Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 05.05.2021, RV/2101133/2020

Ergänzungsausbildung einer Grenzpolizistin ist keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Familienbeihilfe ab April 2019, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte am mit Formular "Beih 100" Familienbeihilfe für sich ab . Beigelegt war die Bestätigung des Bildungszentrums der Sicherheitsakademie St. Pölten vom , wonach sie vom bis die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst absolviert.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag der Beschwerdeführerin ab April 2019 abgewiesen und unter Hinweis auf § 6 Abs. 2 lit. a iVm § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 begründend ausgeführt, dass eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 nicht vorliege, wenn eine Integration in einen Betrieb bereits erfolgt sei, ein Nahebezug zum künftigen Arbeitsplatz gegeben sei und keine allgemein anerkannte Qualifikation erreicht werde.
Die Ergänzungsausbildung stelle keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 dar.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin die Beschwerde mit der Begründung, dass sie am die Polizeigrundausbildung im Bildungszentrum Graz - auf Grund eines Sondervertrages nach § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung begründenden - privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund - begonnen habe. Sie absolviere die fremden- und grenzpolizeiliche Ausbildung.
Der Verwaltungsgerichtshof habe sehr deutlich den Unterschied der im Bereich des Bundesministeriums für Inneres vorhandenen exekutivdienstlichen Ausbildungen aufgearbeitet:

Der Verwaltungsgerichtshof habe ferner festgehalten, dass es unstrittig sei, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen seien.
Das Finanzamt habe unzutreffend und rechtswidrig eine 24-monatige - nicht durch Ausbildungsphasen unterbrochene - durchgehende Grundausbildung für den Exekutivdienst, die keinen Anspruch auf Familienbeihilfe begründet, angenommen.
Der 9-monatige - nicht durch Ausbildungsphasen unterbrochene - Ergänzungslehrgang für den Exekutivdienst, welchen sie absolviere, sei daher als eine Berufsausbildung anzusehen und begründe den Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. In der Begründung wurde unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 und der ständigen Rechtsprechung des VwGH zur "Berufsausbildung" ausgeführt, dass der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten verneine und qualifiziere dies als Berufsausübung. Es sei daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert werde. Daher spiele es keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis iSd § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gleichgehalten werden könne.

Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag), wiederholte ihr Beschwerdebegehren und ergänzte, dass das VwGH-Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, nicht zutreffend sei, da es nur auf die Ausbildungsunterbrechung der FGB-Kurse abstelle, nicht aber auf die Zeit der theoretischen Ausbildung.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 Abs. 5 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) idgF haben Kinder, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten und deren Unterhalt nicht zur Gänze aus Mitteln der Kinder- und Jugendhilfe oder nicht zur Gänze aus öffentlichen Mitteln zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes getragen wird, unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 bis 3). Erheblich behinderte Kinder im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c, deren Eltern ihnen nicht überwiegend den Unterhalt leisten und die einen eigenständigen Haushalt führen, haben unter denselben Voraussetzungen Anspruch auf Familienbeihilfe, unter denen eine Vollwaise Anspruch auf Familienbeihilfe hat (Abs. 1 und 3).

§ 6 Abs. 5 FLAG 1967 bezweckt die Gleichstellung von Kindern, deren Eltern ihnen nicht überwiegend Unterhalt leisten, mit Vollwaisen, für die niemand unterhaltspflichtig ist und die deshalb einen eigenen Anspruch auf Familienbeihilfe haben. Der Gesetzgeber will mit dieser Bestimmung in jenen Fällen Härten vermeiden, in denen Kinder sich weitgehend selbst erhalten müssen ().

Gemäß § 6 Abs. 1 FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe auch minderjährige Vollwaisen, wenn
a) sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
b) ihnen nicht Unterhalt von ihrem Ehegatten oder ihrem früheren Ehegatten zu leisten ist und
c) für sie keiner anderen Person Familienbeihilfe zu gewähren ist.

Nach § 6 Abs. 2 lit. a FLAG 1967 haben volljährige Vollwaisen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn auf sie die Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a bis c zutreffen und wenn sie das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und für einen Beruf ausgebildet werden oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind anzuwenden.

Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin lt. Bestätigung der Sicherheitsakademie vom vom bis die 9-monatige Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst absolviert.
Den von der Beschwerdeführerin angeführten Unterschieden der Ausbildungen der "Grenzpolizisten" zu denen der "Polizisten" (Exekutivdienst) folgend, handelt es sich bei der Ausbildung der Bf. um die letzte Phase der fremden- und grenzpolizeilichen Ausbildung im Exekutivdienst und nicht um die 24-monatige Grundausbildung im Exekutivdienst. Das geht auch aus ihrem Beschwerdevorbringen hervor. Bereits am begann die Beschwerdeführerin die 6-monatige Basisausbildung im fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst und nach der Kursunterbrechung mit der Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich mit Normalentgelt setzte sie die 9-monatige Ergänzungsausbildung ab April 2019 fort.

Das Bundesfinanzgericht stimmt dem Vorbringen der Bf. zu, dass das VwGH-Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, auf den hier zu beurteilenden Fall nicht zutreffend ist, aber in einem ähnlich gelagerten Fall zur "Ergänzungsausbildung" hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis , ausgesprochen, dass bei bereits berufstätigen Personen zwischen einer Berufsausbildung (für einen anderen als den ausgeübten Beruf) und einer Fortbildung im erlernten Beruf zu unterscheiden ist. Dienstrechtliche Begriffe im Zusammenhang mit einer Ausbildung sind dabei nicht ausschlaggebend (vgl. auch ).
Weiters führt der VwGH aus: "Der Sohn des Revisionswerbers (des Antragstellers betreffend Familienbeihilfe) hat im an die "sechsmonatige Basisausbildung der Grundausbildung (Grenzdienst)" anschließenden Zeitraum vom März 2017 bis zum März 2019 im Rahmen des Dienstverhältnisses als Grenzpolizist Dienst versehen und damit den Beruf eines Polizisten ausgeübt. Der Revisionswerber spricht davon, dass bei seinem Sohn in diesem Zeitraum eine "praktische Verwendung" erfolgte. Dass die daran wieder anschließende "Ergänzungsausbildung" während des Streitzeitraums eine Ausbildung zu einem anderen Beruf darstelle, behauptet auch der Revisionswerber nicht. Damit handelt es sich bei dieser Ausbildung um eine im bereits ausgeübten Beruf vorgesehene Fort- oder Weiterbildung im erlernten und ausgeübten Beruf, welche dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 lit b FLAG zu Folge nur dann einen Anspruch auf Familienbeihilfe vermitteln kann, wenn sie in einer Fachschule erfolgt. Dass es sich beim "Bildungszentrum der Sicherheitsakademie" um eine solche Fachschule handle, behauptet der Revisionswerber nicht und geht aus den vorgelegten Akten nicht hervor. Der Revisionswerber zeigt somit nicht auf, dass sein Sohn im Streitzeitraum vom April bis Dezember 2019 für einen (anderen als den bereits ausgeübten) Beruf ausgebildet worden wäre, dem Revisionswerber daher Familienbeihilfe zustünde."

Wie aus der jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hervorgeht, liegt, für die Ergänzungsausbildung im fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst, wie sie die Beschwerdeführerin im Streitzeitraum absolvierte, keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vor (vgl. auch und RV/2100090/2021).

Es war wie im Spruch zu entscheiden.

Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
Verweise




BFG, RV/2100090/2021
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101133.2020

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