Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.06.2021, RV/2100954/2018

Div. Werbungskosten (WK), Sonderausgaben (SA) und außergewöhnliche Belastung (agB): Mitwirkungspflicht verletzt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Einkommensteuerbescheid der Frau ***Bf1*** (in der Folge auch Beschwerdeführerin / Bf. genannt) für das Jahr 2015 erging am unter Berücksichtigung der Pauschbeträge für Werbungskosten und Sonderausgaben. Sie war bei drei Arbeitgebern (eine Vollbeschäftigung und zwei Teilbeschäftigungen) als Trainerin bzw. Betreuerin beschäftigt.

Gegen diesen Bescheid erhob die Bf. fristgerecht die Beschwerde mit der Begründung, dass sie lt. beiliegendem Datenkorb-Ausdruck aus Finanzonline folgende Aufwendungen beantragt habe:

"

Auf Grund einer nach Aufforderung vorgelegten Aufstellung und diverser Belege anerkannte das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom die Pflichtbeiträge bei der Sozialversicherung von 99,98 € und sonstige Werbungskosten von 602,30 € (Betriebsratsumlage 72,11 €, Arbeitsmittel 189,20 €, Fachliteratur 156,79 € und Ausbildungskosten 184,20 €). In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, dass die beantragten Reisekosten von 1074,89 € nicht berücksichtigt werden könnten, da sie nicht nachgewiesen wurden. Weiters habe sich der Hauptwohnsitz bis in ***1*** befunden. Die Absetzung der Miete für den Nebenwohnsitz in ***2*** von 4691,28 € sei nicht möglich, da der Bf. auf Grund der Entfernung die tägliche Hin- und Rückfahrt zum Hauptwohnsitz zumutbar sei. Die Wohnungskosten würden in der Privatsphäre liegen und seien nach § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig.

Daraufhin stellte die Bf. den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) mit der Begründung, dass es sich beim Zweitwohnsitz um eine integrative Wohngemeinschaft handle, d.h. dass Menschen mit Behinderungen in einer Wohngemeinschaft mit BetreuerInnen leben und dadurch unterstützt und begleitet werden. Das Dienstverhältnis bei ***3*** sei mit der Nutzung der Wohnung zumindest als Zweitwohnsitz verknüpft, was aus der bereits vorliegenden Bestätigung des Dienstgebers hervorgeht. Auch am Dienstzettel sei das Mietobjekt als Dienstort bezeichnet, daher handle es sich um keine Privatangelegenheit.
Im Rahmen dieser Wohnform sind lt. Konzept auch die Planung von Wochenenden und die Begleitung und Unterstützung bei Reisen geplant. Die beantragten Reisekosten seien bei einer Reise mit Klienten entstanden und vom Dienstgeber nicht ersetzt worden, da sie mit den Vorgaben der erbrachten Leistung (Freizeitassistenz, Leistungsverordnung des Landes Steiermark) wegen der großen Distanz nicht abgerechnet werden könnten.

In einem weiteren Ergänzungsersuchen des Finanzamtes wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, Mietvertrag, Dienstverträge, Zahlungsnachweise, Arbeitsplatzbeschreibungen, Arbeitsplatzaufzeichnungen, schriftliche Vereinbarungen und die berufliche Veranlassung der Reisekosten sowie sämtliche Belege und Nachweise der Aus- und Fortbildungskosten vorzulegen bzw. darzulegen.

In der Vorhaltsbeantwortung legte die Bf. folgendes "Fahrtenbuch" vor:


Dazu führte sie aus, dass es sich um eine Reise im Rahmen der integrativen Wohngemeinschaft und des Dienstverhältnisses bei ***3*** gehandelt habe, es seien zwei Kunden und ein Wechselfahrer mitgefahren. Sie ersuche um Berücksichtigung von 2371 km, da der Arbeitgeber 100 km abgegolten habe.

Lt. Abfrage im ZMR war die Beschwerdeführerin mit Hauptwohnsitz vom - in ***1*** und mit Nebenwohnsitz vom - in ***2*** gemeldet.
Vom - war sie mit Hauptwohnsitz in ***2*** gemeldet.

Im Vorlagebericht führte das Finanzamt ergänzend auszugsweise aus:
" - Doppelte Haushaltsführung:
Da der Hauptwohnsitz der Bf. im elterlichen Wohnhaus ist und der Beschäftigungsort (
***4***) nicht so weit entfernt ist, dass eine tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz unzumutbar ist, sind die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung dem Grunde nach nicht erfüllt. Des Weiteren sei erwähnt, dass eine alleinstehende Steuerpflichtige, die im elterlichen Wohnhaus ein Zimmer bewohnt und am Beschäftigungsort eine Wohnung anmietet, dadurch erstmalig einen eigenen Hausstand gründet. Die beantragten Kosten der Zweitwohnung in ***4*** sind somit nicht aus dem Titel einer doppelten Haushaltsführung zu berücksichtigen.
An dieser Stelle wird darauf hingewiesen, dass die Bf. weder eine berufliche Veranlassung der Zweitwohnung nachweisen bzw. glaubhaft machen konnte, noch wurden Zahlungsnachweise der beantragten Kosten vorgelegt.
Da die Bf. trotz umfangreicher Aufforderung seitens der Finanzbehörde (s. Vorhalt v. ) keinerlei Unterlagen vorgelegt hat, besteht schon grundsätzlich kein Anspruch auf Berücksichtigung derartiger Aufwendungen.
- Pendlerpauschale/Pendlereuro:
Für die Berechnung des Pendlerpauschales/Pendlereuro ist im Falle des Bestehens mehrerer Wohnsitze entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz maßgeblich. Voraussetzung ist, dass die entsprechende Wegstrecke auch tatsächlich zurückgelegt wird. Grundsätzlich ist der der Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz maßgeblich. Da die Bf. im Streitjahr einen Wohnsitz bzw. in den Folgejahren sogar einen Hauptwohnsitz in
***4*** hat und mangels vorgelegten Pendlerrechnerauszug und einer Bestätigung über ihren tatsächlichen Arbeitsplatz, konnte eine Berücksichtigung der Pendlerpauschale/Pendlereuro nicht erfolgen.
- Fahrtkosten:
Es wird auch hier darauf hingewiesen, dass die Bf. trotz umfangreicher Aufforderung seitens der Finanzbehörde (s. Vorhalt v. ) keinerlei geeignete Unterlagen vorgelegt hat. Daher wurde weder ein Nachweis über die berufliche Veranlassung der Fahrt, noch ein Nachweis über die tatsächlich entstandenen Kosten der Bf. erbracht.
Des Weiteren wird die Glaubwürdigkeit der getätigten Aussagen der Bf. in Frage gestellt, da diese im Widerspruch zueinander stehen. Während zunächst (s. Vorlageantrag ) die Reisekosten nicht vom Dienstgeber abgegolten worden seien und dies ausführlich begründet wird, führt die Bf. später aus, dass der Dienstgeber doch 100 Kilometer abgegolten habe (s. Vorhaltsbeantwortung v. ).
Anhand der Aufstellung aus dem Schreiben vom , gibt die Bf. an, dass die Reise im Zeitraum vom bis erfolgte und der Anfangskilometerstand 97.565 und der Endkilometerstand 100.036 betrug. Laut KFZ-Zentralregister Auskunft war im Jahr 2015 ein PKW der Marke
***5*** Note auf den Namen der Bf. angemeldet. Eine erfolgte Begutachtung gem. § 57a KFG am belegt, dass der Kilometerstand dieses Fahrzeuges zu diesem Zeitpunkt jedoch 140.518 betrug.
Da die Bf. weder geeignete Unterlagen bzw. Nachweise erbrachte und deshalb eine Kontrolle des ausschließlich beruflichen Veranlassung als auch der tatsächlich zurückgelegten Fahrtstrecke nicht erfolgen konnte und die Glaubhaftmachung der beantragten Kosten durch widersprüchliche Aussagen und differenzierender Kilometerstände nicht gelang, sind die beantragten Fahrtkosten nicht anzuerkennen.
- Aus- und Fortbildungskosten:
Da die Bf. trotz umfangreicher Aufforderung seitens der Finanzbehörde (s. Vorhalt v. ) keinerlei Unterlagen vorgelegt und keine Fragen beantwortet hat, erfolgte keine Berücksichtigung der Aus- und Fortbildungskosten. Die in der Beschwerdevorentscheidung anerkannten Kosten iHv € 184,20 sind daher nicht anzuerkennen. Insbesondere da Kosten eines Massagekurses Aufwendungen von allgemeinem Interesse darstellen, die grundsätzlich der privaten Lebensführung zuzuordnen und nicht abzugsfähig sind."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind.

Nach § 119 Abs. 1 BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offenzulegen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Gemäß § 138 Abs. 1 BAO haben auf Verlangen der Abgabenbehörde die Abgabepflichtigen und die diesen im § 140 gleichgestellten Personen in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 119) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung.

Die amtswegige Ermittlungspflicht der Abgabenbehörde besteht nur innerhalb der Grenzen ihrer Möglichkeiten und des vom Verfahrenszweck her gebotenen und zumutbaren Aufwandes und findet dort ihre Grenze, wo nach Lage des Falles nur die Partei Angaben zum Sachverhalt machen kann (vgl. ).

Gemäß § 167 Abs. 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises. Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die Abgabenbehörde muss dieser Rechtsprechung zufolge den Bestand einer Tatsache nicht im naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn nachweisen (vgl. zB ; Ritz, BAO6 § 167 Rz 8 mwN).

Die Beschwerdeführerin, die Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen als Aufwendungen berücksichtigt wissen wollte, hätte das Vorliegen dieser Aufwendungen daher entsprechend nachweisen müssen. Der Pflicht, die geltend gemachten Aufwendungen nachzuweisen, ist sie trotz wiederholter Aufforderungen des Finanzamtes, teilweise nicht nachgekommen.

Da es sich um Ausgaben handelt, über die nur die Bf. nähere Angaben machen kann, war es zum Teil von Amts wegen weder dem Finanzamt noch dem Bundesfinanzgericht möglich, die behaupteten Angaben zu überprüfen.

Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) idgF sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Nach § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden. Dasselbe gilt nach Z 2 lit. a dieser Gesetzesbestimmung für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.

  • Doppelte Haushaltsführung

Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz). Als Arbeits(Tätigkeitsort)ort oder Beschäftigungsort ist nur jener Ort zu verstehen, der eine persönliche Anwesenheit zur Arbeitsleistung erfordert, sodass der Steuerpflichtige an diesem Ort wohnen muss (s ). Als Familienwohnsitz gilt jener Ort, an dem ein verheirateter Steuerpflichtiger mit seinem Ehegatten oder ein lediger Steuerpflichtiger mit seinem in eheähnlicher Gemeinschaft lebenden Partner einen gemeinsamen Hausstand unterhält, der den Mittelpunkt der Lebensinteressen dieser Personen bildet. Auch ein allein stehender Steuerpflichtiger kann einen "Familienwohnsitz" haben. Dies ist jener Ort, an dem er seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Eltern, Freunde) hat. Begründet ein allein stehender Steuerpflichtiger am Beschäftigungsort einen Wohnsitz, ist besonders zu prüfen, ob nicht entweder von einer erstmaligen Hausstandsgründung oder von einer Wohnsitzverlegung auszugehen ist (LStR 343a). Ein Zimmer bei den Eltern ist nicht als Haushalt anzusehen () (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz 56).

Ab 2014 definiert § 4 PendlerVO (BGBl II 276/2013) den Begriff des Familienwohnsitzes. Demzufolge liegt ein Familienwohnsitz dort, wo ein Steuerpflichtiger seine engsten persönlichen Beziehungen (zB Familie, Freundeskreis) und einen eigenen Hausstand hat. Der Steuerpflichtige hat einen eigenen Hausstand, wenn er eine Wohnung besitzt, deren Einrichtung seinen Lebensbedürfnissen entspricht. Ein eigener Hausstand liegt jedenfalls nicht vor, wenn der Steuerpflichtige Räumlichkeiten innerhalb eines Wohnverbandes einer oder mehrerer Person(en), die nicht (Ehe)Partner sind oder mit denen eine Lebensgemeinschaft besteht, mitbewohnt. Die Definition entspricht somit im Wesentlichen den von der Verwaltungspraxis und der Judikatur entwickelten Kriterien. (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz 56).

Liegt der Familienwohnsitz des Steuerpflichtigen (iSd § 4 der PendlerVO) außerhalb der üblichen Entfernung vom Beschäftigungsort, können die (Mehr)Aufwendungen für eine "doppelte Haushaltsführung", wie zB für die Wohnung am Beschäftigungsort und die Kosten für Familienheimfahrten, nur berücksichtigt werden, wenn die doppelte Haushaltsführung beruflich bedingt ist bzw. eine Wohnsitzverlegung in übliche Entfernung vom Ort der Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann (). Auf die melderechtliche Bezeichnung der Wohnung kommt es nicht an (). Nicht nur am Beschäftigungsort, sondern auch am Familienwohnsitz muss ein eigener Hausstand mit einer gewissen Selbständigkeit und Abgeschlossenheit bestehen () (vgl. Peyerl in Jakom, EStG, § 20, Rz 90).

  • Pendlerpauschale/Pendlereuro

Nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 fallen unter Werbungskosten auch Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Seit 2014 ist für die Ermittlung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für die Beurteilung, ob die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar ist, der vom BMF im Internet zur Verfügung gestellte Pendlerrechner zu verwenden (§ 3 der Pendlerverordnung, BGBl. II 2013/276).

Bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze ist für die Berechnung des Pendlerpauschales entweder der zur Arbeitsstätte nächstgelegene Wohnsitz oder der Familienwohnsitz (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit e) maßgeblich (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz 26)

  • Reisekosten

Die vom Abgabepflichtigen geführten Nachweise müssen die Kontrolle sowohl des beruflichen Zwecks als auch der tatsächlich zurückgelegten Fahrtstrecke erlauben. Dies erfordert, dass in den entsprechenden Aufzeichnungen zumindest das Datum, die Dauer, der Beginn und das Ende, der Start- bzw. Zielort, die Zwischenziele, die konkreten Fahrtrouten und der Zweck jeder einzelnen Fahrt festgehalten sind ().

Das bedeutet, dass ein Fahrtenbuch (mit beruflichen und privaten Fahrten) übersichtlich, inhaltlich korrekt, zeitnah und in geschlossener Form geführt werden muss.

Das von der Bf. vorgelegte "Fahrtenbuch" weist die o.a. von der Rechtsprechung ausgearbeiteten Kriterien nicht auf, beinhaltet Kilometerstände, die mit dem entsprechenden § 57a KFG-Gutachten nicht übereinstimmen, und ist deshalb nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes mangelhaft. Überdies wurde nicht zweifelsfrei dargelegt, dass es sich um eine berufliche und nicht um eine private Fahrt gehandelt habe.

  • Aus-, Fortbildungs-, Umschulungskosten

Gemäß § 16 Abs. 10 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten oder einer damit verwandten beruflichen Tätigkeit und Aufwendungen für umfassende Umschulungsmaßnahmen, die auf eine tatsächliche Ausübung eines anderen Berufes abzielen.

In Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahe legen, darf die Veranlassung durch die Einkunftserzielung nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit notwendig erweisen. Die Notwendigkeit bietet in derartigen Fällen das verlässliche Indiz der betrieblichen bzw. beruflichen im Gegensatz zur privaten Veranlassung (s , 0097 mwN; ). Für die berufliche Notwendigkeit einer Bildungsmaßnahme spricht es, wenn sich der Teilnehmerkreis im Wesentlichen aus Angehörigen der Berufsgruppe des Steuerpflichtigen zusammensetzt. Trägt der Arbeitgeber einen Teil der Kurskosten oder stellt er den Arbeitnehmer für die Zeit der Schulungsmaßnahme gegen Weiterbezug des Gehalts dienstfrei, ist dies gleichfalls ein Indiz für die berufliche Notwendigkeit (). Nicht abzugsfähig sind jedenfalls alle Bildungsmaßnahmen, die auch bei nicht berufstätigen Personen von allgemeinen Interesse sind (vgl. Lenneis in Jakom, EStG, § 16, Rz 52).

Der Begründung der Beschwerdevorentscheidung kommt der Charakter eines Vorhalts zu ().

Auch auf die umfangreiche Stellungnahme im Vorlagebericht des Finanzamtes erfolgte seitens der Beschwerdeführerin keine Gegenäußerung.

Im vorliegenden Fall wurden vom Finanzamt ein Teil der beantragten Werbungskosten in der Beschwerdevorentscheidung berücksichtigt. Die beantragten Kosten der doppelten Haushaltsführung, Pendlerpauschale/Pendlereuro, Reisekosten, zum Teil Aufwendungen für Aus-, Fortbildungs- Umschulungskosten sowie Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen wurden steuerlich nicht berücksichtigt, da die Bf. trotz mehrerer Ergänzungsersuchen weder aussagekräftige Auskünfte noch geeignete Unterlagen beim Finanzamt eingereicht hat.

Das Beschwerdevorbringen ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht geeignet, die berufliche Veranlassung der beantragten Werbungskosten glaubhaft zu machen, die Bf. ist ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und hat zudem widersprüchliche Angaben gemacht.
Zu den beantragten Sonderausgaben und Kosten für außergewöhnliche Belastung wurden ebenfalls keine geeigneten Unterlagen für eine steuerliche Anerkennung vorgelegt,

Ausgehend von den gesetzlichen Bestimmungen und der Rechtsprechung des VwGH erweist sich auf Grund des vorliegenden Sachverhalts die Nichtanerkennung der von der Beschwerdeführerin beantragten Aufwendungen durch das Finanzamt als nicht rechtswidrig.

Somit kann der Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2015 im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung vom und den darin bereits berücksichtigten Werbungskosten teilweise stattgegeben werden, der Bescheid wird jedoch dahingehend abgeändert, dass die Aus-, Fortbildungs- bzw. Umschulungskosten in Höhe von € 184,20 nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden.


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Berechnung der Einkommensteuer
Gesamtbetrag der Einkünfte lt. BVE
25.620,50
Ausbildungskosten
+ 184,20
Pauschbetrag für Sonderausgaben
- 60,00
Einkommen
25.744,70
Einkommensteuer gem. § 33 Abs. 1 EStG 1988
(25.744,70 - 25.000,00) x 15.125,00/35.000,00 + 5.110,00
5.431,82
Verkehrsabsetzbetrag
- 291,00
Arbeitnehmerabsetzbetrag
- 54,00
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge
5.086,82
Steuer für die sonstigen Bezüge lt. BVE
236,28
Einkommensteuer
5.323,10
anrechenbare Lohnsteuer
- 3.456,54
0,44
Festgesetzte Einkommensteuer
1867,00

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerde wie im Spruch zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur) bzw. der als erwiesen anzunehmende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde, ist gegen dieses Erkenntnis eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 167 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 3 Pendlerverordnung, BGBl. II Nr. 276/2013
§ 16 Abs. 10 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2100954.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at