Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 14.01.2011, RV/0349-K/10

Rückzahlung von Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld 2002 bis 2004

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 280/11 eingebracht. Mit. Erk. vom wegen verfassungswidrigen Gesetzes aufgehoben. VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/17/0042 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des P, S, LStr./Top1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes V, vertreten durch Mag. MS, vom betreffend Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2004 entschieden:

Der Berufung wird teilweise stattgegeben und der Rückzahlungsbetrag um € 42,42 (Zuschüsse des Jahres 2002) und € 2.211,90 (Zuschüsse des Jahres 2003) auf € 2.217,96 (Zuschüsse des Jahres 2004) reduziert.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (im Folgenden: Bw.) ist Vater des 2002 geborenen Sohnes M, SVNr. 123, welcher mit der Kindesmutter N, SVNr. 1234, in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Der Kindesmutter wurden im Jahr 2002 € 42,42, im Jahr 2003 € 2.211,90 und 2004 € 2.217,96, somit insgesamt € 4.472,28 an Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld gewährt.

Das Finanzamt versandte im Dezember 2009 das Erklärungsformular "KBG 1" betreffend Rückzahlung von Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld 2004, welches dem Bw. laut Rückscheinformular am zugestellt worden ist. In der Folge erließ das Finanzamt am den im Spruch genannten Bescheid, in welchem es auf der Grundlage eines Einkommens gem. § 19 KBGG iHv. € 14.285,02 einen Rückzahlungsbetrag in Höhe von € 428,55 festsetzte (3% der Bemessungsgrundlage gemäß § 19 Abs. 1 KBGG). Im Punkt 2.-tens dieses Bescheides wird unter "Ermittlung des Rückzahlungsbetrages" folgende Berechnung angestellt:


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Ermittlung des Rückzahlungsbetrages

ausbezahlter Zuschuss bis
4.472,28 €
Rückzahlung laut Spruch
428,55 €
verbleibender Rückzahlungsbetrag für die Folgejahre
4.043,73 €

Begründend wurde im angeführten Bescheid im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Für das Kind des Bw. seien Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt worden, wofür der Bw. gem. § 18 Abs. 1 Z 1 oder 3 KBGG alleine zur Rückzahlung verpflichtet sei. Im Jahr 2004 seien die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen gem. § 19 Abs. 1 Z 1 KBGG überschritten worden.

Mit Schriftsatz vom erhob der Bw. gegen den Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld Berufung und führte zur Begründung im Wesentlichen aus:

Er leiste als getrennt lebender Vater für seinen Sohn den gesetzlichen Unterhalt, welcher im Zuge eines Gerichtsverfahrens betreffend das Jahr 2004 festgesetzt worden sei. Er habe weder ein Darlehen noch einen Zuschuss beantragt. Derzeit wären Verfahren beim Verfassungsgerichtshof anhängig, in welchen geklärt werde, ob die Rückforderung der ausbezahlten Zuschüsse verfassungskonform sei. Rechtlich liege ein Geschäft zu "Lasten eines Dritten" vor. Diese Vorgehensweise sei verfassungswidrig.

Das Finanzamt legte mit Vorlagebericht vom die Verwaltungsakten dem Unabhängigen Finanzsenat vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Der Bw. ist Vater des 2002 geborenen Sohnes M. Er lebte bzw. lebt mit der Kindesmutter in keinem gemeinsamen Haushalt.

Nach den unwidersprochen gebliebenen Daten des angefochtenen Bescheides hat die Kindesmutter für das gemeinsame Kind bis zum Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld in Höhe von insgesamt € 4.472,28 (2002: € 42,42 und 2003: € 2.211,90 und 2004: € 2.217,96) ausbezahlt erhalten.

Das Einkommen des Bw. gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 betrug im Jahr 2004 € 14.285,03. Davon setzte das Finanzamt gem. § 19 Abs. 1 Z 1 KBGG eine Abgabe iHv. 3%, somit € 428,55 als Rückzahlungsbetrag der ausbezahlten Zuschüsse zum KBG fest.

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des Finanzamtsaktes (siehe obige Sachverhaltsdarstellung) und den eigenen Angaben des Bw. im gegenständlichen Verfahren sowie aus den im AIS des Bundes enthaltenen Daten und aus Abfragen im Zentralen Melderegister.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 KBGG in der für 2004 geltenden Fassung hatten unter anderem allein stehende Elternteile im Sinne des § 11 KBGG unter der Voraussetzung, dass Kinderbetreuungsgeld zuerkannt worden ist, Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. Alleinstehende Elternteile im Sinne dieses Bundesgesetzes sind gemäß § 11 Abs. 1 KBGG Mütter oder Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und nicht unter § 13 KBGG fallen. § 13 KBGG findet dann Anwendung, wenn die genannten Personen mit dem Vater bzw. der Mutter des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1991 an derselben Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären. Ferner gelten Mütter und Väter als allein stehend, wenn der Ehepartner erwiesenermaßen für den Unterhalt des Kindes nicht sorgt.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG hat der Elternteil des Kindes eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld zu leisten, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 leg. cit. ausbezahlt wurde. Erhält den Zuschuss also ein allein stehender Elternteil, dann trifft die Rückzahlungspflicht den jeweils anderen Elternteil. Dem Zuschuss kommt damit wirtschaftlich betrachtet der Charakter eines Darlehens zu.

Gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 KBGG beträgt die Abgabe in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 leg. cit. bei einem jährlichen Einkommen von mehr als € 14.000 jährlich 3% des Einkommens. Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt gemäß § 19 Abs. 2 erster Satz KBGG das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a bis d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. Gemäß § 20 KBGG ist die Abgabe im Ausmaß des Zuschusses, der für den jeweiligen Anspruchsfall ausbezahlt wurde, zu erheben. Der Abgabenanspruch entsteht gemäß § 21 KBGG mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 leg. cit. erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

Im vorliegenden Fall wurden an die Kindesmutter bis obgenannte Zuschüsse zum KBG ausbezahlt. Damit entstand für den Bw. die Rückzahlungsverpflichtung nach § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG.

Gemäß § 207 BAO in Verbindung mit §49 Abs.17 KBGG verjährt das Recht, den Rückzahlungsbetrag für die Jahre 2002 und 2003 festzusetzen, frühestens mit Ende des Jahres 2008.

Hinsichtlich der geleisteten Zuschüsse für die Jahre 2002 und 2003 fehlte es laut Mitteilung des Finanzamtes an der Voraussetzung für die Festsetzung eines Rückzahlungsbetrages, weil das Einkommen des Berufungswerbers in diesen beiden Jahren unter den maßgeblichen Einkommensgrenzen nach § 19 KBGG gelegen ist. Es wurden auch keine nach außen wirksamen Amtshandlungen innerhalb der Verjährungsfrist gemäß § 207 BAO vorgenommen. Daher steht der Festsetzung dieser Abgaben (Rückzahlungsbeträge für gewährte Zuschüsse 2002 und 2003) der Umstand der eingetretenen Verjährung entgegen. Das Finanzamt hat nämlich erstmals im Dezember 2009 nach außen wirksame Handlungen unternommen, um die Rückzahlungsbeträge sowie das Einkommen des Bw. des Jahres 2004 zu erheben und den Rückzahlungsanspruch für das Jahr 2004 festzusetzen.

Unstrittig ist nunmehr im Beschwerdefall, dass der Bw. im Jahr 2004 die maßgebliche Einkommensgrenze im Sinne des § 19 KBGG überschritten hat. Das Finanzamt setzte mit angefochtenem Bescheid die Rückzahlung der ausbezahlten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld für das Jahr 2004 über das höchstmögliche Ausmaß der gewährten Zuschüsse im Jahr 2004 fest. Die Festsetzung von verbleibenden Rückzahlungsbeträgen über den Betrag der tatsächlich im Jahr 2004 gewährten Zuschüsse hinaus kommt jedoch nach Ansicht des Referenten des Unabhängigen Finanzsenates deshalb nicht in Betracht, weil diese Zuschüsse der Kindesmutter in den Jahren 2002 und 2003 gewährt wurden und daher entweder ein Rückzahlungsbetrag bis zum festzusetzen oder eine nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Festsetzung dieser Ansprüche vorzunehmen gewesen wären. Die Festsetzung der Rückforderungsbeträge für 2002 und 2003 ist somit nicht zu Recht erfolgt, sodass der verbleibende Rückforderungsbetrag für die Folgejahre entsprechend zu verringern und der Berufung daher insoweit stattzugeben war.

Im Übrigen entspricht der Bescheid, mit dem der Bw. verpflichtet wurde, die der Kindesmutter bis Dezember 2004 ausbezahlten Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld (in Höhe von insgesamt € 2.217,96) im Ausmaß von € 428,55 zurückzuzahlen, der Rechtslage.

Was die Behauptung der Verfassungswidrigkeit der strittigen Rückzahlungsregelung betrifft, wird darauf verwiesen, dass die Behörde gem. Art. 18 Abs. 1 B-VG geltende Gesetze zu vollziehen hat. Die Beurteilung der behaupteten Verfassungswidrigkeit fällt nicht in den Kompetenzbereich des Unabhängigen Finanzsenates, sondern gem. Art. 144 Abs. 1 B-VG in jenen des Verfassungsgerichtshofes.

Hinweis

Hingewiesen wird darauf, dass der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 1391/09, B 40/10, B 253/10, B 317/10, B 445/10, B 469/10, B 15/10, B 157/10, B 302/10, B 406/10, B 464/10 und B 913/10, gemäß Art. 140 B-VG ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 18 Abs. 1 Z 1 des Kinderbetreuungsgeldgesetzes, BGBl. I Nr. 103/2001, eingeleitet hat. Alle jene Fälle, bei denen die Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates bis zum Ergehen eines diesbezüglichen Erkenntnisses beim Verfassungsgerichtshof mit Beschwerde angefochten werden, gelten als so genannte "Anlassfälle", auf die die Rechtswirkungen des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes durchschlagen.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at