Ergänzungsausbildung eines Grenzpolizisten ist keine Berufsausbildung iSd FLAG 1967
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Abweisungsbescheid des Finanzamtes Graz-Umgebung vom betreffend Familienbeihilfe für ***1***, geb. xx.xx..1996, ab April 2019, SV-NR. ***2***, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte am Familienbeihilfe für seinen Sohn ***1***, geb. xx.xx..1996, da er als Schüler im BZS St. Pölten für die LPD Niederösterreich ausgebildet werde. Lt. Bestätigung des Bildungszentrums der Sicherheitsakademie St. Pölten vom habe der Sohn des Bf. vom bis die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst absolviert.
Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers ab April 2019 abgewiesen und begründend ausgeführt, dass eine Berufsausbildung iSd FLAG 1967 nicht vorliege, wenn eine Integration in einen Betrieb bereits erfolgt sei, ein Nahebezug zum künftigen Arbeitsplatz gegeben sei und keine allgemein anerkannte Qualifikation erreicht werde.
Lt. VwGH-Erkenntnis vom bestehe für Zeiten der Grundausbildung oder sonstige Ausbildungsphasen, die öffentliche Bedienstete in Zeit des Dienstverhältnisses absolvieren, hinfort kein Anspruch mehr auf Familienbeihilfe (inkl. Kinderabsetzbetrag).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die Beschwerde mit der Begründung, dass sein Sohn am die Polizeigrundausbildung im Bildungszentrum St. Pölten - auf Grund eines Sondervertrages nach § 36 VBG 1948 für die exekutivdienstliche Ausbildung begründenden - privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund - begonnen habe. Der Sohn absolviere keine fremden- und grenzpolizeiliche Ausbildung.
Der Verwaltungsgerichtshof habe sehr deutlich den Unterschied der im Bereich des Bundesministeriums für Inneres vorhandenen exekutivdienstlichen Ausbildungen aufgearbeitet:
Der Verwaltungsgerichtshof habe ferner festgehalten, dass es unstrittig sei, dass die Basisausbildung der Grundausbildung für die exekutivdienstliche Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich (Dauer 6 Monate) und die Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst (9 Monate) als Berufsausbildung im Sinne des Familienlastenausgleichsgesetzes anzusehen seien.
Das Finanzamt habe unzutreffend und rechtswidrig eine Ausbildungsphase der fremden- und grenzpolizeilichen exekutivdienstlichen Ausbildung, die keinen Anspruch auf Familienbeihilfe begründet (weil das FLAG 1967 den Begriff der Ausbildungsphase nicht kennt) bei der 24-monatigen durchgehenden Ausbildung des Sohnes angenommen.
Die 24-rnonatige - nicht durch Ausbildungsphasen unterbrochene - durchgehende Grundausbildung für den Exekutivdienst, welche mein Sohn absolviert, sei daher als eine Berufsausbildung anzusehen und begründe den Anspruch auf Familienbeihilfe gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0203, die Auffassung vertrete, dass die Ausbildungsphase / Grundausbildung eines (Grenz-)Polizisten keine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 darstelle.
Der Verwaltungsgerichtshof verneine in diesem Erkenntnis das Vorliegen einer Berufsausbildung für die gesamte Grundausbildung oder Ausbildungsphase von öffentlich Bediensteten und qualifiziere dies als Berufsausübung. Es sei daher unerheblich, ob eine Grundausbildung, praktische Verwendung oder Ergänzungsausbildung absolviert werde. Daher spiele es keine Rolle, ob das Ausbildungsentgelt einer Entschädigung aus einem anerkannten Lehrverhältnis iSd § 5 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 gleichgehalten werden könne.
Daraufhin stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) und wiederholte sein Beschwerdebegehren.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) idgF haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. ……………..
Gemäß § 2 Abs. 2 FLAG 1967 idgF hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört, Anspruch auf Familienbeihilfe. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.
Die Polizeigrundausbildung ist in der Verordnung des Bundesministers für Inneres über die Grundausbildungen für den Exekutivdienst (Grundausbildungsverordnung - Exekutivdienst BMI), BGBl. II Nr. 153/2017, geregelt. Diese Verordnung wurde aufgrund der Bestimmungen der §§ 26 und 144 BDG, des § 67 VBG und des §§ 1 Abs. 4 SPG erlassen.
Diese Verordnung regelt gemäß § 1 Z 1 für den Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres (BMI) die Grundausbildung für den Exekutivdienst - Polizeigrundausbildung.
Laut dem Ausbildungsplan der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres zur Grundausbildung für den Exekutivdienst gliedert sich die zweijährige Grundausbildung in die
Basisausbildung (12 Monate Theorie),
das Berufspraktikum I (3 Monate),
die Vertiefung der Ausbildung (5 Monate Theorie mit anschließender Dienstprüfung)
und das viermonatige Berufspraktikum II:
Im Erkenntnis , wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, "dass nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH unter den im Gesetz nicht definierten Begriff der Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG jedenfalls alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen fallen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. etwa Ra 2020/16/0017; Ra 2017/16/0030; 2009/16/0315; 2009/13/0127; und 2007/13/0125). Diese der Rechtsprechung des VwGH entnehmbare Definition der Berufsausbildung trifft nur auf die Fälle zu, welche außerhalb des in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG besonders geregelten Bereichs des Besuchs einer Einrichtung im Sinne des § 3 des Studienförderungsgesetzes (StudFG) liegen (vgl. etwa nochmals Ra 2020/16/0017; und Ro 2015/16/0033). Nach der zitierten ständigen Rechtsprechung des VwGH fallen die genannten Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird, jedenfalls unter den Begriff einer Berufsausbildung iSd § 2 FLAG."
Und weiters: "Hat die von der Revisionswerberin (Antragstellerin betreffend Familienbeihilfe) angesprochene Ausbildung ihres Sohnes - wie in der Beschwerde vorgebracht - in einer unter Rz 4 des Erkenntnisses Ra 2018/16/0203, erwähnten "Basisausbildung" mit einem Lehrplan und einer Stundentafel bestanden und hat diese - abgesehen allenfalls von einer Ausbildung im Waffengebrauch, in Selbstverteidigung oder im Sport - in theoretischen Unterweisungen, Aufgabenstellungen, Übungen und Arbeiten bestanden, dann läge darin noch eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG. (Hier: Nach Angabe der Revisionswerberin befand sich ihr Sohn seit , also seit dem ersten Tag der Dauer des Vertragsverhältnisses zum Bund, in der Polizeigrundausbildung im Bildungszentrum)".
Im vorliegenden Fall hat der Sohn des Beschwerdeführers jedoch lt. Bestätigung der Sicherheitsakademie vom vom bis die 9-monatige Ergänzungsausbildung zur Grundausbildung für den Exekutivdienst absolviert.
Den vom Beschwerdeführer angeführten Unterschieden der Ausbildungen der "Grenzpolizisten" zu denen der "Polizisten" (Exekutivdienst) folgend, handelt es sich bei der Ausbildung seines Sohnes entgegen den Angaben des Beschwerdeführers sehr wohl um die letzte Phase der fremden- und grenzpolizeilichen Ausbildung im Exekutivdienst und nicht um die 24-monatige Grundausbildung im Exekutivdienst. Außerdem scheinen lt. der Abfrage in der Finanz-Datenbank bereits seit div. Polizeidirektionen als Dienstgeber des Sohnes des Beschwerdeführers auf, daher geht das Bundesfinanzgericht davon aus, dass vor der
9-monatigen Ergänzungsausbildung ab April 2019 die 6-monatige Basisausbildung im fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst sowie die Kursunterbrechung mit der Verwendung im fremden- und grenzpolizeilichen Bereich mit Normalentgelt absolviert wurde.
In einem ähnlich gelagerten Fall hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis , ausgesprochen, dass bei bereits berufstätigen Personen zwischen einer Berufsausbildung (für einen anderen als den ausgeübten Beruf) und einer Fortbildung im erlernten Beruf zu unterscheiden ist. Dienstrechtliche Begriffe im Zusammenhang mit einer Ausbildung sind dabei nicht ausschlaggebend (vgl. auch ).
Weiters führt der VwGH aus: "Der Sohn des Revisionswerbers (des Antragstellers betreffend Familienbeihilfe) hat im an die "sechsmonatige Basisausbildung der Grundausbildung (Grenzdienst)" anschließenden Zeitraum vom März 2017 bis zum März 2019 im Rahmen des Dienstverhältnisses als Grenzpolizist Dienst versehen und damit den Beruf eines Polizisten ausgeübt. Der Revisionswerber spricht davon, dass bei seinem Sohn in diesem Zeitraum eine "praktische Verwendung" erfolgte. Dass die daran wieder anschließende "Ergänzungsausbildung" während des Streitzeitraums eine Ausbildung zu einem anderen Beruf darstelle, behauptet auch der Revisionswerber nicht. Damit handelt es sich bei dieser Ausbildung um eine im bereits ausgeübten Beruf vorgesehene Fort- oder Weiterbildung im erlernten und ausgeübten Beruf, welche dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 lit b FLAG zu Folge nur dann einen Anspruch auf Familienbeihilfe vermitteln kann, wenn sie in einer Fachschule erfolgt. Dass es sich beim "Bildungszentrum der Sicherheitsakademie" um eine solche Fachschule handle, behauptet der Revisionswerber nicht und geht aus den vorgelegten Akten nicht hervor. Der Revisionswerber zeigt somit nicht auf, dass sein Sohn im Streitzeitraum vom April bis Dezember 2019 für einen (anderen als den bereits ausgeübten) Beruf ausgebildet worden wäre, dem Revisionswerber daher Familienbeihilfe zustünde."
Wie aus der jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes somit hervorgeht, liegt für die Grundausbildung im Exekutivdienst Berufsausbildung iSd FLAG 1967 vor, aber nicht für die Ergänzungsausbildung im fremden- und grenzpolizeilichen Exekutivdienst, wie sie sein Sohn absolvierte (vgl. auch und RV/2100090/2021).
Es war wie im Spruch zu entscheiden.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht (siehe zitierte VwGH-Judikatur), ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2021:RV.2101201.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at