Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.03.2021, RV/4100435/2014

Keine Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 1 BAO, wenn die nach Ergehen der Erstbescheide neu hervorgekommenen Tatsachen keine im Spruch anders lautenden Bescheide bewirkt hätten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch STB, Adrstb,
über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes St.Veit Wolfsberg (nunmehr Finanzamt Österreich) vom , mittels welchen die Verfahren betreffend die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2007, 2008 und 2009 gemäß § 303 Abs. 1 BAO wiederaufgenommen wurden, zu Steuernummer , zu Recht erkannt:

1.) Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Wiederaufnahmebescheide betreffend die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2007, 2008 und 2009 werden aufgehoben. Die mit diesen aufgehobenen Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO vom , und befinden sich wieder in Rechtsbestand.

2.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Hinweis:
Dieses Erkenntnis wirkt gegen alle Beteiligten, denen Einkünfte zugerechnet werden (§ 191 Abs. 3 BAO).
Mit der Zustellung dieses Erkenntnisses an die nach § 81 BAO vertretungsbefugte Person gilt die Zustellung an alle Beteiligten als vollzogen ( § 101 Abs. 3 iVm § 190 Abs. 1 BAO).

Entscheidungsgründe


Zwischen den Parteien ist strittig, ob die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2007 bis 2009 zu Recht erfolgte.

I. Verfahrensgang

1.) Mit Gesellschaftsvertrag vom errichteten die in diesem genannten Gesellschafter als Kommanditisten sowie die ***1*** GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) die unter FN ***2*** im Firmenbuch erfasste ***Bf1***. Diese ist die Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz Bf.).

2.) Die Bf. erwarb mit von den Vertragsparteien am , , bzw. am unterzeichneten Kaufvertrag eine in diesem bezeichnete Liegenschaft um den vereinbarten Kaufpreis von € 981.000,-.

3.) Für die in Rede stehenden Jahre 2007 bis 2009 ergingen die Bescheide über die Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO sowie die Umsatzsteuerbescheide erklärungsgemäß.

4.) Im Bericht vom über die die Abgabenarten Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2007 bis 2011 betreffende Außenprüfung wird bezüglich Wiederaufnahme des Verfahrens festgehalten:

"TZ 1 Einkunftsquelle" enthält den Verweis "Siehe Beilage 1".

In Beilage 1 wird - nach Darlegung des in Punkt 4. des Gesellschaftsvertrages festgelegten Zweckes der Gesellschaft - ausgeführt:

….




Hieran schließt die steuerliche Beurteilung hinsichtlich Umsatz- und "Einkommensteuer" an.
Im Wesentlichen sei innerhalb von 6,5 Jahren (2007 - 2013) eine einmalige Vermietung für ein Monat im Jahr 2008 erfolgt und leite sich aus dem Schriftverkehr ab, dass ab 2009 nur mehr der Verkauf der Liegenschaft angeboten werde. Als möglich erschien nur eine Verwertung im Jahr 2008 im Rahmen eines Revitalisierungsprojektes.
Bindende Vereinbarungen lägen nicht vor, sondern unverbindliche Anbote, auf welche Absagen erfolgten oder keine Antworten eingingen.

Könne ein sich Betätigender eine ernsthafte, nach außen hin erkennbare Absicht zur Erzielung von Einkünften bzw. Einnahmen nicht glaubhaft machen, sei eine unternehmerische Tätigkeit nicht gegeben.
Mangels nach Ansicht der Außenprüfung nicht zu bejahender Nachhaltigkeit fehle auch ein essentielles Merkmal für das Vorliegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb.
Da seit dem Erwerb rund 6,5 Jahre (zum Zeitpunkt der Außenprüfung) ohne nachhaltige Einnahmenerzielung vergangen waren, liege nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bzw. nach dem Gesamtbild der gegebenen Informationen basierend auf dem festgestellten Sachverhalt ohne erfolgreich getätigte Abschlüsse über die Verwertung der Liegenschaft keine Einkunftsquelle vor.

Der der angeführten steuerrechtlichen Beurteilung in Beilage 2 folgende Punkt "Ergänzung Wiederaufnahme des Verfahrens" enthält nach der Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmung des § 303 Abs. 1 BAO und rechtlichen Überlegungen, was als Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 1 BAO unter Anführung von VwGH-Judikatur zu verstehen sei, weiters Folgendes:

5.) Auf Grundlage der Feststellungen der Außenprüfung nahm das Finanzamt mit Bescheiden vom jeweils eine Wiederaufnahme gemäß § 303 Abs. 1 BAO hinsichtlich der Verfahren betreffend die Feststellung von Einkünften und betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2007 bis 2009 vor und erließ zugleich neue Sachbescheide in Form von Bescheiden über die Nichtfeststellung der Einkünfte und Nichtfestsetzung von Umsatzsteuer.

6.) Gegen diese Bescheide erhob die Bf. mit Schriftsatz vom fristgerecht Beschwerde. Diese enthielt keinen Antrag, in welchen Punkten die Wiederaufnahmebescheide angefochten werden, sowie keine diesbezügliche Begründung.

7.) Infolge der abweisenden Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamtes vom brachte die Bf. fristgerecht den Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ein, sodann erfolgte durch das Finanzamt die Vorlage an das Bundesfinanzgericht mit dem Antrag auf deren Abweisung.

8.) Das Bundesfinanzgericht ersuchte die Bf. u.a. um Darstellung der seit 2007 ausgeübten Tätigkeiten, insbesondere um detaillierte Auflistung der erzielten jährlichen Einnahmen unter Zuordnung der (einzelnen) vermieteten Objekte und um Nachweisführung welche weiteren Schritte nach 2012 bezüglich Vermietung bzw. Verwertung der Liegenschaft oder von Teilen derselben gesetzt wurden.
Hierzu übermittelte die Bf. weitere Unterlagen als Nachweis für die beabsichtgt gewesene Verwertung der Liegenschaft.
Dem vom Bundesfinanzgericht mit Beschluss gemäß § 85 BAO iVm § 250 Abs. 1 BAO erlassenen Auftrag zur Behebung der angeführten Mängel der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide betreffend Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO entsprach die Bf. fristgerecht und begründete, dass im Zuge der Außenprüfung keine eine Wiederaufnahme rechtfertigenden neuen Tatsachen hervorgekommen seien.

9.) Alle im Beschwerdeverfahren seitens der Bf. dem Bundesfinanzgericht zugegangenen Schreiben samt beigefügten Unterlagen wurden sodann dem Finanzamt zur Kenntnisnahme zugeleitet und die Abhaltung eines Erörterungstermins am avisiert.
Im Zuge von telefonischen Kontaktaufnahmen mit den Verfahrensparteien erfolgte die Mitteilung, dass von dessen Durchführung - "coronabedingt" - Abstand genommen werde.

10.) Auf die übermittelten Schriftstücke und Unterlagen replizierte das Finanzamt im Schreiben vom - die bisher vertretene Ansicht wiederholend und ergänzend - wie folgt:

- Der Erwerb eines einzigen Projektes mit der Absicht dieses ehestmöglich wieder zu verkaufen, sei weder eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen iSd § 22 UStG noch eine selbständige, nachhaltige Betätigung gemäß § 23 EStG 1988, die mit Gewinnabsicht unternommen werde und die als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstelle. Es liege weder eine Mitunternehmerschaft noch (mangels Vermietungsabsicht) eine vermögensverwaltende Tätigkeit iSd § 28 EStG 1988 vor.

- Dass der Erwerbsgrund eine gewinnbringende Veräußerung nach einer erwarteten Wertsteigerung war, sei von der Bf. mehrmals, zuletzt im Mängelbehebungsverfahren bestätigt worden. Infolge Erwerb und beabsichtigter Veräußerung eines einzigen Projektes läge eine vermögensverwaltende Personengesellschaft vor, die im Streitzeitraum keine steuerlich relevanten Einkünfte erzielt habe.

- Die Erkenntnis, dass eine Vermietungsabsicht einerseits und eine Gewerblichkeit im Sinne eines Grundstückhandels oder einer Projektentwicklung andererseits von Anfang an nicht vorgelegen habe, sei durch ein Vorhalteverfahren zur Veranlagung 2010 und die darauffolgende Außenprüfung nach Abschluss der Veranlagungen 2007 bis 2009 gewonnen worden.
- Die Veranlagung der Jahre 2007 bis 2009 sei erklärungsgemäß ohne Rückfrage und Anforderung von Unterlagen auf Basis der abgegebenen Erklärungen und elektronischen Bilanzen vorgenommen worden. Aus diesen seien (nur) Verluste aus Gewerbebetrieb, die hauptsächlich aus AFA und Beratungskosten resultierten, ersichtlich gewesen. In den Jahren 2007 und 2009 wurden keine Erlöse, im Jahr 2008 ein Erlös von Euro 5.000,00 erklärt.
Nur diese Tatsachen seien dem Finanzamt im Zeitpunkt der (jeweiligen) Bescheiderlassung bekannt gewesen.
- Demnach sei dem Finanzamt die Voraussetzung für die steuerrechtliche Einordnung, nämlich welche Tätigkeit die Bf. eigentlich ausübte, nicht bekannt gewesen, hierfür brauchte es das bereits erwähnte Vorhalteverfahren und die Vornahme einer Außenprüfung.
Insbesondere sei nicht bekannt gewesen, dass es sich um ein einziges Objekt handelte, welches zudem unter Denkmalschutz stehe und welches demzufolge nicht umgebaut werden könne, was gegen eine Immobilienentwicklung spreche. Eine Vermietung sei nicht beabsichtigt gewesen, weil eine solche eine Verwertung behindert haben würde, worin wiederum der in der - nach eingetretener Wertsteigerung - gelegene Erwerbszweck einer gewinnbringenden Veräußerung erkennbar sei.
Neu hervorgekommen sei nicht eine vom Finanzamt ohnehin nicht in Abrede gestellte Gewinnerzielungsabsicht, sondern eine fehlende gewerbliche Tätigkeit und Vermietungsabsicht, was zum Nichtvorliegen einer Betätigung in einer der gesetzlich aufgezählten Einkunftsarten in den Streitjahren führe.

11.) Dem hielt der steuerliche Vertreter der Bf. im Schreiben vom entgegen:

- die Annahme des Finanzamtes, die Bf. habe von Anbeginn beabsichtigt nur ein Objekt zu erwerben um dieses zu veräußern, entspreche nicht dem tatsächlichen Sachverhalt. Denn die Bf. habe wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass sie die Liegenschaft in der Absicht, diese zu verwerten, erworben habe. Darunter sei aber nicht die Veräußerung zu verstehen, sondern vielmehr die Liegenschaftsentwicklung und in weiterer Folge eine gewinnbringende Verwertung, welche entweder durch Vermietung, Veräußerung, teilweise Vermietung oder teilweise Veräußerung geschehe.
- An diesem Zweck der Gesellschaftsgründung habe sich nicht nur die tatsächliche Geschäftsführung orientiert, sondern sei dies dem Finanzamt so auch wiederholt mitgeteilt worden. Diesbezügliche Nachweise seien vorgelegt worden.
- Insbesondere werde auf das Projekt der "XXX Architects" aus dem Jahr 2008 verwiesen, welches ein klassisches Immobilienverwertungsprojekt darstelle und welches eine teilweise Sanierung des Bestandobjektes einerseits und den Abriss und Neubau von gewissen Objektteilen andererseits vorsah. Zur Nutzung waren Büroräumlichkeiten, Restaurants, ein Kino, eine Kleinkunstbühne, eine Tiefgarage und Wohneinheiten enthalten.
Demnach sei projektgemäß eine Vermietung von Teilen sowie auch der Verkauf von Teilen des Objektes beabsichtigt worden.
- Dieses nicht nur einen Entwurf oder eine Idee darstellende Projekt sei in Zusammenarbeit mit potentiellen Mietern, Käufern und Nutzern und insbesondere unter Einbindung des Magistrates NN und des Bundesdenkmalamtes entwickelt worden.
So habe per von der Planungs- und Entwicklungsabteilung der Landeshauptstadt NN die fachliche Beurteilung und Zustimmung vorgelegen, was durch Vertreter des Magistrates NN sowie den Projektentwickler bestätigt werden könne.
Aufgrund späterer politischer Veränderungen und den Folgen der Finanzkrise 2008 sei es nicht zu dessen Verwirklichung gekommen.
- Weder wäre es im Hinblick auf die gegebene Konstellation, insbesondere unter Bedachtnahme auf die Größenordnung des Objektes und auf die Finanzierungsmöglichkeiten der Bf., machbar noch sinnvoll gewesen, mehrere Projekt gleichzeitig zu verfolgen, da bei Realisierung des Projektes XXX ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf von rund Euro 5,000.000,00 erforderlich gewesen wäre.
- Die vom Finanzamt zum Ausdruck gebrachte Ansicht, der Erwerb sei ausschließlich in der Absicht der Wiederveräußerung erfolgt, sei angesichts des dargestellten Projektentwicklungskonzeptes und der in den Jahren 2007 bis 2010 vorgenommenen umfassenden Aktivitäten nicht nachvollziehbar, stellten diese doch eine eindeutige und allgemein übliche Betätigung am wirtschaftlichen Verkehr dar, das erworbene Objekt erfolgreich zu verwerten, zumal aus diesem Umstand kein Unterschied zu den Tätigkeiten anderer Immobilienentwickler feststellbar sei. Ein Großteil der Immobilienentwickler beginne mit einem Projekt.
- Dass die Intention bestand, langfristig tätig zu sein, zeige das Projekt XXX auf, nach welchem ein Teil der Liegenschaft langfristig vermietet hätte werden sollen.
Dauert es von der Projektentwicklung bis zu dessen Finalisierung üblicherweise mehrere Jahre, war im Hinblick auf die hier in Rede stehende "Spezialliegenschaft" (Denkmalschutz und Gebäudeensemble) davon auszugehen, dass die so intentierte Verwertung einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen werde.
- Die Tatsache, dass das Gebäudeensemble unter Denkmalschutz stehe, hindere nicht eine wirtschaftliche Verwertung, da auch unter Denkmalschutz stehende Gebäude einer wirtschaftlich sinnvollen Nutzung bzw. Verwertung zugeführt werden können, vielmehr bestehe die Absicht des Denkmalschutzes in der Erhaltung der Gebäude und deren wirtschaftlich sinnvoller Nutzung.

12.) Auch dieses Schriftstück wurde dem Finanzamt zur Kenntnisnahme weitergeleitet.
In Folge wurde die Sach- und Rechtslage sowohl mit dem Vertreter des Finanzamtes als auch dem steuerlichen Vertreter der Bf. fernmündlich erörtert.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

II. Folgender Sachverhalt wird festgestellt:


1.) Als Unternehmensgegenstand der Bf. ist in Punkt 4. des Gesellschaftsvertrages vom festgehalten:
- der Erwerb und die Veräußerung von Liegenschaften
- die Verwaltung von Liegenschaften,
- die Überlassung von Parkplätzen,
- außerdem ist die Gesellschaft zu allen Handlungen, Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung des Gesellschaftszwecks förderlich erscheinen, wie insbesondere:
der Erwerb und Pachtung von Unternehmen und Gesellschaften sowie die Übernahme fer Geschäftsführung und Vertretung solcher Unternehmen und Gesellschaften,
Errichtung und Betrieb von Zweigniederlassungen sowie von Betriebsstätten im In- und Ausland.

2.) Mit von den Vertragsparteien am , , bzw. am unterzeichneten Kaufvertrag erwarb die Bf. von der Republik Österreich als grundbücherlichen Alleineigentümerin die angeführte Liegenschaft "Ensemble ax, aaa, bestehend aus dem Grundstück Nr. .***/2 mit einer ausgewiesenen Gesamtfläche von bbb" um den vereinbarten Kaufpreis von € 981.000,-.
Es handelt sich hierbei um das Areal der XXX. Die sich auf der erworbenen Liegenschaft befindlichen Gebäude stehen zum Teil unter Denkmalschutz (Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom aabbcc).

3.) Dem Finanzamt war im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide bekannt:

a) Als Gegenstand des Unternehmens wurde im Ansuchen vom um die Zuteilung einer Steuernummer und auf Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
der Erwerb und Verwertung von Liegenschaften bekanntgegeben.
Im diesem beigeschlossenen Fragenbogen anlässlich einer Betriebseröffnung (Formular Verf 16) erfolgte die Bekanntgabe eines voraussichtlichen Jahresumsatzes für das Eröffnungsjahr 2007 mit € 20.000,00 und für das Folgejahr (2008) mit € 100.000,00 sowie eines voraussichtlichen Gewinnes für das Folgejahr in Höhe von € 10.000,00.

b.) Jeweils aus den (elektronisch) am (für 2007), am (für 2008) und am (für 2009) übermittelten Umsatzsteuer- und Feststellungserklärungen für 2007 bis 2009, in welchen Nachfolgendes erklärt wurde:


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2007
2008
2009
Übermittelt am
Umsätze 20%
0,00
5.000,00
0,00
Vorsteuern
900,55
1.420,46
725,35
Gutschriften
  • 900,55
- 420,46
- 725,35
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
  • 43.489,97
- 86.356,10
- 16.577,99

c.) Den (im Arbeitsbogen einliegenden) und mit den jeweiligen Jahreserklärungen mitübermittelten Jahresabschlüssen für 2008 und 2009 der Bf. ist Folgendes zu entnehmen:


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Bilanz
2007
2008
2009
2010
Anlagevermögen
Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte
998.619,75,75
945.569,25
892.518,75
839.468,25
Sonst. Forderungen
9 T
1.321,01
2.048,38
1.316,48
Kassabestand
4,7 T
1.618,24
1.969,47
1.052,30
Verbindlichkeiten
Aus Lieferungen und Leistungen
1,8T
1.872,48
1.800,00
642,86
Sonstige Verbindlichkeiten
45,8 T
40.928,27
46.065,40
51.406,02
Gewinn- und Verlustrechnung
Umsatzerlöse
0,00
5.000,00
0,00
0,00
Aufwendungen für bezogene Leistungen
0,00
0,00
Planmäßige Abschreibungen
26,5 T
53.050,50
53.050,50
53.050,50
Steuern
0,00
109,60
88,40
42,40
Übrige Aufwendungen
6,8T
15.191,22
10.764,92
11.048,49
Zinserträge
0,00
5,60
2,40
1,30
Zinsaufwendungen
0,8 T
1.785,63
1.637,13
1.642,62
Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit
  • 34,2 T
- 65.131,36
- 65.538,55
- 65.982,71

Erläuterungen Aktiva


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Anlagevermögen:
2007
2008
2009
2010
Bebaute Grundstücke (Grundwert)
494.640,00
494.640,00
494.640,00
494.640,00
Betr. u. Geschäftsgebäude auf Eigengrund
503.979,75
450.929,25
397.878,75
344.828,25
Summe
998.619,75
945.569,25
892.518,75
839.468,25

4.) Auf Basis der elektronisch übermittelten Abgabenerklärungen samt Beilagen (Jahresabschlüsse) erließ das Finanzamt erklärungsgemäße Jahresbescheide (Umsatzsteuerbescheide und Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO) am für 2007, am für 2008 und am für 2009.

5.) Die auf Grundlage der Feststellungen der Außenprüfung ergangenen streitgegenständlich bekämpften Wiederaufnahmebescheide vom enthalten folgende Begründung:

6.) Im Bericht der Außenprüfung wird zur Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte für 2007 bis 2009 auf TZ 1 verwiesen.

Die angeführte "TZ 1 - Einkunftsquelle" enthält den Verweis "Siehe Beilage 1" [Details siehe unter Verfahrensgang I. Punkt 4.)].

Als wesentliche sich im Verfahren der Außenprüfung herauskristallisierende Feststellungen werden in Beilage 1 - hier zusammengefasst - angeführt, dass
- im Zeitraum 2007 bis 2012 (= Außenprüfung ) ein einziges Objekt erworben wurde;
- eine einmalige Vermietung des Projektes für ein Monat im Jahr 2008 um € 5.000,00 erfolgte und dieses ansonsten leer stand;
- dass als einzige Verwertungsmöglichkeit ein im Jahr 2008 ausgearbeitetes Revitalisierungsprojekt anzusehen sei;
- sich die gesamte Tätigkeit auf die Verwertung der Liegenschaft beschränkte;
- eine Vermietung im vorliegendem Zustand, nämlich als ehemaliges Ensembles militärischer Versorgungsbauten, nicht möglich sei, da die vorhandenen Raumflächen eine Nutzung in Form von Büroräumen oder von Wohnflächen nicht ermöglichten und bis dato (= Ende 2012) keine diesbezügliche baulichen Maßnahmen erfolgten waren;
- der steuerliche Vertreter in Beantwortung eines Bedenkenvorhaltes im erst im Zuge des Veranlagungsverfahrens 2010 im Schreiben vom ausführte, dass eine nachhaltige Vermietung oder Verpachtung angestrebt werde und es Verhandlungen mit potentiellen Käufern gebe;

7.) In folgenden Punkt "Ergänzung zur Wiederaufnahme" der Beilage 1 wird nach der Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmung des § 303 Abs. 1 BAO und weiteren rechtlichen Überlegungen, insbesondere auch was als Tatsache im Sinne des § 303 Abs. 1 BAO unter Anführung von VwGH-Judikatur zu verstehen sei, festgehalten:
- weder aus den Abgabenerklärungen für 2007 bis 2009 noch aus den Beilagen zu diesen gehe hervor, welche Maßnahmen die Bf. konkret im Hinblick auf eine nachhaltige Vermietung bzw. zur Verwertung der Liegenschaft gesetzt habe,
- aus diesen sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen es sich um eine Einkunftsquelle iSd EStG bzw. um eine unternehmerische Tätigkeit handle,
- sowohl der Kaufvertrag über den Erwerb als auch die gesetzten Maßnahmen seien erst im Zuge der Außenprüfung vorgelegt worden, sodass erst in deren Zug die Frage des Vorliegens einer Einkunftsquelle bzw. einer unternehmerischen Tätigkeit geprüft werden konnte.

8.) Auf Basis der im Arbeitsbogen der Außenprüfung unter anderen einliegenden von der Bf. im Zuge des Prüfungsverfahrens übermittelten Unterlagen sind folgende Aktivitäten dokumentiert:


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Laut Bericht Außenprüfung
Zweck
2007:
Angebot der Bf. an die BIG, Geriatische Abteilung LKH
Verkauf, Vermietung, Errichtungsmodell mit entsprechender Vermietung
Angebot der Bf. an die Bundesimmobilienges.m.b.H
Nutzung als "Freigängerhaus", Verkauf, Vermietung, Errichtungsmodell mit entsprechender Vermietung
Angebot der Bf. an die YY Service AG
Vermietung der Liegenschaft
01.06. bis
Vermietung an die YY Service AG
2008
Architektenbüro XXX
Entwicklung eines Verwertungsprojektes
Mailverkehr: Abteilung für Stadtplanung
Fachliche Stellungnahme - positive Beurteilung vorbehaltlich der ausstehenden Prüfungen durch die weiteren Magistratsabteilungen
Bundesdenkmalamt
(positive) Stellungnahme zum 1. Projektentwurf:
Projektumsetzung aus der Sicht des Denkmalschutzes machbar
Anbot an ZZ
Verkauf oder Errichtungsmodell
Anbot an Bürgermeister der Stadt NN
Zur Vermietung des "CC" (Nutzfläche 2.000m² um Euro 9.752,00/Monat)
Anbot an Bürgermeister der Stadt NN
Verkauf der ganzen Liegenschaft
Anbot an Bürgermeister der Stadt NN
Variante I: Verkauf Gesamtliegenschaft
Variante II: Verkauf CC kombiniert mit der Nutzungsüberlassung von Parkflächen und anderen Gebäudeteilen
Anbot an DD
Verkauf Gesamtliegenschaft
Antwortschreiben EE
Bezüglich Kaufanbot der Bf.: ohne genaue Angaben nicht bearbeitbar
Anbot an Dr. FF
Verkauf der Liegenschaft
Mailverkehr Vermittlungsbüro BB
Vermietung von Teilen oder Verkauf oder Realisierung von Teilen des 2008 erstellten Projektes
E-MAIL an GG
Verkauf Teilliegenschaft - CC
10.010.2012
E-Mail Dr. HH
Verkauf Liegenschaft
Und weitere

9.) Das von der Architektengruppe XXX im Jahr 2008 erstellte Entwicklungsprojekt "Vorentwurf Heereszeuganstalt NN" beinhaltet unter Beachtung der städtebaulichen Rahmenbedingungen den Umbau und Ausbau bestehender Gebäudeteile (insbesondere des CC) zur Nutzung für ein Theater und ein Kino und des Hauptgebäudes zu Büro- und Wohngebäuden, sowie den Neubau von Gebäuden, insbesondere die Erichtung von Parkebenen in einer Tiefgarage (im Lagergebäude) auf der entlang der Feldkirchnerstrasse zentral gelegenen Liegenschaft.

Mit Schreiben vom (einliegend im Arbeitsbogen) brachte die Abteilung Stadtplanung des Magistrates NN aus fachlicher Sicht die Zustimmung zu diesem Projekt vorbehaltlich der ausstehenden Prüfungen durch die weiteren Magistratsabteilungen Straßenbau & Verkehr, Umweltschutz, Feuerwehr sowie den gewerberechtlichen Belangen zum Ausdruck.

In der E-Mail vom (einliegend im Arbeitsbogen) replizierte der Landeskonservator für das Bundesdenkmalamt in der seitens der XXX mit Mail vom intendierten fachlichen Stellungnahme durch das Bundesdenkmalamt,
dass durch das geplante Projekt in Form von Nutzungsmöglichkeiten für Theater und Kino im ehemaligen CC, bzw. Büro- und Wohnhaus im ehemaligen Hauptgebäude eine nachhaltige Bestandsicherung gegeben sei.
Durch die (angeregte und als machbar beurteilte) Integrierung der Längsmauer des Lagergebäudes zur Neuerrichtung einer Tiefgarage sei die Neuverbauung vom städtebaulichen und architektonischen Konzept als gelungen zu bezeichnen und stelle eine Aufwertung der Gesamtsituation dar.
Auch wenn baulich nicht in einem sehr guten Zustand befindliche Bauteile aufgegeben bzw. aus dem Denkmalschutz entlassen werden müssten, so sei bezüglich der bedeutenden relevanten Anlage, die städtebaulich dominant ist, eine strukturell gut abgestimmte Nutzung gegeben.
Das Projekt sei jedenfalls vom Standpunkt der Denkmalpflege machbar.

10.) Die Umsetzung des Projektes war von der Zustimmung der politischen Entscheidungsträger abhängig.

Einer Recherche im Internet zufolge fanden die Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen in Bundesland am tt.mm.2009 parallel mit der Landtagswahl statt und ist dazu zu lesen:
… In NN standen x Parteien sowie y Bürgermeisterkandidaten und damit soviele Gruppierungen wie noch nie zur Wahl. ….
Bei der Bürgermeisterwahl galt Amtsinhaber …. im Vorfeld als klarer Favorit. Am Wahltag musste er sich jedoch überraschend mit *** % der Stimmen und damit nur Rang drei hinter ….. (P1, *** %) und ……. (P2, *** %) geschlagen geben. …….


11.) Den Anlagespiegeln für 2007 bis 2009 ist - korrespondierend - zu entnehmen, dass ausschließlich im Jahr 2007 unter Sachanlagen ein einmaliger Anlagenzugang unter "Grundstücken, grundstücksgleichen Rechten" im Ausmaß von Euro 1,025.145,00 erfolgte, welcher aus der Anschaffung der in Rede stehenden Liegenschaft zuzüglich Nebenkosten resultiert. In den Folgejahren 2008 und 2009 sowie 2010 wurden jeweils keinerlei Zu- UND Abgänge erfasst. Hinsichtlich des ermittelten Gebäudewertes wurde eine laufende Ganzjahres-AFA in Höhe von Euro 53.050,50 ausgewiesen.

12.) Zu erwähnen ist, dass die Liegenschaft mit im Oktober 2020 unterfertigtem Vertrag veräußert wurde.

III. Beweiswürdigung

1.) Die angeführten Feststellungen stützen sich auf die vom Finanzamt vorgelegten, im Steuerakt und im Arbeitsbogen einliegenden sowie auf die im Rahmen der Außenprüfung erhobenen Unterlagen, insbesondere auf den Bezug habenden Kaufvertrag über den Erwerb der Liegenschaft und auf die von der Außenprüfung in deren Bericht angeführten Unterlagen, des Weiteren auf die seitens des Bundesfinanzgerichtes vorgenommenen Einsichtnahmen in den elektronischen Steuerakt der Bf. sowie auf die getätigten Abfragen sowie auf die im Beschwerdeverfahren nachgereichten Schriftsätze samt Beilagen.

2.) Fest steht, dass zu den Abgabenerklärungen 2007 bis 2009 von der Bf. die Bezug habenden Jahresabschlüsse mitübermittelt wurden, was seitens des Finanzamtes nicht in Abrede gestellt (siehe auch Schreiben vom ) wird.

3.) Den Abfragen der im elektronischen Steuerakt hinterlegten steuerlichen Daten zufolge, ist der Eingang der Jahreserklärungen 2007 bis 2009 samt Jahresabschlüssen unstrittig, wie auch im Schriftsatz vom seitens des Finanzamtes zum Ausdruck gebracht wurde.
Demnach steht fest, dass aus den Daten der (elektronisch) übermittelten Jahreserklärungen samt Beilagen - im Zeitpunkt der Abgabe der Jahreserklärungen für 2008 und 2009 - für das Finanzamt ohne Zweifel erkennbar war, dass für diese Jahre jeweils negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt wurden, dass die unter Anlagevermögen ausgewiesenen Aktiva "Bebaute Grundstücke" der Höhe nach unverändert blieben bzw. dass sich die "Betriebs- und Geschäftsgebäude auf Eigengrund" betragsmäßig jeweils um dieselben - unter planmäßige Abschreibungen - dargestellten Afa Beträge (naturgemäß 2007 erkennbar als Halbjahres-AFA) verminderten und folglich weder Zu- noch Abgänge von Anlagevermögen erfolgt sein konnten.
Dass Jahreserlöse für die Jahre 2007 und 2009 von Null, sowie für 2008 in Höhe von Euro 5.000,00 und ansonsten keine weiteren steuerpflichtigen Umsätze erklärt wurden und dies aus den Jahresabschlüssen ersichtlich war, ist unstrittig und wird vom Finanzamt nicht in Abrede gestellt (vgl. bestätigend: Schriftsatz des FA vom ).

4.) Der Umstand, dass die Vorlage bzw. die Nachreichung von Dokumenten (z.B. Kaufvertrag) sowie von die von der Bf. veranlassten Tätigkeiten dokumentierenden Unterlagen im Zuge der Außenprüfung erfolgte und damit dem Finanzamt erstmals zu Kenntnis gelangten, ergibt sich aus der (aufgezeigten) Aktenlage und steht zwischen beiden Parteien außer Streit und wurden die im Arbeitsbogen einliegenden diesbezüglichen Nachweise bis aufgelistet.
Die von der Bf. 2007 bis 2012 gesetzten Tätigkeiten sind im Zuge der Außenprüfung erstmals bekannt geworden und sind daher als neu hervorgekommene Tatsachen zu beurteilen.

5.) Dass das vorliegende vom Architektenbüro XXX erarbeitete Verwertungskonzept zur Revitalisierung sowohl Umbau- als auch Neubauten sowie die teilweise Vermietung umfasst, ist durch den entsprechenden Schriftverkehr (bzw. Mailverkehr) mit der Abteilung Stadtplanung des Magistrates der Stadt NN vom (einliegend im Arbeitsbogen) ebenso dokumentiert, wie andererseits durch die E-Mail vom (einliegend im Arbeitsbogen) des Landeskonservators für das Bundesdenkmalamt, in welcher dieser die Zustimmung als Antwort auf die Mail der Architektengruppe XXX vom zum Ausdruck bringt.

IV. Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt 1.) - Wiederaufnahme der Verfahren - Stattgabe

Strittig ist somit, ob die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2007, 2008 und 2009 zu Recht erfolgte.

§ 303 BAO in der streitgegenständlich geltenden Fassung lautet:

(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn
a) ……
b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder
c) …..
und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Durch die Aufhebung des die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor seiner Wiederaufnahme befunden hat (§ 307 BAO).

Werden sowohl der Wiederaufnahmebescheid als auch der im wiederaufgenommenen Verfahren ergangene Sachbescheid mit Beschwerde bekämpft, so ist nach der auch für das Beschwerdeverfahren sinngemäß geltenden ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid zu entscheiden (vgl. z. B. ).

Eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen ist unter den Voraussetzungen des § 303 Abs. 1 lit. b zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Zweck der Wiederaufnahme wegen Neuerungen ist die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungsrelevanten Sachverhaltselementen. Gemeint sind damit Tatsachen und Beweismittel, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im "abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorkommen ().

Ob diese Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, ist aus der Sicht der jeweiligen Verfahrenspartei zu beurteilen. Umstände, die der Abgabenbehörde im Zeitpunkt der Entscheidung zwar bekannt, jedoch bei der Entscheidung nicht berücksichtigt wurden, bilden keinen tauglichen Wiederaufnahmegrund für eine amtswegige Wiederaufnahme.

Maßgebend ist, ob der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung gelangen hätte können (zB ).

Keine Wiederaufnahmegründe (Tatsachen) sind hingegen neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von bereits bekannten Sachverhaltselementen, Entscheidungen von Gerichten oder das Hervorkommen von Rechtsirrtümern (, , 2012/15/0147).

Der Ausdruck "neu hervorkommen" bedeutet, dass der herangezogene Wiederaufnahmegrund eine zum Zeitpunkt der (jeweiligen) Erlassung des aufgehobenen Bescheides existente Tatsache bzw. Beweismittel gewesen sein muss, welche der Behörde in den jeweiligen Verfahren erstmals nach Bescheiderlassung zur Würdigung zur Verfügung stehen, also diese Umstände der Behörde nachträglich zugänglich gemacht worden sind, von denen sie nicht schon vorher Kenntnis hatte (VwGH5.4.1989, 88/13/0052).

Streitgegenständlich sind nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens der Abgabenbehörde sowohl der Kaufvertrag als auch die von der Bf. gesetzten Tätigkeiten zur Verwertung [siehe Darstellung in Punkt II. 10.] der im Jahr 2007 erworbenen Liegenschaft erstmals im Zuge der im Jahr 2013 abgeführten Außenprüfung bekannt geworden

Bei den von der Bf. in den Jahren 2007 und 2008 gesetzten Tätigkeiten bzw. im Jahr 2009 und 2010 gesetzten Tätigkeiten handelt es sich demnach ohne Zweifel um solche Tatsachen, die jeweils bis zur Erlassung der jeweiligen Feststellungsbescheide (am bzw. am sowie ) existent gewesen und die - bezogen auf den Zeitpunkt der jeweiligen Bescheiderlassung - nach der Erlassung der wiederaufgenommenen Bescheide - aus der Sicht des Finanzamtes neu hervorgekommen sind, also um "neue" Tatsachen iSd § 303 Abs. 1 BAO.

Nach § 303 Abs. 1 BAO ist jedoch als weiteres Erfordernis zu prüfen, ob bei Kenntnis der neu hervorgekommenen Tatsachen allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens der wiederaufgenommenen Bescheide bei entsprechender Berücksichtigung auch zu einem anderen Ergebnis, als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht, geführt hätte.

Betrachtet man also den streitgegenständlich zu beurteilenden Sachverhalt unter dem Blickwinkel obiger Ausführungen, so ist zu hinterfragen, ob das Finanzamt im Zeitpunkt der Erlassung der in Rede stehenden Erstbescheide und bei Kenntnis der von der Bf. bis zum Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide gesetzten, im Zuge der Außenprüfung zu Tage getretenen Aktivitäten zu einer anderen Beurteilung als in den Erstbescheiden festgehalten, gelangt wäre.

Bei der - auf Grundlage der im Zuge der Außenprüfung getroffenen Feststellungen - abschließenden Beurteilung, dass mangels Glaubhaftmachung einer nach außen hin erkennbaren ernsthaften Absicht zur Erzielung von Einkünften bzw. Einnahmen eine unternehmerische Tätigkeit nicht gegeben sei und dass mangels nicht zu bejahender Nachhaltigkeit ein essentielles Merkmal für das Vorliegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb fehle, stützt sich das Finanzamt auf Folgendes:
Im Wesentlichen sei nur eine einmalige Vermietung für ein Monat im Jahr 2008 erfolgt und leite sich aus dem Schriftverkehr ab, dass ab 2009 nur mehr der Verkauf der Liegenschaft angeboten werde. Als möglich erschien nur eine Verwertung im Jahr 2008 im Rahmen eines Revitalisierungsprojektes.
Da seit dem Erwerb rund 6,5 Jahre [Anm.: zum Zeitpunkt der Erstellung des Berichtes der Außenprüfung] ohne nachhaltige Einnahmenerzielung vergangen waren, liege nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bzw. nach dem Gesamtbild der gegebenen Informationen basierend auf dem festgestellten Sachverhalt ohne erfolgreich getätigte Abschlüsse über die Verwertung der Liegenschaft keine Einkunftsquelle bzw. unternehmerische Tätigkeit vor.

Demnach gilt es zur Frage der rechtmäßig vorgenommenen Wiederaufnahme zu beantworten:
Hätte die Kenntnis der jeweils bis zum , bzw. von der Bf. gesetzten Tätigkeiten zu im Spruch anders lautenden Bescheiden geführt? Das heißt, wäre das Finanzamt im Zeitpunkt der Erlassung der jeweiligen Erstbescheide zu der Beurteilung gelangt, dass keine unternehmerische Tätigkeit bzw. Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen?


§ 2 Abs. 1 UStG 1994 bestimmt: "Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird."

Gemäß § 23 Z 1 EStG 1988 sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb solche aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.

In Lehre und Rechtsprechung wird u.a. dazu ausgeführt, dass eine einmalige Tätigkeit schon dann als nachhaltig anzusehen ist, wenn sie auf eine Wiederholung angelegt ist oder wenn auf eine Fortsetzung dieser Tätigkeit (Jakom, Kommentar EStG, 13. Auflage, § 23, RZ 22 ff, unter Verweis auf ) bzw. aus den objektiven Umständen auf das Vorliegen einer Wiederholungsabsicht geschlossen werden kann (), während eine einmalige Tätigkeit nicht Nachhaltigkeit begründen kann, wenn die Umstände eine solche Wiederholungsabsicht objektiv nicht erkennen lassen (siehe ; ; Jakom/Vock, EStG, 2016, § 23, Rz 22 ff).

Insbesondere wird im höchstgerichtlichen Erkenntnis des , ausgeführt, "dass eine nachhaltige Tätigkeit vorliegt, wenn mehrere aufeinander folgende gleichartige Handlungen unter Ausnutzung derselben Gelegenheit und derselben dauernden Verhältnisse ausgeführt werden oder wenn die tatsächlichen Umstände auf den Beginn oder die Fortsetzung einer gewerblichen Tätigkeit hinweisen. Eine Tätigkeit ist somit bereits nachhaltig, wenn sie mit der Absicht, sie zu wiederholen, ausgeführt wird (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , 91/13/0189, und vom , 95/14/0161, VwSlg 7527 F/2000, sowie Doralt/Kauba, EStG, § 23 Tz 45, mwN)".

In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wenn sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspricht, dass nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht (VwGH, , Ra 2018/15/0015).

Beinhaltet das von der Architektengruppe XXX im Jahr 2008 erstellte Entwicklungsprojekt "Vorentwurf NN" den Umbau und den Ausbau bestehender Gebäudeteile (insbesondere des CC) zur Nutzung für ein Theater und ein Kino und des Hauptgebäudes zu Büro- und Wohngebäuden, sowie den Neubau von Gebäuden, insbesondere die Errichtung von Parkebenen in einer Tiefgarage (im Lagergebäude) auf dem entlang der ax zentral gelegenen Liegenschaft, welches auf der erworbenen Liegenschaft umgesetzt werden soll, so ist bei einem solchen Vorhaben eine Tätigkeit gegeben, die nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb darstellt, und umfasst die Realisierung eines solchen Projektes aufeinander folgende zu setzende Handlungen, die - nach außen - gegenüber mehreren Geschäftspartner gesetzt werden. Vom Vorliegen der Absicht einen Gewinn zu erzielen, gingen beide Parteien aus.

Die Absicht der Bf., die erworbene Liegenschaft in Realisierung des o.a. Projektentwurfes entweder einer teilweisen Vermietung oder einem Verkauf zuzuführen oder in Form eines Errichtungsmodels mit entsprechender Vermietung zu verwerten, wird durch den entsprechenden Schriftverkehr (bzw. Mailverkehr) dokumentiert, nämlich
- einerseits, wenn die Abteilung Stadtplanung des Magistrates NN mit Schreiben vom (einliegend im Arbeitsbogen) aus fachlicher Sicht die Zustimmung zu diesem Projekt vorbehaltlich der ausstehenden Prüfungen durch die weiteren Magistratsabteilungen Straßenbau & Verkehr, Umweltschutz, Feuerwehr sowie den gewerberechtlichen Belangen zum Ausdruck brachte
- und andererseits durch die per E-Mail vom (einliegend im Arbeitsbogen) signalisierte Zustimmung in der fachlichen Stellungnahme des Landeskonservators für das Bundesdenkmalamt als Antwort auf die Mail der Architektengruppe XXX vom .
Dass auf Basis des Projektes ein fachlicher Austausch zwischen XXX und dem Bundesdenkmalamt stattgefunden haben musste, ergibt sich aus der in der Stellungnahme enthaltenen Formulierung "durch die angeregte" (offensichtlich durch das Bundesdenkmalamt) und (von XXX) als machbar beurteilte Integrierung der Längsmauer des Lagergebäudes zur Neuerrichtung einer Tiefgarage.

Wird in der genannten fachlichen Stellungnahme - im Hinblick auf den Denkmalschutz - abschließend zustimmend zum Ausdruck gebracht, dass das geplante Projekt vom Standpunkt des Denkmalschutzes machbar sei, ist dem Argument des Finanzamtes (Seite fünf des Berichtes "Beilage" 2. Absatz) entgegengetreten, dass die geplanten Umbaumaßnahmen nur bei Entlassung der Gebäude aus dem Denkmalschutz realisierbar wären.

Das Vorbringen der Bf., dass die Erstellung und nachfolgende Realisierung eines Verwertungsprojektes für eine Liegenschaft dieser Art, Größe und Spezialität unter Bedachtnahme auf den zu beachtenden Denkmalschutz einen längeren Zeitrahmen erfordert, ist nach allgemeinen Erfahrungen bei Realisierung von Bauvorhaben dieser Größe, insbesondere aufgrund der - auch von der Außenprüfung - als speziell zu beurteilenden Liegenschaft nachvollziehbar und zutreffend.
Ebenso ist das von der Bf. vorgebrachte Argument, dass aufgrund der angeführten Art, Größe und Beschaffenheit des Objektes die Anschaffung eines weiteren Objektes aus wirtschaftlichen Überlegungen weder machbar noch vertretbar gewesen wäre, unter Bedachtnahme auf den erforderlichen Finanzierungsbedarf plausibel und nachvollziehbar. Durchaus glaubhaft ist auch die Erklärung der Bf., dass die durch die Gemeinderatswahl (im Monat 2009) erfolgten Veränderungen der Personen der politischen Entscheidungsträger zu einer Verzögerung des Verwertungskonzeptes führten.

Dass nach Darlegung des Finanzamtes ab 2009 nur mehr der Verkauf der Liegenschaft angeboten wurde, steht im Übrigen nicht in Einklang mit der vom Finanzamt im Bericht zum Ausdruck gebrachten Feststellung, dass die Fixierung eines neuen Standortes für das ***kino durch den Magistrat im Jahr 2012 das endgültige "Aus" des Projektes XXX bedeutet habe und mit der im Jahr 2012 mit dem Immobilienbüro BB geführten Kommunikation, wonach sowohl Verkauf als auch Miete bzw. nach wie vor die Realisierung eines Teiles des 2008 erstellten Konzeptes im Raum standen.

Lag knapp rund 1,5 Jahre nach dem Erwerb der Liegenschaft ein derart ausgearbeitetes Verwertungskonzept vor, dessen Umsetzung von den o.a. Behörden grundsätzlich positiv beurteilt werden konnte und wird zudem im Bericht der Außenprüfung ausdrücklich festgehalten, dass "erst" im Jahr 2013 vom Magistrat der Stadt NN ein neuer Standort für das ***kino fixiert wurde, was das endgültige "Aus" des Projektes XXX in der geplanten Kinonutzung bedeutete, so erschließt sich hieraus, dass selbst aus der Sicht des Finanzamtes eine zumindest teilweise Realisierung des genannten Verwertungskonzeptes erst nach dem Ergehen der wiederaufgenommenen Bescheide zu verneinen gewesen wäre.

Indem sich das Finanzamt in seinen (abschließenden) Ausführungen darauf stützt, dass seit dem Erwerb des Objektes rund 6,5 Jahre (bezogen auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Außenprüfung ) ohne nachhaltige Einnahmenerzielung vergingen, könne nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bzw. nach dem Gesamtbild der vorliegenden Informationen und dem vorliegenden Sachverhalt nach einer so langen Zeit ohne erfolgreiche Abschlüsse oder einer Verwertung der Liegenschaft davon ausgegangen werden, dass weder eine unternehmerische Tätigkeit noch eine Einkunftsquelle vorliegen würden, legt es seiner Beurteilung den Zeitraum von 6,5 Jahren zugrunde.

Auf Basis der o.a. Darlegungen hat die Bf. aus Sicht des Bundesfinanzgerichtes den Nachweis für die Absicht eine gewerbliche Tätigkeit iSd § 23 EStG auszuüben, glaubhaft gemacht und hätte das Finanzamt bei Kenntnis der im Jahr 2008 und im Jahr 2009 sowie im Jahr 2010 bis zur Erlassung der wieder aufgenommenen Feststellungsbescheide vorgenommenen Tätigkeiten, insbesondere aufgrund des erarbeiteten Verwertungskonzeptes, für welches bzw. für Teile hiervon nach der angeführten Ansicht des Finanzamtes das endgültige "Aus" im Jahr 2013 kam, im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide nicht zu im Spruch anders lautenden Bescheiden gelangen können.
Damit entspricht die vom Finanzamt im Bericht dargelegte und damit den bekämpften Bescheiden zugrunde gelegte Betrachtungsweise nicht den Vorgaben des § 303 Abs. 1 BAO.

Letztlich abrundend ist anzuführen, dass für das Finanzamt bereits aus den Abgabenerklärungen und Beilagen ersichtlich gewesen sein musste, dass nur ein Projekt erworben worden sein konnte, verminderten sich die für Betriebs- und Geschäftsausstattung ausgewiesenen Werte um die jeweils gleichbleibenden AFA-Beträge und waren somit keine Zu- und Abgänge ersichtlich. Ebenso war den Abgabenerklärungen und Beilagen zweifellos zu entnehmen, dass sowohl für 2007 und 2009 Umsätze von Null und für 2008 solche von Euro 5.000,00 erklärt wurden, also dass seitens der bilanzierenden Bf. 2007 und 2009 eine Vermietung nicht erfolgt sein konnte.
Vor allem aber wichen die erklärten Umsätze und Einkünfte aus Gewerbebetrieb deutlich von den im Fragebogen prognostizierten Ergebnissen ab.

Auf Basis dieser Ausführungen ist zu verneinen, dass die neu hervorgekommenen Tatsachen im Sinne des § 303 Abs. 1 BAO bei deren Kenntnis im Zeitpunkt der Erlassung der wiederaufgenommenen Bescheide zu im Spruch anders lautenden Bescheiden geführt hätten. Es war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt 2.) - Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die zu klärende Frage, ob die Kenntnis der iSd § 303 Abs. 1 BAO "neu hervorgekommenen" Tatsachen zu im Spruch anders lautenden Bescheiden geführt hätte, war auf Basis der gegebenen Beweismittel zu treffen. Eine uneinheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung des § 303 Abs. 1 BAO liegt nicht vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 303 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
im Spruch anders lautende Bescheide
neu hervorgekommene Tatsachen
Wiederaufnahme des Verfahrens
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.4100435.2014

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at