim AMS nicht gemeldet worden sei, übermittelt.

Im Berufungsfall liegen somit mehrere Bestätigungen über die Vormerkung des Sohnes der Bw. als "arbeitsuchend" vor, wobei die Bestätigung vom , die hinsichtlich des Zeitraumes nicht übereinstimmend mit den übrigen Bestätigungen ausgestellt war, bereits mit der Vormerkbestätigung vom "als irrtümlich falsch ausgestellt" korrigiert wurde.

Es ist dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 nicht zu entnehmen, dass eine vom AMS bestätigte Vormerkung als "arbeitsuchend" iSd § 2 Abs. 1 lit. f FLAG 1967 bei Aufnahme einer Beschäftigung "automatisch" erlischt. Die stenografischen Protokolle des Nationalrates zu § 2 Abs. 1 FLAG 1967 (697 der Beilagen, XVI. GP) enthalten dazu Folgendes:

"Für volljährige Kinder, die nicht oder nicht mehr in Berufsausbildung stehen, besteht kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Ist es diesen Kindern trotz ihrer Arbeitswilligkeit nicht möglich, einen Arbeitsplatz zu finden, und haben sie auch sonst keine Einkünfte, werden sie in der Regel noch von den Eltern erhalten. Für diese Kinder soll zur Erleichterung der wirtschaftlichen Lage ihrer Eltern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres Familienbeihilfe gewährt werden."

Das freie Dienstverhältnis des Sohnes der Bw., der im Jahr 2004 das 20. Lebensjahr vollendet hat, bestand laut bereits erwähntem Versicherungsdatenauszug nur vom 15. bis und laut Abfragesystem der Finanzverwaltung bezog der Sohn der Bw. aus seiner Beschäftigung im Jahr 2004 (ohne Berücksichtigung von allfälligen Werbungskosten) insgesamt nur € 463,- an Entgelten. Selbst unter der Annahme, dass nach dem Willen des Gesetzgebers bei Erzielung entsprechender Einkünfte eines Kindes die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. f FLAG 1967 nicht mehr vorliegen könnten, (weil das Kind nicht mehr von den Eltern erhalten werden muss), konnte sich der Sohn der Bw. im gegenständlichen Fall durch die erzielten Einkünfte aus der nur 16-tägigen Beschäftigung auch nicht kurzfristig (d.h. im Monat der Beschäftigung) selbst erhalten, sodass vom (Fort-)Bestehen der Vormerkung beim AMS aufgrund der vorliegenden Bestätigungen des AMS auszugehen ist.

Es kann somit aufgrund der vorliegenden Bestätigungen des AMS vom bzw. vom davon ausgegangen werden, dass der Sohn der Bw. ab "dem laufend" - und somit auch im Rückforderungszeitraum Juni bis September 2004 - nach den Bestimmungen des § 2 Abs. 1 lit. f FLAG 1967 beim Arbeitsmarktservice arbeitsuchend vorgemerkt war und der erforderlich Nachweis erbracht wurde.

Dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 selbst ist nicht zu entnehmen, dass - bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. f FLAG 1967 und sofern die Einkommensgrenzen des § 5 Abs. 1. FLAG 1967 nicht überschritten werden - eine Beschäftigung des Kindes vom Anspruch auf Familienbeihilfe ausschließt. Die Ausführungen des Finanzamtes in der Bescheidbegründung, der Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe deshalb nicht, weil der Sohn der Bw. ab eigene steuerpflichtige Einkünfte bezogen habe, sind daher (im Gegenstandsfall auch aufgrund der Bestimmungen des § 10 Abs. 2 FLAG 1967) nicht zutreffend.

Da nach den vorstehenden Ausführungen im Berufungsfall für die Monate Juni bis September 2004 die Anspruchsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 lit. f FLAG 1967 vorgelegen sind und auch das zu versteuernde Einkommen des Sohnes der Bw. die Einkommensgrenze des § 5 Abs. 1. FLAG 1967 nicht überschritten hat, ist der Anspruch auf Familienbeihilfe und gemäß § 33 Abs. Z 3 lit. a EStG 1988 damit auch auf den Kinderabsetzbetrag gegeben.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
arbeitsuchend vorgemerkt
Gültigkeit der Vormerkbestätigung
Beschäftigung

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at