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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 15.02.2010, RV/3482-W/09

Aufwendungen für chinesische Kräuter und Prothesenhalterung als außergewöhnliche Belastung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf, vertreten durch ADir. Martin Paulovics, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2005 entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Bescheid betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2005 abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der im Bundesdienst tätige Bw. wurde mit Bescheid vom zur Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2005 veranlagt, wobei das Finanzamt unter Hinweis auf den Familienstand des zum damaligen Zeitpunkt verheirateten Bw. die beantragten Kinderbetreuungskosten von 2.724 € mangels Zwangsläufigkeit nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannte.

In der gegen diesen Bescheid am erhobenen Berufung führte der Bw. - unter Beilage einer ärztlichen Bestätigung - aus, dass die Ehegattin des Bw. ob einer Krebserkrankung außer Stande gewesen sei, die Kinder zu betreuen.

Demzufolge erfülle der Betrag von 2.724 € den Status einer außergewöhnlichen Belastung.

Als Ergebnis eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens, im Zuge dessen die verausgabten Kinderbetreuungskosten seitens der Kinderbetreuungseinrichtung - abweichend von der Abgabenerklärung - im Betrag von 2.640 € bestätigt wurden, erließ das Finanzamt eine mit datierte Berufungsvorentscheidung.

Im Zuge der sich zu Gunsten des Bw. auswirkenden Neufestsetzung der Einkommensteuer 2005 versagte das Finanzamt neben - nicht mehr den weiteren Gegenstand des Verfahrens bildenden Aufwendungen - , den Kosten für Chinesische Kräuter, für Hepar Stann D, Chelidon, Hyperic Auro Cult sowie einer Prothesenhalterung den Abzug als außergewöhnliche Belastung.

Hierbei wurde begründend ausgeführt, dass nämliche Aufwendungen nicht unter den Terminus der Krankheitskosten subsumierbar seien, da deren Verausgabung nicht auf triftigen medizinischen Gründen basiert habe.

In dem mit datierten Vorlageantrag führte der Bw. aus, dass die an ober Stelle angeführten chinesischen Kräuter von dem als Allgemeinmediziner sowie als Arzt für traditionelle chinesische Medizin tätigen Herrn Dr. M im Rahmen der Krebstherapie verschrieben worden seien.

Ebenso verhalte es sich mit der Prothesenhalterung, deren Anschaffung sich aus der erfolgten Brustamputation ergeben habe sowie den übrigen in Streit stehenden Medikamenten, welche ebenfalls der Krebstherapie gedient hätten.

Den beigelegten Belegen ist zu entnehmen, dass sich an Kosten für Medikamente (inklusive chinesische Kräuter) ein Betrag von 510,79 € angefallen ist, während die Prothesenhalterung einen Aufwand von 3,60 € verursacht hat.

Über die Berufung wurde erwogen:

In Ansehung des Umstandes, dass die vom Finanzamt im Zuge der Rechtsmittelbearbeitung vorgenommenen Kürzungen (Seminarkosten, Aufwendungen für Badesalz, Nierenwärmre, Meditationskissen etc. ) - nicht nur als in Einklang mit der geltenden Rechtslage stehend zu qualifizieren -, sondern diese auch seitens des Bw. nicht mehr releviert werden, steht, gleichsam als "Restposten" die Anerkennung der chinesischen Kräuter, anderer medizinischer Präparate sowie der Prothesenhalterung als außergewöhnliche Belastung in Streit.

Gemäß § 34 Abs.1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen.

Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen: Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2), sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3) und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4). Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

Absatz 2 leg. cit. bestimmt, dass die Belastung außergewöhnlich ist, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

Eine Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (§ 34 Abs. 3 EStG 1988).

Vor näherer rechtlicher Beurteilung ist vorweg festzuhalten, dass es sich bei den, den Grossteil des Streitbetrages bildenden angeschafften chinesischen Kräutern um Aufwendungen handelt, welche als Ausfluss eine alternativmedizinischen Behandlung zu qualifizieren sind.

Hierbei wird zum Themenbereich der "alternativmedizinischen Behandlung" sowohl im Schrifttum zum EStG 1988 als auch in der Rechtsprechung des BFH die Auffassung vertreten, dass derartige Aufwendungen eine außergewöhnliche Belastung darstellen, wenn ihre durch Krankheit bedingte Zwangsläufigkeit mittels ärztliche Verordnung nachgewiesen wird (Doralt, EStG 1988, Tz 78 zu § 34; BFH , BStBl 2001 II 543; BFH v. II B 44/03; NV 2004; 335).

Was das Erfordernis der ärztlichen Verordnung in concreto anlangt, so beschränkt sich der Nachweis durch einen zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Mediziner (ARD 3214/15/80 und RME, ÖStZ 1992, 93) und erübrigt sich, wenn der Arzt selbst alternative Methoden anwendet.

Bezogen auf den zu beurteilenden Fall bedeuten vorstehende Ausführungen, dass nach dem Dafürhalten des unabhängigen Finanzsenates - abgesehen von der bereits aktenkundig schwerwiegenden Erkrankung der Ehegattin des Bw. - schon in Ansehung der Verordnung der in Streit stehenden Kräuter durch einen als Anwender der traditionellen chinesischen Medizin befugten Arzt nämliche Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu qualifizieren sind.

Nämliche Schlussfolgerung hat auch auf die übrigen strittigen Medikamente sowie die - ob erfolgter Brustamputation - notwendige Prothesenhalterung Anwendung zu finden, wobei anzumerken ist, dass die Abgabenbehörde zweiter Instanz auch in Bezug auf diese Aufwendungen, die in der Berufungsvorentscheidung zu Papier gebrachte Auffassung, wonach nämliche Aufwendungen nicht auf triftigen medizinischen Gründen basiert hätten, nicht zu teilen vermag.

Demzufolge war das Ausmaß der unter dem Titel "Krankheitskosten" anzuerkennenden außergewöhnlichen Belastungen um den Betrag von 514,39 € zu erhöhen und mit 4.220,17 € in Ansatz zu bringen.

Das Gesamtausmaß der außergewöhnlichen Belastungen (vor Abzug des Selbstbehalts) hatte somit unter Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten von 2.640 € auf insgesamt 6.860,17 € zu lauten.

Es war daher wie im Spruch zu befinden.

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
KAAAC-91264