Nachversteuerung von Einnahmen in Zusammenhang mit einem Dienstverhältnis
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung vom der Bw., vertreten durch PwC PricewaterhouseCoopers, in 1030 Wien, Erdbergstraße 200, gegen den Bescheid vom des Finanzamtes für den 1. Bezirk in Wien betreffend Haftung zur Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer, Vorschreibung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für den Zeitraum bis wie folgt entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Im Zuge einer bei der Berufungswerberin (in der Folge: Bw.) durchgeführten Lohnsteuerprüfung traf das Prüfungsorgan - neben hier nicht strittigen - ua. auch folgende Feststellung: Im Kalenderjahr 1997 habe die Bw. an drei ihrer Dienstnehmer - leitende Angestellte - folgende Beträge ausbezahlt: an den Dienstnehmer C S 3.372.806,00, an den Dienstnehmer P S 5.720.917,00 und an den Dienstnehmer Sch S 2.648.936,00 (in Summe: S 11.742.659,00). Diese Beträge habe die Bw. jedoch nicht zur Gänze, sondern nur in folgender Höhe versteuert: bei dem Dienstnehmer C habe sie einen Betrag in Höhe von S 124.202,00, beim Dienstnehmer P einen Betrag in Höhe von S 113.346,00 und beim Dienstnehmer Sch einen Betrag in Höhe von S 149.654,00 versteuert.
Das Prüfungsorgan stellte fest, dass die Dienstnehmer den Betrag von in Summe S 11.742.659,00 für den Verkauf ihrer GPU´s erhalten haben. In diesem Zusammenhang hat das Prüfungsorgan folgenden Sachverhalt erhoben: Bei der B&P/Y&RGmbH habe es konzernweit einen "GROWTH PARTICIPATION PLAN", kurz "GPU-Plan" genannt, gegeben. Dieser besage, dass leitende Angestellte an diesem beteiligt werden sollen. Die Beteiligung sei ausschließlich am Wachstum - der Substanz - des Konzerns erfolgt. Als Nachweis hätten von der Bw. lediglich der erwähnte "GPU-Plan" in englischer Originalfassung, welcher im Zuge eines Vorhalteverfahrens durch ein abgeändertes deutschsprachiges Exemplar ergänzt worden sei, und die Kopie eines Zertifikates (Anmerkung: in englischer Originalfassung) vorgelegt werden können. Demzufolge habe der GPU-Plan vorgesehen, dass den im Konzern tätigen leitenden Angestellten Wachstumsbeteiligungspunkte zuerkannt werden. Die Zuteilung bei der österreichischen Tochter (Anmerkung: = Bw.) sei erstmals 1979 und letztmalig 1992 erfolgt. Die Bewertung der Wachstumsbeteiligungspunkte sei jährlich seitens der Konzernmutter (USA) erfolgt. Diese Werte seien in der Bilanz der österreichischen Tochter rückgestellt worden. So sei in der Bilanz zum als Rückstellung "GPU" ein Betrag von S 3.906.628,00 ausgewiesen gewesen. Im Kalenderjahr 1996 seien S 953.233,00 der Rückstellung aufgelöst worden; exakt dieser Betrag sei an den ausgeschiedenen Dienstnehmer Dr.A zur Auszahlung gelangt.
Um den Börsengang der Konzernmutter in den USA nicht zu vereiteln, sei es erforderlich gewesen, die "Beteiligung in Form von Punkten" von den leitenden Angestellten zurückzukaufen. Der Rückkaufspreis habe S 11,742.659,00 betragen und sei auf dem Konto Afa-Finanzanlagen (Aufwandskonto: 8007) verbucht worden.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Prüfungsorgan die Auffassung, von einem Zufluss unentgeltlich erworbener Beteiligungen könne nur dann ausgegangen werden, wenn der Erwerber wirtschaftlicher Eigentümer der Beteiligung werde. Das sei nur dann der Fall, wenn der Erwerber über die Beteiligung frei verfügen könne und der Verkauf oder die Weitergabe an Dritte nicht eingeschränkt sei. Da aber laut "GPU-Plan" die zugeteilten Wachstumsbeteiligungspunkte weder am freien Markt handelbar gewesen seien noch von den Inhabern an Dritte hätten veräußert werden können, sondern erst zum Zeitpunkt des Börsenganges der Konzernmutter von dieser zu einem ernorm hohen Preis zurückgekauft worden seien, hätte im Zeitpunkt der Zuteilung eindeutig keine Übertragung (Zufluss) stattgefunden. Der Zufluss habe vielmehr im Jahre 1997 mit dem Rückkauf der GPU´s stattgefunden, so dass zu diesem Zeitpunkt die an die Dienstnehmer ausbezahlten Beträge zur Gänze zu versteuern gewesen wären. Unter Anrechnung der auf die bereits versteuerten Teilbeträge entfallenden Lohabgaben ist das Prüfungsorgan zu einer Nachforderung (Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag) in Summe von S 6.325.806,00 gelangt.
Das Finanzamt ist sowohl in der Darstellung des Sachverhaltes als auch in der rechtlichen Beurteilung dem Prüfungsorgan gefolgt und hat einen dementsprechenden Abgabenbescheid erlassen.
Dagegen richtet sich die gegenständliche Berufung im Wesentlichen mit der Begründung, bei den GPU's handle es sich um (frei verfügbare) Wirtschaftsgüter, die den Dienstnehmern bereits im Zeitpunkt der Zuteilung zugeflossen seien. Im Einzelnen führt die Bw. wie folgt aus: Der Y&R Konzern habe im Jahre 1979 (durch einen Beschluss des Board of Committee bei Y&R Inc.) weltweit einen "Growth Participation Plan" (kurz "GPU-Plan") für ausgewählte Mitarbeiter eingeführt. Eine wortwörtliche Übersetzung des Begriffes Growth Participation Plan aus dem Englisch-Deutschen Sprachwörterbuch sei nicht zu finden. Möglich wäre Wachstumsbeteiligungsplan. In diesen Plan seien auch drei Mitarbeiter der österreichischen Tochtergesellschaft (= Bw.) aufgenommen worden. Die Vorgangsweise bei der Zuteilung hat die Bw. wie folgt beschrieben: Die einzelnen Arbeitnehmer hätten keinen Anspruch auf Teilnahme am GPU-Plan gehabt. Vielmehr habe das Komitee des Konzerns die Arbeitnehmer ausgewählt, die am GPU-Plan teilnehmen durften. Die ausgewählten Arbeitnehmer hätten während des Jahres points - Wachstumspunkte - zugeteilt erhalten, die im Januar des folgenden Jahres in units - Wachstumseinheiten - umgetauscht worden seien. Darüber hätten die Arbeitnehmer Wachstumszertifikate, so genannte "Growth Participation Unit Certificates", erhalten. In weiterer Folge hat die Bw. kurz die Berechnung des Wertes der Wachstumspunkte dargelegt.
In rechtlicher Hinsicht vertritt die Bw. die Auffassung, in wirtschaftlicher Betrachtungsweise lägen mit den GPU's an die Zustimmung des Board of Committee gebundene verfügbare Wirtschaftsgüter in Form der Wachstumseinheiten für die ausgewählten Arbeitnehmer vor, die ab dem Zeitpunkt der Umwandlung der Wachstumspunkte in Wachstumseinheiten in die freie Disposition (bis auf die Zustimmung) der ausgewählten Arbeitnehmer übertragen worden seien. Das bedeute, dass jede einzelne Zuteilung von Wachstumspunkten nach Umwandlung in Wachstumseinheiten ein eigenes in die freie Disposition gelangendes Wirtschaftsgut darstelle. Nach dem GPU-Plan und dem Wachstumszertifikat könnten - so die Bw. weiter - die Wachstumseinheiten mit Zustimmung des Board of Committee veräußert, verkauft, übertragen, verpfändet, hypothekarisch oder sonst wie belastet werden. Den in diesem Zusammenhang maßgeblichen Auszug aus dem Wachstumszertifikat hat die Bw. wie folgt übersetzt: "Ohne die vorherige Zustimmung des Komitees können weder dieses Zertifikat noch irgendwelche darin enthaltenen Rechte in irgendeiner Weise übertragen oder verpfändet werden (durch den Inhaber des Zertifikates); und jeder Versuch des Inhabers dieses Zertifikates oder irgendwelche solche Rechte zu übertragen oder zu verpfänden soll Null und nichtig sein".
Das Finanzamt hat die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Streit besteht darüber, ob den Arbeitnehmern bereits im Zeitpunkt der Umwandlung der Wachstumsbeteiligungspunkte in Wachstumsbeteiligungseinheiten (GPU's) ein geldwerter Vorteil aus dem Dienstverhältnis zugeflossen ist - so die Auffassung der Bw. - oder ob erst die im Jahre 1997 erfolgte Veräußerung (in Höhe des Verkaufserlöses) zu einem Zufluss geführt hat - so die Auffassung des Finanzamtes.
Gemäß § 19 Abs. 1 EStG 1988 sind Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind.
Nach vorherrschender Lehre und ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Einnahmen dann als zugeflossen anzusehen, wenn der Empfänger über sie rechtlich und wirtschaftlich verfügen kann, sobald er also die volle Verfügungsmacht über sie erhält (Doralt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, Band II, Tz 8 zu § 19 mit Judikaturhinweisen und Zl. 98/15/0142, Zl. 92/15/0048, Zl. 82/13/0266, Zl. 84/13/0044).
In der Berufung hat die Bw. wiederholt vorgebracht, die Arbeitnehmer hätten - die Zustimmung des Komitees vorausgesetzt - über die GPU's frei verfügen können und wären daher in ihrer Disposition nicht eingeschränkt gewesen.
Nach Auffassung der Berufungsbehörde ergibt sich aus dem Erfordernis, dass jegliche Disposition über die GPU's der vorherigen Zustimmung des Komitees bedurfte, genau das Gegenteil: dass den Arbeitnehmern die freie Disposition über die GPU's zur Gänze untersagt gewesen ist. Davon, mit der Umwandlung der Wachstumsbeteiligungspunkte in Wachstumsbeteiligungseinheiten (GPU's) hätten die Arbeitnehmer die volle wirtschaftliche und rechtliche Verfügungsmacht eingeräumt erhalten, kann daher nicht die Rede sein.
Die Berufungsbehörde schließt sich daher der Auffassung des Finanzamtes, dass nicht im Zeitpunkt der Umwandlung der Wachstumsbeteiligungspunkte in Wachstumsbeteiligungseinheiten (GPU's) sondern bei der Veräußerung der GPU's ein Zufluss im Sinne des § 19 Abs. 1 EStG 1988 stattgefunden hat, an.
Der angefochtene Bescheid entspricht somit der Sach- und Rechtslage, so dass wie im Spruch zu entscheiden war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 19 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Einnahmen Zufluss |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at