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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 02.05.2005, RV/0621-S/02

Gehälter und Vergütungen iSd § 22 Z 2 EStG 1988 iV § 41 Abs. 3 FLAG 1967

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch A.T.GesmbH , vom gegen den Bescheid des Finanzamtes St. Johann Tamsweg Zell am See vom betreffend Haftungs- und Abgabenbescheid für den Zeitraum bis  entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ing. L.K. ist geschäftsführender Gesellschafter und zu 76% an dem Unternehmen beteiligt.

Im Zuge eines Lohnsteuerprüfungsverfahrens durch das Finanzamt für den Zeitraum bis wurden die Geschäftsführerbezüge des Gesellschafter-Geschäftsführers für die Jahre 1998 bis 2000 dem Dienstgeberbeitrag sowie dem Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag unterworfen. Dagegen richtet sich die Berufung, wobei sich das Berufungsbegehren nur gegen die Vorschreibungen der Jahre 1999 und 2000 richtet.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gem. § 41 Abs. 1 FLAG haben den Dienstgeberbeitrag alle Dienstgeber zu entrichten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen.

Gem. § 41 Abs. 2 FLAG in der ab 1994 anzuwendenden Fassung des Steuerreformgesetzes 1993, BGBl. Nr. 818, sind Dienstnehmer alle Personen, die in einem Dienstverhältnis iSd § 47 Abs. 2 EStG 1988 stehen, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen iSd § 22 Z 2 EStG 1988.

Gem. § 41 Abs. 3 FLAG idF BGBl. 818/1993 ist der Dienstgeberbeitrag von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen. Arbeitslöhne sind dabei Bezüge gem. § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a und b EStG 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art iSd § 22 Z 2 EStG 1988.

Nach § 22 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988 fallen unter die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die von einer Kapitalgesellschaft an wesentlich Beteiligte für ihre sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988) aufweisende Beschäftigung gewährt werden. Rechtsanwälte, Betriebshygieniker und Wirtschaftstreuhänder werden in dieser Gesetzesstelle nicht genannt.

Die Regelung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag, der von der in § 41 FLAG 1967 festgelegten Bemessungsgrundlage zu erheben ist, findet sich in § 57 Abs. 4 und 5 HKG idF BGBl. 958/1993 bzw. § 57 Abs. 7 und 8 HKG idF BGBl. 661/1994.

Wie der Verwaltungsgerichtshof seit den Erkenntnissen vom , 96/15/0121, und vom , 96/15/0094, in ständiger Rechtsprechung erkennt, ist dem in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 enthaltenen Tatbestandsmerkmal "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" das Verständnis beizulegen, dass nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses gegeben sein müssen. Dabei ist allerdings das Vorliegen der auf Grund des gesellschaftsrechtlichen Verhältnisses fehlenden Weisungsgebundenheit anzunehmen. Sodann ist zu beurteilen, ob die Merkmale der Unselbstständigkeit oder jene der Selbstständigkeit im Vordergrund stehen (vgl. ).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu die im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00, zitierte hg. Judikatur) stellt das steuerliche Dienstverhältnis auf die Kriterien der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers sowie des Fehlens des Unternehmerwagnisses ab; nach dieser Rechtsprechung ist in Zweifelsfällen zudem auf weitere Kriterien (wie beispielsweise laufenden Arbeitslohn, Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung, fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, feste Urlaubseinteilung) abzustellen. Der Begriff des steuerlichen Dienstverhältnisses ist somit ein durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneter Typusbegriff. Solchen Typusbegriffen sind die realen Erscheinungen an Hand einer Mehrzahl von Merkmalen zuzuordnen, wobei nicht stets alle Merkmale in gleicher Intensität ausgebildet sein müssen und die Entscheidung letztlich nach dem Gesamtbild zu erfolgen hat (vgl. nochmals das Erk. des Verfassungsgerichtshofes G 109/00).

Der Verfassungsgerichtshof hat im zitierten Erkenntnis G 109/00 darauf hingewiesen, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis wären, im Falle der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsgebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof aufgezeigt, dass dies insbesondere für die Merkmale der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Unternehmens und des Fehlens des Unternehmerwagnisses nicht zutrifft.

Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsgebundenheit ihre Indizwirkung verlieren, gehören nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor allem folgende (vgl. hierzu auch Arnold, ÖStZ 2000, 639f): fixe Arbeitszeit (, , und vom , 99/14/0136), fixer Arbeitsort (Erk. vom , 99/14/0226), arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit (Erk. vom , 98/13/0014), Anwendbarkeit typisch arbeitsrechtlicher Vorschriften, wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz (Erk. vom , 99/14/0339, und vom , 98/15/0200), sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (Erk. vom , 99/14/00339).

"Es mag zutreffen, dass die Geschäftsführer aufgrund ihrer Beteiligung keinen Weisungen unterliegen; es mag auch zutreffen, dass sie Hilfskräfte heranziehen, dass sie frei ihre Arbeitszeit einteilen und den Erholungsurlaub festlegen, - aber - wie oben ausgeführt, kommt es auf diese aus dem Beteiligungsverhältnis resultierende Weisungsfreiheit nicht an ( Zl. 96/15/0094)". Selbst wenn kein Anspruch auf jeglichen arbeitsrechtlichen Schutz besteht, so ist das Fehlen dieser Ansprüche insofern unbeachtlich, als Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht davon abhängen, ob ein Dienstverhältnis im Sinne des Arbeitsrechtes gegeben ist. Der VwGH stellt im Erkenntnis vom , Zl.96/15/0121, klar, dass Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses nach § 47 Abs. 2 EStG 1988 erzielt werden. Entscheidend ist vielmehr, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer in der Art eines Dienstnehmers tätig ist.

Das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers kann ein Dienstvertrag, ein freier Dienstvertrag, ein Werkvertrag oder ein Auftrag sein. Der Fall eines Werkvertrages wird nur angenommen werden können, wenn damit die Verpflichtung zur Herbeiführung eines bestimmten Erfolges vereinbart ist, nicht aber, wenn Gegenstand der Vertrages auf Dauer angelegte und damit zeitraumbezogene Erbringung von Leistungen, wie das im gegenständlichen Fall ist, geschuldet wird. Entscheidend ist nicht der Vertrag, sondern die tatsächlichen Verhältnisse. Besteht gemessen am Vertrag Unternehmerrisiko, dann ist dies an den tatsächlichen Verhältnissen zu verifizieren.

Nach Lehre und Rechtsprechung kommt bei der Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit neben dem Merkmal der Eingliederung des Gesellschafters- Geschäftsführers in den Organismus der Kapitalgesellschaft -wie oben bereits ausgeführt - der Frage nach dem Vorliegen bzw. dem Fehlen des Unternehmerwagnisses große Bedeutung zu.

Ein gegen die Erzielung von Einkünften im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sprechendes Unternehmerwagnis liegt nur dann vor, wenn es sich auf die Eigenschaft als Geschäftsführer bezieht. Auf das Wagnis aus der Stellung als Gesellschafter oder auf das Unternehmerwagnis der Gesellschaft kommt es dabei nicht an.

Von einem Unternehmerrisiko ist dann auszugehen, wenn der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen, und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst gestalten kann (vgl.).

Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund dieses Merkmales steht die Frage, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einkommensschwankungen trifft.

Der Bw führt in diesem Zusammenhang treffend aus, dass dabei zu beachten ist, dass die tatsächliche Entwicklung der Geschäftsführerbezüge von wesentlicher Bedeutung ist, sodass in diesem Punkt die vertragliche Gestaltung in den Hintergrund rückt.

Wesentliches Merkmal eines Dienstverhältnisses ist, dass der Arbeitnehmer für seine Dienstleistungen laufend ein angemessenes Entgelt enthält:

Die Bw führt in den Berufungsausführungen vom dazu aus, dass ein Unternehmerwagnis schon bzw.gerade deshalb gegeben sei, weil das Geschäftsführer-Gesellschafter-Entgelt erfolgsabhängig festgelegt wird. Bei negativer Entwicklung der Marktlage und damit des Geschäftsergebnisses der Gesellschaft könne es zu keiner Auszahlung kommen. Bei negativer Entwicklung des Unternehmens müsse der Gesellschafter-Geschäftsführer seine Akontierungen zurückzahlen.

Was die Geschäftsführerentschädigungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer betrifft, so ist dazu Folgendes festzustellen: Laut § 8 des Geschäftsführervertrages (Entlohnung) steht dem Gesellschafter-Geschäftsführer - ausgehend von einem Cash flow von S 14.000.000,00 - ein Honorar von S 2.800.000,00 zu, wobei die Vorauszahlungen vierteljährlich in Höhe von S 500.00,00 +20% Ust von der Bw an den Geschäftsführer zu zahlen sind (siehe Punkt 2 und 4 des § 8). Beträgt der cash flow mehr als S 14.000.000,00, so werden den S 2.800.000,00 15% des übersteigenden Betrag hinzugerechnet, beträgt der cash flow weniger als S 14.000.000,00, so wird ein entsprechender Betrag von den S 2.800.000,00 abgezogen. Wenn die Bw nun vermeint, ein Unternehmerrisiko sei schon deshalb gegeben, weil zum einen die jährliche Entlohnung nicht in monatlichen Zahlungen, sondern in 3-4 Teilbeträgen erfolgt sei und zum anderen, weil die Entlohnungsklausel des Geschäftsführer-Gesellschafters eine reine ertragsabhängige Gestaltung enthalte, wobei neben dem "Grundgehalt" Erfolgsprämien (Nachzahlungen) zustünden und bei einer negativen Entwicklung des Unternehmens vermindertes bzw. kein Honorar fließe, so ist dem entgegenzuhalten, dass dem Geschäftsführer zunächst ein konstanter Geschäftsführerbezug eingeräumt wird. Die Durchsicht der Prüfungsfeststellungen ergab eine weitgehend gleich bleibende vierteljährliche Auszahlung der Gesellschafter-Geschäftsführerentschädigungen in Höhe von S 500.000.-. im gesamten Prüfungszeitraum 1998 bis 2000. Die Aufrollung des Prüfungsberichtes des Finanzamtes für die Vorjahre 1995 bis 1997 ergab ebenfalls eine etwa gleich bleibenden monatliche Entlohnung des Gesellschafter-Geschäftsführers (und dies 14x im Jahr).

In Anbetracht der gleich bleibenden Entlohnung über den gesamten Prüfungszeitraum, kann vom Fehlen eines Unternehmerwagnisses ausgegangen werden.

Leistungsbezogene Entlohnungssysteme sind durchaus auch bei Dienstverhältnissen, zumal bei Dienstnehmern leitender Position, üblich ( bzw. , 99/1470136), wobei eine neben einem im Vordergrund stehenden "Ausgangsgehalt" gewährte Erfolgsprämie bei Dienstverhältnissen nicht unüblich ist. Ob die jährliche Entlohnung in monatlichen Zahlungen oder in Teilbeträgen erfolgt, spielt für die Beurteilung keine Rolle

Auch der von der Bw aufgezeigte Hinweis auf den Umstand, dass es in den Jahren 1999 und 2000 aufgrund der gegebenen Erfolgsabhängigkeit der Gehälter bereits zu Vergütungsschwankungen gekommen sei, geht insofern ins Leere, als es nichts ändert, dass -wie dies im Wirtschaftsleben oftmals der Fall ist, bei einer Verschlechterung der Ertragslage beim Dienstgeber nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Vertragsverhältnis nicht oder nur zu geänderten Konditionen verlängert wird. Das Risiko einer Bezugsverkürzung bei einer Verlustsituation bildet ebenso wenig ein unternehmerspezifisches Risiko wie eine Kürzung der Bezüge bei einer negativen allgemeinen Wirtschaftsentwicklung (). Auch wenn die vertragliche Gestaltung so ist, dass der Geschäftsführer in Verlustjahren keine erfolgsbezogene Vergütung bekäme bzw. laut Vertrag sogar eine Rückzahlung der Akontierungen erfolge, so wird dies dann als Unternehmerrisiko nicht anerkannt, wenn in den gesamten Prüfungsjahren ein solcher Fall nicht eingetreten ist. Dies gilt vor allem auch angesichts der Tatsache, dass das Vertragsverhältnis jederzeit gekündigt und somit die schuldrechtliche Vereinbarung jederzeit geändert werden kann. Dem Gesellschafter-Geschäftsführer werden Arbeitsmittel und ein entsprechender Arbeitsplatz (Büro) zur Verfügung gestellt. Die Gestellung der Arbeitsgeräte und der Arbeitsmaterialien durch die Gesellschaft spricht für ein Dienstverhältnis.

Was die durch den Gesellschafter-Geschäftsführer selbst zu tragenden GSVG Aufwendungen (siehe § 9 des Vertrages) betrifft, so ist dazu zu sagen, dass Sozialversicherungsbeiträge in einer von vornherein absehbaren Relation zu den Einnahmen stehen und der Arbeitnehmeranteil der Sozialversicherungsbeiträge auch von klassischen Dienstnehmern im Sinne des § 47 Abs.2 EStG getragen wird, daher kein Wagnis darstellen ().

Der unabhängige Finanzsenat sieht diese Ermittlungsergebnisse als klare Indizien für ein Fehlen eines Unternehmerrisikos bzw. Unternehmerwagnisses des Gesellschafter-Geschäftsführers.

Die entscheidungsrelevanten Feststellungen der Finanzbehörde I. Instanz (Fehlen des Unternehmerrisikos, Betriebsmittel werden zur Verfügung gestellt, laufende, nahezu gleich bleibende Gehaltszahlungen über den gesamten Prüfungszeitraum) lassen die Einkünfte des Gesellschafter-Geschäftsführers aus seiner Geschäftsführertätigkeit für die Bw als " Arbeitslöhne " im Sinne der Bestimmungen des § 41 FLAG 1967 erscheinen.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Gesellschafter-Geschäftsführer
Unternehmerwagnis
Dienstverhältnis geschäftlicher Organismus
Vergütungen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at