Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 25.03.2009, RV/2159-W/08

Endgültige Abgabenfestsetzung, wenn nach geänderter, dem endgültigen Bescheid zu Grunde gelegten Rechtsansicht keine Ungewissheit gegeben war.

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/2159-W/08-RS1
wie RV/0009-S/06-RS1
Ein endgültiger Bescheid gemäß § 200 Abs. 2 BAO kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch dann ergehen, wenn die Erlassung des vorläufigen Bescheides zu Unrecht erfolgt sein sollte.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom , ErfNr., betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Anwartschaftsvertrag vom erwarb der Berufungswerber (Bw.) von der A. Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft reg. Gen.m.b.H. einen Anteil an der Liegenschaft EZ xxx GB P. zur Begründung von Wohnungseigentum an der Wohnung Topx um einen Pauschal- und Fixpreis von € 187.200,00. Dieser Gesamtpreis wurde ua. mit vom Bw. aufzubringenden Eigenmittel und einem geringverzinslichen Direkt-Darlehen des Landes Niederösterreich finanziert. Dazu ist im Anwartschaftsvertrag festgehalten, dass die genaue Höhe des Direktdarlehens des Landes Niederösterreich von der endgültigen Nutzfläche abhängig sei, die erst zu einem späteren Zeitpunkt endgültig feststehen werde. Am Gesamtkaufpreis trete hierdurch keine Änderung ein. Diesbezügliche Änderungen gingen zu Lasten oder Gunsten des Direktdarlehens der NÖ Landesregierung und somit zu Lasten oder Gunsten der vom Kaufanwärter aufzubringenden Eigenmittel. Im Pkt. II. "Kaufabrede" 1) des Anwartschaftsvertrages ist festgehalten, dass die Parteien beabsichtigten, nach Fertigstellung der Wohnhausanlage und Vorliegen der genehmigten Endabrechnung des Landes Niederösterreich einen Kauf- bzw. Wohnungseigentumsvertrag abzuschließen.

Auf Grund dieses Anwartschaftsvertrages setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien (FAG) gegenüber dem Bw. mit Bescheid vom Grunderwerbsteuer ausgehend von einer Gegenleistung von € 146.270,00 mit € 5.119,46 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig fest. Die Differenz zwischen der Gegenleistung lt. diesem vorläufigen Bescheid und dem vereinbarten Kaufpreis gründet auf einer Abzinsung des Direktdarlehens des Landes Niederösterreich. In der Begründung führte das FAG aus, dass die Vorschreibung vorläufig erfolge, da nach dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss sei.

Nach der Feststellung im April 2008, dass keine Änderung zum ursprünglichen Vertrag gegeben wäre, setzte das FAG mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Grunderwerbsteuer für den gegenständlichen Anwartschaftsvertrag ausgehend vom vereinbarten Pauschal- und Fixpreis in Höhe von € 187.200,00 somit in Höhe von € 6.552,00 gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültig fest. Diese endgültige Festsetzung begründete das FAG unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/16/0028 im Wesentlichen damit, dass eine Abzinsung ausgeschlossen sei, wenn eine unverzinsliche oder geringverzinsliche Schuld in Anrechnung auf einen fest vereinbarten Kaufpreis übernommen werde.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wendete der Bw. sinngemäß ein, dass der Bescheid vom gemäß ständiger Verwaltungsausübung und auch entsprechend einhelliger Literaturmeinung vom abgezinsten Direkt-Darlehen des Landes NÖ ausgegangen sei. Der Bescheid sei gemäß § 200 Abs 1 BAO vorläufig ergangen, was nur bei zeitlichen Ungewissheiten der Fall sein könne; nicht jedoch z.B. bei Ungewissheit, wie eine Rechtsfrage von der Berufungsbehörde oder den Gerichtshöfen öffentlichen Rechts im Verfahren eines anderen Abgabepflichtigen gelöst werden würde (Ritz, BAO2 , § 200, Tz 1ff; UFS Linz , RV/0890-L/06). Der Kaufvertrag sei erst im Juni 2008 unterzeichnet worden und dementsprechend die Grunderwerbsteuer endgültig gemäß § 200 Abs 2 BAO festgesetzt worden. Die Berechnung der Grunderwerbsteuer sei hierbei allerdings ohne Abzinsung des Direktdarlehens des Landes NÖ erfolgt, was auch mit dem inzwischen vom Verwaltungsgerichtshof ergangenen Erkenntnis vom , 2007/16/0028 im Einklang stehe. Die Nachzahlung entspreche daher allein der Differenz der Bemessungsgrundlagen, die aufgrund der Abzinsung entstanden sei. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben dürfe allerdings in der Sachentscheidung eine seit Erlassung des früheren Bescheides eingetretene Änderung der Rechtsauslegung, die sich auf ein Erkenntnis des VfGH oder des VwGH oder auf eine allgemeine Weisung des BMF stützt, nicht zum Nachteil der Partei berücksichtigt werden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Auf Grund des § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegt ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, der Grunderwerbsteuer soweit sich ein solcher Rechtsvorgang auf inländische Grundstücke bezieht.

Nach § 5 Abs. 1 Z. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 GrEStG 1987 ist Gegenleistung - von deren Wert die Steuer auf Grund des § 4 Abs. 1 leg. cit. zu berechnen ist - bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.

Beim gegenständlichen Anwartschaftsvertrag vom handelt es sich -grundsätzlich unbestritten - um einen unter § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG fallenden Vorgang, sodass es sich bei dem in der Berufung erwähnten und im Akt nicht aufliegenden Kaufvertrag vom Juni 2008 offensichtlich um eine spätere Beurkundung im Sinne des oa. Pkt. II. "Kaufabrede" 1) des Anwartschaftsvertrages handelt.

Auf Grund des § 200 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist. Die Ersetzung eines vorläufigen durch einen anderen vorläufigen Bescheid ist im Fall der teilweisen Beseitigung der Ungewissheit zulässig.

Wenn die Ungewissheit (Abs. 1) beseitigt ist, ist nach Abs. 2 leg.cit. die vorläufige Abgabenfestsetzung durch eine endgültige Festsetzung zu ersetzen. Gibt die Beseitigung der Ungewissheit zu einer Berichtigung der vorläufigen Festsetzung keinen Anlass so ist ein Bescheid zu erlassen, der den vorläufigen zum endgültigen Abgabenbescheid erklärt.

Das FAG ist bei Erlassung des vorläufigen Bescheides von einer anderen Rechtsansicht als bei Erlassung des endgültigen Bescheides ausgegangen, wobei unter Zugrundelegung der ursprünglichen Rechtsansicht eine Ungewissheit insoweit gegeben war, als eine Verschiebung zwischen abzuzinsenden Darlehen und Eigenmittel auf Grund der seinerzeit noch ausstehenden Endabrechnung eine andere Bemessungsgrundlage zur Folge gehabt hätte. Aus Sicht der zutreffenden und unbestrittenen Rechtsansicht ist eine Ungewissheit nicht gegeben, da eine solche Verschiebung keinen Einfluss auf den ziffernmäßig bestimmten Kaufpreis hat.

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es aber geboten auch einen auf Grund einer vermeintlichen Ungewissheit zu Unrecht ergangen vorläufigen Bescheid durch einen endgültigen Bescheid zu ersetzen. Dabei kann eine geänderte Auffassung, Beurteilung und Wertung Platz greifen (; , 96/16/0239; , 91/14/0016 und , 2004/13/0075; siehe auch und , RV/0009-S/05).

Zum eingewendeten Grundsatz von Treu und Glauben ist zu sagen, dass dessen Anwendung einen Vollzugsspielraum voraussetzt (Ritz, BAO3, Rz 8 zu § 114). Ein solcher Vollzugsspielraum ist hier nicht gegeben. Zum einen liegt die Erlassung eines endgültigen Bescheides auch dann nicht im Ermessen, wenn der vorläufige Bescheid auf Grund einer vermeintlichen Ungewissheit zu Unrecht ergangen ist (siehe ) und zum anderen besteht auch kein Auslegungsspielraum. Die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem vom Bw. selbst anerkannten Erkenntnis vom , 2007/16/0028 getroffene Auslegung, wonach bei einem Kaufvertrag der nominale Kaufpreis Gegenleistung ist, ergibt sich aus der eindeutigen Bestimmung des § 5 Abs. 1 Z 1 GrEStG.

Auch ist der bloße Hinweis auf einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben durch eine Änderung der Rechtsauslegung seit Erlassung des früheren Bescheides - im gegebenen Fall also des vorläufigen Bescheides - selbst dann, wenn ein Vollzugsspielraum gegeben wäre, nicht ausreichend, um von der Sicherung des öffentlichen Interesses an der Gleichmäßigkeit der Besteuerung Abstand zu nehmen und dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit nicht den Vorzug zu geben. Es bedürfte dazu eines Vertrauensschadens durch die ins Treffen geführte Änderung, welcher hier aber nicht gegeben ist und auch gar nicht behauptet wurde.

So setzt ein Verstoß der Abgabenbehörde gegen den Grundsatz von Treu und Glauben einerseits voraus, dass ein (unrechtes) Verhalten der Behörde, auf das der Abgabepflichtige vertraut hat, eindeutig und unzweifelhaft für ihn zum Ausdruck gekommen ist und andererseits, dass der Abgabepflichtige seine Dispositionen danach eingerichtet und er nur als Folge hievon einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten hat. Es kann somit eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben bedeuten, wenn der Steuerpflichtige sein steuerliches Verhalten einer Auskunft des Finanzamtes entsprechend eingerichtet hat und dann gerade das der Auskunft entsprechende steuerliche Verhalten zu einer Steuernachforderung führen soll (siehe ).

Dass der Bw. eine Disposition auf Grund des unrichtigen vorläufigen Bescheides getroffen hätte, in dessen Folge er einen abgabenrechtlichen Nachteil erlitten hat, wurde nicht behauptet und kann auf Grund der Aktenlage auch nicht vermutet werden, zumal der die Steuerpflicht begründende Anwartschaftsvertrag bereits vor Erlassung des vorläufigen Bescheides errichtet wurde.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 200 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

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