Eignung des zur Herstellung eines positiven Verkehrswertes geleisteten Gesellschafterzuschusses und Forderungsverzichtes, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0526-I/07-RS1 | Bei den gegenständlichen Leistungen (Gesellschafterzuschuss und Forderungsverzicht), die im Vorfeld einer Verschmelzung (§ 96 GmbH - Gesetz) von der (Allein-)Gesellschafterin zur Herbeiführung eines positiven Verkehrswertes an die übertragende Kapitalgesellschaft erbracht wurden, handelt es sich um freiwillige Leistungen iSd § 2 Z 4 lit. a und lit b KVG, die entgegen dem Berufungsvorbringen objektiv geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der X.GmbH, Adresse, vertreten durch Steuerberatungsgesellschaft, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Gesellschaftsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Gesellschaftsteuererklärung gemäß § 10 Abs. 1 Kapitalverkehrsteuergesetz (KVG) zeigte die X.GmbH als steuerpflichtigen Rechtsvorgang einen "Gesellschafterzuschuss" an. Der Wert der Leistung gemäß § 2 Z 2 bis 4 KVG wurde mit 1,045.000,00 € angegeben.
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom gegenüber der X.GmbH (im Folgenden: Bw) für den Rechtsvorgang "Gesellschafterzuschuss" ausgehend vom erklärten Wert der Leistung von 1.045.000,00 € die 1%ige Gesellschaftsteuer mit 10.450,00 € fest.
Die gegen den Gesellschaftsteuerbescheid erhobene Berufung bekämpft die Steuerfestsetzung dem Grunde nach mit folgender auszugsweise wiedergegebener Begründung:
"Unsere Mandantschaft ist eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Y.GmbH, Ort. Wegen nachhaltiger Verluste wurde Mitte 2006 beschlossen, die Geschäftsaktivitäten der X.GmbH aus Kostengründen nicht mehr fortzuführen. Per Ende September 2006 sind sämtliche Geschäftsaktivitäten der X.GmbH. eingestellt, sämtliche Mitarbeiter und sämtliche Mietverträge und das gesamte Anlagevermögen und gesamte Warenlage der X.GmbH. von der Z, einer Tochtergesellschaft der Y.GmbH, übernommen worden. Im Zuge der Bilanzerstellung wurde beschlossen, die X.GmbH als übertragende Gesellschaft mit der Y.GmbH als übernehmende Gesellschaft gemäß § 96 GmbHG zu verschmelzen (siehe beiliegenden Auszug aus dem Lagebericht der Y.GmbH). In der vorläufigen Bilanz zum hat die X.GmbH. ein negatives Eigenkapital in Höhe von EUR 1.038.719,52 ausgewiesen. Eine Verschmelzung ist handelsrechtlich nur dann zulässig, wenn sowohl die übertragende als auch die übernehmende Gesellschaft einen positiven Verkehrswert aufweisen. Um einen positiven Verkehrswert der X.GmbH. herzustellen, wurde seitens der Y.GmbH auf eine Forderung gegenüber der X.GmbH. in Höhe von EUR 1.029.361,24 verzichtet und darüber hinaus wurde von der Y.GmbH ein Gesellschafterzuschuss in Höhe von EUR 15.638,76 gewährt. Das Eigenkapital der X.GmbH hat sich durch diese Maßnahme wie folgt verändert:
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EUR | |
Negatives Eigenkapital | - 1.038.719,52 |
Forderungsverzicht | 1.029.361,24 |
Gesellschafterzuschuss | 15.638,76 |
Eigenkapital zum | 6.280,48 |
Im Zeitpunkt des Forderungsverzichtes bzw. im Zeitpunkt der Leistung des Gesellschafterzuschusses ist zwar der Beschluss der Gesellschafter über die Verschmelzung noch nicht mit notarieller Beurkundung gemäß § 98 GmbHG erfolgt, die X.GmbH hat sich aber bereits in einer stillen Auflösung befunden. Gemäß § 84 Abs. 1 Z 3 GmbHG ........... Gemäß § 2 Z 4 KVG unterliegen freiwillige Leistungen eines Gesellschafters .....(ho. Anmerkung: mit Ausführungen von Lehre und Rechtsprechung im Wesentlichen zum Forderungsverzicht gegenüber einer "auflösungsreifen" GmbH) Im Zeitpunkt des Forderungsverzichtes bzw. des Gesellschafterzuschusses war die X.GmbH nur mehr formell, aber nicht mehr tatsächlich eine werbende Gesellschaft. Der Gesellschaftszweck hat sich auch nach außen in Erscheinung tretend, durch den Verkauf des Anlagevermögens und des Warenbestandes, durch die Kündigung der Mitarbeiter und der Mietverträge sowie die Einstellung der Geschäftsaktivitäten, verändert. Da die X.GmbH nicht mehr weitergeführt, sondern nur mehr abgewickelt werden soll, sind die Leistungen (Forderungsverzicht bzw. Gesellschafterzuschuss) der Y.GmbH nicht geeignet, den Wert der Gesellschaftsrechte der X.GmbH zu erhöhen. Der Tatbestand des § 2 Z 4 KVG ist somit nicht erfüllt. Die Gesellschaftsteuererklärung unserer Mandantschaft vom erfolgte somit unter falscher Würdigung der Rechtslage."
Die abweisende Berufungsvorentscheidung wurde damit begründet, dass der Forderungsverzicht in Höhe von 1.029.361,24 € und der Zuschuss über 15.638,76 € jeweils der Kapitalverkehrsteuer gemäß § 2 Z 4 KVG unterliegen würden, da diese freiwilligen Leistungen geeignet seien, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Dies nicht zuletzt deshalb, da wie die Berufung selbst ausführt, die betreffende Gesellschaft mit der übernehmenden Gesellschaft Y.GmbH verschmolzen werden sollte, dies jedoch wegen des negativen Eigenkapitals in Höhe von 1.038.719,52 € handelsrechtlich nicht zulässig gewesen wäre. Wann auch lt. Berufung "...... Mitte 2006....." beschlossen worden sei, die Gesellschaft X.GmbH nicht mehr weiter fortzuführen, demgemäß die Gesellschaft in wirtschaftlicher Betrachtungsweise "auflösungsreif" gewesen sei und bereits eine stille Auflösung stattgefunden habe, so sei dennoch danach "....im Zuge der Bilanzerstellung......" noch die oben erwähnte Verschmelzung beschlossen worden. Es habe konsequenterweise ein positiver Verkehrswert hergestellt werden müssen, was durch die gegenständlichen Maßnahmen auch erreicht worden sei. Dadurch sei erst die betr. Umgründung, ähnlich einer Verwertung der Liquidationsmasse zu gelegener Zeit bzw. zu günstigen Verhältnissen möglich gewesen, so dass die Eignung der betr. Leistungen, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, zu bejahen sei, und demgemäß die gegenständliche Besteuerung zu Recht erfolgt sei.
Die Bw. stellte daraufhin den Antrag auf Vorlage ihrer Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Darin führte sie noch Folgendes aus:
"Gemäß der Judikatur des VwGH löst ein Forderungsverzicht gegenüber einer "auflösungsreifen" Gesellschaft nur dann Gesellschaftsteuer aus, wenn aus der Verwertungsgesellschaft wieder eine Vollgesellschaft gemacht werden soll oder wenn die Liquidationsmasse zu günstigerer Zeit und Bedingung verwertet werden soll (). Festzuhalten ist, dass durch die Leistung des Zuschusses und durch den Forderungsverzicht aus der X.GmbH. keine Vollgesellschaft gemacht worden ist. Weiters ist festzuhalten, dass die Verwertung der Liquidationsmasse der X.GmbH. zu günstigerer Zeit und Bedingung ebenfalls nicht erfolgt ist, da zum keine verwertbare Liquidationsmasse mehr vorhanden war. Diesbezüglich wird auf die beiliegende Bilanz der X.GmbH. zum verwiesen. Die in der Bilanz ausgewiesene Forderung gegenüber verbundenen Unternehmen bestand gegenüber der Y.GmbH (Gesellschafterzuschuss). Dass der Forderungsverzicht in Höhe von EUR 1.029.351,24 und der Gesellschafterzuschuss in Höhe von EUR 15.638,76 von der Y.GmbH gewährt wurde, um das Guthaben bei Kreditinstituten der X.GmbH. in Höhe von EUR 3.091,72 zu verwerten, kann wohl nicht ernsthaft in Erwägung gezogen werden. Durch die Verschmelzung der X.GmbH. als übertragende Gesellschaft mit der Y.GmbH als aufnehmende Gesellschaft ist es ebenfalls nicht zu einer Verwertung einer Liquidationsmasse gekommen. Die Verlustvorträge der X.GmbH. können von der Y.GmbH nicht mehr verwertet werden, da es sich bei der X.GmbH. um einen leeren Mantel gehandelt hat, und daher kein Betrieb bzw. Teilbetrieb im Wege der Verschmelzung übertragen worden ist (§ 4 Z1 lit. a UmgrStG). Durch die Zuschussgewährung bzw. den Forderungsverzicht und der anschließenden Verschmelzung sollte lediglich der Konkurs der X.GmbH. verhindert werden, welcher angesichts eines negativen Eigenkapitals von EUR - 1.038.719,52 unausweichlich gewesen wäre. Zu einer Werterhöhung der Gesellschaftsrechte haben sich diese Maßnahmen im gegenständlichen Fall nicht geeignet."
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 2 Z 4 KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer ua. folgende freiwilligen Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft, wenn die Leistung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen: a) Zuschüsse b) Verzicht auf Forderungen.
Freiwillig iSd § 2 Z 3 und 4 KVG ist eine Leistung dann, wenn sie weder auf einer gesellschaftsvertraglichen, noch auf einer gesetzlichen Verpflichtung beruht. Als freiwillig sind vor allem jene Leistungen anzusehen, die auf Verträgen beruhen, denen nicht der Charakter eines Gesellschaftsvertrages zukommt ().
Während in der Berufung abstellend auf den darin näher konkretisierten Sachverhalt unbestritten geblieben ist, dass es sich bei dem erklärten "Gesellschafterzuschuss" um freiwillige Leistungen eines Gesellschafters an eine inländische Kapitalgesellschaft im Sinne des § 2 Z 4 lit. a ("Zuschüsse") und lit. b ("Verzicht auf Forderungen") KVG handelte, besteht ausschließlich Streit darüber und entscheidet damit den Berufungsfall, ob vom Finanzamt zu Recht davon ausgegangen wurde, dass durch diese von der Alleingesellschafterin Y.GmbH an die X.GmbH jeweils freiwillig erbrachten Leistungen (Gesellschafterzuschuss und Forderungsverzicht) die weitere Tatbestandsvoraussetzung "wenn die Leistunggeeignet ist, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen" verwirklicht worden ist. Die Bw. bestreitet dies mit den in der Berufung und im Vorlageantrag vorgebrachten Argumenten.
Zuschüsse iSd § 2 Z 4 lit. a KVG sind Geldleistungen oder vergleichbare Leistungen, die ein Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft nach deren Gründung erbringt. Dabei fallen unter den Zuschussbegriff nur solche Leistungen, die einseitig (nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches) vom Gesellschafter an die Gesellschaft geleistet werden. Bei Geldleistungen (hier Forderungsverbuchung) wird die Eignung, objektiv den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, im Regelfall zu bejahen sein.
Ein Forderungsverzicht iSd § 2 Z 4 lit. b KVG liegt vor, wenn auf eine bereits rechtlich vorhandene Forderung endgültig verzichtet wird. Durch den Verzicht auf eine Forderung bewirkt der Gesellschafter eine Einlage in die Kapitalgesellschaft. Der Verzicht auf eine Forderung durch einen Gesellschafter führt bei der Kapitalgesellschaft zu einer Vermögensvermehrung. Aus Sicht der Kapitalgesellschaft ist dabei Gegenstand der Einlage der weggefallene Passivposten. Die herrschende Ansicht geht dabei davon aus, dass der Forderungsverzicht des Gesellschafters ohne Bedachtnahme auf die Einbringlichkeit der Forderung geeignet ist, den Wert der Gesellschaftsanteile zu erhöhen, da freiwillige Leistungen nur objektiv geeignet sein müssen, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Von bestimmten Ausnahmefällen einmal abgesehen (siehe diesbezüglich ) wird grundsätzlich bei Leistungen der Gesellschafter an ihre in Liquidation befindliche Gesellschaft die objektive Eignung, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, verneint (siehe Dorazil, Kapitalverkehrsteuergesetz, 2. Auflage, Seite 93, Rz 37 und 37.1; Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, Kommentar, Rz 248 und 249 zu § 2). Ansonsten ist ein durch Forderungsverzicht herbeigeführter Wegfall einer Verbindlichkeit objektiv geeignet, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, vor allem dann, wenn die Gesellschaft von einem Insolvenzverfahren bedroht ist (). Zu den steuerpflichtigen Leistungen gehören auch solche, die die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft ganz oder teilweise beseitigen und den Wert der Gesellschaftsrechte nicht über Null anheben (Dorazil, Kapitalverkehrsteuergesetz, 2. Auflage, Seite 95, Rz 45 und 46 zu § 2, Knörzer/Althuber, Gesellschaftsteuer, Rz 38 und 39 zu § 2 KVG).
Eine Erhöhung des Wertes der Gesellschaftsrechte liegt somit dann vor, wenn die ohne Gegenleistung erbrachte Gesellschafterleistung zu einer wirtschaftlichen Stärkung der Gesellschaft führt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. samt angeführter Rechtsprechung und ) kommt es nämlich bei freiwilligen Leistungen im Sinn des § 2 Z 4 lit. a und b KVG nicht auf den Nachweis einer tatsächlichen Werterhöhung, sondern lediglich auf die objektive Eignung des Zuschusses bzw. des Forderungsverzichtes an, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. Nach Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, Kommentar, Rz 286 zu § 2 KVG sind freiwillige Leistungen im Sinne des § 2 Z 4 KVG, welche die Gesellschafter im Vorfeld einer Umgründung im Sinne des UmgrStG wie etwa zur Herbeiführung eines positiven Verkehrswertes des zu übertragenden Vermögens erbringen, gesellschaftsteuerpflichtig. Es handle sich um Leistungen, die geeignet sind, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen.
Die Bw. stützt im Vorlageantrag ihre Argumentation vorrangig auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , 93/16/0103 und führt diesbezüglich im Wesentlichen aus, im Gegenstandsfall habe der Zuschuss und der Forderungsverzicht weder aus der Verwertungsgesellschaft wieder eine Vollgesellschaft gemacht noch sei der Liquidationserlös zu einer günstigeren Zeit und Bedingung verwertet worden. Durch die Zuschussgewährung bzw. den Forderungsverzicht und der anschließenden Verschmelzung sollte lediglich der Konkurs der X.GmbH verhindert werden, welcher angesichts eines negativen Eigenkapitals von 1.038.719,52 € unausweichlich gewesen wäre. Zu einer Werterhöhung der Gesellschaftsrechte hätten sich diese Maßnahmen im gegenständlichen Fall nicht geeignet. Diesen Ausführungen ist Folgendes entgegenzuhalten.
Vorerst bleibt nochmals darauf hinzuweisen, dass nach der Lehre und Rechtsprechung (Dorazil, Kapitalverkehrsteuergesetz, 2. Auflage, Seite 95, Rz 45 und 46 zu § 2) ein durch Forderungsverzicht herbeigeführter Wegfall einer Verbindlichkeit jedenfalls objektiv geeignet ist, den Wert der Gesellschaft zu erhöhen, vor allem dann, wenn die Gesellschaft von einem Insolvenzverfahren bedroht ist. Zu den steuerpflichtigen Leistungen gehören auch solche, die die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft ganz oder auch teilweise beseitigen. Wenn daher die Gesellschafterin Y.GmbH, wie im Streitfall unbestritten vorliegend, auf eine ihr gegenüber der X.GmbH zustehende Forderung verzichtet, weshalb dieses Verbindlichkeitskonto auf Null gestellt wird und außerdem (als Forderungsanspruch) einen Gesellschafterzuschuss gewährt, um durch diese Maßnahmen einen positiven Verkehrswert und damit diese Voraussetzung für die angestrebte Verschmelzung herzustellen, dann erscheinen diese Leistungen jedenfalls (und dafür spricht die auch nach Ansicht der Bw. dadurch herbeigeführte Herstellung des positiven Verkehrswertes in aller Deutlichkeit) objektiv geeignet, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen (vgl. nochmals Thunshirn/Himmelsberger/Hohenecker, KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, Kommentar, Rz 286 zu § 2 KVG). Da demgegenüber die Bw. unter Verweis auf das VwGH- Erkenntnis vom , 93/16/0103 zur Schlussfolgerung gelangte, diese Leistungen seien im Streitfall nicht geeignet gewesen, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen, bleibt noch abzuklären und zu beurteilen, ob sich aus diesem VwGH- Erkenntnis tatsächlich die Rechtsansicht der Bw. begründet ableiten lässt und ergibt.
Nach § 84 Abs. 1 Z. 3 GmbH-Gesetz wird die Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch Beschluss auf Fusion mit einer Aktiengesellschaft oder einer anderen Gesellschaft mit beschränkter Haftung (§ 96) aufgelöst. Wird beschlossen, die Gesellschaft in eine andere Gesellschaft zu verschmelzen, so ist damit zugleich über ihr Verschwinden entschieden. Die wichtigste Konsequenz der Auflösung besteht in der Liquidation der Gesellschaft nach Maßgabe der §§ 89 ff GmbH- Gesetz. Mit der Auflösung ist eine Änderung des Gesellschaftszweckes verbunden. An die Stelle des ursprünglichen tritt der Abwicklungszweck. Im Übrigen ändert sich nichts Grundsätzliches. Namentlich bleibt die Rechtssubjektivität der Gesellschaft unberührt (Koppensteiner, GmbH- Gesetz, Rz 26 und 27 zu § 84).
Nach § 89 Abs. 1 GmbH- Gesetz hat der Auflösung der Gesellschaft, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, die Liquidation zu folgen. Die Liquidation unterbleibt, wenn die Gesellschaft durch Fusion (§ 96) aufgelöst wird. Der Grund dieser Ausnahme besteht darin, dass es sich dabei um eine Gesamtrechtsnachfolge handelt, weshalb nichts zu liquidieren bleibt (Koppensteiner, GmbH- Gesetz, Rz 6 zu § 89).
Gemäß § 96 Abs. 1 Z 1 GmbH-Gesetz können Gesellschaften mit beschränkter Haftung unter Ausschluss der Abwicklung verschmolzen werden. Die Verschmelzung kann erfolgen durch Übertragung des Vermögens einer Gesellschaft oder mehrerer Gesellschaften (übertragende Gesellschaften) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine bestehende Gesellschaft (übernehmende Gesellschaft) gegen Gewährung von Geschäftsanteilen dieser Gesellschaft (Verschmelzung durch Aufnahme).
An Sachverhalt ist unbedenklich davon auszugehen, dass laut Berufung "im Zuge der Bilanzerstellung beschlossen wurde", die X.GmbH (übertragende Gesellschaft) mit der Y.GmbH (übernehmende Gesellschaft) gemäß § 96 GmbH- Gesetz zu verschmelzen. Da eine Verschmelzung unzulässig ist, wenn der Wert des Unternehmens der übertragenden Gesellschaft negativ ist, nach einer vorläufigen Bilanz zum aber die X.GmbH ein negatives Eigenkapital in Höhe von 1.038.719,52 € ausgewiesen hat, wurde um einen positiven Verkehrswert der X.GmbH herzustellen, seitens der Y.GmbH auf eine Forderung gegenüber der X.GmbH in Höhe von 1.029.361,24 € verzichtet und darüber hinaus wurde von der Y.GmbH ein Gesellschafterzuschuss in Höhe von 15.638,76 € gewährt. Diese Maßnahmen führten dann zu dem in der Bilanz zum ausgewiesenen positiven Eigenkapital von 6.280,48 € und machten unbestrittenermaßen damit die Verschmelzung gemäß § 96 GmbH- Gesetzt überhaupt erst zulässig.
Die Wirkungen der Verschmelzung treten mit der Eintragung im Firmenbuch ein. Mit der Eintragung der Verschmelzung erlischt die übertragende Gesellschaft. Im selben Augenblick geht das Vermögen dieser Gesellschaft einschließlich der Verbindlichkeiten auf die übernehmende Gesellschaft mittels Universalsukzession über (Koppensteiner, GmbH- Gesetz, Rz 22a und 23 zu § 96). Hinsichtlich der Verschmelzung ist von folgender Sachlage auszugehen:
Am schlossen die X.GmbH und die Y.GmbH, jeweils vertreten durch den selbständig vertretungsbefugten Geschäftsführer, den notariellen Verschmelzungsvertrag. Dieser lautete auszugsweise wie folgt:
"Zweitens: Die X.GmbH (FN Nr.1) mit dem Sitz in Ort (im folgenden kurz "übertragende Gesellschaft" genannt) wird gemäß § 96 GmbHG (Paragraph sechsundneunzig des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung) in Verbindung mit den §§ 219 ff AktG (Paragraphe zweihundertneunzehn folgende Aktiengesetz) durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes im Wege der Gesamtrechtsnachfolge mit allen Rechten und Pflichten unter Verzicht auf eine Liquidation mit der Y.GmbH (FN Nr.2) mit dem Sitz in Ort (im folgenden kurz "aufnehmende Gesellschaft" genannt) auf der Grundlage der Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum (dreißigsten September zweitausendsechs) unter Inanspruchnahme der abgabenrechtlichen Begünstigung des Artikel I (eins) UmgrStG (Umgründungssteuergesetz) verschmolzen. Fünftens: Der Verschmelzung wird die Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft zum (dreißigsten September zweitausendundsechs) (Beilage 2 eins) zugrunde gelegt. Das übertragene Vermögen besitzt sowohl am Verschmelzungsstichtag als auch zum Zeitpunkt der Errichtung dieses Verschmelzungsvertrages einen positiven Verkehrswert und war am Verschmelzungsstichtag der übertragenden Gesellschaft bereits zuzurechnen. Die Geschäftsführung (....) Sechstens: Verschmelzungsstichtag für den gegenständlichen Verschmelzungsvorgang ist der (dreißigsten September zweitausendsechs), Tagesablauf."
Anlässlich der je am abgehaltenen "Außerordentlichen Generalversammlung der X.GmbH" und der "Außerordentliche Generalversammlung der Y.GmbH" wurden unter Punkt Zweitens von den jeweiligen Gesellschafter dieser beiden Kapitalgesellschaften der zwischen den beiden Gesellschaften abgeschlossene Verschmelzungsvertrag "hiemit genehmigt". Laut Firmenbuchauszug erfolgte am unter Anführung des Verschmelzungsvertrages vom und des Generalversammlungsbeschlusses folgende Firmenbucheintragung: "Diese Gesellschaft wurde als übertragende Gesellschaft mit der Y.GmbH (FN Nr.2 ) als übernehmende Gesellschaft verschmolzen." Gleichzeitig wurde die Firma X.GmbH im Firmenbuch gelöscht.
Mit dieser am erfolgten Eintragung der Verschmelzung traten demzufolge die Wirkungen der Verschmelzung ein, nämlich das Erlöschen der übertragenden Gesellschaft und der Übergang des Vermögens dieser Gesellschaft einschließlich der Verbindlichkeiten auf die übernehmende Gesellschaft. Wenn aber im Gegenstandsfall die Verschmelzung gemäß § 96 GmbH- Gesetz unter ausdrücklichem Verzicht auf eine Liquidation vereinbart war (siehe Punkt Zweitens des Verschmelzungsvertrages), dann erfolgte abweichend von jenem Sachverhalt, der dem VwGH- Erkenntnis vom , 93/16/0103 zugrunde lag, der Gesellschafterzuschuss und der Forderungsverzicht des Alleingesellschafters nicht gegenüber einer noch nicht formell in Liquidation befindlichen, aber "auflösungsreifen" Gesellschaft (sogenannte "stille Liquidation", siehe Knörzer/Althuber, Gesellschaftsteuer, Kurzkommentar, Rz 38 und 39 zu § 2 KVG), war doch eine Liquidation der (übertragenden) Gesellschaft überhaupt nicht vorgesehen. Wenn aber in der Berufung selbst ausgeführt wird, erst durch den Gesellschafterzuschuss bzw. Forderungsverzicht sei der für eine Verschmelzung geforderte positive Verkehrswert der X.GmbH "hergestellt" worden, dann müssen diese Leistungen jedenfalls vor dem gelegen sein, wird doch im Verschmelzungsvertrag, Punkt Fünftens, ausdrücklich ausgeführt, das übertragene Vermögen weise am Verschmelzungsstichtag einen positiven Verkehrswert auf. Im Zeitpunkt dieser Gesellschafterleistung war somit die X.GmbH weder formell als Folge der Verschmelzung aufgelöst noch erfolgten diese Leistungen im Vorfeld bzw. im Rahmen einer "(formellen oder stillen) Liquidation", haben doch die diesbezüglich getroffenen vertraglichen Vereinbarungen eine Liquidation schlichtweg ausgeschlossen. Daran vermag auch der Hinweis, per Ende September 2006 seien sämtliche Geschäftsaktivitäten der X.GmbH eingestellt, sämtliche Mitarbeiter, sämtliche Mietverträge, das gesamte Anlagevermögen und das gesamte Warenlager dieser Gesellschaft von der Z, einer Tochtergesellschaft der Y.GmbH übernommen worden, für den Streitfall nichts zu bringen, stellen diese Maßnahmen nicht den tatsächlichen Vorgriff auf eine noch folgende formale "Liquidation" und "Abwicklung" der Gesellschaft dar, war doch bei dieser Verschmelzung iSd § 96 GmbH- Gesetz der "Verzicht auf eine Liquidation" ausdrücklich vereinbart. In diesem Zusammenhang sollen als besondere Umstände des Einzelfalles überdies nicht unerwähnt bleiben, dass diese "Übernahme" zwischen zwei Tochtergesellschaften der Y.GmbH stattfand und dabei augenscheinlich mit Willen und Einverständnis der Gesellschafter bzw. der vertretungsbefugten Geschäftsführer der übertragenden und der übernehmenden Gesellschaft im Hinblick auf die mit Verschmelzungsstichtag vereinbarten Verschmelzung die wesentlichen Betriebsgrundlagen "per Ende September 2006" auf eine andere Tochtergesellschaft der Y.GmbH übergegangen sind. Maßgebend eingebunden in diese Entscheidung war wohl unzweifelhaft der in Vertretung der Alleingesellschafterin Y.GmbH den Verschmelzungsvertrag abschließende, selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer A.A., der zugleich der zweite selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführer der X.GmbH und außerdem der (selbständig vertretende) Komplementär der Z war.
Entgegen den Berufungsausführungen lässt sich auf Grund obiger Sach- und Vertragslage aus dem VwGH- Erkenntnis vom , 93/16/0103 nichts für die Rechtsansicht der Bw. gewinnen bzw. anders ausgedrückt, stützt dieses nicht den Berufungsstandpunkt, kam es doch im Gegenstandsfall (hierin abweichend von jenem Sachverhalt, der diesem Verwaltungsgerichtshoferkenntnis zugrunde lag) laut ausdrücklicher Vereinbarung im Verschmelzungsvertrag überhaupt nicht zu einer formellen Liquidation und damit auch nicht zu einer vor der formellen Liquidation bereits durchgeführten sogenannten "stillen" Liquidation der übertragenden ("auflösungsreifen") Gesellschaft. Unter Beachtung von Lehre und Rechtsprechung ergibt sich vielmehr für die Entscheidung des vorliegenden Berufungsfalles die begründete Schlussfolgerung, dass es sich bei dem von der Alleingesellschafterin Y.GmbH an die X.GmbH im Vorfeld einer Verschmelzung iSd § 96 GmbH- Gesetz zur Herbeiführung eines (für die Zulässigkeit dieser Verschmelzung erforderlichen) positiven Verkehrswertes geleisteten Gesellschafterzuschuss und Forderungsverzicht um freiwillige Leistungen im Sinne des § 2 Z 4 lit. a und b KVG gehandelt hat, die objektiv geeignet waren, den Wert der Gesellschaftsrechte zu erhöhen. In Verkennung der Rechtslage wurde folglich von der Bw. für den gegenständlichen Fall das Vorliegen dieser allein strittigen Tatbestandsvoraussetzung verneint. Der in der Abgabenerklärung angezeigte "Gesellschafterzuschuss" im Wert von 1,045.000 € unterliegt folglich der Gesellschaftsteuer. Das Finanzamt hat somit zu Recht mit dem bekämpften Bescheid den Gesellschafterzuschuss und den Forderungsverzicht als freiwillige Leistungen gemäß § 2 Z 4 lit. a und b KVG der Gesellschaftsteuer unterworfen.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt über die von der X.GmbH eingebrachte Berufung gegen den Gesellschaftsteuerbescheid vom abweisend zu entscheiden. Aufgrund der Verschmelzung und zwischenzeitlich erfolgten Löschung der X.GmbH im Firmenbuch () ergeht die Berufungsentscheidung an die Y.GmbH als deren Gesamtrechtsnachfolgerin.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 2 Z 4 lit. a KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 § 2 Z 4 lit. b KVG, Kapitalverkehrsteuergesetz, dRGBl. I S 1058/1934 |
Schlagworte | positiver Verkehrswert Verschmelzung |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | UFSjournal 1/2011, 31 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at