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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.06.2022, RV/7104560/2020

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe eines Vaters für sein volljähriges Kind mangels Erfüllens der Anspruchsvoraussetzung der überwiegenden Unterhaltsleistung für das Kind.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom über die Rückforderung zu Unrecht bezogener Beträge Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für März 2018 bis Mai 2019 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Bisheriger Verfahrensgang

Der beschwerdegegenständliche im Spruch näher bezeichnete Bescheid wurde begründet wie folgt:
"Sie sind verpflichtet, diesen Betrag
- gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 zurückzuzahlen.
Begründung
Zu Tochter des Beschwerdeführers (Bf.): Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. Da die Tochter des Bf seit 2/18 im eigenen Haushalt wohnhaft ist, war wie im Spruch zu entscheiden."

In der im Spruch näher bezeichneten Beschwerde führte der Beschwerdeführer (Bf.) folgendermaßen aus: Mit Bezugnahme auf die Zentrale Melderegister (ZMR ) -Meldung seiner Tochter gab der Bf. vor, erst ab März 2019 die Familienbeihilfe gerne zurückzahlen zu wollen (Anmerkung: Mit war laut vom Bf. der Beschwerde beigelegter ZMR-Auskunft die Tochter an der Wohnadresse des Bf. abgemeldet).

Die abweisende Beschwerdevorentscheidung vom wurde begründet wie folgt:
"Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Aus den genannten Bestimmungen des FLAG ist klar erkennbar, dass diejenige Person, bei der das Kind haushaltszugehörig ist, vorrangig Anspruch auf die Familienbeihilfe hat. Ist das Kind bei keinem der Elternteile (auch Großeltern) haushaltszugehörig, hat jene Person Anspruch, die überwiegend für die Unterhaltskosten des Kindes aufkommt.
Gemäß § 26 FLAG 1967 ist zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe rückzuzahlen. Dies gilt gemäß § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) auch für den zu Unrecht bezogenen Kinderabsetzbetrag.
Ihre Tochter hat im Antrag auf Eigenbezug der Familienbeihilfe angegeben, sie müsse bereits seit März 2018 selbst für sich sorgen, weil einen eigenen Haushalt führen und keine ausreichenden Unterhaltsleistung von den Eltern erhalten würde. hrerseits wird bezüglich der Haushaltszugehörigkeit nur auf die Meldung im Zentralen Melderegister verwiesen. Trotz nochmaliger Aufforderung, eine Haushaltszugehörigkeit bis Februar 2019 nachzuweisen, wurden keine Unterlagen, wie lange sie tatsächlich Ihrem Haushalt angehörte bzw. in welcher Höhe Sie Unterhaltsleistungen erbracht haben, vorgelegt, daher kann kein Anspruch auf Familienbeihilfe im strittigen Zeitraum erkannt werden."

Der Bf. stellte einen Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und führte darin aus wie folgt:
"Meine Tochter ist am aus der elterlichen Wohnung ausgezogen, der Meldezettel mit Datum der Abmeldung liegt dem Finanzamt bereits vor. Die Tochter des Bf. war bis zu diesem Zeitpunkt in der elterlichen Wohnung wohnhaft, das kann sowohl die Mutter sowie ihr Bruder bezeugen sollte das erforderlich sein.Wie bereits gesagt, liegt der Meldezettel von meiner Tochter mit dem Abmeldedatum28.3.2019 von der Adresse an der elterlichen Wohnung sowie die Anmeldung per an ihrem neuen Wohnsitz dem Finanzamt bereits vor."

Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlagebericht) vom führte das Finanzamt (FA) aus wie folgt:
6 Abs. 5 iVm § 2 Abs. 2 FLAG 1967
Die Tochter des Bf. beantragte nachweislich (Antrag ist im Akt) am die


"

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Sachverhalt

Laut Aufstellung der Tochter des Bf. im Zusammenhang mit ihrem Eigenantrag auf Familienbeihilfe betrugen ihre monatl. Lebenshaltungskosten inkl. ihres Anteils an der Wohnungsmiete iHv € 410,00 insgesamt € 970,00, wobei sie einen überwiegenden Teil dieser Kosten laut Aktenlage mit dem eigenen Einkommen von € 768,00 decken konnte (Einkünfte aus Lehrlingsangestelltenverhältnis, s. Beiblatt vom zum Eigenantrag auf Familienbeihilfe der Tochter des Bf. ).

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I.

§ 2. (1) Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) 1967 in der im Beschwerdezeitraum geltenden Fassung (idgF):
Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a) für minderjährige Kinder,

b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. ...

§ 6 FLAG 1967 idgF: Eigenanspruch auf Familienbeihilfe (FB)

(1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben auch minderjährige Vollwaisen, wenn


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a)
sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b)
ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c)
für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

(2) Volljährige Vollwaisen haben Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie


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a)
das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden; oder

....

(5) Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

Gem. sind Unterhaltszahlungen der Eltern den vom Kind selbst aufgewendeten Beträgen nicht gegenüberzustellen, sondern ist zu prüfen, ob die Eltern mehr als die Hälfte der Unterhaltskosten durch ihre Unterhaltsbeiträge abgedeckt haben.

Für die Frage des Überwiegens ist maßgeblich, welche Beträge tatsächlich zur Bestreitung der Unterhaltskosten des Kindes geleistet worden sind; hierbei sind nicht nur eigene Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen, sondern auch zB Beiträge von dritter Seite und die FB selbst (s nochmals ). Ob eine Person die Unterhaltskosten für ein Kind überwiegend getragen hat, hängt einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein den Anspruch auf FB vermittelndes Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum von dieser Person tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeträge ab (Lenneis in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG, 2. Aufl. 2020, § 6, II. Vollwaisen [Rz 7 - 26]).

Im o.a. Ergänzungsersuchen des Finanzamtes an den Bf. (s. o.a. Vorlagebericht des FA) wurde der Bf. aufgefordert, Nachweise vorzulegen, dass die Tochter des Bf. bis einschließlich Februar 2019 im gemeinsamen Haushalt mit dem Bf. gelebt hat. Die Tochter habe nämlich angegeben, sie wäre bereits im März 2018 aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen. Eine Meldebestätigung (Meldezettel) alleine sei nicht ausreichend.

Dazu wird angemerkt, dass der Vorhalt unbeantwortet blieb und die vom Finanzamt ausdrücklich geforderten Nachweise vom Bf. nicht erbracht wurden.

Im Sinne der hL und hRspr bedeutet eine überwiegende Unterhaltsleistung für ein Kind dass zumindest 50% der Unerhaltsleistungen vom Bf. für sein Kind getragen hätten werden müssen.

Laut Aktenlage hat die Tochter des Bf. im Beschwerdezeitraum eine Ausbildung gem. § 30 b Berufsausbildungsgesetz (BAG) absolviert, woraus sie als Angestelltenlehrling nachweislich Einkünfte (ab bis Sept. 2020) lukrierte.

Der Bf. hat laut Aktenlage den o.a. Vorhalt unbeantwortet gelassen und demgem. weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht, dass die Tochter des Bf. im Streitzeitraum im gemeinsamen Haushalt gelebt hat und (daher) überdies auch nicht glaubhaft gemacht, dass der Bf. für seine Tochter überwiegend Unterhalt geleistet hat. Darüber hinaus bezieht die Tochter des Bf. im Streitzeitraum Einkünfte aus Ausbildungshilfe in einer Höhe, die darauf schließen lässt, dass die Tochter des Bf. für ihren Unterhalt (weitgehend) eigenständig aufkommen konnte (s. o.a. unter Punkt "Sachverhalt").

Angemerkt wird, dass überdies auch die Angabe des Bf. über den Zeitpunkt des Auszugs der Tochter des Bf. aus der gemeinsamen Wohnung nicht mit dem Abmeldedatum gem. ZMR-Meldung (an der Adresse der gemeinsamen Wohnung von Tochter und Vater gemeldet bis: laut ZMR-Auskunft) übereinstimmt. Der Bf. hat dazu widersprüchlich im Zuge einer Beantwortung eines Ergänzungsersuchens behauptet, seine Tochter habe sich erst Ende des Monats 03/2019 vom Wohnsitz des Bf. abgemeldet (vgl. o.a. Vorlagebericht des Finanzamtes).

Das Bundesfinanzgericht ist aufgrund der o.a. Aktenlage zur Erkenntnis gelangt, dass die im Beschwerdezeitraum 19-jährige bzw. 20-jährige Tochter des Bf. im Streitzeitraum - auch mangels Nachweises [trotz diesbezüglicher Aufforderung durch das Finanzamt] der gegenteiligen Behauptungen des Vaters - in einer eigenen Wohnung (nicht mehr in der gemeinsamen Wohnung mit ihrem Vater ) lebte und für ihre Lebenshaltungskosten in Anbetracht ihrer aktenkundigen nachgewiesenen Einkünfte (zumindest) überwiegend bzw. weitgehend selbst aufkommen konnte und laut Aktenlage auch aufgekommen ist (Einkommensnachweise für die Tochter des Bf. für den gesamten Beschwerdezeitraum und bereits davor sind durchgehend im Akt).

Darüber hinaus wird auf die ausführliche Begründung des Finanzamtes im o.a. Vorlagebericht im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (BFG) hingewiesen, und diese Begründung ist auch ausdrücklich Teil der Begründung des beschwerdegegenständlichen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts.

Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulassen der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da das gegenständliche Erkenntnis der Gesetzeslage sowie der hL und hRspr folgt, ist die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig. Eine über den Individualfall hinaus relevante Rechtsfrage liegt nicht vor.

Insgesamt ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2022:RV.7104560.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at