Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 22.02.2010, RV/2360-W/09

Aufwendungen für Familienheimfahrten bei Neugründung des Familienwohnsitzes

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2360-W/09-RS1
Auch bei Neugründung eines Familienwohnsitzes in unzumutbar weiter Entfernung vom Beschäftigungsort kann die Unzumutbarkeit der Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort auf Grund von "Ins-Gewicht-fallenden" Einkünften des Ehegatten am Familienwohnsitz unzumutbar sein.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., B.gasse, gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2005, 2006 und 2007 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblattblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Bw. beantragte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für die Jahre 2005, 2006 und 2007 die Berücksichtigung von Aufwendungen unter dem Titel "doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten" in folgender Höhe: für 2005 € 2.420.-, für 2006 € 2.664.-, und für 2007 ebenfalls € 2.664 -.

Das Finanzamt wies die Anträge mit Bescheiden vom jeweils mit folgender Begründung ab: "Aufwendungen, resultierend aus der Begründung eines weiteren Wohnsitzes in unüblicher Entfernung vom Beschäftigungsort, stellen keine Werbungskosten im Sinne des § 16 EStG 1988 dar, sondern sind den nichtabzugsfähigen Aufwendungen des § 20 EStG 1988 zuzuordnen."

Gegen diese Bescheide wurde mit Schriftsatz vom firstgerecht berufen. Der Bw. führte aus, er beantrage die Familienheimfahrten, da seine Ehegattin am Ort des Familienwohnsitzes als Buchhalterin beschäftigt sei.

Folgender Sachverhalt wurde der Berufungsentscheidung zu Grunde gelegt (soweit sich dieser aus der Vorlage von Schriftstücken in polnischer Sprache ergibt ist darauf zu verweisen, dass diese auch in beglaubigter Übersetzung vorgelegt wurden):

Der Bw. ist seit in Österreich beschäftigt. Er bezog lt. vorliegender Lohnzettel folgende Bruttoeinkünfte: 2005: € 13.148,3, 2008: € 12.215,46, 2007: € 13.758,71.

Laut Auskunft aus dem zentralen Melderegister ist er seit in Österreich mit Nebenwohnsitz gemeldet.

Am erfolgte die Eheschließung in Polen.

Laut vorliegender "Anmeldebescheinigung" der Gemeinde T., Kreis O. ist der Bw. seit in ebendieser Gemeinde in der "WStr. 97" gemeldet. An der gleichen Adresse sind die Gattin und der 2006 geborenen Sohn gemeldet. Die Ehegattin ist lt. Bescheinigungen ihres Dienstgebers, dessen Büro sich in der Stadt O. befindet, seit auf Grund eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses beschäftigt. Sie verdiente ("Einnahmen-Erwerbskosten der Einnahmen") 2005: zl. 23.413,85 (€ 6.485,83), 2006: zl. 9.431,36 (€ 2.612,57), 2007: zl. 11.385,48 (€ 2.932). Die Eurobeträge wurden vom Finanzamt ermittelt.

In der Vorhaltsbeantwortung vom gab der Bw. an, dass er schon seit Herbst 2004 mit seiner Frau, damals noch seiner Freundin, in der Gemeinde T., P., ul. W97 wohne. Für die Zeit vor dem könne er jedoch für diese Adresse keine Meldbescheinigung vorlegen. Der Bw. legte jedoch eine beglaubigte Übersetzung der Meldebescheinigung für seine Gattin vor, aus der hervorgeht, dass diese schon seit ihrer Geburt an der genannten Adresse wohnt. Der Bw. selbst ist an der genannten Adresse, wie bereits bekannt war, seit dem gemeldet.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 16 EStG 1988 zählt jene Webungskosten auf, die zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen dienen und somit abzugsfähig sind. Darunter fallen auch gemäß Ziffer 6 Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Ist gem. lit. c dem Arbeitnehmer im Lohnzahlungszeitraum überwiegend die Benutzung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Fahrtstrecke nicht zumutbar, dann werden bei einer einfachen Fahrtstrecke von über 60 km für 2005 € 2.421, für 2006 € 2.664 und für 2007 € 2.931.- berücksichtigt.

Gemäß § 20 Abs. 1 Zif. 2 lit. e EStG 1988 dürfen Kosten der Fahrten zwischen Wohnsitz am Arbeitsort und Familienwohnsitz (Familienheimfahrten) soweit sie den auf die Dauer der auswärtigen Berufstätigkeit bezogenen höchsten in § 16 Abs. 1 Zif. 6 lit. c angeführten Betrag übersteigen, nicht abgezogen werden.

Den Familienwohnsitz hat der Steuerpflichtige an jenem Ort, an dem er mit seinem Ehegatten oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen bildet.

Wird die Erwerbstätigkeit in unüblicher Entfernung vom Familienwohnsitz ausgeübt, so betrachtet die Rechtsprechung die Beibehaltung des Familienwohnsitzes als kausal für die Kosten einer zweiten Haushaltsführung am Beschäftigungsort und ordnet diese damit der privaten Lebensführung zu. Eine steuerliche Berücksichtigung kommt aber ausnahmsweise dann in Betracht, wenn dem Steuerpflichtigen weder die tägliche Heimfahrt noch die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Beschäftigungsort zumutbar ist.

Die tägliche Heimfahrt ist nach der Rechtsprechung und Verwaltungspraxis dann unzumutbar, wenn die Entfernung vom Arbeitsplatz zum Familienwohnsitz mehr als 120 km beträgt. In Einzelfällen kann abweichendes gelten.

Unzweifelhaft ist im gegenständlichen Fall auf Grund der räumlichen Entfernung zwischen Österreich und Polen eine tägliche Heimfahrt nicht zumutbar.

Der Bw. ist seit 2004 in Österreich beschäftigt. Seit ist er in Wien gemeldet. Am 17.9.20005 hat er geheiratet. Seit ist er an der Adresse T O, WStr. 97. gemeldet. Seine Gattin ist an dieser Adresse seit ihrer Geburt gemeldet. Diese Meldedaten wurden vom Bw. in beglaubigter Übersetzung aus dem Polnischen vorgelegt. In der Vorhaltsbeantwortung vom gab er an schon währen des gesamten Jahres 2005, also vor seiner Anmeldung am mit seiner damaligen Freundin, späteren Gattin, an dieser Adresse gewohnt zu haben. Ein Nachweis dafür konnte aber vom Bw. trotz Aufforderung nicht erbracht werden. Der Unabhängige Finanzsenat gehrt daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass zumindest ab der Eheschließung, also dem , ein gemeinsamer Haushalt geführt wurde.

Zu prüfen bleibt, ob die Verlegung des Familienwohnsitzes auf Grund einer ins Gewicht fallenden Tätigkeit der Ehegattin unzumutbar ist. Dies ist aus folgendem Grund zu bejahen:

Die Verlegung des Familienwohnsitzes an den Ort der Beschäftigung ist insbesondere dann unzumutbar, wenn der Ehegatte am Familienwohnsitz nachhaltige, ins Gewicht fallende Einkünfte erzielt. Hinsichtlich des "Ins-Gewicht-Fallens" ist maßgeblich welches Gewicht dem Beitrag des Partners am Ort des Familienwohnsitzes zum Familieneinkommen zukommt, wobei ein Zehntel als Grenzwert angesehen werden kann ( Zl. 2003/13/0154).

Auf Grund einer im Akt erliegenden Bestätigung des Arbeitgebers der Ehegattin ist diese auf Grund eines Arbeitsvertrages vom auf unbegrenzte Zeit beschäftigt. Sie verdiente umgerechnet im Jahr 2005 € 6.485,83, 2006 € 2.612,57 und 2007 € 2.932. Der Bw. erzielte lt. Lohnzettel steuerpflichtige Einkünfte 2005 von € 13.148,73, 2006 von € 12.215,46 und 2007 von € 14.758,71. Ausgehend von der o.a. Zehntelregelung sind daher die Einkünfte der Gattin als "Ins-Gewicht-fallend" zu betrachten.

Das Finanzamt versagte die Berücksichtigung der Kosten für doppelte Haushaltsführung mit der Begründung, dass die erstmalige Begründung eines gemeinsamen Familienwohnsitzes im Gegensatz zur Beibehaltung eines Familienwohnsitzes privat veranlasst sei. Dieser Auffassung kann sich der Unabhängige Finanzsenat jedoch nicht anschließen: Auch bei Neugründung eines Familienwohnsitzes am Beschäftigungsort des Partners liegt die Unzumutbarkeit der Begründung eines Familienwohnsitzes am Beschäftigungsort des Antragstellers darin, dass der Partner Einkünfte in nicht unerheblichem Ausmaß erzielt (vgl. , und Finanzjournal 11/2009, S. 387 mit Hinweis auf LStRL 2002, Rz 347). Grundsätzlich sind daher die Kosten für doppelte Haushaltsführung und Familienheimfahrten abzugsfähig.

Hinsichtlich der Höhe ist folgendes auszuführen: Der Höhe nach wird die Geltendmachung von Aufwendungen durch § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 mit dem höchsten Pendlerpauschale begrenzt. Dieses betrug in den Jahren 2005 € 2.421.-, 2006 € 2.664.- und im Jahr 2007 € 2.931.-.

Der Bw. beantragte für das Jahr 2005 den Gesamtjahresbetrag von € 2.664.- Nach den obigen Ausführungen lagen die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung, nämlich der gemeinsame Haushalt nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates erst mit der Eheschließung am vor. Es steht daher für das Jahr 2005 nur ein aliquoter Anteil, nämlich für vier Monate zu, das entspricht einer Summe von € 807.- (vgl. taxlex 2008, S. 15, Georg Kofler mit Hinweisen auf UFS-Judikatur, wonach der Zwölftelbetrag für jeden angefangenen Monat zusteht). Die für das Jahr 2006 beantragten € 2.664.- stehen in vollem Umfang zu. Für das Jahr 2007 beantragte der Bw. ebenfalls € 2.664.-. der für diese Jahr maximal geltend zu machende Betrag beträgt aber in der zum geltenden Fassung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit.c € 2.931.-.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Beilage : 3 Berechnungsblätter

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at