Personenkraftwagen-Auslandsleasing / Eigenverbrauchsbesteuerung (Rechtslage ab 1. Jänner 2004)
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der Bw.gesmbH & CoKG, S., vertreten durch KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Kudlichstraße 41-43, 4020 Linz, vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Oststeiermark vom und betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2004 bis 2007 entschieden:
Den Berufungen wird Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Das Finanzamt hat im Wege der Wiederaufnahme der Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO bzw. hinsichtlich des Streitjahres 2007 im Wege der Erstveranlagung die von der Berufungswerberin (Bw.) an eine deutsche Leasinggesellschaft bezahlten Leasingraten für Personenkraftwagen in Höhe von € 28.158,37 (2004), € 33.191,68 (2005), € 15.534,72 (2006) und € 4.094,80 (2007) gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b UStG 1994 der Umsatzsteuer zum Normalsteuersatz in Höhe von 20 % unterworfen (vgl. Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom , Tz 3 und Punkt 1 der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ).
Die gegen die Umsatzsteuerbescheide eingebrachten Berufungen wurden im Wesentlichen folgendermaßen begründet:
Der EuGH habe im Urteil vom , C-155/01, Cookies World, festgestellt, dass die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. d UStG 1994, ab § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b UStG 1994 der 6. EG-RL entgegenstehe.
Die nunmehr befristete Regelung des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b UStG 1994 könne auch nicht auf Art. 17 Abs. 7 der 6. EG-RL gestützt werden, da es sich bei der in Rede stehenden Bestimmung um keine befristete konjunkturpolitische Maßnahme handle. Da die Befristung des Eigenverbrauchstatbestandes lediglich dazu diente, die bestehende Eigenverbrauchsbesteuerung aufrechtzuerhalten, um Abgabenausfälle zu vermeiden, stelle diese Regelung wohl keine konjunkturelle, sondern vielmehr eine "strukturelle Maßnahme" dar, die mit Art. 17 Abs. 7 der 6. EG-RL nicht gerechtfertigt werden könne. Diese Auffassung sei nicht nur aus der Judikatur des EuGH ableitbar, sondern werde auch in der herrschenden Literatur vertreten.
Überdies sei auf eine Reihe von Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates, in denen auch die von der Bw. vertretene Rechtsansicht bestätigt worden sei, zu verweisen.
Gegen die abweisenden Berufungsvorentscheidungen hat die Bw. den Antrag auf Vorlage der Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz gestellt und ergänzend Nachstehendes ausgeführt:
Auf Grund der nunmehr vorliegenden eindeutigen Judikaturlinie (; ; und ) sei eine weitere Verfahrensverzögerung nicht mehr begründbar.
Die Eigenverbrauchsbesteuerung könne auch nicht auf § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994 gestützt werden. Abgesehen davon, dass diese Rechtsansicht von der Literatur entschieden in Abrede gestellt werde, habe auch der Unabhängige Finanzsenat in einer Reihe von Entscheidungen (; -F/08; ; ; -I/06; -I/10; und ) diese Rechtsansicht verworfen.
Damit habe die strittige Eigenverbrauchsbesteuerung im Zusammenhang mit den im Ausland geleasten Personenkraftwagen wegen des Vorranges des Gemeinschaftsrechtes zu entfallen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Streitfrage "PKW-Auslandsleasing" in dem die Streitjahre 2004 bis 2007 betreffenden Erkenntnis vom , 2009/15/0121 Nachstehendes zu Recht erkannt:
"Zum "Pkw-Auslandsleasing" ist zunächst gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2008/15/0109 und 2007/15/0275, zu verweisen. Zutreffend ist demnach die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass die Regelung des § 1 Abs. 1 Z 2 lit. d UStG 1994 (idF BGBl. I Nr. 10/2003) bzw. § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b UStG 1994 (idF BGBl. I Nr. 134/2004) nicht anzuwenden ist.
Die belangte Behörde stützte die Besteuerung des "Pkw-Auslandsleasing" ab dem Kalenderjahr 2004 auf die Bestimmung des § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994. Diese Bestimmung wurde mit BGBl. I Nr. 134/2003 in das UStG 1994 eingefügt und steht für Zeiträume ab in Geltung. Die Bestimmung stellt in ihrem ersten Teilstrich die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstandes, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch den Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleich. Sie entspricht Art. 6 Abs. 2 lit. a der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie. Wie aus der Rechtsprechung des EuGH hervorgeht, will die genannte Richtlinienbestimmung die Nichtbesteuerung eines zu privaten Zwecken verwendeten Betriebsgegenstands verhindern (vgl. , Cookies World, Randnr. 56).
Eine tatsächliche Privatnutzung wurde von der belangten Behörde nur für das Kalenderjahr 2003 festgestellt. Für die Kalenderjahre ab 2004 stützt sich die belangte Behörde hingegen auf die Regelung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994, wonach (ua.) sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Miete von Personenkraftwagen nicht als für das Unternehmen ausgeführt gelten, sodass "auch die Verwendung für tatsächlich unternehmerische Zwecke (...) rechtlich eine solche für nichtunternehmerische" sei.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 aber die Bedeutung beizulegen, dass ein bloßer Vorsteuerausschluss vorliegt (vgl. den hg. Beschluss vom , 2000/14/0155). In diesem Sinne ist der Verwaltungsgerichtshof schon in dem noch zum UStG 1972 ergangenen Erkenntnis vom , 91/15/0045, der Ansicht der damals belangten Behörde entgegengetreten, durch den Umbau eines steuerbegünstigten Lkw in einen Pkw komme es zu einem Eigenverbrauch. Der durch den Umbau eingetretene Wechsel in die "fiktive nichtunternehmerische Sphäre" des § 12 Abs. 2 Z 2 lit. c UStG 1972 stelle keine Verwendung eines Gegenstandes für Zwecke außerhalb des Unternehmens iSd früheren § 1 Abs. 1 Z 2 lit. a UStG 1972 dar. Nichts anderes kann für den Geltungsbereich des Umsatzsteuergesetzes 1994 gelten (zum gemeinschaftsrechtlichen Hintergrund vgl. auch Tumpel, SWK 2005, S 506).
Die belangte Behörde kann daher mit dem Hinweis auf § 12 Abs. 2 Z 2 lit. b UStG 1994 keine Privatnutzung iSd § 3a Abs. 1a Z 1 erster Teilstrich UStG 1994 aufzeigen.
Die Bescheide betreffend Umsatzsteuer 2004 bis 2007 waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben."
Da sich auf Grund der im eingangs zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes dargelegten Erwägungen die Eigenverbrauchsbesteuerung der Leasingraten als rechtswidrig erweist, war den Berufungen ein Erfolg beschieden.
Somit ergeben sich nachstehende Änderungen der Bemessungsgrundlagen:
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2004 | 2005 | 2006 | 2007 | |
Eigenverbrauch lt. angefochtene Bescheide | 28.158,37 | 33.191,68 | 15.534,72 | 4.094,80 |
abzüglich Leasingraten lt. BE | -28.158,37 | -33.191,68 | -15.534,72 | -4.094,80 |
Eigenverbrauch lt. BE | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
2004 | 2005 | 2006 | 2007 | |
Umsätze 20 % lt. angef. Bescheide | 90.095,66 | 144.649,21 | 24.855,75 | 4.094,80 |
abzüglich Eigenverbrauch lt. angef. B. | -28.158,37 | -33.191,68 | -15.534,72 | -4.094,80 |
Umsätze 20 % lt. BE | 61.937,29 | 111.457,53 | 9.321,03 | 0,00 |
Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.
Beilage: 4 Berechnungsblätter
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Z 2 lit. b UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 3a Abs. 1a Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Personenkraftwagen Auslandsleasing Eigenverbrauch Leasingraten |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at