zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 22.11.2021, RV/7101248/2021

Kosten für Kuraufenthalte

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart, nunmehr Finanzamt Österreich, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am langte die über FinanzOnline eingebrachte elektronische Arbeitnehmerveranlagungserklärung des Beschwerdeführers (Bf.) für 2019 ein; in dieser machte der Bf. unter der Rubrik Außergewöhnliche Belastungen bei Behinderung folgende Angaben:
Eigene Behinderung
Grad der Behinderung 50%
pauschaler Freibetrag für Diätverpflegung wegen anderer innerer Erkrankung (Magen, Herz): Ja
Ich mache unregelmäßige Ausgaben für Hilfsmittel wie zum Beispiel Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel oder Kosten der Heilbehandlung wie ärztliche Kosten, Medikamente geltend: € 4.956,70

Mit Ergänzungsvorhalt vom ersuchte das Finanzamt den Bf. um "eine genaue Aufstellung Ihrer beantragten außergewöhnlichen Belastungen ohne Selbstbehalt mit folgenden Details:
• Rechnung inkl. Rechnungsdatum
• Bezeichnung der Aufwendung
• Einzelpreise und Summe über alle Aufwendungen
• abzüglich erhaltener Ersätze (Krankenkasse, Versicherung, Fonds usw.)
Zum Nachweis Ihrer beantragten Aufwendungen legen Sie bitte alle Belege bei.
Hinweis:
• Bei stationären Aufenthalten, wie z. B. Krankenhaus oder Kur, ist eine Haushaltsersparnis von 5,23 Euro pro Tag von den beantragten Aufwendungen abzuziehen.
• Nur Kosten, die im direkten Zusammenhang mit der Behinderung stehen, können ohne Selbstbehalt berücksichtigt werden."

In Beantwortung dieses Vorhalteschreibens legte der Bf. (in verlängerter Frist) eine handschriftliche Aufstellung vor, aus der hervorgeht:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Apotheke
316,-
BVA + Arzt
963,56
Telefon
100,-
Kur Sept.
779,80
Kur Selbst.
300,93
km:
2.497,76
4.956,70

Weiters wurden vorgelegt:
- eine Aufstellung der geltend gemachten Fahrtkosten in Form von km-Geldern
- Listen über den Therapieablauf im Gesundheitszentrum Bad Sauerbrunn für Physiotherapien und Heilmassagen im Zeitraum -
- Rechnung Impuls Hotel Tirol Bad Hofgastein vom (an den Bf.)
- Therapieplan vom zur Stollentherapie 2019 im Gasteiner Heilstollen über acht Einfahrten in der Zeit von -
- Behandlungsbeitragsvorschreibungen der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) des Jahres 2019 (an den Bf.)
- Honorarnote des Facharztes für physikalische Medizin und Rheumatologie Dr. P. vom samt Zahlungsbeleg
- Honorarnote der Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie Dr. K. vom
- Honorarnote der Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. M. vom
- Honorarnote des Ambulatoriums für medizinische und chemische Labordiagnostik vom (Helicobacter-Untersuchung)
- Rechnungen F. Dental Team, Sopron, vom (Vorauszahlung) und
- Schreiben der BVA betreffend Kostenersatz bzw. Kostenzuschuss vom für Honorarnote des Facharztes physikalische Medizin, vom für Honorarnote der Fachärztin für Innere Medizin, vom für Honorarnote der Hautärztin, vom 02. und für Zahnarztrechnungen
- diverse Apothekenrechnungen

Das Finanzamt anerkannte im in Beschwerde gezogenen Einkommensteuerbescheid vom neben dem nach der Minderung der Erwerbsfähigkeit gestaffelten Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 (3) EStG 1988) (hier: bei 50% -€ 401,00) und dem Pauschbetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen wegen eigener Behinderung (hier: Krankendiätverpflegung bei Magenkrankheit oder einer anderen inneren Erkrankung jährlich -€ 504,00) folgende außergewöhnliche Belastungen (Beträge laut Bescheid):
Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes (§ 34 (4) EStG 1988) ………. -630,82 €
Selbstbehalt ………………………………………………………………………………………….. 630,82 €
Nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der
Verordnung über außergewöhnliche Belastungen …………..……………………. -2.302,30 €

Der Bescheid enthält bezüglich der außergewöhnlichen Belastungen folgende Begründung:
Aufwendungen für Behandlungsleistungen sind grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese ärztlich verordnet und die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt werden. Die Kosten für den privaten Kuraufenthalt, sowie die Telefonkosten wurden nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Die Kosten für den Zahnarzt stellen Krankheitskosten mit Selbstbehalt dar.
Die Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen haben wir nicht berücksichtigt.
Der Grund: Die Aufwendungen sind niedriger als der für Sie gültige Selbstbehalt in Höhe von 5.627,12 Euro.

Die Beschwerde vom , dem Finanzamt am persönlich überreicht, wurde erhoben wie folgt:
"Ich … erhebe fristgerecht gegen den Einkommenssteuerbescheid 2019 vom das Rechtsmittel der Beschwerde betreffend die Aufwendungen für Behandlungsleistungen in Bad Hofgastein mit der Begründung, dass diese unter ärztlicher Verordnung und chefärztlicher Bewilligung sowie unter Führung ärztlicher Aufsicht gemacht wurden und daher als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen sind.
Diesbezügliche Verrechnungen des Behandlungsbeitrages der BVAEB und der Therapieplan des Gasteiner Heilstollens werden der Beschwerde in Kopie beigelegt."

Der Beschwerde waren folgende Unterlagen beigelegt:
- Ein (bisher noch nicht vorgelegtes) Schreiben der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (bvaeb) vom mit folgendem Inhalt (auszugsweise wiedergegeben):
Betrifft: Behandlungsbeitrag

Für die Inanspruchnahme der angeführten Leistungen müssen wir Ihnen folgende Behandlungsbeiträge gem. §§ 63 Abs. 4 und 69 Abs. 5 B-KUVG vorschreiben (Beträge in EUR):

Leistungen für (Bf.) (SVNr.: …)

sowie
- der bereits mit der Beantwortung des Vorhalteschreibens vom vorgelegte Therapieplan vom zur Stollentherapie 2019 im Gasteiner Heilstollen; dieser weist folgende Terminauflistung auf:

Das Finanzamt ersuchte mit Schreiben vom um folgende Ergänzungspunkte:
1. Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit eines Kuraufenthaltes ist die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben.
Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn zu einem Kuraufenthalt von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da zur Erlangung dieser Zuschüsse ebenfalls in der Regel ein ärztliches Gutachten vorgelegt werden muss.
Um die beantragten Kurkosten als außergewöhnliche Belastung berücksichtigen zu können wird um Vorlage eines entsprechenden Zeugnisses bzw. um Bekanntgabe, ob entsprechende Zuschüsse geleistet worden sind gebeten (betreffend Kuraufenthalte Bad Hofgasten März-April 2019 und Bad Gastein -).
2. Zusätzlich wird um Vorlage der entsprechenden Belege (Rechnung, Zahlungsbeleg) Ihres Kuraufenthaltes in Bad Gastein (-) gebeten.
3. Im Zuge der Beschwerdeerledigung wird weiters um Vorlage einer Bescheinigung (Bundessozialamt bzw. Sozialministeriumservice) Ihres Grades der Behinderung (laut Ihrem Antrag 50%) gebeten.
Anmerkung:
Auf Grund der bisher vorgelegten Unterlagen (Erstantrag und Beschwerde) kann Ihrer Beschwerde nicht entsprochen werden!

Im Wege von FinanzOnline übermittelte der Bf. folgende Unterlagen:
- Schreiben des Sozialministeriumservice vom an den Bf. betreffend die unbefristete Ausstellung eines Behindertenpasses
- Rechnung vom : Hausebengut, Bad Gastein, über 14 Nächtigungen für 2 Personen von bis (Endbetrag incl. 10% USt € 779,80)
- ärztliche Verordnung vom , unterzeichnet von Dr. med. univ. O., FA für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Krankenanstalt Gasteiner Heilstollen:
Diagnose: Spondylitis ankylosans
Aufenthalt vom bis
Folgende Therapien wurden verordnet: Thermalstollen-Einfahrt 7

Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und begründete die Abweisung nach Zitierung von § 34 Abs. 1 bis 4 EStG 1988 folgendermaßen:
Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 EStG 1988 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden (sechster Teilstrich zu § 34 Abs. 6 EStG 1988).
Gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung zu den §§ 34 und 35 EStG 1988 sind die in dem § 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen (Aufwendungen für Hilfsmittel, Kosten der Heilbehandlung) als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
Als Kosten der Heilbehandlung (§ 4 der Verordnung) gelten Arztkosten, Spitalkosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen.
Will ein Steuerpflichtiger Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen, hat er selbst alle Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. etwa , und ).
Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt zu einer außergewöhnlichen Belastung.
Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, womit es erforderlich ist, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist (, ).
Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit hat der oder die Steuerpflichtige ein vor Antritt der Krankenbehandlung ausgestelltes Zeugnis oder Gutachten vorzulegen, aus welchem die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel klar hervorgehen.
Einem ärztlichen Gutachten kann es dabei gleich gehalten werden, wenn für eine Behandlung von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da dies zumeist ein ärztliches Gutachten voraussetzt (Vgl. ; ).
Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2012/15/0136, hat die Notwendigkeit eines vorfeldweisen ärztlichen Gutachtens auch der Bundesfinanzhof zur insofern vergleichbaren deutschen Rechtslage in einem Urteil vom , III R 67/96, betreffend Aufwendungen für eine "medizinische Trainingstherapie" in einem ärztlich betreuten Sportstudio hervorgestrichen, weil derartige Aufwendungen ihrer Natur nach nicht ausschließlich von Kranken, sondern mitunter auch von Gesunden getätigt werden, um ihre Gesundheit zu erhalten, ihr Wohlbefinden zu steigern oder ihre Freizeit sinnvoll und erfüllt zu gestalten.
Aus diesem Grund fordert die Rechtsprechung für die Anerkennung der getätigten Aufwendungen als Nachweis jedenfalls eine konkrete ärztliche Verordnung, aus der sich die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahme klar ergibt und die noch vor Beginn der Behandlungsleistungen zu erfolgen hat. (, , , , ).
Das Vorliegen einer ärztlichen Verschreibung im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsplanes ist insbesondere bei Kosten, die durch die allgemeine Lebensführung verursacht sein können ( mwN) wie der Besuch von Heilthermen, Fitnessstudios oder Massagen, unerlässlich, um eine nachweisbare Abgrenzung von Aufwendungen für die Vorbeugung von Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit, die nach einhelliger Rechtsmeinung nicht abzugsfähig sind, treffen zu können (vgl. Doralt, EStG 11 , § 34 Rz 78 "Krankheitskosten").
Ärztliche Anordnungen, die die Notwendigkeit der beantragten Aufwendungen (Bad Hofgastein März-April 2019 EUR 300,93 und Fahrtkosten EUR 420,-, Bad Gastein 7.9.- EUR 779,80 und Fahrtkosten EUR 424,20 insgesamt EUR 1.924,93) belegen, liegen in Ihrem Fall nicht vor. Die von Ihnen vorgelegte ärztliche Verordnung (ausgestellt am in Bad Gastein/Böckstein) kann einem vor Beginn der Behandlungen ausgestellten ärztlichen Zeugnis, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer sowie das Reiseziel der Gesundheitsmaßnahmen ergeben, nicht gleich gehalten werden und ist daher kein taugliches Beweismittel um den vom Verwaltungsgerichtshof definierten Anforderungen zu entsprechen.
Ihre Beschwerde war abzuweisen!

Der Bf. brachte über FinanzOnline einen Vorlageantrag betreffend "Ablehnung der außergewöhnlichen Belastung über die Verordnungen für den Heilstollen" ein und führte als Begründung aus:
"Morbus Bechterew ist nicht heilbar, erfordert also eine lebenslange Therapie, die ich auf ärztliches Anraten auch mehrmals jährlich mache. Anbei übermittle ich ihnen den Arztbrief sowie die ausgefüllten Kuranträge von Dr. P. und Dr. N.-S. und ersuche um Anerkennung der außergewöhnlichen Belastung."

Mit Schreiben vom ersuchte das Finanzamt den Bf. um Übermittlung der Unterlagen, die er im Vorlageantrag erwähnt hatte (Arztbrief sowie die ausgefüllten Kuranträge von Dr. P. und Dr. N.-S.).

Mit Antwortschreiben (über FinanzOnline) vom teilte der Bf. Folgendes mit:
"Leider konnten wir krankheitsbedingt nicht früher antworten. Alle Unterlagen wurden schon mehrfach abgegeben bzw. übermittelt. Unsere Kopie des Kurantrages wurde leider ihrem Finanzamt übergeben und nicht retourniert. Auf Nachfrage bei der BVA um eventuell eine Kopie zu erhalten wurde seitens der BVA abgelehnt. Ich übersende ihnen nochmals die Kopie betreffend Kuraufenthalt von Dr. P., Arztbrief Dr. K. sowie Ärztliche Verordnung vom Gasteiner Heilstollen."

Mit diesem Antwortschreiben wurden laut Aktenlage folgende Unterlagen übermittelt:

- Antrag auf Rehabilitations-, Kur- bzw. Erholungsaufenthalt des Bf. vom (mit Angaben zu Anschrift, Sozialversicherungsnummer des Bf., versichert bei VA öffentlich Bediensteter) (Haben Sie in den letzten fünf Jahren Rehabilitations-, Kur-, Land-, Erholungsaufenthalte mit Kostenbeteiligung eines Versicherungsträgers konsumiert?
X ja Wann 2016, 2017, 2018 Wo Bad Hofgastein
)

- Ärztliche Stellungnahme zu (Bf., Geburtsjahr) des Dr. P., Facharzt für physikalische Medizin, Rehabilitation und Rheumatologie vom :
Aktuelle Vorgeschichte - soweit antragsrelevant
Seit Jahren bekannte M. Bechterew Erkrankung seit Nov. 2017 auf Biologikum SIMPONI eingestellt.
Antragsrelevante Diagnose
M. Bechterew


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vorgeschlagen wird
für
in
x Rehabilitation
x Bewegungs-/Stützapparat
Bad Hofgastein Impuls Hotel Tirol inkl. Stolleneinfahrten
x Kurheilverfahren
x Rheumat. Formenkreis
Hinweis : Der vorgeschlagene Ort wird nach Möglichkeit berücksichtigt; medizinische Notwendigkeiten sind jedoch vorrangig.

Begründung für die vorgeschlagene Maßnahme
Verbesserung des AZ und der Beweglichkeit, Maximierung der Alltagsaktivitäten, Reduktion der Schmerzmittel und Krankenstände.
Patient ist heimfähig x ja, kurfähig x ja, benötigt Diät x ja,
ist gehfähig x ja, mit Hilfsmittel x nein, Rollstuhl x nein,
benötigt Begleitperson x nein,
benötigt fremde Hilfe (waschen, anziehen usw.) x nein,
benötigt Transport x nein

- Ärztliche Verordnung des Dr. med. univ. O., Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Krankenanstalt Gasteiner Heilstollen, vom (bereits mit der Beantwortung des Vorhalteschreibens vom vorgelegt)

- Arztbrief der Dr. K., Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie, vom (Diagnose: Morbus Bechterew, akuter Schub)

Die Beschwerdevorlage des Finanzamtes erfolgte mit nachstehendem Sachverhalt und Anträgen:
Sachverhalt:
Kosten für Kuraufenthalte wurden seitens der Finanzbehörde nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt
Stellungnahme:
Grundsätzlich darf auf die Bescheidbegründung der Beschwerdevorentscheidung verwiesen werden.
Die noch im Vorlageverfahren zusätzlich vorgelegten Unterlagen ändern nichts an der bisherigen rechtlichen Würdigung.
Gem. § 34 EStG sind nicht alle Kosten, die bei Behandlung einer Krankheit entstehen, einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung zugänglich. Nach der Judikatur werden nur Kosten anerkannt, die mit einer Heilbehandlung bzw. -betreuung typischerweise verbunden sind. Nicht absetzbar sind Ausgaben, die nur mittelbar mit einer Krankheit in Zusammenhang stehen, auch wenn sie sich auf den Krankheitsverlauf positiv auswirken können (). Im Allgemeinen ist eine im Rahmen eines medizinischen Behandlungsplanes und damit vor der Anwendung erstellte ärztliche Verordnung ein geeigneter Nachweis für die medizinische Notwendigkeit einer Maßnahme. Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit dieser Kuraufenthalte ist somit die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses erforderlich, aus dem sich die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben.
Da die medizinische Notwendigkeit der Kuraufenthalte nicht erwiesen ist, kann eine durch Krankheit bedingte Zwangsläufigkeit als unabdingbare Voraussetzung für außergewöhnliche Belastungen gemäß § 34 EStG nicht als erfüllt angesehen werden.
Die vollinhaltliche Abweisung des Beschwerdebegehrens wird beantragt.

Das im Zuge des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesfinanzgericht dem Bf. zur Kenntnis gebrachte Vorhalteschreiben ist in den Erwägungen eingearbeitet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. machte im Streitjahr neben anderen Aufwendungen, deren Absetzung als außergewöhnliche Belastungen beantragt wurde, auch Aufwendungen für zwei Kuraufenthalte und damit im Zusammenhang stehende Fahrtkosten als Kosten der Heilbehandlung geltend, und zwar:
Bad Hofgastein März-April 2019: Kur Selbstbehalt € 300,93
Fahrtkosten 500 km x 2 = 1000 km x € 0,42 = € 420,00
Bad Gastein 7.9. - : Rechnung vom € 779,80
(14 Nächtigungen für 2 Personen)
Fahrtkosten 505 km x 2 = 1010 km x € 0,42 = € 424,20

Das Finanzamt anerkannte diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen nicht (vgl. bspw. die oben wiedergegebene Begründung der Beschwerdevorentscheidung).
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist allein die Anerkennung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen dem Grunde und der Höhe nach strittig.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen bezüglich der geltend gemachten, nicht anerkannten Aufwendungen und deren Höhe ergeben sich aus der über Vorhalt des Finanzamtes vom bei diesem am eingegangenen handschriftlichen Aufstellung des Bf. über die Kosten für Kuraufenthalte und Fahrtkosten, den im Zuge des Verfahrens vom Bf. vorgelegten Unterlagen (hinsichtlich Bad Gastein vom 7.9. - insbesondere die Rechnung vom ) in Zusammenschau mit den vom Finanzamt im Ergänzungsersuchen vom und in der Begründung zur Beschwerdevorentscheidung vom gemachten betragsmäßigen Darstellungen.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

§ 34 Abs. 1 bis 6 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2019 lautet:
§ 34. (1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
(4) Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7.300 Euro 6%
mehr als 7.300 Euro bis 14.600 Euro 8%
mehr als 14.600 Euro bis 36.400 Euro 10%
mehr als 36.400 Euro 12%.
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt:
- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht
- wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6.000 Euro jährlich erzielt,
- für jedes Kind (§ 106).
(5) Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.
(6) Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden: (4. und 5. Teilstrich)

- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

§ 35 Abs. 1 bis 3, 5 und 7 EStG 1988 in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2019 lautet:
§ 35. (1) Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-) Partners (§ 106 Abs. 3),
- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-) Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt,
- durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
(2) Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
(3) Es wird jährlich gewährt
bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von ein Freibetrag von Euro

45% bis 54% . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 401

(5) Anstelle des Freibetrages können auch die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung geltend gemacht werden (§ 34 Abs. 6).

(7) Der Bundesminister für Finanzen kann nach den Erfahrungen der Praxis im Verordnungsweg Durchschnittssätze für die Kosten bestimmter Krankheiten sowie körperlicher und geistiger Gebrechen festsetzen, die zu Behinderungen im Sinne des Abs. 3 führen.

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. Nr. 303/1996 in der Fassung BGBl. II Nr. 430/2010, bestimmt in §§ 1, 2 und 4:
§ 1. (1) Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-) Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988),
- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-) Partners (§ 106 Abs. 3 EStG 1988), wenn dieser Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt, oder
- bei Anspruch des Steuerpflichtigen selbst oder seines (Ehe-)Partners auf den Kinderabsetzbetrag oder den Unterhaltsabsetzbetrag, durch eine Behinderung des Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2 EStG 1988), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen.
(2) Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.
(3) Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
§ 2. (1) Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
- Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro
- Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit 51 Euro
- Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro
pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.
(2) Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen.

§ 4. Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Nach Jakom/Peyerl EStG, 2019, § 35 Rz 27, sind Kosten der Heilbehandlung Kosten für den Arzt, das Spital, ärztlich verordnete Kuren, Therapien, Medikamente, sofern sie mir der Behinderung in Zusammenhang stehen; weiters dabei anfallende Fahrt- und Transportkosten im tatsächlichen Ausmaß bzw. amtliches Kilometergeld bei Verwendung des (familien)eigenen Kfz.

Nicht jeder auf ärztliches Anraten oder aus medizinischen Gründen durchgeführte Kuraufenthalt führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Erforderlich ist ein bestimmtes, unter ärztlicher Aufsicht und Betreuung durchgeführtes Heilverfahren. Die Reise muss zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sein; eine andere Behandlung darf keinen bzw. kaum einen Erfolg versprechen. Wesentlich ist, dass die Reise nach ihrem Gesamtcharakter ein Kuraufenthalt ist, d.h. eine nachweislich kurgemäß geregelte Tages- und Freizeitgestaltung aufweist und nicht bloß einen Erholungsaufenthalt darstellt. Der Frage, ob die Heilkur eine Erholungsreise ersetzt hat, kommt keine Bedeutung zu.
Für das Vorliegen der Voraussetzungen ist der Steuerpflichtige nachweispflichtig. Erforderlich ist die Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses ("vorfeldweisen ärztlichen Gutachtens"; ein bloß mittelbarer ärztlicher Verordnungszusammenhang reicht nicht aus), aus dem sich die Notwendigkeit und die Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben; gleichgestellt ist die Leistung von Zuschüssen durch einen Träger der gesetzlichen Sozialversicherung bzw. auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen (vgl. Jakom/Peyerl EStG, 2019, § 34 Rz 90, "Kuraufenthalt (Kurreise)" und die dort angeführte Judikatur).

Der Steuerpflichtige hat die Wahl, entweder den Pauschbetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 oder die tatsächlichen Kosten aus dem Titel der Behinderung nach § 34 Abs. 6 EStG 1988 geltend zu machen. Die gleichzeitige Zuerkennung des Pauschbetrages und der tatsächlichen Kosten ist nicht zulässig.
Allerdings können gemeinsam mit dem Pauschbetrag nach § 35 Abs. 3 leg.cit. nach § 1 Abs. 3 der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen die in §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen - ohne Kürzung um pflegebedingte Geldleistungen oder den Freibetrag nach § 35 Abs. 3 leg.cit. - berücksichtigt werden (vgl. Wanke in Wiesner/Grabner/Wanke, EStG § 35 Anm 47).

Im gegenständlichen Fall hat der Bf. einen Grad der Behinderung iHv 50% geltend gemacht und das Schreiben des Sozialministeriumservice vom betreffend die Feststellung des Grades der Behinderung und die unbefristete Ausstellung eines Behindertenpasses vorgelegt.
Ein Anspruch auf Bundespflegegeld bestand im Streitzeitraum nicht (vgl. die Angaben des Bf. im Antrag auf Rehabilitations-, Kur- bzw. Erholungsaufenthalt des Bf. vom : Beziehen Sie Leistungen
- vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen: nein
- von einem Sozialhilfeträger: nein
- Beziehen Sie Pflegegeld: nein
).

Bezüglich der Kur in Bad Hofgastein März-April 2019 legte der Bf. mit Antwortschreiben vom zum Vorhalt vom nicht nur den Antrag auf Rehabilitations-, Kur- bzw. Erholungsaufenthalt vom vor, sondern auch die ärztliche Stellungnahme des Dr. P., Facharzt für physikalische Medizin, Rehabilitation und Rheumatologie vom (oben in Punkt I. im Wesentlichen wiedergegeben): In dieser wird als antragsrelevante Diagnose Morbus Bechterew (Erkrankung seit Nov. 2017) genannt und die Rehabilitation bzw. das Kurheilverfahren für den Bewegungs- und Stützapparat bzw. den rheumatologischen Formenkreis ausdrücklich in Bad Hofgastein Impuls Hotel Tirol inkl. Stolleneinfahrten vorgeschlagen (mit dem Hinweis, dass der vorgeschlagene Ort nach Möglichkeit berücksichtigt werde) samt Begründung für die vorgeschlagene Maßnahme (Verbesserung des AZ und der Beweglichkeit, Maximierung der Alltagsaktivitäten, Reduktion der Schmerzmittel und Krankenstände).

Aufgrund des vorfeldweise ausgestellten ärztlichen Zeugnisses bzw. der ärztlichen Stellungnahme vom ist der im Zusammenhang mit der Kur Bad Hofgastein geltend gemachte Selbstbehalt iHv € 300,93 als Kosten der Heilbehandlung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen anzuerkennen.

Bezüglich der im Zusammenhang mit dieser Kur in Form von Kilometergeldern geltend gemachten Fahrtkosten ist jedoch darauf hinzuweisen, dass aus der Aktenlage des Finanzamtes ersichtlich ist, dass die Kuraufenthalte des Bf. jeweils gleichzeitig mit seiner Gattin stattgefunden haben (dies gilt auch für den Kuraufenthalt in Bad Gastein, siehe im Folgenden). Außerdem geht aus der ärztlichen Stellungnahme des Dr. P. vom hervor, dass der Bf. keine Begleitperson benötigt (vgl. oben in Punkt I.).
Es wird daher, wie bereits mit Vorhalteschreiben des Bundesfinanzgerichtes angekündigt, die Hälfte der Fahrtkosten basierend auf der von der Gattin des Bf. angegebenen Entfernung (hin und retour 880 km) als mit der Kur in Zusammenhang stehende Fahrtkosten anerkannt:
880 km x € 0,42 = € 369,60 : 2 = € 184,80

Bezüglich der Kur in Bad Gastein im September 2019 machte der Bf. Ausgaben iHv € 779,80 geltend. Aus der mit Antwortschreiben vom zum Vorhalt vom vorgelegten Rechnung vom ist ersichtlich, dass es sich bei diesem Betrag um Nächtigungskosten für zwei Personen in Bad Gastein im Zeitraum 07.09.bis handelt.
Zu dieser Kur wurde ein Therapieplan vom zur Stollentherapie 2019 im Gasteiner Heilstollen für geplante Einfahrten in der Zeit von - vorgelegt.
Weiters wurde ein Arztbrief der Dr. K., Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie, vom vorgelegt. In diesem wird zwar ebenfalls die Diagnose Morbus Bechterew, akuter Schub, gestellt und die chronisch entzündliche Erkrankung mit rezidivierenden Schüben und dadurch bedingten Bewegungseinschränkungen sowie die medikamentöse und physikalische Therapie beschrieben, ohne jedoch ausdrücklich - wie bei der Kur in Bad Hofgastein im März-April 2019 - eine Stollentherapie unter Vorschlag des Kurortes zu empfehlen. Vielmehr werden in diesem Arztbrief eine Berufsunfähigkeitspension und ein geplanter Urlaub in Kroatien befürwortet.
Die am Tage des Beginns dieser Kur von Dr. med. univ. O., Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin, Krankenanstalt Gasteiner Heilstollen, vor Ort (offenbar auf Grund der vor der ersten Anwendung bzw. Stolleneinfahrt stattgefundenen ärztlichen Untersuchung) ausgestellte ärztliche Verordnung vom , die zwar auch als Diagnose Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) und als Therapie Thermalstollen-Einfahrten nennt, wurde in der Beschwerdevorentscheidung vom nicht als ein vor Beginn der Behandlungen ausgestelltes ärztliches Zeugnis, aus dem sich die Notwendigkeit und die Dauer sowie das Reiseziel der Gesundheitsmaßnahmen ergibt, und somit nicht als ausreichendes Beweismittel für die Anerkennung der getätigten Aufwendungen gesehen.

Allerdings ist der Vorlage eines vor Antritt der Kur ausgestellten ärztlichen Zeugnisses ("vorfeldweisen ärztlichen Gutachtens"), aus dem sich die Notwendigkeit und die Dauer der Reise sowie das Reiseziel ergeben, die Leistung von Zuschüssen durch einen Träger der gesetzlichen Sozialversicherung gleichzustellen.
In diesem Sinne heißt es auch in der Beschwerdevorentscheidung :
Zum Nachweis der Zwangsläufigkeit hat der oder die Steuerpflichtige ein vor Antritt der Krankenbehandlung ausgestelltes Zeugnis oder Gutachten vorzulegen, aus welchem die Notwendigkeit und Dauer der Reise sowie das Reiseziel klar hervorgehen.
Einem ärztlichen Gutachten kann es dabei gleich gehalten werden, wenn für eine Behandlung von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder auf Grund beihilfenrechtlicher Bestimmungen Zuschüsse geleistet werden, da dies zumeist ein ärztliches Gutachten voraussetzt.

Im gegenständlichen Fall hat der Bf. ein Schreiben der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (bvaeb) vom vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass dem Bf. Behandlungsbeiträge für die Inanspruchnahme von Leistungen (und zwar physikalischen Behandlungen) der Gasteiner Kur-, Reha- und Heilstollen, Physiko-Institut, 5645 Böckstein, Radhausbergstollen, vorgeschrieben wurden. Der Zeitrahmen, in dem diese Leistungen in Anspruch genommen wurden, ist nahezu ident mit der Zeit, für die der Bf. die Aufwendungen für Nächtigungskosten geltend gemacht hat.
Hat der gesetzliche Sozialversicherungsträger die Kosten für die Stolleneinfahrten übernommen (was durch die Vorschreibung von Behandlungsbeiträgen an den Bf. bestätigt ist), ist unter Berücksichtigung der sonstigen angeführten vorgelegten Unterlagen die Notwendigkeit des Heilverfahrens hinlänglich bewiesen. Dem Grunde nach können die geltend gemachten Aufwendungen anerkannt werden.

Der Höhe nach sind die Ausgaben für Nächtigungskosten, da der geltend gemachte Betrag Nächtigungskosten für zwei Personen umfasst (vgl. oben: Kuraufenthalte des Bf. jeweils gleichzeitig mit seiner Gattin), zu halbieren:
Bad Gastein 7.9. - : Rechnung vom € 779,80 : 2 = € 389,90

Aus dem gleichen Grund werden auch die mit dem Kuraufenthalt in Bad Gastein im Zusammenhang stehenden Fahrtkosten halbiert (wie ebenfalls bereits mit Vorhalteschreiben des Bundesfinanzgerichtes angekündigt):
Fahrtkosten 1010 km x € 0,42 = € 424,20 : 2 = € 212,10

Demgemäß werden nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen in folgender Höhe anerkannt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bisher laut Bescheid v.
2.302,30 €
Bad Hofgastein März-April 2019: Kur Selbstbehalt
300,93 €
Fahrtkosten
184,80 €
Bad Gastein w.o.
389,90 €
Fahrtkosten
212,10 €
Summe
3.390,03 €

Berechnung der Einkommensteuer 2019:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtbetrag der Einkünfte lt. Bescheid v.
43.316,92 €
Sonderausgaben lt. Bescheid v. :
für Personenversichrungen
- 533,63 €
für Zuwendungen (§ 18 (1) Z 7 EStG 1988)
- 15,00 €
Aufwendungen vor Abzug des Selbstbehaltes wie bisher
- 630,82 €
Selbstbehalt
630,82 €
Freibetrag wegen eigener Behinderung (§ 35 (3) EStG 1988) wie bisher
- 401,00 €
Pauschbeträge nach der VO über ag. Bel. wie bisher
- 504,00 €
Nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der VO über ag. Bel.

- 3.390,03 €
Einkommen
38.473,26 €
Die Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988 beträgt:
0 % für die ersten 11.000,00
0,00 €
25 % für die weiteren 7.000,00
1.750,00 €
35 % für die weiteren 13.000,00
4.550,00 €
42 % für die weiteren 7.473,26
3.138,77 €
Steuer vor Abzug der Absetzbeträge
9.438,77 €
Verkehrsabsetzbetrag
- 400,00 €
Pendlereuro
- 103,33 €
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
8.935,44 €
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt:
0 % für die ersten 620,00
0,00 €
6 % für die restlichen 6.711,71
402,70 €
Einkommensteuer
9.338,14 €
Anrechenbare Lohnsteuer (260)
- 12.053,21 €
0,07 €
Festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift)
- 2.715,00 €

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind daher keiner Revision zugängig.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7101248.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at