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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 11.02.2010, RV/1422-L/09

Rückforderung des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld verfassungswidrig?

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 445/10 eingebracht. Mit Beschluss vom Gesetzprüfungsverfahren hinsichtlich § 18 Abs 1 Z 1 KBGG id Stammfassung eingeleitet. Mit Erk. v. aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des A.P., vertreten durch Mag. Robert Stadler, Rechtsanwalt, 4210 Gallneukirchen, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr vom betreffend Bescheid über die Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld 2003 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Mit Schriftsatz vom übermittelte das Finanzamt dem Berufungswerber (Bw.) eine "Erklärung des Einkommens gemäß § 23 Kinderbetreuungsgeldgesetz" (KBG 1) und führte in diesem Schreiben sinngemäß Folgendes aus: Für sein Kind R.T. (im Folgenden kurz: R.T.) sei ein Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt worden. Dabei handle es sich wirtschaftlich gesehen um ein Darlehen, das bei Überschreitung bestimmter Einkommensgrenzen wieder zurückzuzahlen sei. Er werde als Rückzahlungsverpflichteter ersucht, die beiliegende Erklärung des Einkommens gem. § 23 KBGG (Kinderbetreuungsgeldgesetz) für 2003 auszufüllen und an das Finanzamt zurück zu schicken.

Die Aufforderung zur Übersendung der Erklärung (KBG 1) blieb laut Aktenlage unbeantwortet.

In weiterer Folge erließ das Finanzamt den im Spruch genannten Bescheid (datiert mit ) in welchem es auf der Grundlage eines Einkommens gem. § 19 KBGG iHv. € 23.422,38 einen Rückzahlungsbetrag von € 1.639,57 festsetzte (7% der Bemessungsgrundlage gem. § 19 Abs. 1 KBGG). Im Punkt 2. dieses Bescheides wird unter "Ermittlung des Rückzahlungsbetrages" folgende Berechnung angestellt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ausbezahlter Zuschuss bis
................................................2.642,16 €
Rückzahlung laut Spruch
................................................1.639,57 €
verbleibender Rückzahlungsbetrag für die Folgejahre
................................................1.002,59 €

Begründend wurde im angeführten Bescheid im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Für das Kind des Bw. (Einfügung der Berufungsbehörde: für R.T., geb. xxyyzzzz) seien Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld ausbezahlt worden, wofür der Bw. gem. § 18 Abs. 1 Z 1 oder 3 KBGG alleine zur Rückzahlung verpflichtet sei. Im Jahr 2003 seien die für die Rückzahlung des Zuschusses maßgeblichen Einkommensgrenzen gem. § 19 Abs. 1 Z 1 KBGG überschritten worden.

Mit Schriftsatz vom erhob der Bw. gegen den erwähnten Rückzahlungsbescheid Berufung und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Ihn treffe deswegen keine Rückzahlungsverpflichtung, weil die Kindesmutter (KM) G.R. von der Geburt des Kindes R.T. an bis Oktober 2007 dauernd bei ihm gewohnt habe und dort aufhältig gewesen sei. Der KM sei offenbar auf Grund von deren unrichtigen Angaben der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld (KBG) auf Antrag ausbezahlt worden. Nach § 12 KBGG hätte sie nämlich keinen Anspruch auf den strittigen Zuschuss gehabt. Er (der Bw.) habe von der entsprechenden Antragstellung und von einer etwaigen unrichtigen Meldung der KM nach dem Meldegesetz keine Kenntnis gehabt. Nachdem die KM nicht alleinstehend gewesen sei, treffe sie auf Grund der unberechtigten Antragstellung die Rückzahlungsverpflichtung alleine. Darüber hinaus sei der § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG verfassungswidrig und er werde die Anfechtung dieser Bestimmung beim VfGH vornehmen.

Das Finanzamt erließ am eine abweisliche Berufungsvorentscheidung (BVE) und begründete diese zusammen gefasst wie folgt: Der Zuschuss zum KBG werde an einkommensschwache Kindererzieherinnen und Erzieher geleistet und sei bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen in den Folgejahren zurück zu zahlen. Die Bedingungen für die Gewährung dieses Zuschusses seien bei der Antragstellung mit Unterschrift zur Kenntnis genommen und dem zweiten Elternteil zur Kenntnis gebracht worden. Nach den vorliegenden Meldedaten sei die KM seit 2002 nie an der Wohnadresse des Bw., sondern durchgehend an anderen Wohnadressen gemeldet gewesen. Hätte die KM an der Adresse des Bw. einen (Neben-) Wohnsitz gehabt, wäre der Unterkunftgeber verpflichtet gewesen, diesen (weiteren) Wohnsitz der Meldebehörde mitzuteilen. Auf Grund dieser Unterlagen und mangels Vorlage entsprechender Beweise müsse davon ausgegangen werden, dass die KM nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Bw. gewohnt habe. Vielmehr gehe aus den für die letzten Jahre eingereichten Abgabenerklärungen des Bw. hervor, dass er nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit der KM gelebt habe, da eine Lebensgemeinschaft dort nicht angeführt wurde und er auch den Unterhaltsabsetzbetrag für R.T. beantragt habe der nur dann zustehe, wenn keine Haushaltsgemeinschaft vorliege.

In weiterer Folge stellte der Bw. einen Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte darin im Wesentlichen aus: Die Berufung werde um den Berufungspunkt der unrichtigen Meldung der KM nach dem Meldegesetz eingeschränkt und die Berufung alleine auf die Verfassungswidrigkeit der Bestimmung des § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG gestützt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Sachverhalt und Beweiswürdigung Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Bw. ist Kindesvater des am xxyyzzzz geborenen R.T., der mit der Kindesmutter seit der Geburt in einem gemeinsamen Haushalt lebt. Nach den vorliegenden Meldedaten und dem Inhalt des Steueraktes des Bw. bestand zwischen der KM und dem Bw. zu keinem Zeitpunkt eine Wohn- und Lebensgemeinschaft, was letztlich auch vom Bw. im Vorlageantrag zugestanden wurde (nachdem er in der Berufung vorerst behauptet hatte, dass zwischen ihm und der KM bis Oktober 2007 eine Wohngemeinschaft bestanden habe). Nach den unwidersprochen gebliebenen Daten des angefochtenen Bescheides hat die KM für das genannte Kind bis zum einen Zuschuss zum KBG iHv. € 2.642,16 ausbezahlt erhalten. Die KM bezog nach den im Abgabeninformationssystem (AIS) enthaltenen Daten im Jahr 2003 kein steuerpflichtiges Einkommen (gem. § 2 Abs. 2 EStG 1988) sondern lediglich das gem. § 3 Abs. 1 Z 5 lit b EStG 1988 steuerfreie KBG und den strittigen Zuschuss zum KBG. Das Einkommen des Bw. gem. § 2 Abs. 2 EStG 1988 betrug im Jahr 2003 laut Bescheid über die Arbeitnehmerveranlagung € 20.179,22. Daneben bezog der Bw. 2003 Leistungen des Arbeitsmarktservice iHv. € 3.243,16. Das Finanzamt ermittelte das Einkommen des Bw. gem. § 19 KBGG 2003 durch Addition der beiden angeführten Beträge mit insgesamt € 23.422,38 und setzte davon gem. § 19 Abs. 1 Z 1 KBGG eine Abgabe iHv. 7%, somit € 1.639,57 als Rückzahlung der ausbezahlten Zuschüsse zum KBG fest. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Inhalt des Finanzamtsaktes (siehe obige Sacherhaltsdarstellung), den eigenen Angaben des Bw. im Zuge des gegenständlichen Verfahrens (sh. ebenfalls die obige Sachverhaltsschilderung) sowie aus den im AIS des Bundes enthaltenen Daten und aus Abfragen im Zentralen Melderegister.

Rechtsgrundlagen und rechtliche Würdigung Gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 KBGG in der für 2003 geltenden Fassung hatten unter anderem allein stehende Elternteile im Sinne des § 11 KBGG unter der Voraussetzung, dass Kinderbetreuungsgeld zuerkannt worden ist, Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. Alleinstehende Elternteile im Sinne dieses Bundesgesetzes sind gemäß § 11 Abs. 1 KBGG Mütter oder Väter, die ledig, geschieden oder verwitwet sind und nicht unter § 13 KBGG fallen. § 13 KBGG findet dann Anwendung, wenn die genannten Personen mit dem Vater bzw. der Mutter des Kindes nach den Vorschriften des Meldegesetzes 1991 an derselben Adresse angemeldet sind oder anzumelden wären. Ferner gelten Mütter und Väter als allein stehend, wenn der Ehepartner erwiesenermaßen für den Unterhalt des Kindes nicht sorgt.

Da die KM, die Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld hatte, im Anspruchszeitraum nicht in einer Lebensgemeinschaft mit dem Bw. lebte, demgemäß auch nicht mit ihm an derselben Adresse gemeldet war oder anzumelden gewesen wäre, erfüllte sie die Anspruchsvoraussetzungen für den Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld. Im Hinblick darauf, dass sie im Anspruchszeitraum über kein steuerpflichtiges Einkommen verfügte, war sie vom Zuschuss auch nicht nach § 9 Abs. 3 KBGG ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung in der für 2003 geltenden Fassung war ein Ausschluss vom Zuschuss für Personen vorgesehen, deren maßgeblicher Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 8 leg.cit.) einen Grenzbetrag von € 3.997 überstieg. Der Bezug des Zuschusses zum Kinderbetreuungsgeld bis Dezember 2003 in Höhe von € 2.642,16 (lt. Daten des AIS: € 430,26 im Zeitraum bis und € 2.211,90 im Zeitraum bis ) durch die KM erfolgte daher rechtmäßig im Sinne des § 9 Abs. 1 Z 1 KBGG.

Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 KBGG hat der Elternteil des Kindes eine Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld zu leisten, wenn an den anderen Elternteil ein Zuschuss gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 leg. cit. ausbezahlt wurde. Erhält den Zuschuss also ein alleinstehender Elternteil, dann trifft die Rückzahlungspflicht den jeweils anderen Elternteil. Dem Zuschuss kommt damit wirtschaftlich der Charakter eines Darlehens zu. Die Materialien (zum KUZuG, BGBl. 297/1995, RV 134 BlgNR 19. GP, 81) rechtfertigen diese bei alleinstehenden Elternteilen bestehende Zahlungspflicht des jeweils anderen Elternteils mit folgenden Argumenten: "Damit soll nachträglich eine Gleichstellung mit verheirateten Elternteilen gleicher Einkommensverhältnisse erreicht werden, die keinen Zuschuss erhalten haben, bei denen der Vater für den der Mutter durch die Kinderbetreuung entstehenden Einkommensverlust wirtschaftlich beizutragen hat. Diese Bestimmung soll auch missbräuchlichen Inanspruchnahmen des erhöhten Karenzurlaubsgeldes [des Zuschusses] bei `verschwiegenen' Lebensgemeinschaften entgegenwirken" (vgl. ). Gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 KBGG beträgt die Abgabe in den Fällen des § 18 Abs. 1 Z 1 leg. cit. bei einem jährlichen Einkommen von mehr als € 22.000 bis zu einem Einkommen von € 27.000 jährlich 7% des Einkommens. Als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung ausbezahlter Zuschüsse zum Kinderbetreuungsgeld gilt gemäß § 19 Abs. 2 erster Satz KBGG das Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 zuzüglich steuerfreier Einkünfte im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 5 lit. a bis d EStG 1988 und Beträge nach den §§ 10 und 12 EStG 1988, soweit sie bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen wurden. Gemäß § 20 KBGG ist die Abgabe im Ausmaß des Zuschusses, der für den jeweiligen Anspruchsfall ausbezahlt wurde, zu erheben. Der Abgabenanspruch entsteht gemäß § 21 KBGG mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Einkommensgrenze gemäß § 19 leg. cit. erreicht wird, frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres der Geburt des Kindes, letztmals mit Ablauf des auf die Geburt des Kindes folgenden 7. Kalenderjahres.

Im vorliegenden Fall wurden an die KM des minderjährigen R.T. bis Zuschüsse zum KBG in Höhe von € 2.642,16 ausbezahlt. Damit entstand für den Bw. die Rückzahlungsverpflichtung nach § 19 Abs. 1 Z 1 KBGG. Das von ihm im Jahr 2003 laut Einkommensteuerbescheid vom gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 erzielte Einkommen betrug € 20.179,22. Daneben bezog der Bw. 2003 Leistungen des Arbeitsmarktservice iHv. € 3.243,16, welcher Betrag gem. § 19 Abs 2 KBGG ebenfalls als Einkommen für Zwecke der Rückzahlung des ausbezahlten Zuschusses zum KBG gilt. Die von der Summe dieser beiden Beträge iHv. € 23.422,38 für das Jahr 2003 mit 7% festzusetzende Abgabe beträgt daher € 1.639,57. Da die bis Ende 2003 an die KM ausbezahlten Zuschüsse diesen Betrag jedoch übersteigen, wird der verbleibende Restbetrag nach Maßgabe der beim Bw. in den darauf folgenden Jahren herrschenden Einkommensverhältnisse zurückzuzahlen sein. Der Bescheid vom , mit dem der Bw. verpflichtet wurde, die der KM seines minderjährigen Sohnes R.T. bis Dezember 2003 ausbezahlten Zuschüsse zum KBG (in Höhe von insgesamt € 2.642,16) im Ausmaß von € 1.639,57 zurückzuzahlen, entspricht daher der Rechtslage.

Was die nicht näher spezifizierte Behauptung der Verfassungswidrigkeit der strittigen Rückzahlungsregelung betrifft, so ist darauf zu verweisen, dass die Behörde gem. Art. 18 Abs. 1 B-VG geltende Gesetze zu vollziehen hat. Die Beurteilung der behaupteten Verfassungswidrigkeit fällt nicht in den Kompetenzbereich des Unabhängigen Finanzsenates, sondern gem. Art. 144 Abs. 1 B-VG in jenen des Verfassungsgerichtshofes.

Aus den angeführten Gründen war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Kinderbetreuungsgeld
Rückforderung
Verfassungswidrigkeit

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at