Aussetzungsantrag für den gesamten Abgabenrückstand am Abgabenkonto ohne Darstellung der auszusetzenden Abgabenbeträge
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/3566-W/11-RS1 | Auch die bloße Möglichkeit der Abgabenbehörde, den Aussetzungsbetrag aus den Akten zu ermitteln, reicht nicht für die Anforderungen des § 212a Abs. 3 BAO an die Darstellung des gemäß § 212a Abs. 1 BAO für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages. |
RV/3566-W/11-RS3 | Da die Aussetzung der Einhebung ihrem Wesen nach sich auf einzelne (berufungsverfangene) Abgaben bezieht, kann die Einbringung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung nur dann zur Hemmung der Einbringung iSd. § 230 Abs. 6 BAO führen, wenn im Antrag konkret ziffernmäßig Abgaben angeführt werden, deren Aussetzung begehrt wird. Die Hemmungswirkung iSd. § 230 Abs. 6 BAO tritt nur in dem Umfang ein, als die Höhe von Abgaben unmittelbar oder mittelbar von einer Berufung abhängt, oder Abgaben angefochten wurden, obwohl der Bescheid nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag nicht wesentlich von dem Betrag nach § 212a Abs. 1 BAO abweicht. |
Folgerechtssätze | |
RV/3566-W/11-RS2 | wie RV/0232-I/04-RS1 Wurde ein (mangels Darstellung der Ermittlung des aussetzungsfähigen Abgabenbetrages) nicht den Erfordernissen des § 212a Abs. 3 zweiter Satz BAO entsprechender Aussetzungsantrag dem Gesetz entsprechend zurückgewiesen, so ändert eine nachträgliche Darstellung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid nichts an der Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung von A.B., Wien, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom über die Zurückweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Im Rahmen der Berufung gegen Umsatzsteuer Einkommensteuer 2006 bis 2008 wurde von Herrn A.B. (in weiterer Folge: Bw.) mit Eingabe vom die Aussetzung der Einhebung von € 58.069,44 resultierend aus Umsatzsteuer & Einkommensteuer 2006 bis 2008 (ohne nähere Begründung) beantragt.
Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom wurde der Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach Darstellung des § 212a Abs. 1 BAO mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Antrag gemäß § 212a Abs. 3 BAO zurückzuweisen sei, wenn er nicht die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages enthalte. Der Antrag enthalte nicht die Darstellung der für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbeträge und sei daher gemäß § 212a Abs. 3 BAO zurückzuweisen gewesen. Weiters sei darauf hingewiesen worden, dass für die Umsatzsteuer und Einkommensteuer des Jahres 2008 rechtskräftige Veranlagungen vorliegen und insofern keine Aussetzung der Einhebung vorgesehen sei (unmittelbares bzw. mittelbares Abhängen von einem Berufungsverfahren).
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung vom führt der Bw. aus, dass sehr wohl der Betrag, welcher in Summe klar erkennbar sei, beim Aussetzungsantrag angeführt worden sei. Eine diesbezügliche (hier nicht wiedergegebene) Darstellung werde dem Finanzamt übergeben.
Zu den Bescheiden Umsatzsteuer Einkommensteuer 2008, welche laut Finanz rechtskräftig seien und eine Zurückweisung der Berufung erfolgt sei, werde angefügt, dass per ein Wiederaufnahmeantrag gemäß § 303 BAO eingelangt sei, welcher bis dato in keiner Weise beantwortet oder bearbeitet worden sei.
Auch sei durch einen anderen steuerlichen Vertreter per ein Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO beantragt worden, welcher ebenfalls in keiner Weise beantwortet oder bearbeitet worden sei. Dies seien Aspekte, welche nicht dem Rechtssystem entsprechen und somit die Festsetzungen 2008 nicht rechtskräftig sein können. Zur Begründung werde auf die beiliegenden Schreiben verwiesen.
Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Wien 1/23 vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und neuerlich ausgeführt, dass ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO zurückzuweisen sei, wenn er nicht die Darstellung der Ermittlung des gemäß § 212a Abs. 1 BAO für die Aussetzung der Einhebung in Betracht kommenden Abgabenbetrages enthalte.
Die Angabe eines zum Zeitpunkt der Antragstellung aushaftenden Abgabenbetrages entspreche nicht dieser Anforderung. Das gesetzliche Erfordernis könne auch nicht in der Berufung nachgebracht werden, weswegen die Berufung abzuweisen gewesen sei.
Mit Schreiben vom wird zur "Nichtstattgabe des Rechtsmittels über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend der Abweisung der Aussetzung der Einhebung gemäß § 212 BAO" die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt und ausgeführt, dass die Ausführung des Finanzamtes, wonach die Darstellung des Abgabenbetrages nicht den Anforderungen des § 212a BAO entspreche, richtig sei, aber im Einzelnen auf den Sachverhalt eingegangen werden sollte und hier klar erkennbar sei, dass der Betrag für die Aussetzung, welcher auch nachweislich aufgegliedert worden sei, angeführt worden sei.
Es mögen zwar einzelne Posten nicht den tatsächlichen Rückstand entsprechend dargestellt sein, es müsse aber hier seitens der Finanzbehörde eine klare Differenzierung getätigt werden und nicht eine pauschale Abweisung vorgenommen werden, welche jedweder rechtlichen Grundlage entbehre. Es werde die Aufhebung der Abweisung der Berufung und in Folge die Bewilligung der Aussetzung der Einhebung beantragt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Berufung die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.
Gemäß § 212a Abs. 3 BAO können Anträge auf Aussetzung der Einhebung bis zur Entscheidung über die Berufung (Abs. 1) gestellt werden. Sie sind zurückzuweisen, wenn sie nicht die Darstellung der Ermittlung des gemäß Abs. 1 für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages enthalten. Weicht der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag von dem sich aus Abs. 1 ergebenden nicht wesentlich ab, so steht dies der Bewilligung der Aussetzung im beantragten Ausmaß nicht entgegen.
Zunächst ist zu den Berufungsausführungen, es wäre sehr wohl der Betrag, welcher in Summe klar erkennbar sei, beim Aussetzungsantrag angeführt worden, festzuhalten, dass im Antrag auf Aussetzung der Einhebung nur ein Betrag in Höhe von € 58.069,44 genannt worden ist. Welche Abgaben betragsmäßig davon umfasst sein hätten sollen, geht entgegen dem Wunsch des Bw. auf Darstellung der von der Aussetzung der Einhebung betroffenen Abgaben aus dem Antrag nicht hervor. Bei dem angeführten Gesamtbetrag handelt es sich lediglich um den gesamten, am Abgabenkonto zum Buchungsdatum aushaftenden Rückstand, der sich nicht nur aus den angefochtenen Abgaben Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2006 bis 2008, sondern auch aus diversen Festsetzungen von Säumniszuschlägen, anderen Nebenansprüchen und vor allem Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 2010 zusammensetzt. Die Behauptung, der Aussetzungsbetrag wäre in Summe klar erkennbar, ist schlichtweg unrichtig.
Laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt selbst die bloße Übernahme der Beträge von Tagessalden, in welchen verschiedene Abgabenarten enthalten sind, in den Antrag auf Aussetzung der Einhebung ohne nähere Darstellung des gemäß § 212a Abs. 1 BAO für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages den Anforderungen des § 212a Abs. 3 BAO nicht. Auch die bloße Möglichkeit der Abgabenbehörde, den Aussetzungsbetrag aus den Akten zu ermitteln, reicht nicht (vgl. ).
Im Lichte dieser Ausführungen zeigt der Hinweis, "es müsse aber hier seitens der Finanzbehörde eine klare Differenzierung getätigt werden und nicht eine pauschale Abweisung vorgenommen werden", nur einen Fehler in der Antragstellung auf.
Da die Aussetzung der Einhebung ihrem Wesen nach sich auf einzelne (berufungsverfangene) Abgaben bezieht, kann die Einbringung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung nur dann zur Hemmung der Einbringung iSd § 230 Abs. 6 BAO führen, wenn im Antrag konkret ziffernmäßig Abgaben angeführt werden, deren Aussetzung begehrt wird. Die Hemmungswirkung iSd § 230 Abs. 6 BAO tritt nur in dem Umfang ein, als die Höhe von Abgaben unmittelbar oder mittelbar von einer Berufung abhängt, oder Abgaben angefochten wurden, obwohl der Bescheid nicht von einem Anbringen des Abgabepflichtigen abweicht, oder der vom Abgabepflichtigen ermittelte Abgabenbetrag nicht wesentlich von dem Betrag nach § 212a Abs. 1 BAO abweicht.
§ 212a Abs. 3 BAO stellt nicht darauf ab, dass dem Finanzamt die Ermittlung des gemäß § 212a Abs. 1 BAO für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages aus den vorliegenden Unterlagen möglich ist. Die Darstellung der Ermittlung dieses Betrages muss bei sonstiger Zurückweisung im Antrag enthalten sein (vgl. ; ; ; ). Darunter ist eine durch Abgabenbescheid konkretisierte Abgabe, insoweit sie von einer Berufung gegen diesen Abgabenbescheid abhängt, zu verstehen. Betrifft ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung verschiedene mit gesonderten Bescheiden festgesetzte Abgaben, so ist hinsichtlich jeder einzelnen Abgabe der Betrag darzustellen, dessen Aussetzung beantragt wird (vgl. ; ; ).
Wurde ein (mangels Darstellung der Ermittlung des aussetzungsfähigen Abgabenbetrages) nicht den Erfordernissen des § 212a Abs. 3 zweiter Satz BAO entsprechender Aussetzungsantrag dem Gesetz entsprechend zurückgewiesen, so ändert eine nachträgliche Darstellung des für die Aussetzung in Betracht kommenden Abgabenbetrages in der Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid nichts an der Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheides (-I/04).
Entgegen den Vermutungen des Bw. entbehrt die "von der Finanzverwaltung erfolgte pauschale Abweisung" nicht jedweder rechtlichen Grundlage, sondern stützt sich auf die Bestimmung des § 212a Abs. 3 BAO, die oben näher dargestellt ist.
Mangels Erfüllung der gesetzlich determinierten Voraussetzungen war eine Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO nicht möglich und die Berufung daher abzuweisen.
Abschließend sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt, dass ein Wiederaufnahmeantrag gemäß § 303 BAO oder ein Antrag auf Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO für sich allein an der eingetretenen Rechtskraft von Bescheiden (noch) nichts ändert.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 212a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 212a Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at