Geschäftsführerhaftung Kommunalsteuer
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Markus Knechtl LL.M. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratssabteilung 6,Rechnungs- und Abgabenwesen, Dezernat Abgaben und Recht, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, MA 6/ARL-589141/19i, vom zu Recht erkannt:
Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Schreiben vom sendete der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 6 (belangte Behörde), dem Beschwerdeführer folgenden Haftungsvorhalt:
"Sehr geehrter Herr ***BF1***!
Sie sind seit Datum1 im Firmenbuch als Geschäftsführer der Firma Primärschuldnerin eingetragen und daher verantwortlicher Vertreter.
Gemäß § 80 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBI. Nr. 194/1961, in der derzeit geltenden Fassung, haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Hinsichtlich der Dienstgeberabgabe haften nach § 6a Abs. 1 des Dienstgebersbgabegesetzes, LGBl. für Wien Nr. 17/1970, in der derzeit geltenden Fassung, die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgebenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.
Bezüglich der Kommunalsteuer haften gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993 KommStG 1993, BGBI. Nr. 819/1993, in der derzeit geltenden Fassung, die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabebflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Im gegenständlichen Fall wurden die nachstehenden Abgabenbeträge bis dato nicht entrichtet, wodurch die gesetzliche Voraussetzung für ihre Haft- und Zahlungspflicht gegeben ist.
Es wird Ihnen gemäß § 183 Abs. 4 BAO Gelegenheit gegeben, den vorliegenden Sachverhalt und das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis zu nehmen und sich innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens dazu zu äußern. Sollten Sie Ihre Haft- und Zahlungspflicht anerkennen, so werden Sie ersucht, den Rückstand zu begleichen."
Aus einem Amtshilfeersuchen betreffend die Zustellung von Schriftstücken ist ersichtlich, dass dieses Schreiben am dem Beschwerdeführer zugestellt wurde.
Am langte nachfolgende Stellungnahme bei der belangten Behörde ein:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich war im Zeitraum vom Datum1 - Datum3 Geschäftsführer der Primärschuldnerin.
Sie führen Abrechnungen an aus den Jahr 2012 - 2016 wo ich nicht Geschäftsführer der Gesellschaft war. Ich möchte Sie Bitten eine korrekte Abrechnung für die 3 Monate wo ich als Geschäftsführer tätig war neu zu berechnen.
Eine eventuelle private Haftung kann laut Österreichischer Rechtsprechung verlangt werden nur für den Zeitraum der Geschäftstätigkeit als Geschäftsführer."
Am richtete die belangte Behörde folgenden Haftungsbescheid an den Beschwerdeführer:
"I. Gemäß § 6a des Kommunalsteuergesetzes 1993 - KommStG 1993, BGBl. Nr. 819/1993, in der derzeit geltenden Fassung, wird Herr ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, für den Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen der Primärschuldnerin, Adresse w.o., in der Höhe von Euro 9.821,69 für den Zeitraum Jänner 2012 bis Dezember 2016 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 224 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBI. Nr. 194/1961, in der derzeit geltenden Fassung, binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst wird.
II. Gemäß § 6a des Dienstgeberabgabegesetzes, LGBI. für Wien Nr. 17/1970, in der derzeit geltenden Fassung, wird Herr ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, für den Rückstand an Dienstgeberabgabe samt Nebenansprüchen der Primärschuldnerin, Adresse w.o., in der Höhe von Euro 1.221,96 für den Zeitraum April bis Juni 2017 haftbar gemacht und aufgefordert, diesen Betrag gemäß § 224 Abs. 1 BAO binnen einem Monat ab Zustellung dieses Bescheides zu entrichten, widrigenfalls die zwangsweise Einbringung veranlasst wird.
Begründung
Gemäß § 6a Abs. 1 des zitierten Kommunalsteuergesetzes haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Nach § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom Datum2 zur Zahl ***GZ*** wurde über das Vermögen der Primärschuldnerin ein Konkursverfahren eröffnet. Die bereits vom Gesetzgeber als typischer Fall der erschwerten Einbringung angeführte Voraussetzung für die Haftung ist durch die Eröffnung des Konkursverfahrens jedenfalls erfüllt.
Herr ***Bf1*** ist seit Datum1 im Firmenbuch als Geschäftsführer der oben angeführten Gesellschaft eingetragen und hat weder die Bezahlung veranlasst, noch irgendwelche Schritte zur Abdeckung des Rückstandes unternommen.
Er hat somit die ihm als Geschäftsführer der im Spruch genannten Gesellschaft auferlegten Pflichten verletzt und ist daher für den Rückstand haftbar, da dieser bei der Gesellschaft nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann. Die Geltendmachung der Haftung entspricht auch den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit nach § 20 BAO, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf besteht, dass der nunmehr aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin überhaupt noch eingebracht werden könnte.
In der Stellungnahme vom gibt der Haftungspflichtige an, dass er im Zeitraum vom Datum1 bis Datum3 Geschäftsführer der Primärschuldnerin gewesen sei. Eine eventuelle private Haftung könne laut österreichischer Rechtsprechung nur für den Zeitraum der Geschäftstätigkeit als Geschäftsführer verlangt werden.
Dazu wird festgestellt, dass der Haftungspflichtige laut Firmenbuch seit Datum1 Geschäftsführer der Primärschuldnerin ist.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) haftet ein Geschäftsführer auch für Abgabenrückstände, die vor seiner Geschäftstätigkeit fällig geworden sind. Der VwGH hat zum Ausdruck gebracht, dass die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten erst mit ihrer Abstattung endet und der Geschäftsführer einer GmbH sich bei der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit daher darüber unterrichten muss, ob und in welchem Ausmaß die nunmehr von ihm vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist (vgl. Zl. 2006/13/0094).
Der Rückstand setzt sich laut Abgabenkonto wie folgt zusammen:
"
Am langte bei der belangte Behörde nachfolgendes Schreiben ein, das die belangte Behörde sowohl als Beschwerde als auch als außergerichtliches Vergleichsangebot wertete:
"Betreff: MA/ARL - 5073071185 - BESCHWERDE
Ich möchte gegen diesen ausgestellten Bescheid hiermit Beschwerde einlegen und Bitte ihnen gleichzeitig folgendes an.
Ihre Antwort auf meinen Einspruch kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Sie können mich nicht für Beiträge aus den Jahren 2012, 2013, 2014, 2015, 2016 wo ich nicht handelnder Geschäftsführer war, persönlich zur Verantwortung bzw. Haftung heranziehen.
Ich kann ihnen lediglich anbieten um diese Sache abzuschließen, dass ich persönlich für folgende Beiträge die Kosten übernehme.
Dienstgeberabgebe 04-06/2017 in der Höhe von 1.198,00 €
Säumniszuschlag 04-06/2017 in der Höhe von 23,96 €
Im Gegenzug übermitteln Sie mir eine Bestätigung, dass Sie die Beiträge für die Jahre zuvor von mir persönlich nicht mehr einfordern werden und mich Schad und Klaglos zu halten. Sollten Sie auf diesen Vorschlag eingehen, werde ich umgehend nach Erhalt ihrer Bestätigung die Beiträge für den Zeitraum ( 04-06/2017 ) in der Höhe von 1.221,96 € als handelnder Geschäftsführer entrichten."
Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, dass sie seinem Vorschlag für einen außergerichtlichen Ausgleich nicht zustimmt.
Beschwerdevorentscheidung
Ebenfalls am erließ die belangte Behörde eine abweisende Beschwerdevorentscheidung mit folgendem Inhalt:
"Gemäß § 263 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung BAO, BGBI. Nr. 194/1961, in der geltenden Fassung, wird die Beschwerde des Herrn ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, eingelangt am , gegen den Bescheid vom , Zahl MA 6/ARL - 507307/128 E, betreffend die Haftung für die Primärschuldnerin, wegen Rückständen an Kommunalsteuer in der Höhe von Euro 9.821,69 und an Dienstgeberabgabe in Höhe von Euro 1.221 ,96 für den Zeitraum April bis Juni 2017 als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Gemäß § 6a Abs. 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993 - KommStG 1993, BGBI. Nr. 819/1993, in der derzeit geltenden Fassung, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Gemäß § 6a Abs. 1 des Dienstgeberabgabegesetzes, LGBI. für Wien Nr. 17/1970, in der derzeit geltenden Fassung, haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.
Nach § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen; sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Zu den im § 80 Abs. 1 BAO genannten Personen gehören auch die Geschäftsführer der Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die gemäß § 18 Abs. 1 des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, RGBI. Nr. 58/1906, die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten haben.
Voraussetzungen für die Haftung sind also:
Eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die Stellung als Vertreter, die erschwerte Einbringung der Abgabenforderung, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringung.
Dass die im angefochtenen Bescheid angeführten Abgabenforderungen tatsächlich bestehen, steht nach der Aktenlage fest. Weiters steht unbestritten fest, dass der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Gesellschaft zu dem im § 80 Abs. 1 BAO angeführten Personenkreis gehört. Ferner wird nicht bestritten, dass die angeführten Abgabenrückstände bei der Gesellschaft erschwert einbringlich sind. Es ist ferner Aufgabe des Vertreters, nachzuweisen, dass ihm die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten für die Gesellschaft unmöglich war, weil nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen derjenige, der eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, die Gründe darzutun hat, aus denen ihm die Erfüllung unmöglich war, widrigenfalls angenommen werden kann, dass er seiner Pflicht schuldhafterweise nicht nachgekommen ist.
Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde vor, dass er nicht für Beträge aus den Jahren 2012, 2013, 2014, 2016, 2016 wo er nicht handelnder Geschäftsführer war, persönlich zur Verantwortung bzw. Haftung herangezogen werden könne.
Dem wird entgegengehalten, dass bei Abgaben, welche der Abgabenschuldner selbst zu berechnen und abzuführen hat, sich der Zeitpunkt, ab dem zu beurteilen ist, ob der Geschäftsführer seinen abgabenrechtlichen Pflichten nachkam und ob die Gesellschaft die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel hatte, danach bestimmt, wann die Abgaben bei Beachtung der abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wären (vgl. ) und nicht wann die Nachforderungen anlässlich einer Revision festgestellt wurden.
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in seiner ständigen Rechtsprechung festgestellt, dass ein Geschäftsführer auch für die Entrichtung schon vor seinem Eintritt als Geschäftsführer fällig gewordener, aber noch nicht entrichteter Abgaben hätte sorgen müssen. Die Haftung besteht für die offenen Abgabenschuldigkeiten, weil die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten erst mit deren Abstattung endet (, vom , 2009/13/0019, vom , 2009/16/0025, vom , 2009/13/0044)
Der haftende Vertreter muss sich bei der Übernahme seiner Tätigkeit darüber unterrichten, ob und in welchem Ausmaß die von ihm nunmehr vertretene Gesellschaft bisher ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen ist. Den Haftenden trifft die gleiche Offenlegungspflicht und Wahrheitspflicht wie den Abgabenpflichtigen (vgl. , vgl, Pflicht, sich bei der Übernahme der Vertretertätigkeit entsprechend zu informieren, Ritz, BAO3, § 9 Tz 15, m.w.N.).
Der Beschwerdeführer hat in seiner Beschwerde somit nicht den Nachweis erbracht, dass ihm die Erfüllung seiner Pflichten unmöglich war. Die Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Missachtung der abgabenrechtlichen Bestimmungen. Der Beschwerdeführer hätte Sorge tragen müssen, dass die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für den Haftungszeitraum fristgerecht entrichtet wird. Auf Grund dieser Tatsachen war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen."
Vorlageantrag
Am langte der Vorlageantrag des Beschwerdeführers bei der belangten Behörde ein.
Vorlagebericht
Im Anschluss daran wurden die Beschwerdeakten dem Bundesfinanzgericht vorgelegt und vom Magistrat der Stadt Wien als belangter Behörde im Vorlagebericht angeführt, dass dem Beschwerdeführer bereits mit dem Haftungsbescheid mitgeteilt wurde, dass ein Geschäftsführer auch für Abgabenrückstände haftet, die vor seiner Geschäftsführertätigkeit fällig geworden sind und die Rückstände durch eine Gemeinsame Prüfung aller Lohnabhängigen Abgaben (GPLA) hervorgekommen wären. Diese GPLA, für die Jahre 2012 bis 2014 wäre am abgeschlossen und am von der Behörde gemahnt worden, wobei der Beschwerdeführer seit Datum1 Geschäftsführer der Primärschuldner gewesen sei und nicht dafür gesorgt habe, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwaltet, entrichtet wurden.
Beschluss vom
Das Bundesfinanzgericht wandte sich mit Beschluss vom an die belangte Behörde und forderte diese auf, die darin enthaltenen Fragen zu beantworten. Der Beschluss lautet:
"I. Der Magistrat der Stadt Wien wird aufgefordert, nachfolgende Fragen zu beantworten:
a) Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer unter anderem für Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen in Höhe von € 9.821,69 für den Zeitraum Jänner 2012 bis Dezember 2016 zur Haftung herangezogen.
In dem Betrag von € 9.821,69 sind auch Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt € 192,56 enthalten.
>> Gibt es Bescheide über die Säumniszuschläge in Höhe von € 192,56 - Falls ja: Wurden diese Bescheide dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht? Bitte legen Sie eine Kopie dieser Bescheide bei.
>> Wann wurden die vom Haftungsbescheid umfassten Säumniszuschläge fällig?
b) Aus den Verwaltungsakten ist ersichtlich, dass der Haftung für die Kommunalsteuer insgesamt zwei GPLA-Prüfungen vorangegangen waren. Die erste GPLA-Prüfung für die Jahre 2012-2014 wurde (laut Ausdrucken, die sich im Verwaltungsakt befinden) am abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschwerdeführer noch nicht Geschäftsführer.
Die zweite GPLA-Prüfung wurde am abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt war für die Primärschuldnerin schon eine Masseverwalterin bestellt.
Im Zuge einer GPLA-Prüfung werden in der Regel auch die Lohnkonten überprüft. In den Lohnkonten sind idR monatliche Eintragungen zu machen (vgl. § 76 EStG). Somit müsste auch die monatliche Kommunalsteuerbemessungsgrundlage aus den Lohnkonten ableitbar sein. Aus den Eintragungen im Lohnkonto und den Meldungen zur Sozialversicherung ist idR ersichtlich, wann das Beschäftigungsverhältnis eines Dienstnehmers begonnen und geendet hat.
Gegen die Gleichbehandlungspflicht verstößt ein Geschäftsführer, der Abgabenschulden bei Fälligkeit nicht vollständig entrichtet, dann nicht, wenn die Mittel, die ihm zur Verfügung stehen, nicht für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft ausreichen, er aber die Abgabenschulden im Vergleich zur Summe der anderen Verbindlichkeiten nicht schlechter behandelt und diesem Verhältnis entsprechend anteilig erfüllt. Der Nachweis der Gläubigergleichbehandlung ist durch den Geschäftsführer (Beschwerdeführer) zu erbringen. Allerdings kann er einen solchen Nachweis nur dann erbringen, wenn ihm die belangte Behörde die monatlichen Kommunalsteuerbeträge bekannt gegeben hat, da er sonst nicht in die Lage versetzt wird, die geforderte, nach Monaten gegliederte Liquiditätsaufstellung zu erstellen und die auf die Abgabengläubigerin entfallende monatliche Quote zu errechnen (siehe und betr. Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe).
Sowohl im Vorhalt zur Stellungnahme als auch im Haftungsbescheid wurden hinsichtlich der Kommunalsteuer nur Jahresbeträge mitgeteilt. Hinsichtlich der Dienstgeberabgabe wurde ein Zeitraum von "04-06/2017" mitgeteilt.
>> Wurden dem Beschwerdeführer die monatlichen Beträge für die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe für die haftungsgegenständlichen Zeiträume bekannt gegeben? Falls nicht, wird die belangte Behörde - in Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung des VwGH - aufgefordert, monatliche Bemessungsgrundlagen mitzuteilen.
>> Wie wurde der Beschwerdeführer von der Kommunalsteuernachforderung der Jahre 2015 und 2016 sowie der Dienstgeberabgabe für April-Juni 2017 in Kenntnis gesetzt, zumal nur eine Mahnung vom , welche eine Kommunalsteuernachforderung (ohne Säumniszuschläge) für 2012-2014 betrifft, aktenkundig ist?
c) Festsetzungsbescheid(e)
Gemäß § 11 Abs 3 KommStG hat die Gemeinde Kommunalsteuerbescheide zu erlassen, wenn ihr kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird.
>> Wurde ein Kommunalsteuerbescheid erlassen? Falls ja, wurde dem Beschwerdeführer Kenntnis über die Erlassung des Abgabenbescheides verschafft?"
Mit Schreiben vom teilte die belangte Behörde Folgendes mit:
"ad l a.) Es gibt einen Bescheid über die Festsetzung von Säumniszuschlägen vom in Höhe von 69,25 Euro (s. Beilage). Der Säumniszuschlag wurde mit Zustellung des Festsetzungsbescheides fällig. Der Bescheid wurde von der zuständigen Buchhaltungsabteilung mit normaler Post versendet.
Der Bescheid wurde an die Primärschuldnerin adressiert. Der Beschwerdeführer war laut Firmenbuch ab Datum1 Geschäftsführer der Primärschuldnerin und müsste daher in dieser Eigenschaft den Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages erhalten haben. Über den restlichen Säumniszuschlag in Höhe von 123,31 Euro betreffend Kommunalsteuer- Nachforderung für die Jahre 2015 bis 2016 gibt es keinen Festsetzungsbescheid.
ad l b.) Dem Beschwerdeführer wurden keine monatlichen Beträge für die Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für die haftungsgegenständlichen Zeiträume bekannt gegeben, da der Beschwerdeführer in keiner Phase des Verfahrens Gläubigergleichbehandlung behauptet hat.
Das Erfordernis der Gleichbehandlung aller Gläubiger der Gesellschaft durch deren Vertreter ergibt sich erst als Folge des vom Vertreter im Haftungsverfahren darzutuenden Fehlens ausreichender Mittel zur Befriedigung der Abgabenverbindlichkeiten (vgl. , vom , 99/15/0253). Dass im gegenständlichen Haftungszeitraum (2012 bis 06/2017) keine oder nicht ausreichende Mittel zur Befriedigung der Abgabenverbindlichkeiten zur Verfügung gestanden hätten, hat der Beschwerdeführer ebenfalls nicht behauptet.
Nach Rücksprache mit der prüfenden Dienststelle, der ÖGK (vormals: WGKK) ist es nicht mehr möglich, die Jahresbeträge in monatliche Bemessungsgrundlagen aufzuschlüsseln. Es wurden jedoch Aufstellungen zu den KommSt-Differenzen übermittelt (s. Beilage).
Nach den Bestimmungen des KommStG und der FinanzOnline-Verordnung 2006 sind die vom Steuerpflichtigen abzugebenden Jahreserklärungen seit 2005 nicht mehr monatlich aufzuschlüsseln, sondern über die Steuererklärung via FinanzOnline in einer jährlichen Bemessungsgrundlage einzureichen.
Ohne eine monatliche Aufschlüsselung der Bemessungsgrundlage durch die Primärschuldnerin bzw. durch das Prüforgan ist die Behörde jedoch nicht in der Lage den Rückstand monatlich aufzuschlüsseln, weil sie die Daten nicht hat.
Inwieweit die bestellte Masseverwalterin den Geschäftsführer der Primärschuldnerin von den Ergebnissen der GPLA für den Zeitraum 2015 bis 2016 in Kenntnis gesetzt hat, ist ha. nicht bekannt. Von der ha. Behörde wurde der Beschwerdeführer von den Ergebnissen der GPLA für den Zeitraum 2015 bis 2016 im Rahmen des Vorhaltes vom und in Form einer zahlenmäßigen (Rückstands-)Darstellung in Kenntnis gesetzt.
Die Dienstgeberabgabe für das Jahr 2017 wurde anhand der abgegebenen Dienstgeberabgabe-Erklärung gebucht. Der Beschwerdeführer müsste von seiner steuerlichen Vertretung von den abgegebenen Erklärungen in Kenntnis gesetzt worden sein.
ad l c.) Ein Kommunalsteuerbemessungsbescheid wurde nicht erlassen."
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Sachverhalt
Bei der Primärschuldnerin hat für den Zeitraum 2012-2014 eine Prüfung lohnabhängiger Abgaben (GPLA) stattgefunden, die am beendet wurde. Für den Zeitraum 2015-2016 hat eine Prüfung lohnabhängiger Abgaben stattgefunden, die am beendet wurde. Beide Prüfungen führten zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlagen für die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe.
Der Beschwerdeführer vertrat die Primärschuldnerin als Geschäftsführer seit dem Datum1. Am verfasste die belangte Behörde einen Säumniszuschlagsbescheid für nicht entrichtete Kommunalsteuern 1/2012-12/2014 in Höhe von € 69,25 und richtete eine Mahnung für Kommunalsteuer in Höhe von € 3.463,33 an die Primärschuldnerin. Die Erledigung wurde an die Primärschuldnerin adressiert und ohne Zustellnachweis versendet. Es konnte nicht festgestellt werden, ob die Primärschuldnerin diese Mahnung oder den Säumniszuschlagsbescheid erhalten hat. Am Datum2 wurde das Konkursverfahren über die Primärschuldnerin eröffnet. Die Insolvenzmasse reicht nicht aus, um die Masseforderungen zu erfüllen.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Säumniszuschlagsbescheid im Zuge des Haftungsverfahrens dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht wurde.
Für die übrigen Säumniszuschläge in Höhe von € 149,27 für Kommunalsteuer 2015-2016 und Dienstgeberabgabe wurden keine Bescheide erlassen. Auch für die Kommunalsteuernachforderung wurden keine Bescheide erlassen. Dem Beschwerdeführer wurden von der belangten Behörde keine monatlichen Beträge für die Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe für die haftungsgegenständlichen Zeiträume bekannt gegeben.
Abgabenforderungen wurden durch die Primärschuldnerin nicht entrichtet.
Beweiswürdigung
Die Feststellungen zu den durchgeführten Prüfungen lohnabhängiger Abgaben ergibt sich aus dem Akteninhalt, zu dem auch ein von der belangten Behörde erstellter Ausdruck aus FinanzOnline mit dem Titel "Prüfungsstatus" bzw "Beendete Lohnsteuerprüfungen" gehört. Aus dieser Übersichtsseite ist ersichtlich, dass am für die Jahre 2012 bis 2014 und am für die Jahre 2015 und 2016 Lohnsteuerprüfungen beendet wurden. Darüber hinaus befinden sich im vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde für jedes Jahr ein Ausdruck (eine Seite) mit Prüfungsfeststellungen und Bemessungsgrundlagen vor und nach der Prüfung.
In den Verwaltungsakten sind auch Ausdrucke von Kontoauszügen für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe enthalten. Aus diesen Kontoauszügen geht hervor, dass am insgesamt € 3.463,33 an Kommunalsteuern verbucht wurden; für die Jahre 2012-2014 wurden am € 6.165,80 an Kommunalsteuern für die Jahre 2015 und 2016 verbucht.
Die Feststellung zur Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich einerseits aus einer Einsichtnahme in den Firmenbuchauszug der Primärschuldnerin und andererseits aus einem in der Urkundensammlung des Firmenbuches hinterlegten Gesellschafterbeschluss vom Datum1, aus dem hervorgeht, dass der alleinige Gesellschafter der Primärschuldnerin, nämlich der Beschwerdeführer, den zuvor im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführer abberufen hat und sich selbst zum neuen Geschäftsführer mit selbständiger Vertretungsbefugnis bestellt hat.
Unstrittig ist, dass Abgabenforderungen der belangten Behörde von der Primärschuldnerin nicht bezahlt wurden, zumal der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vom selbst eingeräumt hatte, dass er bereit wäre, einen Teil der Abgabenschulden zu entrichten.
Die Feststellungen zu den Säumniszuschlägen gründet sich im Wesentlichen auf die Beantwortung der belangten Behörde vom hinsichtlich der im Beschluss vom aufgeworfenen Fragen. In dieser Beantwortung gab die belangte Behörde bekannt, dass hinsichtlich der im Haftungsbescheid enthaltenen Säumniszuschläge für Kommunalsteuern 2015 und 2016 in Höhe von € 123,31 kein Säumniszuschlagsbescheid erlassen wurde.
Zum Säumniszuschlagsbescheid vom gab die belangte Behörde an, dass dieser Bescheid, der an die Primärschuldnerin adressiert ist, mit normaler Post versendet wurde und da der Beschwerdeführer seit Datum1 Geschäftsführer der Primärschuldnerin war, "müsste [er] daher in dieser Eigenschaft den Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages erhalten haben." Einen diesbezüglichen Nachweis hat die belangte Behörde jedoch nicht vorgelegt. Aus der Beantwortung der belangten Behörde geht auch hervor, dass dem Beschwerdeführer im Haftungsverfahren dieser Bescheid nicht (mehr) zur Kenntnis gebracht wurde.
Die Feststellung, dass dem Beschwerdeführer weder hinsichtlich der Kommunalsteuer noch hinsichtlich der Dienstgeberabgabe, die sich auch auf Zeiträume bezieht, in denen der Beschwerdeführer bereits als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen war, die monatlichen Beträge (samt Fälligkeitszeitpunkten) bekannt gegeben wurde, gründet sich auf die Angaben der belangten Behörde. Dasselbe gilt für die Feststellung, dass keine Festsetzungsbescheide für Kommunalsteuer oder Dienstgeberabgabe erlassen wurden.
Rechtsgrundlagen
§ 80 BAO lautet:
2. Vertreter.
§ 80. (1) Die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haben alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, daß die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
(2) Steht eine Vermögensverwaltung anderen Personen als den Eigentümern des Vermögens oder deren gesetzlichen Vertretern zu, so haben die Vermögensverwalter, soweit ihre Verwaltung reicht, die im Abs. 1 bezeichneten Pflichten und Befugnisse.
(3) Vertreter (Abs. 1) der aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach Beendigung der Liquidation ist, wer nach § 93 Abs. 3 GmbHG zur Aufbewahrung der Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft verpflichtet ist oder zuletzt verpflichtet war.
§ 201 BAO lautet:
§ 201. (1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.
(2) Die Festsetzung kann erfolgen,
1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages,
2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,
3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,
(Anm.: Z 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 20/2009)
5. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.
(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,
1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 70/2013)
3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden.
(4) Innerhalb derselben Abgabenart kann die Festsetzung mehrerer Abgaben desselben Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) in einem Bescheid zusammengefasst erfolgen.
§ 201a BAO lautet:
§ 201a. Für Landes- und Gemeindeabgaben gilt Folgendes:
Liegen die Voraussetzungen für eine bescheidmäßige Festsetzung gemäß § 201 vor, so ist von der Festsetzung abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Selbstberechnung berichtigt.
§ 224 BAO lautet:
2. Geltendmachung von Haftungen.
§ 224. (1) Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
(2) Die Bestimmungen des Einkommensteuerrechtes über die Geltendmachung der Haftung für Steuerabzugsbeträge bleiben unberührt.
(3) Die erstmalige Geltendmachung eines Abgabenanspruches anläßlich der Erlassung eines Haftungsbescheides gemäß Abs. 1 ist nach Eintritt der Verjährung des Rechtes zur Festsetzung der Abgabe nicht mehr zulässig.
§ 6aKommunalsteuergesetz 1993 lautet:
Haftung
§ 6a. (1) Die in den §§ 80 ff der Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung gilt sinngemäß.
(2) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff Bundesabgabenordnung bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.
(3) Die in Abs. 2 bezeichneten Personen haften für die Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
§ 6a Gesetz über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe (LGBl. Nr. 05/1979 idgF) lautet:
§ 6a.(1) Die in den §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter haften neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung. § 9 Abs. 2 Bundesabgabenordnung - BAO gilt sinngemäß.
(2) Soweit Personen auf die Erfüllung der Pflichten der Abgabepflichtigen und der in §§ 80 ff Bundesabgabenordnung - BAO bezeichneten Vertreter tatsächlich Einfluss nehmen, haben sie diesen Einfluss dahingehend auszuüben, dass diese Pflichten erfüllt werden.
(3) Die in Abs. 2 bezeichneten Personen haften für die Dienstgeberabgabe insoweit, als diese Abgabe infolge ihrer Einflussnahme nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.
Rechtliche Beurteilung
Die Haftung nach § 6a KommStG und § 6a Dienstgeberabgabegesetz ist eine Gefährdungshaftung. Voraussetzung für die Geltendmachung einer Haftung sind eine Abgabenforderung gegen den Vertretenen, die erschwerte Einbringung der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden, seine Stellung als Vertreter, eine Pflichtverletzung des Vertreters, dessen Verschulden an der Pflichtverletzung und die Ursächlichkeit der Pflichtverletzung für erschwerte Einbringung.
Der unbestimmte Rechtsbegriff "nicht ohne Schwierigkeiten" ist so auszulegen, dass nur bei erheblichen Schwierigkeiten, die in ihrer Intensität so geartet sind, wie die Schwierigkeiten, die sich für das Einbringen der Abgabenforderungen im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ergeben, die Tatbestandsvoraussetzung für die Haftung gegeben ist. Die Tatsache, dass ein Verschulden des Haftungspflichtigen und schwere Einbringlichkeit (die vergebliche Versuche der Einbringung beim Primärschuldner und sodann Hindernisse von erheblichem Gewicht im Sinne des oben Gesagten erfordert) beim Abgabepflichtigen als weitere Tatbestandsvoraussetzungen hinzutreten müssen, damit die Haftung des Vertreters besteht, zeigt, dass auch von einer unsachlich-überschießenden Regelung nicht die Rede sein kann ( B1404/95).
Sowohl § 6a KommStG als auch § 6a Dienstgeberabgabegesetz sehen in der Konkurseröffnung einen Fall der erschwerten Einbringlichkeit. Das Insolvenzverfahren über die Beschwerdeführerin wurde am Datum2 eröffnet; dieser Tatbestand ist somit erfüllt.
Gemäß § 18 GmbHG wird die GmbH durch die Geschäftsführer vertreten. Ein bestellter Geschäftsführer hat die abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft zu erfüllen oder seine Funktion unverzüglich niederzulegen. Hat er dies nicht getan, dann muss er die haftungsrechtlichen Konsequenzen tragen (vgl. zB 96/14/0076, und vom 2001/13/0190).
Zu den Pflichten des Geschäftsführers gehört,
- für die Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen (Abgabenzahlungspflicht);
- die Erfüllung der den Vertretenen treffenden gesetzlichen Buchführungs- und Aufzeichnungs-, Offenlegungs- und Wahrheitspflichten;
- andere Personen (Angestellte), die er mit den steuerlichen Agenden betraut, zu kontrollieren (Auswahl- und Kontrollpflichten);
- sich bei Geschäftsübernahme zu informieren;
- Zurücklegung der Geschäftsführungsfunktion bei Behinderung/Beschränkung der Befugnisse.
Die Inanspruchnahme der Haftung setzt voraus, dass die schuldhafte Pflichtverletzung kausal für die Uneinbringlichkeit ist. Hat der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde mangels dagegen sprechender Umstände davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die erschwerte Einbringlichkeit bzw Uneinbringlichkeit ursächlich war (zB ; 98/15/0084; 2013/16/0123). Der Vertreter hat darzutun, aus welchen Gründen ihm die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung iSd § 9 Abs 1 BAO angenommen werden darf (zB 2001/15/0108). Er hat das Fehlen ausreichender Mittel für die Abgabenentrichtung nachzuweisen. Für die Haftung nach § 6a KommStG und nach § 6a des Wiener Landesgesetzes über die Dienstgeberabgabe gilt nichts anderes ( 2013/16/0229).
Den GmbH-Geschäftsführer trifft die Verpflichtung gemäß § 80 Abs. 1 BAO nur für jenen Zeitraum, in dem er die Vertreterstellung innehat. Nur in diesem Zeitraum kann er eine haftungsrelevante Pflichtverletzung begehen (UFS Wien , RV/3058-W/09). Trifft den Vertreter keine Verpflichtung zur Abfuhr der Abgaben, weil er im Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgaben (noch) nicht Vertreter war, kann ihm grundsätzlich nicht angelastet werden, diese Abgabenschuldigkeiten bei Fälligkeit nicht abgeführt zu haben. Wurden der Primärschuldnerin die Abgaben jedoch zu einem Zeitpunkt bescheidmäßig vorgeschrieben, in dem der Beschwerdeführer bereits Vertreter war, wäre er verpflichtet gewesen, der Abgabenentrichtungspflicht nachzukommen, dies jedoch im Rahmen der Gleichbehandlung aller Gläubiger zum bekanntgegebenen oder sich aus der Vorschreibung ergebenden Termin (vgl ). Zu einer solchen Abgabenvorschreibung an die Primärschuldnerin ist es jedoch nicht gekommen.
Gemäß § 11 Abs 1 KommStG entsteht die Steuerschuld mit Ablauf des Monats, in dem die Lohnzahlungen gewährt worden sind. Die Kommunalsteuer ist sodann vom Unternehmer selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats an die Gemeinde zu entrichten.
Gemäß § 5 DAG beträgt die Abgabe für jeden Dienstnehmer und für jede angefangene Woche eines bestehenden Dienstverhältnisses 2 Euro. Gemäß § 6 Abs 1 DAG hat der Abgabepflichtige bis zum 15. Tag jedes Monates die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten.
Bei Selbstbemessungsabgaben, zu denen die Kommunalsteuer und die Dienstgeberabgabe zählen, ist für die Frage der Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten eines Vertreters des Abgabepflichtigen maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre ().
Der Beschwerdeführer wurde zunächst für Kommunalsteuerbeträge der Jahre 2012 bis 2016 zur Haftung herangezogen. Allerdings hat der Beschwerdeführer die Geschäftsführertätigkeit erst im Mai 2017 übernommen. Sowohl die Kommunalsteuer als auch die Dienstgeberabgabe werden am 15. des Folgemonates fällig. Die Fälligkeiten für die Kommunalsteuerbeträge lag somit in den Jahren 2012 bis , somit in Zeiträumen, in denen der Beschwerdeführer kein organschaftlicher Vertreter der Primärschuldnerin war. Den Beschwerdeführer kann somit kein Verschulden an der Nichtentrichtung dieser Abgaben zu den Fälligkeitsterminen, die vor seiner Geschäftsführertätigkeit lagen, treffen.
Die Fälligkeit der Dienstgeberabgaben für die Zeiträume April bis Juni 2017 lag sehr wohl in der Zeit der Geschäftsführertätigkeit des Beschwerdeführers.
Gemäß § 6 Abs 1 Z 3 bzw Z 5 F-VG sind ausschließliche Landesabgaben solche, deren Ertrag ganz den Ländern zufließt und ausschließliche Gemeindeabgaben solche, deren Ertrag ganz den Gemeinden zufließt. Gemäß § 16 Abs 1 Z 2 Finanzausgleichsgesetz 2017 ist die Kommunalsteuer eine ausschließliche Landes(Gemeinde)abgabe. Gemäß § 217a Z 2 BAO, eine Sondervorschrift für Landes- und Gemeindeabgeben, werden Säumniszuschläge im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Allerdings gibt es im beschwerdegegenständlichen Sachverhalt für die im Haftungsbescheid angeführten Säumniszuschläge in Höhe von € 123,31 für Kommunalsteuern und in Höhe von € 23,96 für Dienstgeberabgaben keinen Säumniszuschlagsbescheid; somit kann auch keine Fälligkeit für einen Säumniszuschlag für Landes- und Gemeindeabgaben gegenüber der Primärschuldnerin eintreten. Mangels Fälligkeit der Abgabe kann der Beschwerdeführer auch keine Pflicht verletzt haben, die Abgabe (zeitgerecht) zu entrichten.
Hinsichtlich des Säumniszuschlages von € 69,25 gibt es zwar einen Bescheid, allerdings konnte nicht festgestellt werden, dass dieser Bescheid der Primärschuldnerin auch zugestellt wurde. Insofern ist dieser Bescheid gegenüber der Primärschuldnerin nicht wirksam geworden und konnte daher ebenfalls keine Fälligkeit der darin vorgeschriebenen Abgaben begründen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass von der belangten Behörde auch nicht nachgewiesen werden konnte, dass der Beschwerdeführer von diesem Bescheid - allenfalls im Haftungsverfahren - Kenntnis erlangt hatte. Wird der zur Haftung Herangezogene nicht rechtzeitig darüber aufgeklärt, dass die Abgaben schon bescheidmäßig festgesetzt wurden, so liegt infolge unvollständiger Information im Sinne des Erkenntnisses vom ein Mangel des Verfahrens vor, der im Rechtsmittelverfahren gegen den Haftungsbescheid nicht sanierbar ist.
Der Beschwerde war daher hinsichtlich aller Säumniszuschläge Folge zu geben.
Die Haftung besteht nicht nur für Abgaben, deren Zahlungstermin in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt. Sie besteht auch für die noch offenen Abgabenschuldigkeiten aus davorliegenden Zeiträumen, weil die Pflicht zur Entrichtung von Abgabenschuldigkeiten erst mit deren Abstattung endet (). Die GesmbH bleibt verpflichtet, Abgabenschuldigkeiten, mit deren Abfuhr oder Einzahlung sie in Rückstand geraten ist, zu erfüllen, und zur Erfüllung dieser Verpflichtung ist der Geschäftsführer der GesmbH verhalten (vgl. etwa , bis 0007, und 2012/16/0100). Der Geschäftsführer hat sich demnach darüber zu unterrichten, welchen Stand das Abgabenkonto der Gesellschaft im Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführerfunktion hat, und es trifft ihn die Pflicht, die Beträge eines allfälligen Rückstandes, wie er am Abgabenkonto ausgewiesen (verbucht) ist, zu entrichten ( 2013/16/0208).
Aus den von der belangten Behörde vorgelegten Ausdrucken des Abgabenkontos mit der Nummer *** gehen hinsichtlich der im Haftungsbetrag enthaltenen Beträge folgende Buchungsdaten "VorDat" hervor:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgabenart | Jahr | Betrag | Verbuchungs-datum | |
Kommunalsteuer | 2012 | 795,34 | ||
Säumniszuschlag | 2012 | 15,90 | ||
Kommunalsteuer | 2013 | 1.438,18 | ||
Säumniszuschlag | 2013 | 28,76 | ||
Kommunalsteuer | 2014 | 1.229,81 | ||
Säumniszuschlag | 2014 | 24,59 | ||
Kommunalsteuer | 2015 | 3.384,68 | ||
Säumniszuschlag | 2015 | 67,69 | ||
Kommunalsteuer | 2016 | 2.781,12 | ||
Säumniszuschlag | 2016 | 55,62 | ||
9.821,69 | ||||
Dienstgeberabgabe | 4-6/2017 | 1.198,00 | ||
Säumniszuschlag | 4-6/2017 | 23,96 | ||
11.043,65 |
Die Abgabennachforderungen, die auf Grund von zwei GPLA-Prüfungen entstanden sind, wurden somit erst nach der Übernahme der Geschäftsführungstätigkeit des Beschwerdeführers am Abgabenkonto verbucht wurden. Ein Bescheid wurde nur hinsichtlich der Säumniszuschläge in Höhe von € 69,25 erstellt. Die übrigen Abgaben wurden lediglich verbucht. Daraus folgt jedoch, dass im Zeitpunkt der Übernahme der Vertreterfunktion die vom Haftungsbescheid umfassten Abgaben noch nicht am Abgabenkonto verbucht waren. Es hätte für den Beschwerdeführer nur dann die Verpflichtung bestanden, die gesamte Buchhaltung und das gesamte Rechenwerk sowie die Aufzeichnungen nachzuprüfen, wenn Hinweise vorgelegen wären, aus denen er hätte schließen können, dass die Selbstberechnung der zu entrichtenden Abgaben nicht oder nicht ordnungsgemäß vorgenommen worden sei. Vermutlich hätte selbst eine solche Überprüfung nichts gebracht, zumal von der Primärschuldnerin die von ihr selbst gemeldeten Abgabenbeträge auch entrichtet wurden; die Nachforderung entstand erst durch die GPLA-Prüfung.
Der Abschluss einer Außenprüfung zu einem Zeitpunkt, der vor der Übernahme der Geschäftsführertätigkeit lag, vermag eine solche Verpflichtung noch nicht zu begründen, zumal nicht gewiss ist, ob sich die Abgabenbehörde den Feststellungen der Außenprüfung anschließt. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (ErlRV 1175 BlgNR 21. GP, 24) verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass der Prüfer die Eigenschaft eines Gutachters hat, wobei die Gemeinde an das Gutachten (Prüfungsfeststellungen) des Prüfers nicht gebunden ist. Somit wurde der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden erst im Haftungsverfahren mit dem Umstand konfrontiert wurde, dass für die Zeiträume 2012-2016 und 4-6/2017 zu wenig an Abgaben entrichtet wurden. Eine - allenfalls fahrlässige - Pflichtverletzung des Beschwerdeführers ist daher nicht zu erkennen.
Dem Haftungspflichtigen muss von der Behörde über den haftungsgegenständlichen Abgabenanspruch Kenntnis in einer Weise verschafft werden, dass die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung möglich ist und die Positionen der Rechtsverteidigung des herangezogenen Haftenden gegen den Anspruch nicht schwächer sind als diejenigen, die der Abgabepflichtige gegen den Abgabenbescheid einzunehmen in der Lage ist ( 2000/16/0227). Der zur Haftung Herangezogene muss jedenfalls den gegen ihn geltend gemachten Abgabenanspruch dem Grunde und der Höhe nach bekämpfen können. Vor allem im Hinblick auf die unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkte nach Abgabenarten und Zeiträumen sind die Abgabenansprüche aufgeschlüsselt auszuweisen. Erst auf der Basis einer entsprechenden Aufgliederung werden sie dem Haftungspflichtigen auf geeignete Weise zur Kenntnis gebracht (vgl. oder -G/05; ). Eine Zusammenfassung von mehreren Zeiträumen (zB jahresweise Zusammenfassung) ist daher nicht zulässig. Mangels Aufgliederung auf die einzelnen Voranmeldungszeiträume durch die Abgabenbehörde kann der Beschwerdeführer dafür keinen Gleichbehandlungsnachweis erbringen (siehe 2009/16/0181 und 2011/16/0188 betr. Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe). Solche Abgaben sind aus dem Haftungsbescheid auszuscheiden (vgl. 2013/16/0208) - dies gilt allerdings nicht, wenn für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz gelten. Es mag zwar zutreffen, dass die belangte Behörde über diese Informationen nicht verfügt, weil seit dem Jahr 2005 in der Kommunalsteuererklärung keine Aufgliederung der Kommunalsteuerjahresbeträge auf einzelne Monate mehr erfolgt. So hat etwa der Österreichische Städtebund im Zuge des Begutachtungsverfahrens zum Abgabenänderungsgesetz 2004 (mit dem auch KommStG geändert wurde) darauf hingewiesen, dass fortan "zusätzliche Erhebungen (Nachschau)" durch die Abgabenbehörde erforderlich sein werden, um zu den benötigten Daten und Unterlagen zu kommen (vgl. 6/SN-209/ME XXII GP). Damit befindet sich die belangte Behörde diesbezüglich in derselben Situation wie auch die Abgabenbehörden des Bundes, zumal für lohnabhängige Abgaben, die von den Finanzämtern zu erheben sind, idR nicht einmal eine Steuererklärung vorgesehen ist (siehe Knechtl in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke, EStG § 80 Anm 8).
Gemäß § 11 Abs 3 Satz 2 KommStG hat die Gemeinde Kommunalsteuerbescheide zu erlassen, wenn ihr kein selbst berechneter Betrag bekannt gegeben wird oder sich die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Dabei handelt es sich um keine Ermessensbestimmung. Erweist sich die Selbstberechnung als unrichtig und wird diese Unrichtigkeit der Abgabenbehörde etwa durch eine abgabenrechtliche Prüfung oder durch eine Mitteilung einer Bundesabgabenbehörde bekannt, so ist die Abgabenbehörde verpflichtet, gemäß § 11 Abs 3 KommStG einen Steuerbescheid zu erlassen (vgl Fellner, KommstG4, § 11 Rz 15).
Gemäß § 201a BAO ist bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine bescheidmäßig Festsetzung gemäß § 201 BAO von einer solchen Festsetzung abzusehen, wenn der Abgabepflichtige nachträglich die Selbstberechnung berichtigt. Für die Dienstgeberabgabe gelten die §§201 iVm 201a BAO. Der Abgabenanspruch entsteht grundsätzlich unabhängig von der behördlichen Tätigkeit und setzt daher keine diesbezügliche Bescheiderlassung voraus. Allerdings enthält § 201a BAO eine ausdrückliche Regelung zum Fälligkeitszeitpunkt.
Wird der zur Haftung Herangezogene nicht rechtzeitig darüber aufgeklärt, dass die Abgaben schon bescheidmäßig festgesetzt wurden, so liegt infolge unvollständiger Information im Sinne des Erkenntnisses vom 98/13/0115 ein Mangel des Verfahrens vor, der im Rechtsmittelverfahren gegen den Haftungsbescheid nicht sanierbar ist. Die einzige Abgabe, die bescheidmäßig festgesetzt wurde, ist ein Säumniszuschlag in Höhe von € 69,25, wobei nicht festgestellt werden konnte, dass dieser Bescheid der Primärschuldnerin auch zugestellt wurde. Im Haftungsverfahren wurde dem Beschwerdeführer nur die Summe bekannt gegeben. Somit kommt auch für den Säumniszuschlag in Höhe von € 69,25 eine Haftungsinanspruchnahme nicht in Betracht.
Ermessen:
Die Heranziehung zur Haftung ist in das Ermessen der Abgabenbehörde gestellt, wobei die Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen ist (). Dieses Ermessen umfasst auch das Ausmaß der Heranziehung zur Haftung innerhalb des vom Gesetz vorgegebenen Rahmens. Die Begründung des Bescheides hat die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen so weit aufzuzeigen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist ().
Kommen mehrere - auch nacheinander bestellt gewesene - Vertreter des Primärschuldners als Haftungspflichtige in Betracht, so ist die Ermessensentscheidung, wer von ihnen - für welche Zeiträume - in Anspruch genommen wird, entsprechend zu begründen (; ). Dies umso mehr, wenn ein Haftungspflichtiger auch für Abgaben in Anspruch genommen wird, die vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer fällig geworden sind ().
Im angefochtenen Bescheid wird zur Ermessensübung lediglich angeführt, dass die Geltendmachung der Haftung den Ermessensrichtlinien der Zweckmäßigkeit und Billigkeit entsprechen würde, da nach der Aktenlage kein Hinweis darauf bestehen würde, dass der aushaftende Betrag bei der Primärschuldnerin eingebracht werden könnte. Warum die belangte Behörde gerade den zuletzt im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsführer zur Haftung herangezogen hatte, geht aus dem angefochtenen Bescheid nicht hervor, obwohl der Beschwerdeführer auf den Umstand, dass er in den Jahren 2012-2016 nicht Geschäftsführer der Primärschuldnerin war, in seinen Stellungnahmen, die am und am bei der belangten Behörde eingegangen sind, mehrfach hingewiesen hatte. Somit ist auch die Ermessensübung nicht nachvollziehbar.
Ist ein Verhalten der Abgabenbehörde ursächlich für den Ausfall der Primärschuldnerin gewesen, weil etwa von einer Säumigkeit der Abgabenbehörde bei der Eintreibung der Abgaben bei der Primärschuldnerin ausgegangen werden kann, so ist dies bei der Ermessensentscheidung ebenfalls zu berücksichtigen (vgl Taucher, Aktuelle Judikatur der Höchstgerichte zur Gemeinde als Steuergläubiger, RFG 2010/4). Wenn trotz gesetzlicher Verpflichtung zur Bescheiderlassung keine bescheidmäßige Vorschreibung erfolgt, obwohl dies möglich gewesen wäre, ist von einem Verhalten der Abgabenbehörde, das für den Ausfall mitursächlich war, auszugehen.
Der Beschwerde war daher auch aus Ermessensgründen Folge zu geben.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, es liegt daher kein Grund für eine Revisionszulassung vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 6a Wiener Dienstgeberabgabe, LGBl. Nr. 17/1970 § 80 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 201a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 224 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7400037.2020 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at