Beginn des Berichtigungszeitraums gem. § 12 Abs. 10 UStG 1994 bei Mietgebäuden
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0499-S/12-RS1 | Die Nutzung von Mietgebäuden als Anlagevermögen beginnt spätestens dann, wenn die Mieter das Gebäude beziehen und darin wohnen. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Vermieter A*** und B*** BW***, Anschrift_BW, vertreten durch Mag. Peter Reiter, 5020 Salzburg, Sigmund-Haffner-Gasse 12/6, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land, vertreten durch Mag. Peter Staudinger, vom betreffend Umsatzsteuer 2005 entschieden:
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Die Berufung richtet sich ausschließlich gegen die Höhe der mit Umsatzsteuerbescheid 2005 vom festgesetzten Vorsteuerkorrektur gem. § 12 Abs. 10 UStG 1994.
Das Finanzamt korrigierte EUR 2.753,46 und damit 4/10 der 1997 und 1998 für die Wohnung in Anschrift_Wohnung geltend gemachten Vorsteuern, weil diese von bis nicht mehr vermietet, sondern privat verwendet wurde. Unbestritten ist dabei, dass die Wohnung in dieser Zeit vom Sohn im Rahmen eines zu fremdunüblichen Konditionen abgeschlossenen Mietvertrages genutzt wurde und dass eine Privatnutzung zu unterstellen ist, die aus der damaligen Sicht zur dauerhaften Überführung der Wohnung vom Unternehmensbereich in den Privatbereich führte.
Die erstmalige Verwendung der Wohnung als Anlagevermögen nahm das Finanzamt mit an und begründete dies damit, dass der erstmalige Mietvertrag vom als Beginn der Mietzeit den nannte.
In der Berufung vom wendeten die Berufungswerber ein, die tatsächliche Verwendung habe schon 1998 stattgefunden. Als Beweis dafür wurde ein Zeitungsinserat vom November 1998 vorgebracht. Die Vorsteuerkorrektur betrage deshalb nur EUR 2.056,10 und damit 3/10 der ursprünglich geltend gemachten Vorsteuern.
Das Finanzamt wies dieses Rechtsmittel als unbegründet ab und argumentierte, die Anschaffung oder Herstellung allein bzw. die bloße Verwendungsmöglichkeit genüge nicht, um von einer Verwendung als Anlagevermögen auszugehen. In den für 1998 eingereichten Steuererklärungen werde festgestellt, dass keine Verwendung erfolgte (keine Einnahmen, keine AfA).
Die Berufungswerber beantragten daraufhin mit Schreiben vom die Vorlage der Berufung an den Unabhängigen Finanzsenat. Im Mietvertrag werde unter Punkt VII (Sicherstellung) angeführt, dass der Anspruch der Mieterin auf Übergabe des Mietgegenstandes erst mit Bezahlung einer Kaution in Form einer Bankgarantie entstehe. Als Anlage wurde die Kopie der letzten Seite einer Bankgarantie vom vorgelegt, in der auf den Haftungsvertrag vom 3. bzw. hingewiesen wird. Weiters wurde dem Vorlageantrag der Ausdruck einer E-Mail vom vorgelegt, in der die damalige Mieterin angab, dass sie sich sehr gut daran erinnern könne, dass sie bereits kulanter Weise Mitte Dezember 1998 den Schlüssel für die Wohnung ... erhalten habe und von da an auch schon Möbel abstellen und sonstiges Inventar hinbringen durfte. Sie habe dann auch die letzten Tage im Dezember bereits dort gewohnt, weil sie ja ihre alte Wohnung noch ausmalen und putzen habe müssen.
Nachdem das Finanzamt die Berufung der Rechtsmittelbehörde mit Vorlagebericht vom kommentarlos vorgelegt hatte, wies diese es mit Schreiben vom darauf hin, dass die Steuerakten nur Zeiträume ab 2003 beinhalten und dass sich aus den Akten kein Hinweis ergibt, der gegen die Glaubwürdigkeit der - mit der E-Mail dokumentierten - Angaben der Erstmieterin spricht. Für den Fall, dass das Finanzamt diese Auffassung nicht teile, ersuchte der Unabhängige Finanzsenat um eine Begründung und beauftragte die Abgabenbehörde 1. Instanz mit entsprechenden ergänzenden Ermittlungen (z.B. Zeugeneinvernahme etc.) sowie der Vorlage der Umsatzsteuerakten 1997 bis 2002 und des Arbeitsbogens der Betriebsprüfung ABNr. #####/11.
Im Antwortschreiben vom hielt das Finanzamt fest, dass die Erstmieterin erst ab den Hauptwohnsitz in der gegenständlichen Wohnung gehabt habe (ZMR-Abfrage vom ). Aus der Niederschrift über die Nachschau (vom ) ergebe sich, dass die Vermietung an den Sohn nur deshalb erfolgte, um der Vorsteuerberichtigung zu entgehen. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Vermietung in wirtschaftlicher Betrachtungsweise tatsächlich erst ab 1999 geplant war. Dafür spreche auch, dass von den Berufungswerbern erst im Jahr 1999 Umsätze aus V+V erklärt worden seien sowie eine AfA geltend gemacht worden sei. Die Aktenteile 1997 bis 2002 seien bereits skartiert und nur mehr in elektronischer Form vorhanden. Vorgelegt wurden diese Unterlagen nicht.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gem. § 12 Abs. 10 UStG 1994 gilt:
Ändern sich bei einem Gegenstand, den der Unternehmer in seinem Unternehmen als Anlagevermögen verwendet oder nutzt, in den auf das Jahr der erstmaligen Verwendung folgenden vier Kalenderjahren die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren (Abs. 3), so ist für jedes Jahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges durchzuführen. Dies gilt sinngemäß für Vorsteuerbeträge, die auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten, aktivierungspflichtige Aufwendungen oder bei Gebäuden auch auf Kosten von Großreparaturen entfallen, wobei der Berichtigungszeitraum vom Beginn des Kalenderjahres an zu laufen beginnt, das dem Jahr folgt, in dem die diesen Kosten und Aufwendungen zugrunde liegenden Leistungen im Zusammenhang mit dem Anlagevermögen erstmals in Verwendung genommen worden sind.
Bei Grundstücken im Sinne des § 2 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987 (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) tritt an die Stelle des Zeitraumes von vier Kalenderjahren ein solcher von neun Kalenderjahren.
Bei der Berichtigung, die jeweils für das Jahr der Änderung zu erfolgen hat, ist für jedes Jahr der Änderung von einem Fünftel, bei Grundstücken (einschließlich der aktivierungspflichtigen Aufwendungen und der Kosten von Großreparaturen) von einem Zehntel der gesamten auf den Gegenstand, die Aufwendungen oder Kosten entfallenden Vorsteuer auszugehen; im Falle der Lieferung ist die Berichtigung für den restlichen Berichtigungszeitraum spätestens in der letzten Voranmeldung des Veranlagungszeitraumes vorzunehmen, in dem die Lieferung erfolgte.
Unstrittig ist im konkreten Fall, dass 1997 und 1998 geltend gemachte Vorsteuern in Höhe von insgesamt EUR 6.883,65 nach dieser Bestimmung zu korrigieren sind. Ein Zehntel dieses Betrages ist demnach EUR 688,365. Zu klären ist ausschließlich, ob das Ausmaß der 2005 durchzuführenden Korrektur - wie in der Berufung gefordert - 3/10 dieses Betrages (EUR 2.056,10 bzw. nach Korrektur eines Ziffernsturzes richtig EUR 2.065,10) oder - wie vom Finanzamt festgesetzt - 4/10 (EUR 2.753,46) beträgt.
Voraussetzung für die Anwendung der Vorsteuerberichtigung gem. § 12 Abs. 10 UStG 1994 ist, dass der Unternehmer den Gegenstand bereits als Anlagevermögen verwendet oder genutzt hat (). Die Vorsteuerberichtigungsfrist beginnt mit dem Kalenderjahr zu laufen, in dem der Gegenstand erstmals als Anlagevermögen verwendet oder genutzt wird. Abzustellen ist dabei auf die "tatsächliche Nutzung im Zusammenhang mit den fraglichen Umsätzen" (Ruppe/Achatz, UStG4, § 12 Tz 309; Wagner in Sölch/Ringleb, deutsches Umsatzsteuergesetz, § 15a Rz 230).
Die Nutzung von Mietgebäuden als Anlagevermögen beginnt spätestens dann, wenn die Mieter das Gebäude beziehen und darin wohnen.
Das bedeutet für den Berufungsfall:
Den Berufungswerbern gelang mit den dem Vorlageantrag angeschlossenen Beweismitteln der vom Finanzamt nicht bestrittene Nachweis, dass die streitgegenständliche Wohnung durch die (künftige) Mieterin bereits im Dezember 1998 bezogen wurde. Diese verfügte über den Wohnungsschlüssel und wohnte "die letzten Tage im Dezember 1998" bereits dort. Auch wenn für die Zeit bis offenbar kein gesondertes Entgelt entrichtet wurde, steht es außer Zweifel, dass diese Nutzung im Zusammenhang mit den in den darauf folgenden Jahren 1999 bis 2005 erzielten umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen und damit der unternehmerischen Tätigkeit der Berufungswerber steht.
Daran vermögen die vom Finanzamt mit vorgebrachten Bedenken nichts zu ändern. Weder die Befolgung melderechtlicher Vorschriften, noch der mit dem Mietvertrag vom zum Ausdruck gebrachte ursprüngliche Plan oder die Vorgänge rund um die ab Ende 2005 erfolgte Nutzungsüberlassung an den Sohn haben Einfluss auf die Beurteilung der Frage, wann die Wohnung erstmals genutzt wurde. Nur der Sachverhalt, wie er sich damals wirklich und konkret ereignet hat, kann dazu herangezogen werden.
Auch wenn im Zusammenhang mit dieser Berichtigungsvorschrift Begriffe verwendet werden, die dem Ertragssteuerrecht entstammen, besteht keine förmliche Bindungswirkung zwischen Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheid. Die einkommensteuerliche Behandlung in der Abgabenerklärung 1998 könnte nur dann als Interpretationshilfe herangezogen werden, wenn der Sachverhalt nicht klar und eindeutig ist. Das ist hier aber nicht der Fall, da die vom Finanzamt nicht bestrittene Aktenlage ein deutliches Bild ergibt.
Die Vorsteuerberichtigung hat somit nur im Ausmaß von 3/10 von EUR 6.883,65 (EUR 2.065,10) zu erfolgen.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 12 Abs. 10 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Verweise | |
Zitiert/besprochen in | AFS 2013/1, 19 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at