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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.04.2021, RV/7500127/2021

Vollstreckungsverfügung - u.a. unwirksamer Titelbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde der Beschuldigten vom gegen
-) die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom , Zahl: ***MA67/GZ1***, in Zusammenhang mit der Verwaltungsübertretung gemäß § 2 Abs 1 Kurzparkzonen-Überwachungs-VO
-) die Vollstreckungsverfügung des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6, vom , Zahl: ***MA67/GZ2***, in Zusammenhang mit der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 46/2016 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, idF. LGBl. für Wien Nr. 71/2018
zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG Folge gegeben und die angefochtenen beiden Vollstreckungsverfügungen werden ersatzlos aufgehoben.

Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Am (***MA67/GZ1***) erließ der Magistrat der Stadt Wien (MA 67) eine Strafverfügung an die Beschwerdeführerin. Darin wurde ihr zur Last gelegt, dass sie am um 8:47 Uhr in ***Abstellort1*** ein KFZ abgestellt hatte, ohne das Fahrzeug für die Dauer des Abstellens mit einer Parkscheibe zu kennzeichnen. Es wurde eine Geldstrafe von € 68 verhängt.

Am (GZ: ***MA67/GZ2***) erließ der Magistrat der Stadt Wien (MA 67) eine Strafverfügung an die Beschwerdeführerin. Darin wurde ihr zur Last gelegt, dass sie am um 11:03 Uhr in ***Abstellort2*** ein KFZ in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt hatte. Es wurde eine Geldstrafe von € 60 verhängt.

Bescheide

Am erließ der Magistrat der Stadt Wien (MA6 - BA32) zur GZ ***MA67/GZ1*** eine Vollstreckungsverfügung an die Beschwerdeführerin. Darin wurde sie aufgefordert, eine Geldstrafe in Höhe von € 68 sowie € 5 an Mahngebühr binnen zwei Wochen einzuzahlen, andernfalls die Zwangsvollstreckung verfügt wird.

Am erließ der Magistrat der Stadt Wien (MA6 - BA32) zur GZ ***MA67/GZ2*** eine Vollstreckungsverfügung an die Beschwerdeführerin. Darin wurde sie aufgefordert, eine Geldstrafe in Höhe von € 60 sowie € 5 an Mahngebühr binnen zwei Wochen einzuzahlen, andernfalls die Zwangsvollstreckung verfügt wird.

Beschwerde

Am langte bei der belangten Behörde ein E-Mail mit dem Betreff "Einspruch Strafzahlung 432993/2019, 516967/2018" ein. Der Text des E-Mails lautet:
"Sehr geehrte Damen und Herren,

Auf Grund das ich das Auto von den Kennzeichen ***Kennzeichen*** niemals gelenkt habe und weiß auch nicht zu wem dieses Auto auch gehört, möchte ich auch nicht die Staffe bezahlen.

Nach einen telefonischen Gespräch mit der MA67 habe ich erfahren, daß ich eine Mail an die Buchahltung senden soll mit der Eklärung weshalb ich zeitgercht die Post nicht geholt habe und einen Einspruch gemacht habe.

Dieses Mail sollte an die MA67 weiter geleitet werden.

Weshalb ich die Post nicht abgeholt habe, begründe ich mit dem das ich einen Kind am auf die Welt gebracht habe.

Dadurch das ich eine alleinziehende Mutter bin und öfters bei meiner Schwetser wohne, weil sie mir dabei Hilft und auch mehrmals nach Polen fahre um dort bei meinem Vater besuche wegen seinem Enkelkind kann es sein daß ich die Post nicht abgeholt habe und sie zurück an den Magistrat gesendet worden ist

Von den Straffen habe ich erst erfahren von dem Gerichtsvollzieher.

Anbei sende ich Ihnen die Geburtsurkunde von meinem Sohn als nachweiß das ich in der Zeit sehr beeinflußt war wegen einem Baby, was genau am und 24. Novembar 2018 sicher der Fall war."

Vorlageberichte

Mit Vorlagebericht vom zur GZ ***MA67/GZ2*** legte der Magistrat der Stadt Wien (MA67) das als Beschwerde gewertete E-Mail vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Als angefochtener Bescheid ist die Vollstreckungsverfügung vom angeführt.

Mit Vorlagebericht vom zur GZ ***MA67/GZ1*** legte der Magistrat der Stadt Wien (MA67) das als Beschwerde gewertete E-Mail vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Als angefochtener Bescheid ist die Vollstreckungsverfügung vom angeführt.

Beide Vorlageberichte sind am beim Bundesfinanzgericht eingelangt. Keiner der beiden Vorlageberichte enthält eine Stellungnahme der belangten Behörde.

Beschluss vom

Das Bundesfinanzgericht richtete nachfolgende Fragen mit Beschluss vom einerseits an die vorlegende Behörde (MA 67) und andererseits an die belangte Behörde (MA 6):
"I.
a) Akteninhalt:

In den vorgelten Verwaltungsakten befinden sich

-) zur Geschäftszahl ***MA67/GZ2***:

--) Eine Strafverfügung vom mit der Geschäftszahl ***MA67/GZ2*** des Magistrat der Stadt Wien MA67 in Höhe von insgesamt 60 €.

Kosten sind in dieser Strafverfügung nicht enthalten (Seiten 25-27 des Verwaltungsaktes). Vielmehr heißt es auf Seite 26 des Verwaltungsaktes (entspricht Seite 2 der Strafverfügung): "Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 60,00"

Ein Zustellnachweis ist in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten.

Eine Bestätigung der Vollstreckbarkeit ist auf der vorgelegten Strafverfügung nicht ersichtlich.

--) Eine Vollstreckungsverfügung vom mit der Geschäftszahl ***MA67/GZ2*** des Magistrat der Stadt Wien MA6 - BA32 mit dem Wortlaut "Die mit dem Schreiben vom ,GZ verhängte rechtskräftige Strafe wurde bis heute nicht bezahlt".

Die offenen Forderungen inkl. Mahngebühren betragen 65 €.

Ein Zustellnachweis ist in den vorgelegten Verwaltungsakten nicht enthalten.

-) zur Geschäftszahl ***MA67/GZ1***:

--) Eine Strafverfügung vom mit der Geschäftszahl ***MA67/GZ1*** des Magistrat der Stadt Wien MA67 in Höhe von insgesamt 68 €.

Kosten sind in dieser Strafverfügung nicht enthalten (Seiten 18-20 dieses Verwaltungsaktes). Vielmehr heißt es auf Seite 19 des Verwaltungsaktes (entspricht Seite 2 der Strafverfügung): "Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 68,00"

Auf Seite 21 des Verwaltungsaktes findet sich ein Ausdruck aus einem behördeninternen EDV-System, aus dem ersichtlich sein soll, dass die Strafverfügung per RSb versendet worden wäre. Ein Zustellnachweis findet sich jedoch nicht in jenen Verwaltungsakten, die dem Bundesfinanzgericht vorgelegt wurden.

Eine Bestätigung der Vollstreckbarkeit ist auf der vorgelegten Strafverfügung nicht ersichtlich.

--) Eine Vollstreckungsverfügung vom mit der Geschäftszahl ***MA67/GZ1*** des Magistrat der Stadt Wien MA6 - BA32 mit dem Wortlaut "Die mit dem Schreiben vom ,GZ verhängte rechtskräftige Strafe wurde bis heute nicht bezahlt".

Die offenen Forderungen inkl. Mahngebühren betragen 73 €.

Ein Zustellnachweis ist in den Verwaltungsakten nicht enthalten.

b) Rechtsprechung:

Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist dazu zu entnehmen:

• Voraussetzung für eine Vollstreckung nach den Bestimmungen des VVG ist, dass ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist und dass der Verpflichtete seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen ist.

• Ein ordnungsgemäßer Zustellnachweis macht als öffentliche Urkunde Beweis über die Zustellung; allerdings ist der Gegenbeweis möglich. Dass das Fehlen eines Zustellnachweises hat zur Folge, dass die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen hat ().

§ 3 Abs 2 VVG 1991 lautet: "(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist."

Die belangte Behörde der beiden Vollstreckungsverfügungen (MA 6 BA-32) und die Titelbehörde (MA67) werden aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen.

II. Für das Einlangen der Beantwortung wird eine Frist bis vorgemerkt."

Am langten zwei Antwortschreiben der MA67 beim Bundesfinanzgericht ein.
Zur GZ: ***MA67/GZ1*** heißt es:
"Sehr geehrte Damen und Herren!

In Bezug auf Ihren Beschluss vom darf die Magistratsabteilung 67 (Titelbehörde) höflich wie folgt Stellung nehmen:

Im gegenständlichen Verfahren wurde die Strafverfügung vom zur Zahl ***MA67/GZ1*** laut Formularabfertigung (Aktenseite 21) mittels RSb an die Beschuldigte, Fr. ***Bf1*** versendet und wurde am bei der Postgeschäftsstelle durch Hinterlegung zugestellt.

Das Dokument wurde von der Postgeschäftsstelle mit dem Vermerk "Nicht behoben" retourniert.

Mangels Erhebung eines (auch etwaig verspäteten) Einspruches wurde die Strafverfügung am rechtskräftig und wurde mangels Bezahlung des Strafbetrages in Höhe von EUR 68,00 die Vollstreckungsverfügung der Magistratsabteilung 6 - BA 32 vom zur Zahl ***MA67/GZ1*** laut ebenfalls Formularabfertigung (Aktenseite 25) mittels Fensterkuvert versendet.

Mit E-Mail vom erhob Fr. ***Bf1*** dagegen eine Beschwerde, welche mit der Beschwerdevorlage vom zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt wurde.

Eine Übermittlung des retournierten RSb-Kuverts der Strafverfügung ist leider nicht möglich, da rücklangende RSb-Kuverts mit dem Postvermerk "Nicht behoben" erst seit der 37. Kalenderwoche (somit ab dem 7.9.) des Jahres 2020 tatsächlich körperlich bei der Magistratsabteilung 67 zurücklangen.

Mangels eingeschriebener Versendung der Vollstreckungsverfügung ist die Vorlage eines Zustellnachweises daher ebenfalls nicht möglich.

Für weitere Auskünfte steht Ihnen die Magistratsabteilung gerne zur Verfügung".

Zur GZ ***MA67/GZ2*** heißt es:
"Sehr geehrte Damen und Herren!

In Bezug auf Ihren Beschluss vom darf die Magistratsabteilung 67 (Titelbehörde)

höflich wie folgt Stellung nehmen:

Im gegenständlichen Verfahren wurde die Strafverfügung vom zur Zahl ***MA67/GZ2*** laut beiliegender Formularabfertigung mittels RSb an die Beschuldigte, Fr. ***Bf1*** versendet und wurde am bei der Postgeschäftsstelle durch Hinterlegung zugestellt.

Das Dokument wurde von der Postgeschäftsstelle mit dem Vermerk ,Nicht behoben' retourniert.

Mangels Erhebung eines (auch etwaig verspäteten) Einspruches wurde die Strafverfügung am rechtskräftig und wurde mangels Bezahlung des Strafbetrages in Höhe von EUR 60,00 die Vollstreckungsverfügung der Magistratsabteilung 6 - BA 32 vom zur Zahl ***MA67/GZ2*** laut ebenfalls beiliegender Formularabfertigung mittels Fensterkuvert versendet.

Mit E-Mail vom erhob Fr. ***Bf1*** dagegen eine Beschwerde, welche mit der Beschwerdevorlage vom zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt wurde.

Eine Übermittlung des retournierten RSb-Kuverts der Strafverfügung ist leider nicht möglich, da rücklangende RSb-Kuverts mit dem Postvermerk ,Nicht behoben' erst seit der 37. Kalenderwoche (somit ab dem 7.9.) des Jahres 2020 tatsächlich körperlich bei der Magistratsabteilung 67 zurücklangen.

Für weitere Auskünfte steht Ihnen die Magistratsabteilung gerne zur Verfügung. "

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Magistrat der Stadt Wien (MA 67) hat zwei Strafverfügungen erlassen, die der Beschwerdeführerin mit Zustellnachweis zugestellt werden sollten. Für keine der beiden Strafverfügungen liegt ein Zustellnachweis vor. Es konnte nicht festgestellt werden, wie lange die Poststücke zur Abholung bereitgehalten wurden. Die Beschwerdeführerin hielt sich nicht ständig an der Abgabestelle auf.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass für die Strafverfügungen eine Vollstreckbarkeitsbestätigung erteilt wurde.

Die beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügungen wurden vom Magistrat der Stadt Wien (MA 6) mittels Fensterkuvert versendet. In beiden Vollstreckungsverfügungen heißt es:
"[…] Die mit dem Schreiben vom , GZ: verhängte rechtskräftige Strafe wurde bis heute nicht bezahlt: […]" Es konnte nicht festgestellt werden, auf welchem Titelbescheid sich die angefochtenen Vollstreckungsverfügungen beziehen.

Beweiswürdigung

In der Beschwerde vom hat die Beschwerdeführerin angeführt, dass sie im Mai 2018 ein Kind auf die Welt gebracht hatte und als alleinerziehende Mutter öfters bei ihrer Schwester wohnte oder zu ihrem Vater nach Polen gefahren ist. Daher hielt sich die Beschwerdeführerin nicht ständig an ihrer Wohnanschrift in ***Ort1*** auf. Der Beschwerde war eine polnische Geburtsurkunde (samt beglaubigter Übersetzung) angeheftet, aus der ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin im Mai 2018 in Polen ein Kind zur Welt gebracht hatte.
Weiters ist in der Beschwerde angeführt, dass die Beschwerdeführerin von den Strafverfügungen erst von einem Gerichtsvollzieher erfahren hatte.
Diese Angaben der Beschwerdeführerin blieben unwidersprochen. Die belangte Behörde hat auch im Vorlagebericht keine Stellungnahme abgegeben. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts entspricht es durchaus der Lebenserfahrung, dass Besuche bei nahen Verwandten, die im Ausland leben, durchaus länger dauern können.

Aus dem im Verwaltungsakt einliegenden "Formular" über die Zustellung der Strafverfügungen geht hervor, dass die Versendung der Strafverfügung am an die Adresse ***Bf1-Adr*** erfolgte. Angaben zum Zustellvorgang finden sich darin jedoch nicht:

Weiters enthält das Formular betreffend die Zustellung folgende Informationen:

Die Versendung der Strafverfügung vom , die an dieselbe Adresse erfolgte, wurde im Verwaltugnsakt wie folgt dokumentiert:

Auch in diesem Formular finden sich keine näheren Angaben zur Hinterlegung.

In den Stellungnahmen vom erläutert der Magistrat der Stadt Wien zunächst, dass die Strafverfügungen mittels RSb versendet wurden, und am bzw. am bei der Postgeschäftsstelle durch Hinterlegung zugestellt wurden. Sodann gibt der Magistrat der Stadt Wien bekannt, dass das "Dokument wurde von der Postgeschäftsstelle mit dem Vermerk ,Nicht behoben' retourniert" wurde und dass "rücklangende RSb-Kuverts mit dem Postvermerk ,Nicht behoben' erst seit der 37. Kalenderwoche (somit ab dem 7.9.) des Jahres 2020 tatsächlich körperlich bei der Magistratsabteilung 67 zurücklangen". Damit ist es nicht möglich, zu beurteilen, wie lange das Dokument zur Abholung bereit gehalten wurde und zu welchem Zeitpunkt tatsächlich die Rücksendung erfolgte.

Die Feststellung, dass auf den angefochtenen Vollstreckungsverfügungen nicht auf eine bestimmte bescheidmäßig festgesetzte Strafe verwiesen wurde, ergibt sich aus der in den Verwaltungsakten aufliegende Durchschrift der beiden Vollstreckungsverfügungen. In diesen Vollstreckungsverfügungen ist zwar das konkrete Delikt genannt, allerdings fehlt sowohl die Tatzeit als auch der Tatort. Ein Verweis auf einen Titelbescheid fehlt ebenfalls:

Der Satz "Da der Bescheid nunmehr vollstreckbar ist, fordern wir Sie noch einmal auf, den Gesamtbetrag binnen zwei Wochen einzuzahlen." geht ins Leere, weil in der gesamten Vollstreckungsverfügung kein Bescheid genannt ist, auf den dieser Satz zutreffen könnte. Eine Vollstreckbarkeitsbestätigung einer Strafverfügung, die weder mit Geschäftszahl, Datum oder nach anderen Identifizierungsmerkmalen genannt ist, kann darin nicht erblickt werden.
Im Beschluss vom , der sowohl an die belangte Behörde (MA6) als auch an die vorlegende Behörde (MA67) gerichtet ist und der auch beiden Magistratsabteilungen nachweislich zugestellt wurde, wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine Bestätigung der Vollstreckbarkeit auf der vorgelegten Strafverfügung nicht ersichtlich. In den Antwortschreiben vom der MA67 (Titelbehörde) wurde dem nicht widersprochen.

Rechtsgrundlagen

§ 54b VStG 1991 (Verwaltungsstrafgesetz) lautet:

Vollstreckung von Geldstrafen

§ 54b. (1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

(1b) Als Grundlage für die Einbringung der vollstreckbar gewordenen Mahngebühr ist ein Rückstandsausweis auszufertigen, der den Namen und die Anschrift des Bestraften, den pauschalierten Kostenbeitrag und den Vermerk zu enthalten hat, dass der Kostenbeitrag vollstreckbar geworden ist. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896.

(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.

§ 3 VVG (Verwaltungsvollstreckungsgesetz) lautet:

Eintreibung von Geldleistungen

§ 3. (1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.

(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.

(3) Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts sowie der Bund, die Länder und die Gemeinden können die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts können dies nur, soweit ihnen zur Eintreibung einer Geldleistung die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.

§ 10 VVG lautet:

Verfahren

§ 10. (1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 17 Zustellgesetz (ZuStG) lautet:

Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

§ 22 Zustellgesetz lautet:

Zustellnachweis

§ 22. (1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

(2) Der Übernehmer des Dokuments hat die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden.

(3) An die Stelle der Übersendung des Zustellnachweises kann die elektronische Übermittlung einer Kopie des Zustellnachweises oder der sich daraus ergebenden Daten treten, wenn die Behörde dies nicht durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Zustellnachweis ausgeschlossen hat. Das Original des Zustellnachweises ist mindestens fünf Jahre nach Übermittlung aufzubewahren und der Behörde auf deren Verlangen unverzüglich zu übersenden.

(4) Liegen die technischen Voraussetzungen dafür vor, so kann die Beurkundung der Zustellung auch elektronisch erfolgen. In diesem Fall hat der Übernehmer auf einer technischen Vorrichtung zu unterschreiben; an die Stelle der Unterschriftsleistung kann auch die Identifikation und Authentifizierung mit der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 des E-Government-Gesetzes - E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004) treten. Die die Beurkundung der Zustellung betreffenden Daten sind dem Absender unverzüglich zu übermitteln.

RechtlicheBeurteilung

Voraussetzungen für die Vollstreckung:

Für die rechtmäßige Erlassung einer Vollstreckungsverfügung müssen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Der Vollstreckungsverfügung muss ein entsprechender zu vollstreckender Bescheid (Titelbescheid) zu Grunde liegen, der gegenüber dem Verpflichteten wirksam ergangen (vgl. zB ).

  • Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung)

  • Der Verpflichtete ist seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen (vgl. zB )

  • Die Leistung im Titelbescheid muss mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimmen (vgl. ).

Als "Vollstreckungsverfügungen" sind Verfügungen von Vollstreckungsbehörden anzusehen, die im Zuge des Vollstreckungsverfahrens ergehen und unmittelbar die Durchführung der Vollstreckung zum Gegenstand haben (vgl. ). Diese sind als Bescheide vor den Verwaltungsgerichten anfechtbar. Einer Beschwerde gegen eine Vollstreckungsverfügung kommt gemäß § 10 Abs. 2 VVG keine aufschiebende Wirkung zu.

Wirksamkeit des Titelbescheides:

Voraussetzung für eine Vollstreckung ist, dass überhaupt ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist (vgl. ). Die Vollstreckbarkeit des Titelbescheides ist grundsätzlich eine Folge der Rechtskraft und tritt somit im Zweifel erst mit dieser gemeinsam ein (vgl. ).

Ein Titelbescheid wird gegenüber der Partei durch Zustellung rechtswirksam. Eine rechtswirksame Zustellung durch Hinterlegung iSd § 17 ZustG setzt u.a. voraus, dass die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen nach Hinterlegung zur Abholung bereit gehalten wird (; ).

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO iVm § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind.

Im Verwaltungsakt ist keine "Übernahmebestätigung" und auch kein Zustellnachweis von RSb-Briefen enthalten, sondern nur ein "Formular" mit Daten (Name, Dienststelle, Status, Genehmigungsdatum, GZ. der MA 67, etc.). Auf diesem "Formular" fehlen aber wichtige Daten im Zusammenhang mit der Zustellung durch Hinterlegung. So kann nicht nachvollzogen werden, bei welcher Post-Geschäftsstelle zB die Strafverfügung oder ein Straferkenntnis hinterlegt wurde, an welchem Tag der Zustellversuch stattgefunden hat oder ob der Zusteller die Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt hat.

Da es an einem urkundlichen Zustellnachweis fehlt, war zu würdigen, ob sonstige eindeutige Hinweise auf eine wirksame Zustellung gegeben sind (). Die belangte Behörde hat keine solche Hinweise vorgebracht. Hingegen hat die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde angeführt, dass sie immer wieder von ihrer Abgabestelle abwesend war und sich bei Verwandten - zum Teil im Ausland - aufhielt. Die Beschwedeführerin hat damit erste Zweifel an der Wirksamkeit der Zustellung der Strafverfügungen geäußert. Eindeutige Hinweise auf eine Wirksame Zustellung durch Hinterlegung sind damit nicht gegeben.

Ohne Zustellnachweis kann nicht beurteilt werden, ob überhaupt die Hinterlegung rechtmäßig war. Es kann auch nicht beurteilt werden, ob die mindestens zweiwöchige Hinterlegungsfrist eingehalten wurde. Bleiben Zweifel an der Rechtswirksamkeit der Zustellung, dann geht dies zu Lasten der Behörde ().

Die übermittelten Daten betreffend die Hinterlegung von behördlichen Schriftstücken stellen somit nach Ansicht des BFG keinen ausreichenden Zustellnachweis dar (vgl. sowie die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien vom , VGW-107/007/11601/2020).

Da somit keine wirksame Zustellung des Titelbescheides vorliegt, konnte dieser auch nie in Rechtskraft erwachsen. Die Voraussetzungen für die Vollstreckungsverfügungen liegen damit nicht vor. Der Beschwerde war schon aus diesem Grund Folge zu geben.

Vollstreckbarkeitsbestätigung

Zur Vollstreckung von Geldleistungen muss der Vollstreckungstitel mit einer Vollstreckungsbestätigung der Titelbehörde (die Behörde, von welcher der Vollstreckungstitel stammt) versehen sein. Mit der Vollstreckungsbestätigung wird bestätigt, dass der Titel keinem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug unterliegt.

Die Vollstreckungsbehörde hat nur zu prüfen, ob ein exekutierbarer Titel vorliegt und die Vollstreckung zulässig ist (, ). Die Vollstreckbarkeitsbestätigung ist kein Bescheid, sondern eine Beurkundung (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 1288 mwN).

Die Entscheidung (über die Rechtmäßigkeit bzw. die Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung) ist keine Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG, sondern ein verfahrensrechtlicher Bescheid. Das Verfahren richtet sich (nicht nach dem VVG sondern) nach den für das Titelverfahren geltenden Vorschriften. Das Verfahren zur Erteilung oder Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung ist noch dem Verfahren zur Schaffung des Exekutionstitels zuzurechnen (). Über die Rechtmäßigkeit der Vollstreckbarkeitsbestätigung hat jene Stelle zu entscheiden, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist ().

Eine Bestätigung der Vollstreckbarkeit der Titelbescheide konnte nicht festgestellt werden. Auf den im Verwaltungsakt aufliegenden Exemplaren der Strafverfügungen vom und vom findet sich keine Vollstreckbarkeitsbestätigung. Der auf den angefochtenen Bescheiden aufgedruckte Satz "Da der Bescheid nunmehr vollstreckbar ist, fordern wir Sie noch einmal auf, den Gesamtbetrag binnen zwei Wochen einzuzahlen." kann ebenfalls nicht die Vollstreckbarkeitsbestätigung sein, weil diese zeitlich gesehen vor der Erlassung der Vollstreckungsverfügung zu ergehen hat.

Bestimmtheit / Konkretisierung:

Eine Vollstreckungsverfügung kann daher nur eine solche Verpflichtung zum Gegenstand haben, die dem Verpflichteten mit dem zu vollstreckenden Bescheid auferlegt worden ist (vgl. ). Verweist die Vollstreckungsverfügung auf den Titelbescheid, so ist sie eindeutig. Einer weiteren Konkretisierung bedarf es nicht, wenn der Titelbescheid so bestimmt ist, dass sein Spruch Titel einer Vollstreckungsverfügung sein kann ().

Einerseits wird in den angefochtenen Vollstreckungsverfügungen nicht einmal auf einen Titelbescheid verweisen. Es findet sich lediglich die Formulierung "Die mit dem Schreiben vom , GZ: verhängte rechtskräftige Strafe wurde bis heute nicht bezahlt:". Andererseits sind jene Bescheide, nämlich die Strafverfügungen vom und vom nicht wirksam zugestellt worden.

Die angefochtenen Bescheide waren daher aus mehreren Gründen aufzuheben.

Zulässigkeitder Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Wien, am

Der Magistrat der Stadt Wien (MA 67) hat zwei Strafverfügungen erlassen, die der Beschwerdeführerin mit Zustellnachweis zugestellt werden sollten. Für keine der beiden Strafverfügungen liegt ein Zustellnachweis vor. Es konnte nicht festgestellt werden, wie lange die Poststücke zur Abholung bereitgehalten wurden. Die Beschwerdeführerin hielt sich nicht ständig an der Abgabestelle auf.

Es konnte nicht festgestellt werden, dass für die Strafverfügungen eine Vollstreckbarkeitsbestätigung erteilt wurde.

Die beschwerdegegenständlichen Vollstreckungsverfügungen wurden vom Magistrat der Stadt Wien (MA 6) mittels Fensterkuvert versendet. In beiden Vollstreckungsverfügungen heißt es:
"[…] Die mit dem Schreiben vom , GZ: verhängte rechtskräftige Strafe wurde bis heute nicht bezahlt: […]" Es konnte nicht festgestellt werden, auf welchem Titelbescheid sich die angefochtenen Vollstreckungsverfügungen beziehen.

Beweiswürdigung

In der Beschwerde vom hat die Beschwerdeführerin angeführt, dass sie im Mai 2018 ein Kind auf die Welt gebracht hatte und als alleinerziehende Mutter öfters bei ihrer Schwester wohnte oder zu ihrem Vater nach Polen gefahren ist. Daher hielt sich die Beschwerdeführerin nicht ständig an ihrer Wohnanschrift in ***Ort1*** auf. Der Beschwerde war eine polnische Geburtsurkunde (samt beglaubigter Übersetzung) angeheftet, aus der ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin im Mai 2018 in Polen ein Kind zur Welt gebracht hatte.
Weiters ist in der Beschwerde angeführt, dass die Beschwerdeführerin von den Strafverfügungen erst von einem Gerichtsvollzieher erfahren hatte.
Diese Angaben der Beschwerdeführerin blieben unwidersprochen. Die belangte Behörde hat auch im Vorlagebericht keine Stellungnahme abgegeben. Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts entspricht es durchaus der Lebenserfahrung, dass Besuche bei nahen Verwandten, die im Ausland leben, durchaus länger dauern können.

Aus dem im Verwaltungsakt einliegenden "Formular" über die Zustellung der Strafverfügungen geht hervor, dass die Versendung der Strafverfügung am an die Adresse ***Bf1-Adr*** erfolgte. Angaben zum Zustellvorgang finden sich darin jedoch nicht:

Weiters enthält das Formular betreffend die Zustellung folgende Informationen:

Die Versendung der Strafverfügung vom , die an dieselbe Adresse erfolgte, wurde im Verwaltugnsakt wie folgt dokumentiert:

Auch in diesem Formular finden sich keine näheren Angaben zur Hinterlegung.

In den Stellungnahmen vom erläutert der Magistrat der Stadt Wien zunächst, dass die Strafverfügungen mittels RSb versendet wurden, und am bzw. am bei der Postgeschäftsstelle durch Hinterlegung zugestellt wurden. Sodann gibt der Magistrat der Stadt Wien bekannt, dass das "Dokument wurde von der Postgeschäftsstelle mit dem Vermerk ,Nicht behoben' retourniert" wurde und dass "rücklangende RSb-Kuverts mit dem Postvermerk ,Nicht behoben' erst seit der 37. Kalenderwoche (somit ab dem 7.9.) des Jahres 2020 tatsächlich körperlich bei der Magistratsabteilung 67 zurücklangen". Damit ist es nicht möglich, zu beurteilen, wie lange das Dokument zur Abholung bereit gehalten wurde und zu welchem Zeitpunkt tatsächlich die Rücksendung erfolgte.

Die Feststellung, dass auf den angefochtenen Vollstreckungsverfügungen nicht auf eine bestimmte bescheidmäßig festgesetzte Strafe verwiesen wurde, ergibt sich aus der in den Verwaltungsakten aufliegende Durchschrift der beiden Vollstreckungsverfügungen. In diesen Vollstreckungsverfügungen ist zwar das konkrete Delikt genannt, allerdings fehlt sowohl die Tatzeit als auch der Tatort. Ein Verweis auf einen Titelbescheid fehlt ebenfalls:

Der Satz "Da der Bescheid nunmehr vollstreckbar ist, fordern wir Sie noch einmal auf, den Gesamtbetrag binnen zwei Wochen einzuzahlen." geht ins Leere, weil in der gesamten Vollstreckungsverfügung kein Bescheid genannt ist, auf den dieser Satz zutreffen könnte. Eine Vollstreckbarkeitsbestätigung einer Strafverfügung, die weder mit Geschäftszahl, Datum oder nach anderen Identifizierungsmerkmalen genannt ist, kann darin nicht erblickt werden.
Im Beschluss vom , der sowohl an die belangte Behörde (MA6) als auch an die vorlegende Behörde (MA67) gerichtet ist und der auch beiden Magistratsabteilungen nachweislich zugestellt wurde, wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine Bestätigung der Vollstreckbarkeit auf der vorgelegten Strafverfügung nicht ersichtlich. In den Antwortschreiben vom der MA67 (Titelbehörde) wurde dem nicht widersprochen.

Rechtsgrundlagen

§ 54b VStG 1991 (Verwaltungsstrafgesetz) lautet:

Vollstreckung von Geldstrafen

§ 54b. (1) Rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen sind binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

(1a) Im Fall einer Mahnung gemäß Abs. 1 ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von fünf Euro zu entrichten. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der Behörde zu tragen hat.

(1b) Als Grundlage für die Einbringung der vollstreckbar gewordenen Mahngebühr ist ein Rückstandsausweis auszufertigen, der den Namen und die Anschrift des Bestraften, den pauschalierten Kostenbeitrag und den Vermerk zu enthalten hat, dass der Kostenbeitrag vollstreckbar geworden ist. Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel im Sinne des § 1 der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896.

(2) Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollziehen. Der Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe hat zu unterbleiben, soweit die ausstehende Geldstrafe erlegt wird. Darauf ist in der Aufforderung zum Strafantritt hinzuweisen.

(3) Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen, wodurch die Strafvollstreckung aufgeschoben wird. Die Entrichtung der Geldstrafe in Teilbeträgen darf nur mit der Maßgabe gestattet werden, dass alle noch aushaftenden Teilbeträge sofort fällig werden, wenn der Bestrafte mit mindestens zwei Ratenzahlungen in Verzug ist.

§ 3 VVG (Verwaltungsvollstreckungsgesetz) lautet:

Eintreibung von Geldleistungen

§ 3. (1) Die Verpflichtung zu einer Geldleistung ist in der Weise zu vollstrecken, daß die Vollstreckungsbehörde durch das zuständige Gericht nach den für das gerichtliche Exekutionsverfahren geltenden Vorschriften die Eintreibung veranlaßt. In diesem Fall schreitet die Vollstreckungsbehörde namens des Berechtigten als betreibenden Gläubigers ein. Die Vollstreckungsbehörde kann die Eintreibung unter sinngemäßer Anwendung der Vorschriften über die Einbringung und Sicherung der öffentlichen Abgaben selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis gelegen ist.

(2) Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung). Einwendungen gegen den Anspruch im Sinne des § 35 der Exekutionsordnung - EO, RGBl. Nr. 79/1896, sind bei der Stelle zu erheben, von der der Vollstreckungstitel ausgegangen ist.

(3) Natürliche Personen, juristische Personen des Privatrechts sowie der Bund, die Länder und die Gemeinden können die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen. Andere juristische Personen des öffentlichen Rechts können dies nur, soweit ihnen zur Eintreibung einer Geldleistung die Einbringung im Verwaltungsweg (politische Exekution) gewährt ist.

§ 10 VVG lautet:

Verfahren

§ 10. (1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs. 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung.

§ 17 Zustellgesetz (ZuStG) lautet:

Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.

§ 22 Zustellgesetz lautet:

Zustellnachweis

§ 22. (1) Die Zustellung ist vom Zusteller auf dem Zustellnachweis (Zustellschein, Rückschein) zu beurkunden.

(2) Der Übernehmer des Dokuments hat die Übernahme auf dem Zustellnachweis durch seine Unterschrift unter Beifügung des Datums und, wenn er nicht der Empfänger ist, seines Naheverhältnisses zu diesem zu bestätigen. Verweigert er die Bestätigung, so hat der Zusteller die Tatsache der Verweigerung, das Datum und gegebenenfalls das Naheverhältnis des Übernehmers zum Empfänger auf dem Zustellnachweis zu vermerken. Der Zustellnachweis ist dem Absender unverzüglich zu übersenden.

(3) An die Stelle der Übersendung des Zustellnachweises kann die elektronische Übermittlung einer Kopie des Zustellnachweises oder der sich daraus ergebenden Daten treten, wenn die Behörde dies nicht durch einen entsprechenden Vermerk auf dem Zustellnachweis ausgeschlossen hat. Das Original des Zustellnachweises ist mindestens fünf Jahre nach Übermittlung aufzubewahren und der Behörde auf deren Verlangen unverzüglich zu übersenden.

(4) Liegen die technischen Voraussetzungen dafür vor, so kann die Beurkundung der Zustellung auch elektronisch erfolgen. In diesem Fall hat der Übernehmer auf einer technischen Vorrichtung zu unterschreiben; an die Stelle der Unterschriftsleistung kann auch die Identifikation und Authentifizierung mit der Bürgerkarte (§ 2 Z 10 des E-Government-Gesetzes - E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004) treten. Die die Beurkundung der Zustellung betreffenden Daten sind dem Absender unverzüglich zu übermitteln.

RechtlicheBeurteilung

Voraussetzungen für die Vollstreckung:

Für die rechtmäßige Erlassung einer Vollstreckungsverfügung müssen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgende Voraussetzungen vorliegen:

  • Der Vollstreckungsverfügung muss ein entsprechender zu vollstreckender Bescheid (Titelbescheid) zu Grunde liegen, der gegenüber dem Verpflichteten wirksam ergangen (vgl. zB ).

  • Der Vollstreckungstitel muss mit einer Bestätigung der Stelle, von der er ausgegangen ist, oder der Vollstreckungsbehörde versehen sein, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht mehr unterliegt (Vollstreckbarkeitsbestätigung)

  • Der Verpflichtete ist seiner Verpflichtung innerhalb der festgesetzten Frist und bis zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens nicht nachgekommen (vgl. zB )

  • Die Leistung im Titelbescheid muss mit dem zu vollstreckenden Bescheid übereinstimmen (vgl. ).

Als "Vollstreckungsverfügungen" sind Verfügungen von Vollstreckungsbehörden anzusehen, die im Zuge des Vollstreckungsverfahrens ergehen und unmittelbar die Durchführung der Vollstreckung zum Gegenstand haben (vgl. ). Diese sind als Bescheide vor den Verwaltungsgerichten anfechtbar. Einer Beschwerde gegen eine Vollstreckungsverfügung kommt gemäß § 10 Abs. 2 VVG keine aufschiebende Wirkung zu.

Wirksamkeit des Titelbescheides:

Voraussetzung für eine Vollstreckung ist, dass überhaupt ein entsprechender Titelbescheid vorliegt, dass dieser gegenüber dem Verpflichteten wirksam geworden ist (vgl. ). Die Vollstreckbarkeit des Titelbescheides ist grundsätzlich eine Folge der Rechtskraft und tritt somit im Zweifel erst mit dieser gemeinsam ein (vgl. ).

Ein Titelbescheid wird gegenüber der Partei durch Zustellung rechtswirksam. Eine rechtswirksame Zustellung durch Hinterlegung iSd § 17 ZustG setzt u.a. voraus, dass die hinterlegte Sendung mindestens zwei Wochen nach Hinterlegung zur Abholung bereit gehalten wird (; ).

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung wird der Beweis, dass eine Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist, durch den eine öffentliche Urkunde darstellenden Zustellnachweis (Rückschein) erbracht, gegen den jedoch gemäß § 292 Abs. 2 ZPO iVm § 24 VStG und § 47 AVG der Gegenbeweis zulässig ist. Behauptet jemand, es liege ein Zustellmangel vor, hat er diese Behauptung entsprechend zu begründen und Beweise dafür anzuführen, welche die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet sind.

Im Verwaltungsakt ist keine "Übernahmebestätigung" und auch kein Zustellnachweis von RSb-Briefen enthalten, sondern nur ein "Formular" mit Daten (Name, Dienststelle, Status, Genehmigungsdatum, GZ. der MA 67, etc.). Auf diesem "Formular" fehlen aber wichtige Daten im Zusammenhang mit der Zustellung durch Hinterlegung. So kann nicht nachvollzogen werden, bei welcher Post-Geschäftsstelle zB die Strafverfügung oder ein Straferkenntnis hinterlegt wurde, an welchem Tag der Zustellversuch stattgefunden hat oder ob der Zusteller die Verständigung über die Hinterlegung in die Abgabeeinrichtung eingelegt hat.

Da es an einem urkundlichen Zustellnachweis fehlt, war zu würdigen, ob sonstige eindeutige Hinweise auf eine wirksame Zustellung gegeben sind (). Die belangte Behörde hat keine solche Hinweise vorgebracht. Hingegen hat die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde angeführt, dass sie immer wieder von ihrer Abgabestelle abwesend war und sich bei Verwandten - zum Teil im Ausland - aufhielt. Die Beschwedeführerin hat damit erste Zweifel an der Wirksamkeit der Zustellung der Strafverfügungen geäußert. Eindeutige Hinweise auf eine Wirksame Zustellung durch Hinterlegung sind damit nicht gegeben.

Ohne Zustellnachweis kann nicht beurteilt werden, ob überhaupt die Hinterlegung rechtmäßig war. Es kann auch nicht beurteilt werden, ob die mindestens zweiwöchige Hinterlegungsfrist eingehalten wurde. Bleiben Zweifel an der Rechtswirksamkeit der Zustellung, dann geht dies zu Lasten der Behörde ().

Die übermittelten Daten betreffend die Hinterlegung von behördlichen Schriftstücken stellen somit nach Ansicht des BFG keinen ausreichenden Zustellnachweis dar (vgl. sowie die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien vom , VGW-107/007/11601/2020).

Da somit keine wirksame Zustellung des Titelbescheides vorliegt, konnte dieser auch nie in Rechtskraft erwachsen. Die Voraussetzungen für die Vollstreckungsverfügungen liegen damit nicht vor. Der Beschwerde war schon aus diesem Grund Folge zu geben.

Vollstreckbarkeitsbestätigung

Zur Vollstreckung von Geldleistungen muss der Vollstreckungstitel mit einer Vollstreckungsbestätigung der Titelbehörde (die Behörde, von welcher der Vollstreckungstitel stammt) versehen sein. Mit der Vollstreckungsbestätigung wird bestätigt, dass der Titel keinem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug unterliegt.

Die Vollstreckungsbehörde hat nur zu prüfen, ob ein exekutierbarer Titel vorliegt und die Vollstreckung zulässig ist (, ). Die Vollstreckbarkeitsbestätigung ist kein Bescheid, sondern eine Beurkundung (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 1288 mwN).

Die Entscheidung (über die Rechtmäßigkeit bzw. die Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung) ist keine Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 10 Abs. 2 VVG, sondern ein verfahrensrechtlicher Bescheid. Das Verfahren richtet sich (nicht nach dem VVG sondern) nach den für das Titelverfahren geltenden Vorschriften. Das Verfahren zur Erteilung oder Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung ist noch dem Verfahren zur Schaffung des Exekutionstitels zuzurechnen (). Über die Rechtmäßigkeit der Vollstreckbarkeitsbestätigung hat jene Stelle zu entscheiden, von der der Exekutionstitel ausgegangen ist ().

Eine Bestätigung der Vollstreckbarkeit der Titelbescheide konnte nicht festgestellt werden. Auf den im Verwaltungsakt aufliegenden Exemplaren der Strafverfügungen vom und vom findet sich keine Vollstreckbarkeitsbestätigung. Der auf den angefochtenen Bescheiden aufgedruckte Satz "Da der Bescheid nunmehr vollstreckbar ist, fordern wir Sie noch einmal auf, den Gesamtbetrag binnen zwei Wochen einzuzahlen." kann ebenfalls nicht die Vollstreckbarkeitsbestätigung sein, weil diese zeitlich gesehen vor der Erlassung der Vollstreckungsverfügung zu ergehen hat.

Bestimmtheit / Konkretisierung:

Eine Vollstreckungsverfügung kann daher nur eine solche Verpflichtung zum Gegenstand haben, die dem Verpflichteten mit dem zu vollstreckenden Bescheid auferlegt worden ist (vgl. ). Verweist die Vollstreckungsverfügung auf den Titelbescheid, so ist sie eindeutig. Einer weiteren Konkretisierung bedarf es nicht, wenn der Titelbescheid so bestimmt ist, dass sein Spruch Titel einer Vollstreckungsverfügung sein kann ().

Einerseits wird in den angefochtenen Vollstreckungsverfügungen nicht einmal auf einen Titelbescheid verweisen. Es findet sich lediglich die Formulierung "Die mit dem Schreiben vom , GZ: verhängte rechtskräftige Strafe wurde bis heute nicht bezahlt:". Andererseits sind jene Bescheide, nämlich die Strafverfügungen vom und vom nicht wirksam zugestellt worden.

Die angefochtenen Bescheide waren daher aus mehreren Gründen aufzuheben.

Zulässigkeitder Revision

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis weicht das Bundesfinanzgericht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, sondern folgt der in den oben angeführten Erkenntnissen zum Ausdruck gebrachten Judikaturlinie.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 54b VStG, Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991
§ 3 VVG, Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991, BGBl. Nr. 53/1991
§ 17 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2021:RV.7500127.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at