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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSK vom 23.10.2012, RV/0309-K/10

Pflichtteilsanspruch - gerichtliche Geltendmachung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des P.B., Pensionist, L.Fstr1, vertreten durch Dr. Wolfgang Flucher, Rechtsanwalt, 9500 Villach, Moritschstraße 11/1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Klagenfurt vom betreffend Grunderwerbsteuer entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

EWS (in der Folge Erblasser) ist am verstorben und hinterließ ein Testament, in dem er seinen Sohn WS (W.Sch.) als Universalerben einsetzte, dies verbunden mit diversen Verpflichtungen der Ehefrau des Erblassers gegenüber (Übernahme der Betriebskosten und Erhaltungsarbeiten des ehemaligen Ehewohnsitzes, volle Verpflegung oder aber Auszahlung eines monatlichen Barbetrages samt grundbücherlicher Sicherstellung) und der Verpflichtung zur Übergabe eines Grundstückes und Einräumung eines lebenslänglichen Baderechtes auf einem W.Sch. zufallendem Grundstück zugunsten der Tochter des Erblassers.

In der Verlassenschaftsabhandlung am (Einleitung) machte P.B. (in der Folge Bw.), der uneheliche Sohn des Erblassers., den gesetzlichen Pflichtteil geltend. In der Verlassenschaftsabhandlung vom (Abschluss) wurde zwischen W.Sch., dem Bw. und der Tochter des Erblassers ein Pflichtteilsübereinkommen des Inhaltes geschlossen, dass der Universalerbe unter Punkt 1 als Pflichtteile von jeweils € 3.200,00 zu leisten hatte; unter Punkt 3 behielt sich der Bw. allerdings sämtliche Ansprüche aus dem Titel des Schenkungspflichtteiles, insbesondere im Zusammenhang mit der Übergabe des Erblassers an seinen Sohn W.Sch. laut Übergabsvertrag vom , vor; dieser Schenkungspflichtteil wurde nach den Angaben des Bw. schon zuvor W.Sch. gegenüber mit Schreiben vom geltend gemacht.

Eine außergerichtliche Einigung über den Schenkungspflichtteil des Bw. mit W.Sch. kam nicht zu Stande; dieser wurde in der Folge beim Landesgericht Klagenfurt am klagsweise nach den §§ 951 (785) ABGB geltend gemacht, wobei sich der Streitwert auf € 202.800,00 belief. In dieser Rechtssache wurde zwischen dem Bw. und W.Sch. am ein Vergleich geschlossen, in dem sich W.Sch. verpflichtete, zur Erfüllung der Pflichtteilsansprüche des Bw. aus der EZ a Grundbuch b Gratschach, das Grundstück 981/2 (landwirtschaftlich genutzt, nach den Ausführungen im gerichtlichen Beschluss tatsächlich jedoch Bauland-Wohngebiet) im Ausmaß von 2.079 m2 samt allem rechtlichen und natürlichen Zubehör im bisherigen Zustand in das Eigentum des Bw. zu übertragen.

Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom wurde dem Bw. Grunderwerbsteuer von € 7.098,00 mit der Begründung zur Vorschreibung gebracht, dass als Bemessungsgrundlage der Wert des Pflichtteilsanspruches (Gegenleistung) heranzuziehen ist, wenn in Erfüllung des Pflichtteilanspruches ein Grundstück übertragen und die Vereinbarung nach Beendigung des Abhandlungsverfahrens abgeschlossen wird.

Mit Eingabe vom , beim Finanzamt eingelangt am , erhob der Bw. im Wege seines Rechtsvertreters Berufung gegen den angeführten Bescheid. Darin führte er an, dass mit Übergabsvertrag vom der am verstorbene Erblasser seinem Sohn W.Sch. die Liegenschaften EZ a, 132 und 158 jeweils Grundbuch b Gratschach in das Eigentum übertragen hat. Erstmals mit Schreiben vom hat der Bw. gegen den Übernehmer W.Sch. den Schenkungspflichtteilsanspruch geltend gemacht. Da eine außergerichtliche Einigung nicht zu Stande gekommen ist, hat der Bw. über seinen Vertreter am beim Landesgericht Klagenfurt neben frustrierten vorprozessualen Kosten den Schenkungspflichtteil im Sinne der §§ 951 (785) ABGB geltend gemacht. W.Sch. als Beklagter hat in diesem Verfahren das Klagebegehren unter Berufung auf die Stellungnahme der Kammer für Land- und Forstwirtschaft von (gemäß welcher sich ein Pflichtteilsanspruch von € 31.666,00 errechnet habe) zur Gänze bestritten, dies mit der hauptsächlichen Begründung, beim übergebenen Liegenschaftsvermögen handle es sich um einen Erbhof im Sinne des Kärntner Erbhöfegesetzes, sodass unter Berücksichtigung der seinerzeit vereinbarten Gegenleistungen ein Pflichtteilsanspruch nicht gegeben sei. Da der Prozessausgang zum überwiegenden Teil vom Ergebnis der Gutachten zweier zu bestellender Sachverständigen, insbesondere zur Frage der Erbhofeigenschaft des übergebenen Liegeschaftsvermögens und dessen Wert für beide Teile ungewiss und die Prozessführung daher mit einem enormen Prozesskostenrisiko verbunden gewesen ist, haben die Streitteile den gegenständlichen Vergleich vom , wonach zur Bereinigung der Pflichtteilsergänzungsansprüche des Klägers im Sinne eines wechselseitigen Abrückens von den gegenseitigen Standpunkten über die unterschiedliche Bewertung Letzterem das Grundstück 981/2 in das Eigentum übertragen wurde. Eine Verlassenschaftsabhandlung nach dem am verstorbenen Erblasser hat mangels Nachlassvermögens zunächst nicht stattgefunden. Im August 2009 ist durch Erhebungen des Gerichtskommissärs bekannt geworden, dass bei der seinerzeitigen Übergabe im Jahre 1988 übersehen wurde, die Liegenschaft EZ c Grundbuch d Sattendorf in den Vertragstext aufzunehmen, sodass eine Verlassenschaftsabhandlung notwendig geworden ist. In diesem Verfahren hat der Bw. lediglich seinen Nachlasspflichtteil in der Höhe von € 3.200,00 geltend gemacht, unter 3. des Pflichtteilübereinkommens vom sich jedoch ausdrücklich die Geltendmachung des Schenkungspflichtteiles aus dem Übergabsvertrag vom vorbehalten. Im angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheid wird die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer damit begründet, dass im Falle der Erfüllung eines Pflichtteilanspruches durch Übertragung eines Grundstückes auf Grund einer nach Beendigung des Abhandlungsverfahrens abgeschlossenen Vergleiches als Bemessungsgrundlage die dem Wert des Pflichtteils entsprechende Gegenleistung heranzuziehen ist. Es wird also die unrichtige Auffassung vertreten, dass Bemessungsgrundlage der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch und nicht der tatsächliche Wert des Pflichtteilsanspruches ist; diese Ansicht ist nicht richtig, da nach § 3 Abs. 1 Z 2 Grunderwerbsteuergesetz u.a. der Grundstückserwerb von Todes wegen von der Besteuerung ausgenommen sei und nach § 2 Abs. 2 Z 4 Erbschaftsteuergesetz als vom Erblasser zugewendet auch gilt, was als Abfindung für den Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch (gegenständlich mit dem Tod des Erblassers) von dritter Seite gewährt wird. Die Begründung im angefochtenen Bescheid geht aber unzutreffend offenbar von einem Sachverhalt aus, gemäß welchem in einem Verlassverfahren der Pflichtteilsanspruch der Höhe nach vereinbart und nach erfolgter Einantwortung - wie bei einem Kauf - ein Grundstück durch den Pflichtteilsberechtigten durch den Erben erworben wird. Die ist gegenständlich jedoch nicht der Fall. Richtigerweise hätte daher lediglich das Grunderwerbsteueräquivalent gemäß § 8 Abs. 4 lit. a berechnet vom dreifachen Einheitswert dieses Grundstückes vorgeschrieben werden können. Aber auch dann, wenn § 3 Abs. 1 Z 2 Grunderwerbsteuergesetz nicht anzuwenden wäre, hätte die Berechnung der Grunderwerbsteuer gemäß § 4 Abs. 2 Z 1 (§ 6 Abs. 1 lit. b) lediglich vom Wert (dreifachen Einheitswert) des Grundstückes berechnet werden dürfen, weil eben zu Folge des abgeschlossenen Vergleiches und der eben noch nicht festgestellten tatsächlichen Höhe des Pflichtteilsanspruches des Bw. die Gegenleistung nicht habe ermittelt werden können. Der geltend gemachte Klagsbetrag, dessen Einschränkung oder Ausdehnung sich der Bw. nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens ausdrücklich vorbehalten habe, könne daher nicht als Bemessungsgrundlage herangezogen werden, zumal die Höhe des Anspruches durch den im genannten Verfahren beklagten Übernehmer nach wie vor bestritten blieb. Vom Finanzamt sei der Einheitswert des Vergleichsgrundstückes mit € 30.580.00 bekannt gegeben worden, die Grunderwerbsteuer sei sohin mit € 3.210,00 zu bemessen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Im gegenständlichen Fall ist strittig, ob das Finanzamt für die Bemessung der Grunderwerbsteuer zu Recht die vom Bw. geltend gemachte Pflichtteilsforderung (eingeklagten Betrag) in der Höhe von € 202.800,00 herangezogen hat oder nicht.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer u.a. Rechtsvorgänge die den Anspruch auf Übereignung eines Grundstückes begründen.

Nach § 4 Abs. 1 leg.cit. ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen.

Gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG entsteht die Steuerschuld, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist.

Im § 167 Abs. 2 BAO ist der Grundsatz der freien Beweiswürdigung verankert, wonach die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Der Bw. als Pflichtteilsberechtigter hatte nur einen obligatorischen Anspruch gegen W.Sch. auf Abgeltung seines Anspruches in Geld, jedoch keinen verhältnismäßigen Anteil an den einzelnen zur Verlassenschaft gehörigen Gegenständen. Der Pflichtteil stellt demgemäß bloß ein Forderungsrecht auf einen verhältnismäßigen Teil des Nachlasswertes in Geld dar; Wirtschaftlich betrachtet liegen dem gegenständlichen Fall somit zwei Rechtsvorgänge zu Grunde; zunächst hat der Bw. ex lege einen Pflichtteilsanspruch erworben; in einem zweiten Schritt erfolgte zur Abgeltung seines Pflichtteilanspruches die Übertragung einer Liegenschaft durch W.Sch. an den Bw. in sein Eigentum.

Es ist somit der steuerpflichtige Erwerb des in Rede stehenden Grundstückes auf Grund des zwischen dem Bw. und W.Sch. abgeschlossenen Rechtsgeschäftes (Vergleich) unter Lebenden iSd § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG gegeben. Die Steuerschuld für den Erwerb eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches entsteht mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung; das ist jener Zeitpunkt, in dem der Pflichtteilsberechtigte oder dessen Vertreter nach außen hin - auch außergerichtlich - zu erkennen gibt, er wolle den Pflichtteilsanspruch wahren und nicht darauf verzichten (vgl. , und vom , 93/16/0129, 0130); dieser Zeitpunkt ist im gegenständlichen Fall der .

Wird z.B. ein Grundstück in Erfüllung der Geldforderung hingegeben, so stellt der Betrag der Forderung (hier geltend gemachter Pflichtteilsanspruch) die Gegenleistung dar; diese beträgt im gegenständlichen Fall die vom Bw. gegen W.Sch. eingeklagten € 202.800,00.

Wenn der Bw. eingewendet hat, dass nicht der geltend gemachte Pflichtteilsanspruch, sondern der tatsächliche Wert des Pflichtteilsanspruches der Grunderwerbsteuer zu Grunde zu legen ist, so kann dies der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen; nach der Entstehung des Steueranspruches zwischen dem Erben und dem Pflichtteilsberechtigten getroffene Erfüllungsabreden können den einmal entstandenen Steueranspruch weder aufheben noch verändern, selbst ein Verzicht des Berechtigten auf seinen Anspruch wirkt sich grundsätzlich nicht auf die Steuer aus.

Damit kommt die vom Bw. aufgezeigte Variante, den Pflichtteilsanspruch in Entsprechung des Gutachtens der Landwirtschaftskammer für Kärnten in Höhe von 1/9 des darin errechneten Wertes von € 285.000,00 (land- und forstwirtschaftlicher Betrieb im Ausmaß von ca. 25 ha), somit mit € 31.666,00 anzusetzen, ebenso wenig in Betracht wie der Ansatz des im Juli 2010 für das gegenständliche Grundstück erzielten Verkaufserlöses von € 160.000,00.

Der erzielte Verkaufserlös spiegelt sich im Verkehrswert des Grundstückes deshalb nicht wider, weil es sich nach den Angaben des Bw. um einen übereilten Verkauf zu Folge Geldbedarfes seines Sohnes gehandelt hat. Auf Grund der Widmung des gegenständlichen Grundstückes als Bauland/Wohngebiet (s. Vergleich vom , Seite 2), seiner Größe von 2.079 m2, der verkehrstechnischen Anbindung, der Nähe zur zweitgrößten Kärntner Stadt und zu einem großen Kärntner Badesee und der ortsüblichen Verkaufspreise, die sich im Jahre 2011 zwischen € 130,00 und € 180,00 bewegten (vgl. vgl. Zeitschrift Gewinn 5/2011, Grundstückspreisübersicht, Villach, St. Andrä/Ossiachersee) stellt sich der vom Bw. eingeklagte Betrag nicht als überhöht dar, sodass auch aus dieser Sicht der Ansatz eines niedrigeren Betrages nicht gerechtfertigt wäre.

Dem Einwand des Bw. dass im gegenständlichen Fall § 3 Abs. 1 Z 2 GrEStG zur Anwendung zu gelangen hat, ist entgegen zu halten, dass die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Die vom Bw. angezogenen § 2 Abs. 2 Z 4 und § 8 Abs. 4 ErbStG könnten schon mangels Erwerbes von Todes wegen nicht zur Anwendung kommen.

Für die Anwendung des § 4 Abs. 2 Z 1 oder § 4 Abs. 2 Z 4 GrEStG bleibt aus den angeführten Gründen bzw. zufolge des geschilderten Ablaufes des Verlassenschaftsverfahrens kein Raum.

Der angefochtene Bescheid entspricht der Rechtslage. Dies trifft auch auf den - zufolge Rechtsgeschäftes zwischen ehelichem und unehelichem Sohn - angewendeten Prozentsatz nach § 7 Z 3 GrEStG zu.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at