Zurückweisung eines Wiederaufnahmeantrages
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw.,vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22, vertreten durch Mag. Braunsteiner, vom betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1989 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit beim Finanzamt Wien 2/20/21/22 am eingelangtem Antrag beantragte der Berufungswerber (Bw.) zunächst formularmäßig die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich des gemäß § 295 BAO abgeänderten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1989 vom und führte hierzu aus:
"Wiederaufnahmegrund
Mit Bescheiden vom - eingelangt am - wurde festgestellt, dass der dem oben genannten Einkommensteuerbescheid 1989 zugrunde liegende Bescheid gem. § 188 BAO vom mangels gültigem Bescheidadressaten der Bescheidcharakter fehlt und dieser somit keine normative Kraft entfalten konnte. Es handelt sich um einen Nichtbescheid ().
Die Qualifizierung des Grundlagenbescheides als Nichtbescheid stellt eine neu hervorgekommene Tatsache im Sinn des § 303 Abs. 1 lit.b BAO dar und ist als tauglicher Wiederaufnahmegrund zu qualifizieren. Wenn selbst der bescheiderlassenden Behörde die Tatsache nicht bekannt war, dass der Grundlagenbescheid nicht über Bescheidcharakter verfügte, so kann diese Tatsache im Verhältnis zum Rechtsunterworfenen nur als "neu hervorgekommen" gelten. Den Wiederaufnahmewerber trifft kein grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung dieses Umstandes.
Die oben beschriebene Rechtsansicht wird durch die Erledigung des Bundesministeriums für Finanzen vom geteilt. Siehe beiliegende Kopie der Erledigung.
Weiters weise ich darauf hin, dass die Wiederaufnahme des rechtskräftigen Verfahrens zu einem abgeänderten Einkommensbescheid 1989 führt.
Begründung
I. Sachverhalt
Grundlagenbescheid
Mit Grundlagenbescheid für das Jahr 1989, datiert mit , wurden meine anteiligen Einkünfte aus Gewerbebetrieb einheitlich festgestellt und mir zugewiesen.
Im Jahr 1993 () begann eine den Zeitraum 1989 - 1991 betreffende Betriebsprüfung (BP) die bis - Bericht über die Betriebsprüfung gem. § 150 BAO datiert mit - andauerte. Das Finanzamt erließ am - eingelangt am - einen Bescheid gem. § 188 BAO an die A AG RNF der B Unternehmensbeteiligungen GmbH und Mitgesellschafter", wobei hinsichtlich des Jahres 1989 eine abweichende Feststellung gegenüber dem Grundlagenbescheid vom getroffen wurde.
Gegen den Bescheid vom wurde zeitgerecht Berufung erhoben. Mit Berufungsentscheidung vom wurde der Grundlagenbescheid vom bestätigt und die Berufung als unbegründet abgewiesen. Gegen die Erledigung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom wurde am eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom - eingelangt am - wurde die Beschwerde gegen die Erledigung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom zurückgewiesen. Mit Bescheiddatum vom hat die Finanzverwaltung zur Steuernummer xxx/xxx einen Zurückweisungsbescheid zur Berufung vom erlassen.
Der nunmehr vorliegende Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes für den 6/7/15 Bezirk erklärt den Grundlagenbescheid 1989 vom - mangels gültigem Bescheidadressaten - zu einem Nichtbescheid und weist die Berufung als unzulässig zurück.
Abgeleiteter Bescheid/ Einkommensteuerbescheid 1989
Aufgrund vorhin erwähnter Nichtbescheide - erlassen durch das Finanzamt für den 6/7/15 Bezirk - wurde mein ursprünglicher Einkommensteuerbescheid 1989 gem. § 295 BAO durch den vorliegenden Einkommensteuerbescheid 1989 vom ersetzt.
Aus der Nichtanerkennung der Ergebniszuweisung für das Jahr 1989 der atypisch stillen Beteiligung auf Ebene des abgeleiteten Bescheides resultierten Einkommensteuernachzahlungen.
Die vorgenommene Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1989 gem. § 295 BAO erfolgte auf Basis eines Nichtbescheides und entspricht damit nicht den gesetzlichen Bestimmungen.
II. Rechtliche Beurteilung
An einer Wiederaufnahme gem. § 303 BAO besteht aus nachfolgenden Gründen ein rechtliches Interesse:
Die Abänderung eines abgeleiteten Bescheides gem. § 295 BAO ist nur dann zulässig, wenn der betreffende Bescheid von einem Grundlagenbescheid abzuleiten ist. Unbestritten ist nunmehr, dass der von der Abgabenbehörde ausgefertigte Bescheid vom als auch der Bescheid vom für das Streitjahr 1989 ins Leere gegangen ist. Damit hat jedoch der Abänderung ein tauglicher Feststellungsbescheid gefehlt. Da der abgeleitete Einkommensteuerbescheid vom TAG MONAT JAHR (entspricht Datumsangabe auf Seite 1) rechtswidrig erlassen wurde und auch ein nachträglich rechtswirksam erlassener Grundlagenbescheid diesen Mangel nicht heilt (siehe VwGH 93/14/0203), ist dem Wiederaufnahmeantrag stattzugeben. Da der Rechtszustand herzustellen ist, der ohne Abänderung gemäß § 295 BAO vorgelegen ist, ist der Einkommensteuerbescheid in der Fassung des ursprünglichen Einkommensteuerbescheides vom TAG MONAT JAHR (Datum des ursprünglichen Bescheides 1989) zu erlassen.
Diese Neuerlassung ist auch dann zwingend, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits ein rechtswirksam erlassener Grundlagenbescheid vorliegt, der im Ergebnis dem abgeänderten Einkommensteuerbescheid vom TAG MONAT JAHR (entspricht Datumsangabe auf Seite 1) entspricht. Verfahrensrechtlich berechtigt dieser neue Grundlagenbescheid nämlich nur zur Abänderung des aufgrund der Wiederaufnahme neu erlassenen Bescheides.
Die beantragte Wiederaufnahme ermöglicht diese rechtswidrige Abänderung gem. § 295 BAO zu korrigieren.
Verjährung
Allgemein weise ich darauf hin, dass abgeleitete Abgabenbescheide - im Gegensatz zu Feststellungsbescheiden - der Verjährung unterliegen und damit dem Rechtsunterworfenen grundsätzlich ein Rechtsverlust droht (siehe "Ritz Kommentar zur Bundesabgabenordnung 3. Auflage", Seite 608 RdZ bzw. BMF SWK 2004, S 878)
Die beantragte Wiederaufnahme ermöglicht dem Steuerpflichtigen seine Ansprüche innerhalb der Verjährung geltend zu machen.
III. Anträge
Im Sinne der obigen Ausführungen beantrage ich die Wiederaufnahme des Verfahrens.
Beigeschlossen war die Ablichtung einer an einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft gerichteten Erledigung des Bundesministeriums für Finanzen vom mit folgendem Inhalt:
"Bezugsgemäß teilt das Bundesministerium für Finanzen folgende Rechtsansichten mit:
Eine Maßnahme nach § 295 Abs. 1 BAO setzt die nachträgliche Erlassung eines Feststellungsbescheides (Grundlagenbescheides) voraus. Ergeht ein solcher nicht (z.B. "Nichtbescheid" als Folge fehlender Adressierung, unterlassene Zustellung), so ist ein dennoch erlassener Änderungsbescheid (§ 295 Abs. 1 BAO) rechtswidrig. Dies kann nicht nur mit Berufung oder mit Antrag auf Aufhebung (§ 299 Abs. 1 BAO) geltend gemacht werden. In Betracht kommt auch ein Antrag auf Wiederaufnahme des "abgeleiteten" Abgabenverfahrens, wenn die "Nichtexistenz" des Grundlagenbescheides im Verfahren zur Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO der für die "abgeleitete" Einkommensteuer (bzw. Körperschaftsteuer) zuständigen Abgabenbehörde nicht bekannt war. Diesfalls ist der Umstand, dass kein Grundlagenbescheid erlassen wurde, im "abgeleiteten" Abgabenverfahren eine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 BAO.
Den Wiederaufnahmewerber trifft idR kein grobes Verschulden an der Nichtgeltendmachung dieses Umstandes im abgeschlossenen Verfahren, weil er grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass kein Finanzamt einen auf § 295 Abs. 1 BAO gestützten Bescheid erlässt, obwohl die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Bewilligung der Wiederaufnahme, somit die Aufhebung des Änderungsbescheides (§ 295 Abs. 1 BAO) hat auch dann zu erfolgen, wenn in der Zwischenzeit ein wirksamer Grundlagenbescheid ergangen ist. Dies saniert nämlich nicht die Rechtswidrigkeit eines trotz Fehlens der diesbezüglichen Voraussetzungen erlassenen Änderungsbescheides.
Die Wiederaufnahme ist übrigens auch dann zu bewilligen, wenn die Bemessungsverjährung der Erlassung eines (dem zwischenzeitig erlassenen Grundlagenbescheid berücksichtigenden) neuerlichen Änderungsbescheides entgegensteht."
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt Wien 2/20/21/22 den Antrag vom auf Wiederaufnahme des Verfahrens "gem. § 303 Abs. 4 BAO Einkommensteuer 1989" zurück und begründete diese Entscheidung wie folgt:
"Die Zurückweisung erfolgte, weil die Eingabe aus folgendem Grund nicht zulässig ist:
Gemäß § 304 BAO ist nach Eintritt der Verjährung eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein vor Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides eingebrachten Antrag gemäß § 303 Abs.1 BAO zugrunde liegt. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens ist gem. § 303 Abs. 2 BAO binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Der gültige Einkommensteuerbescheid 1989 ist am ergangen.
Laut Sachverhalt liegt dem Finanzamt ein Antrag auf Wiederaufnahme vom vor. Der Wiederaufnahmeantrag ist eine Eingabe im Sinne des § 85 Abs. 2 BAO. Liegt ein Formgebrechen (oder eine fehlende Unterschrift) vor, ist mit Mängelbehebungsauftrag nach § 85 Abs.2 BAO vorzugehen.
Ist der Wiederaufnahmeantrag (als verspätet oder unzulässig) zurückzuweisen, so ist kein Mängelbehebungsverfahren einzuleiten.
Der Wiederaufnahmeantrag war daher bescheidmäßig zurückzuweisen, da der Antrag nicht rechtzeitig eingereicht wurde (vgl. VwGH 22.02.11994, 91/14/0069). Dies gilt sowohl für die Dreimonatsfrist des § 303 Abs. 2 BAO als auch für die beiden im § 304 genannten Fristen."
Mit Schreiben vom erhob der Bw. zum einen Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid vom und beantragte zum anderen, einen gemäß § 295 BAO abgeleiteten Bescheid zu erlassen. Im einzelnen legte der Bw. seine Auffassung wie folgt dar:
"Mit Bescheid vom hat das Finanzamt meinen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend das Jahr 1989 mit der Begründung zurückgewiesen, dass der Antrag auf Wiederaufnahme nicht rechtzeitig eingebracht wurde, da hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 1989 bereits Verjährung eingetreten ist. Dies ist jedoch - wie sich aus folgenden Ausführungen ergeben wird - unrichtig:
Ich habe mich im Jahr 1989 an der AG (Rechtsnachfolger der B Unternehmensbeteiligung und Leasing GmbH u. ehemalige atypisch stille Gesellschafter) beteiligt. Hinsichtlich der Einkünfte 1989 wurde am eine einheitliche und gesonderte Feststellungserklärung abgegeben.
Mit Bescheid vom wurde die Mitunternehmerschaft erklärungsgemäß veranlagt. Im Jahr 1997 wurde das Verfahren hinsichtlich der Einkünfte 1989 wieder aufgenommen und es wurde am ein neuer einheitlicher und gesonderter Feststellungsbescheid erlassen. Gegen diesen wurde das Rechtsmittel der Berufung erhoben, weiches mit Bescheid vom von der Finanzlandesdirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland abgewiesen wurde. Gegen diese Berufungsentscheidung wurde eine Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde erhoben und mit Entscheidung vom die Beschwerde zurückgewiesen, da es sich bei der Erledigung der Finanzlandesdirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland um einen nichtigen Bescheid gehandelt hat. In weiterer Folge wurde auch die Berufung gegen den einheitlich und gesonderten Feststellungsbescheid 1989 vom mit Bescheid vom zurückgewiesen, da auch dieser Bescheid nichtig war.
Keine Verjährung, da die einheitlich und gesonderten Feststellungserklärung 1989 nie bescheidmäßig erledigt wurde
Grund für die nichtigen Bescheide waren Fehler in der Adressierung, insbesondere wurden in dem einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheid bereits verstorbene Personen angeführt. Diesbezüglich ist zu beachten, dass auch in dem Bescheid vom bereits verstorbene Personen angeführt sind, so zum Beispiel...
Somit ist aufgrund der Judikatur des VwGH auch der Bescheid vom als Nichtbescheid zu qualifizieren. Als Ergebnis der o.a. Auflistung ist ersichtlich, dass mit Erklärung vom für meine Beteiligung eine einheitlich und gesonderte Feststellungserklärung abgegeben wurde, aber bis zum heutigen Tage, diese Erklärung nicht bescheidmäßig veranlagt wurde.
Somit kann hinsichtlich des Jahres 1989 keine Verjährung eingetreten sein, weil gem. § 209a Abs. 2 BAO meine Einkommensteuerveranlagung mittelbar von der Erledigung der abgegebenen einheitlich und gesonderten Feststellungserklärung abhängt (siehe Ellinger-Iro-Kramer-Sutter-Urtz in Bundesabgabenordnung zu § 209a BAO Anmerkung 11; Ritz Bundesabgabenordnung § 209a Rdz 7)
Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden die wesentlichen Daten nochmals tabellenartig angeführt:
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1991 | einheitlich und gesonderte Feststellungserklärung für das Jahr 1989 vorn |
1997 | Wiederaufnahme des Verfahrens 1989 und neuer einheitlich und gesonderter Feststellungsbescheid vom |
Berufung gegen diese Bescheide vom | |
Einkommenssteuerbescheid vom | |
2002 | Berufungsentscheidung vom der Finanzlandesdirektion Wien, Niederösterreich und Burgenland |
Fristgerechte Einreichung einer VwGH Beschwerde am | |
2008 | Mit Zurückweisung der VwGH-Beschwerde, da die Erledigung der Finanzlandesdirektion als nichtiger Bescheid zu qualifizieren Ist |
Mit Zurückweisung der Berufung vom , da auch der Bescheid des Finanzamtes als nichtiger Bescheid zu qualifizieren ist | |
Mit Wiederaufnahmeantrag |
Keine Verjährung, da die- Einkommensteuerveranlagung 1989 von einem Rechtsmittelverfahren abhängig ist
Im Übrigen ist zu erwähnen, dass selbst, wenn man den Bescheid vom nicht als nichtigen Bescheid qualifizieren würde hinsichtlich des Einkommensteuerbescheides 1989 keine Verjährung eingetreten sein kann. Denn dann müsste die Behörde aufgrund der Zurückweisungsbescheide gem. § 295 BAO einen neuen abgeleiteten Bescheid erlassen, da sie ja den abgeleiteten Bescheid rechtswidrig aufgrund eines Nichtbescheides neu erlassen hat. Als zwingendes Ergebnis des Rechtsmittelverfahrens gegen die nichtigen Bescheide, wären somit neue abgeleitete Bescheide zu erlassen. Auch aus diesem Grund kann gem. § 209a BAO keine Verjährung eingetreten sein, da mein Einkommensteuerbescheid 1989 somit indirekt von der Erledigung der Berufung abhängig war. Jede andere Auslegung der §§ 295 bzw. § 209a BAO wäre denkunmöglich, denn es kann nicht sein, dass aufgrund von Fehlern, die die Finanzverwaltung zu vertreten hat (nämlich die Erlassung von Nichtbescheiden) auf die die Steuerpflichtigen Im Rahmen des Berufungsverfahrens sogar aufmerksam gemacht haben und aufgrund des langen Rechtsmittelverfahrens Verjährung zu Lasten des Steuerpflichtigen eintritt. Aus diesem Grund beantrage ich auch ausdrücklich, einen abgeleiteten Bescheid zu erlassen, der den Rechtszustand wiederherstellt, der vor Erlassung des rechtswidrigen abgeleiteten (weil von einem nichtigen Bescheid abgeleitet) Bescheides bestanden hat."
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt Wien 2/20/21/22 den Antrag des Bw. "auf Erlassung eines abgeleiteten Bescheides gemäß § 295 BAO bezüglich A AG (Rechtsnachfolger der B Unternehmensbeteiligung und Leasing GmbH u. ehemalige atypische Gesellschafter) für Einkommensteuer 1989" ab. Dies begründete das Finanzamt wie folgt:
"Gem. § 295 Abs. 1 BAO ist ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abzuleiten ist, ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben.
Voraussetzung für die Erlassung eines abgeleiteten Bescheides ist somit die Abänderung, Aufhebung oder Erlassung eines Feststellungsbescheides. Ein diesbezüglicher Sachverhalt liegt jedoch nicht vor. Die Zurückweisung einer Berufung gegen einen Feststellungsbescheid wegen dessen Unwirksamkeit ist der Abänderung, Aufhebung oder Erlassung eines Feststellungsbescheides nicht gleichzuhalten. Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Erlassung eines abgeleiteten Bescheides liegen daher nicht vor."
Auch gegen diesen Bescheid wurde vom Bw. mit Schreiben vom Berufung wie folgt erhoben:
"Der Antrag auf Erlassung neuer Bescheide gem. § 295 BAO wird ausdrücklich aufrechterhalten, da in gegenständlichem Fall bis heute keine neuen rechtwirksamen Feststellungsbescheide ergangen sind.
Die Behörde begründet ihre Entscheidung damit, dass die Tatbestandsmerkmale des § 295 BAO nicht gegeben sind. M.E. ist jedoch auch eindeutig im gegenständlichen Fall gem. § 295 BAO vorzugehen, denn auch die nachträgliche bescheidmäßige Erledigung, dass der Grundlagenbescheid, der zur Abänderung meines Einkommensteuerbescheides geführt hat, in Wahrheit ein Nichtbescheid war, ist einer Aufhebung des Grundlagenbescheides gleichzusetzen. Es kann nicht sein, dass gem. ZI. 93/14/0203 der von einem Nichtbescheid abgeleitete Einkommensteuerbescheid zwar rechtswidrig ergangen ist, dieser aber dann nicht gem. § 295 wieder aufzuheben ist. Diese Auslegung würde dem Zweck des § 295 zuwiderlaufen, denn hätte ich damals gegen den abgeleiteten Einkommensteuerbescheid berufen, wäre meine Berufung gem. § 252 BAO abgewiesen worden. Auch aus dem Blickwinkel des Rechtsschutzes kann in verfassungskonformer Interpretation § 295 nur derart ausgelegt werden, dass er auch im gegenständlichen Fall anzuwenden ist.
Fakt ist, dass mein Einkommensteuerbescheid 1989 aufgrund eines Nichtbescheides geändert wurde, und dass dies rechtswidrig war, und diese Rechtswidrigkeit wie oben ausgeführt auch durch einen etwaigen zukünftigen gleichlautenden einheitlichen und gesonderten Feststellungsbescheid nicht saniert werden kann ().
Ich möchte noch festhalten, dass das zu diesem Thema ergangene VwGH-Erkenntnis 2006/13/0115 vom in meinem Fall nicht anwendbar ist, da noch Immer kein rechtsgültiger Feststeilungsbescheid für das Jahr 1989 vorliegt. Auch ist es in diesem Zusammenhang wichtig zu betonen, dass neben den Einkünften auch noch die Aspekte Verjährung und Aussetzungszinsen zu beachten sind, sodass eine bloße Gleichschaltung der abgeleiteten Bescheide mit den Grundlagenbescheiden in meinem Fall jedenfalls zu kurz greift. Es ist ganz einfach nicht akzeptabel, dass rechtswidrige Bescheide für einen Steuerpflichtigen negative materielle Auswirkungen haben.
Damit sind die Voraussetzungen des § 295 BAO gegeben. Die gebotene amtswegige Änderung meines gegenständlichen Einkommensteuerbescheides scheint nur deswegen nicht zu erfolgen, weil sich dies zu meinen Gunsten auswirken würde."
Mit Bericht vom legte das Finanzamt Wien 2/20/21/22 diese Berufungen dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.
Aus den vorgelegten Ausdrucken aus dem Abgabeninformationssystem ergibt sich, dass mit Datum ein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1989 mit einer Nachforderung von 186,84 erging.
Dass vor dem ein Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1989 ergangen ist und ein derartiger Einkommensteuerbescheid durch einen Einkommensteuerbescheid gemäß § 295 BAO ersetzt worden sein soll, lässt sich den elektronischen Akten des Finanzamtes nicht entnehmen.
Über die Berufungen wurde erwogen:
Für das Jahr 1989 ist lediglich ein einziger Einkommensteuerbescheid, und zwar mit Datum , ergangen.
Nach der Behauptung des Bw. (nähere Unterlagen sind den Akten des Finanzamtes nicht mehr zu entnehmen) wurden dem Bw. mit dem Einkommensteuerbescheid 1989 (nach den Akten: vom ) Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus einer atypisch stillen Beteiligung an der B GmbH und atypisch stille Gesellschafter (nunmehriger Rechtsnachfolger A-AG) nicht zugerechnet.
Die Einkünfte der Mitunternehmerschaft wurden zunächst mit Bescheid vom einheitlich und gesondert festgestellt.
Aufgrund einer Betriebsprüfung (Bp) betreffend die Jahre 1989 - 1991 bei der A-AG als Rechtsnachfolger der B GmbH und atypisch stille Gesellschafter erließ das zuständige Finanzamt am einen geänderten Grundlagenbescheid für 1989, welcher mittels Berufung vom bekämpft wurde.
Das für die Einkommensteuererhebung des Bw. zuständige Finanzamt erließ am einen Einkommensteuerbescheid für 1989, der Einkünfte aus Gewerbebetrieb von -8.212,00 S ausweist und welcher unstrittig noch im Jahr 1998 (nach Ansicht des Bw. im Jahr 1997) ein Monat nach Zustellung in formelle Rechtskraft erwuchs.
In der gegen die den Grundlagenbescheid betreffenden abweisende Berufungsentscheidung vom zu Zl 2002/13/0224 eingebrachten und mit Bescheid vom als unzulässig zurückgewiesenen VwGH-Beschwerde vom , stellt der Bw. (Beschwerdeführer Nr. 626) durch seinen ausgewiesenen Vertreter dar, dass der Feststellungsbescheid 1989 (Grundlagenbescheid) vom falsch adressiert gewesen sei.
Aufgrund des Zurückweisungsbescheides des betreffend die Beschwerde gegen die Berufungsentscheidung vom , wies das für die Erlassung des Grundlagenbescheides zuständige Finanzamt Wien 6/7/15 die den Grundlagenbescheid bekämpfende Berufung vom mit Bescheid vom als unzulässig zurück, weil dem bekämpften Schriftstück mangels gültigem Bescheidadressaten kein Bescheidcharakter zukomme.
Aus der Formulierung der VwGH - Beschwerde vom ist eindeutig erkennbar, dass das Finanzamt mit der Zurückweisung der Berufung gegen den Grundlagenbescheid vom lediglich einen Mangel bestätigte, der dem Bw. bzw. seinem Vertreter spätestens am bekannt und bewusst war.
Ein Wiederaufnahmeantrag hinsichtlich Einkommensteuer 1989 wurde vom Bw. vor dem streitgegenständlichen Antrag vom nicht gestellt.
§ 303 BAO lautet:
"§ 303. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und
a) der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder
b) Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im abgeschlossenen Verfahren ohne grobes Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten, oder
c) der Bescheid von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme gemäß Abs. 1 ist binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.
(3) Wenn die Zuständigkeit zur Abgabenerhebung auf eine andere Abgabenbehörde übergegangen ist, kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens auch bei der Abgabenbehörde erster Instanz eingebracht werden, die im Zeitpunkt der Antragstellung zur Abgabenerhebung zuständig ist.
(4) Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte."
§ 304 BAO lautet:
"§ 304. Nach Eintritt der Verjährung ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausgeschlossen, sofern ihr nicht ein
a) innerhalb des Zeitraumes, bis zu dessen Ablauf die Wiederaufnahme von Amts wegen unter der Annahme einer Verjährungsfrist (§§ 207 bis 209 Abs. 2) von sieben Jahren zulässig wäre, oder
b) vor dem Ablauf einer Frist von fünf Jahren nach Eintritt der Rechtskraft des das Verfahren abschließenden Bescheides
eingebrachter Antrag gemäß § 303 Abs. 1 zugrunde liegt
Gemäß § 4 Abs. 2 lit. a Z 1BAO entsteht der Abgabenanspruch bei der Einkommensteuer für die Vorauszahlungen mit Beginn des Kalendervierteljahres, für das die Vorauszahlungen zu entrichten sind, oder, wenn die Abgabepflicht erst im Lauf des Kalendervierteljahres begründet wird, mit der Begründung der Abgabepflicht.
Gemäß § 209 Abs. 3 BAO verjährt das Recht auf Festsetzung einer Abgabe spätestens zehn Jahre nach Entstehung des Abgabenanspruches (§ 4).
§ 209a Abs. 1 und 2 BAO lauten:
"(1) Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, steht der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.
(2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt, wenn ein Antrag auf Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 vor Ablauf der Jahresfrist des § 302 Abs. 1 oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinn des § 304 eingebracht wurde."
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Wiederaufnahmeantrag wegen bereits eingetretener Verjährung zurückzuweisen ist (in diesem Sinne die ständige Entscheidungspraxis des UFS, vgl. etwa ), da der Antrag jedenfalls nach Ablauf der in § 303 Abs. 2 BAO genannten Frist von drei Monaten ab Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes gestellt wurde:
Der Antrag auf Wiederaufnahme ist gemäß § 303 Abs. 2 BAO binnen einer Frist von drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, bei der Abgabenbehörde einzubringen, die im abgeschlossenen Verfahren den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.
Diese Dreimonatsfrist beginnt mit Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes und nicht erst mit dessen Beweisbarkeit zu laufen und ist nicht verlängerbar (Ritz, BAO3, § 303 Tz. 27f unter Verweis auf ).
Der Berufungswerber hat sich dabei auch die Kenntnis seines Vertreters zurechnen zu lassen. Er hat gegenüber der Abgabenbehörde nämlich nicht nur seine eigenen Handlungen und Unterlassungen, sondern auch die derjenigen Personen zu vertreten, deren er sich zur Erfüllung seiner steuerlichen Pflichten bedient ().
Ein Antrag, der sich auf einen verspätetet geltend gemachten Wiederaufnahmegrund beruft, ist zurückzuweisen ().
Im Rahmen des geltend gemachten Wiederaufnahmegrundes ist nicht - wie vom Bw. ins Treffen geführt - die Entscheidung über die Zurückweisung der Berufung vom zu beurteilen, sondern es kommt ausschließlich auf die Tatsachen und Beweismittel an, die zu dieser Entscheidung geführt haben ( u.a.). Die Entscheidung selbst kann schon deshalb nicht herangezogen werden, da es sich bei ihr um ein nach Erlassung des letztgültigen Einkommensteuerbescheides neu entstandenes Faktum (novum productum) handelt.
Die Tatsache sowie die Gründe der Falschadressierung des Feststellungsbescheides vom wurden vom Bw. jedenfalls im Rahmen seiner VwGH -Beschwerde vom vorgebracht. Diese Tatsache und die entsprechenden Beweismittel waren dem Berufungswerber daher spätestens an diesem Tag bekannt und bewusst.
Der strittige Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 1989, datiert mit , wurde damit mehr als fünf Jahre nach der nachweislichen Kenntniserlangung der dafür behaupteten Gründe gestellt, womit dieses Anbringen aus Sicht des Neuerungstatbestandes jedenfalls als verspätet zu beurteilen ist.
Der Wiederaufnahmeantrag war daher vom Finanzamt zurückzuweisen.
Die Berufung gegen den Zurückweisungsbescheid war daher als unbegründet abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 304 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Wiederaufnahmeantrag Verjährung neu hervorgekommene Tatsachen |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at