Ausstehende Stammeinlage
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Gesellschaftsteuer entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Am (beim Finanzamt eingelangt am ) richtete die Berufungswerberin an das Finanzamt nachstehende Eingabe betr. Rechtsauskunft: i.S. Gesellschaftsteuer: Die G-GmbH, wurde am per Notariatsakt gegründet und am ins Firmenbuch eingetragen. Da gemäß Artikel XV § 1 Z 5 NeuFöG die Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsrechten durch den ersten Erwerber im Zusammenhang mit der Neugründung nicht erhoben wird, stellt sich nunmehr die Frage, ob diese Befreiung für die im Gesellschaftsvertrag im Zuge der Gründung der Kapitalgesellschaft übernommenen Gesellschaftsrechte/-anteil gilt, oder lediglich für die erstmals geleistete Einzahlung und nicht für weitere Einzahlungen auf ausstehende Einlagen. Unserer Meinung nach gestaltet sich der Sachverhalt derart, dass die Gesellschaftsrechte mit Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages übernommen werden, und die Befreiung für den ersten Erwerber zur Anwendung kommt. Darauf schließen wir unter anderem, weil in Artikel XV § 1 NeuFöG der Erwerb der Gesellschaftsrechte bezeichnet wird und nicht die Einzahlung auf das Stammkapital. Aufgrund von Diskussionen mit Kollegen und einem Notar stellt sich nun die Frage, ob wir einem Irrtum bezüglich der Befreiung von der Abfuhr der Gesellschaftsteuer erlegen sind. Aus den oben angeführten Überlegungen heraus wurde für später geleistete Einzahlungen auf die übernommenen Stammeinlagen keine Gesellschaftsteuer abgeführt. Leider wurde auch verabsäumt, die entsprechenden Meldungen/Erklärungen über die Einzahlung der ausstehenden Einlagen einzureichen, da wir der Meinung waren, dass dies von notarieller Seite bereits bei der Gründung erledigt wurde. Es wurden folgende Einzahlungen geleistet:
(in der Folge sind Einzahlungen von insgesamt 300.000,00 € im Zeitraum von bis angeführt). Wir ersuchen daher um Auskunft, ob die Befreiung von der Abfuhr der Gesellschaftsteuer für sämtliche bei der Gründung der Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber übernommenen Gesellschaftsrechte (inklusive der darauf noch nicht geleisteten Einzahlungen) zur Anwendung kommt und zum anderen, sofern die Befreiung gemäß Art. XV § 1 NeuFöG für spätere Einzahlungen auf die erstmals übernommenen Gesellschaftsrechte nicht anwendbar ist, um Vorschreibung der Gesellschaftsteuer ohne Gebühren, Zuschläge oder ähnlichem, da wir bei Nicht-Befreiung die Gesellschaftsteuer aufgrund eines Missverständnisses nicht abgeführt haben und nicht beabsichtigen, die Gesellschaftsteuer vorsätzlich nicht abzuführen. Es liegt nunmehr eine entsprechende Gesellschaftsteuererklärung inklusive Geltendmachung der Steuerbefreiung bei.
Der Eingabe war die Gesellschaftsteuererklärung gem. § 10 Abs. 1 KVG (Formular Kap 11) angeschlossen, aus welcher hervorgeht: Rechtsvorgang: Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber; Erwerb von Gesellschaftsrechten ohne Gegenleistung; der Wert der Gesellschaftsrechte beträgt 300.000,00 €; Steuerbefreiung gemäß Artikel XV § 1 Z 5 NeuFöG. Die Gesellschaftsrechte wurden bei der Errichtung der Gesellschaft im Jahr 2004 vom einzahlenden Gesellschafter übernommen. Es handelt sich hierbei um den ersten Erwerber. Es wurden lediglich ausstehende Einlagen auf das übernommene Stammkapital eingezahlt.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte das Finanzamt die Gesellschaftsteuer in Höhe von 3.000,00 € fest.
In der Berufung wird eingewendet: Die Gesellschaftsrechte werden bei Zeichnung, somit bei der Gründung des Unternehmens übernommen, somit sei ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Gründung gegeben. Auch im KVG sei nicht ersichtlich, dass die Gesellschaftsrechte nicht mit der Zeichnung, sondern mit der Einzahlung erworben werden. Es sei zwar vielfach darauf hingewiesen, dass Kapitalerhöhungen nicht befreit seien, aber die ausstehende Einzahlung, also die Zahlung des Preises, auf bereits übernommene Gesellschaftsrechte und dies sei nicht mit einem Erwerb oder einer Kapitalerhöhung gleichzusetzen. Sofern die Gesellschaftsrechte nicht bei Zeichnung, sondern erst bei Einzahlung ausstehender Einlagen voll erworben werden, stelle sich die Frage, warum Stimmrechte voll ausgeübt werden können und nicht nur im Verhältnis der eingezahlten Stammeinlagen. Auch dies lasse darauf schließen, dass der Erwerb der Gesellschaftsrechte mit der Zeichnung und nicht erst mit der vollständigen Einzahlung erfolge.
Das Finanzamt wies die Berufung als unbegründet ab; im Vorlageantrag wird das Berufungsvorbringen im Wesentlichen wiederholt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Unstrittig bzw. der Aktenlage entsprechend ist, dass der Gesellschaftsvertrag am geschlossen wurde und die Eintragung ins Firmenbuch erfolgt ist. Bei Einsichtnahme in den Firmenbuchauszug ergibt sich, dass anlässlich der Eintragung im Firmenbuch eine Stammeinlage der Gesellschafterin Gemeinde S in Höhe von 400.000,00 € festgelegt war, von welcher 100.000,00 € geleistet waren. Die Einzahlung des restlichen Stammkapitals in Höhe von insgesamt 300.000,00 € erfolgte nach dem Parteienvorbringen von bis . Das Formular NeuFö 1 wurde dem Finanzamt - ebenso unstrittig - nicht vorgelegt.
Gemäß § 1 Neugründungs-Förderungsgesetz (NeuFöG) werden zur Förderung der Neugründung von Betrieben nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 nicht erhoben: Z 5 Gesellschaftsteuer für den Erwerb von Gesellschaftsrechten unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft durch den ersten Erwerber.
§ 3 NeuFöG lautet: Als Kalendermonat der Neugründung gilt jener, in dem der Betriebsinhaber erstmals werbend nach außen in Erscheinung tritt.
In den Erläuterungen zu diesem Bundesgesetz ist hinsichtlich § 1 Z 5 NeuFöG ausgeführt, bei der Gesellschaftsteuer erstrecke sich die Befreiung lediglich auf die Gründungseinlagen anlässlich der Neugründung einer Gesellschaft (1766 BlgNR 20. GP). Darunter ist zu verstehen, dass erstmals eine konkrete Kapitalgesellschaft gegründet wird.
Nach den Bestimmungen des GmbH-Gesetzes erfolgt die Gründung der Gesellschaft durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrages und durch die Eintragung. Die diesbezüglichen Bestimmungen im GmbH-Gesetz lauten: § 4 Abs. 1 GmbHG: Der Gesellschaftsvertrag muss bestimmen: 1. die Firma und den Sitz der Gesellschaft, 2. den Gegenstand des Unternehmens, 3. die Höhe des Stammkapitals, 4. den Betrag der von jedem Gesellschafter auf das Stammkapital zu leistenden Einlage (Stammeinlage). (Abs. 2 und 3 hier nicht von Bedeutung) § 11 GmbHG: Die Eintragung der Gesellschaft wird durch Eintragung des Gesellschaftsvertrages in das Firmenbuch vorgenommen. Bei der Eintragung ... .
Die Gründung der Gesellschaft ist somit in diesem Zeitpunkt erfolgt. (Anmerkung: Das Stimmrecht in der Generalversammlung bzw. dessen Umfang ergeben sich aus dem Gesellschaftsvertrag bzw. unmittelbar aus dem Gesetz und richtet sich nach dem Anteil am Stammkapital, nicht aber nach der einbezahlten Einlage).
Soweit der zeitliche Zusammenhang zwischen der Gründung der Gesellschaft und der Einzahlung des restlichen Stammkapitals geltend macht, ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass es sich bei den zu beurteilenden Steuertatbeständen um Rechtsvorgänge handelt. Diese Tatbestände knüpfen aber an eine formalrechtliche Gestaltung an und sind insoweit einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zugänglich. Damit ist auch die gewisse zeitliche Nähe der Vorgänge nicht maßgeblich.
Eine Ausweitung der Gesellschaftsteuerbefreiung für den Erwerb von Gesellschaftsrechten unmittelbar im Zusammenhang mit der Neugründung der Gesellschaft durch den ersten Erwerber nach § 1 Z 5 NeuFöG ist somit auf Rechtsvorgänge, welche nicht mit der Neugründung der Gesellschaft unmittelbar in Zusammenhang stehen, wie zB. Kapitalerhöhungen, nicht möglich, selbst wenn es sich dabei um einen ersten Erwerb im Sinne des § 2 Z 1 KVG handelt (). Damit vergleichbar ist die Einzahlung des restlichen Stammkapitals, auch wenn sie in nahem zeitlichen Zusammenhang mit der Gründung der Gesellschaft erfolgt.
Dazu kommt im gegenständlichen Fall noch Folgendes: Gemäß § 4 NeuFöG treten die Wirkungen nach § 1 unter den Voraussetzungen der Abs. 1 bis 4 ein. Die begünstigenden Wirkungen des NeuFöG treten nur bei Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen ein (). Die Vorlage der Erklärung auf einem amtlichen Vordruck sowie die "begleitende Beratung" sind materielle Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Begünstigungen und haben zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der jeweiligen Behörde zu erfolgen (). Mangels Vorliegens dieser gesetzlichen Voraussetzung steht die Abgabenbefreiung ebenso nicht zu.
Linz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Z 5 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999 § 4 NeuFöG, Neugründungs-Förderungsgesetz, BGBl. I Nr. 106/1999 |
Schlagworte | Stammeinlage Einzahlung |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at