"Pyramidenspiel" unterliegt nicht der Schenkungssteuer
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Herrn H.S., M., vertreten durch Herrn M.M., gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern Wien vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Anlässlich einer Zeugeneinvernehmung wurde von Herrn H.S., dem Berufungswerber, am vor dem LK auszugsweise bekannt gegeben:
"Frage:Ist Ihnen etwas über ein Ketten- oder Pyramidenspiel bzw. über einen sogenannten ,Schenkkreis' in der Region S / T und/oder darüber hinaus bekannt?
Antwort:Grundsätzlich ist mir ein ähnliches System bekannt. Es handelt sich um ein System, bei dem Geld verschenkt wird und zwar in Deutschland.
.....
Frage:Erklären Sie bitte dieses System?
Antwort:So wie es mir erklärt wurde besteht das System aus vier Stufen bzw. Ebenen. Je nach Einsatz des einzelnen Teilnehmers füllen sich dann auch die Plätze in der ersten Ebene von 16 bis 32 Personen. Der Teilnehmer kann mit € 5.000,- oder € 10.000,- einsteigen.Die Einsteiger verschenken ihr Geld an die Teilnehmer in unterster Ebene. Die Beschenkten scheiden dann aus und der Kreis teilt sich in zwei Schenkkreise. Die zuvor eingestiegenen Teilnehmer sinken dann in die nächste Ebene.Die ausgeschiedenen Teilnehmer können aber wieder mitmachen.
Frage:Wurden den Teilnehmern bzw. künftigen Teilnehmern Vermögensvorteile in Aussicht gestellt, wenn Sie sich an diesem System beteiligen? Wenn ja in welchem Umfang?
Antwort:Ja, jeder Teilnehmer der in dieses System einsteigt hofft natürlich einmal selbst zum Beschenkten zu werden.
Frage:Was mussten die Teilnehmer dafür tun?
Antwort:Der Teilnehmer kann mit € 5.000,- oder € 10.000,- einsteigen und sollte danach selbst Personen ansprechen und zwei neue Teilnehmer einbringen.
Frage:War das System und das Erlangen eines in Aussicht gestellten möglichen Vorteiles davon abhängig dass durch Teilnehmer weitere Teilnehmer zugeführt werden und diese sich ebenfalls an die Bedingungen halten werden?
Antwort:Ja das System war bzw. ist davon abhängig, sonst kann der Kreislauf nicht aufrecht erhalten bleiben. Sollte ein Teilnehmer nur einen oder gar keinen neuen Teilnehmer einbringen dann reduziert sich sein Gewinn um ein Drittel pro nicht erbrachten neuen Teilnehmer. Bringen andere Teilnehmer diese neuen Teilnehmer ein dann erhöht sich deren Gewinn um je ein Drittel pro eingebrachten Teilnehmer.
Frage:Wer waren/sind die Initiatoren dieses Systems?
Antwort:Es gibt eigentlich keine, jeder ist für sich selbst verantwortlich.
Frage:Wurden Informationsveranstaltungen oder Zusammenkünfte abgehalten? Wenn ja von wem, wo und wann?
Antwort:In S fand ca. im Juli 2007 eine Zusammenkunft statt. Ich besuchte ein Zusammentreffen von Teilnehmern bei Frau P.. Es waren dort einige wenige Personen anwesend. Dort wurde dann besprochen wann die nächste Fahrt nach Deutschland stattfindet. Näheres dazu möchte ich jetzt nicht sagen.
Frage:Wie wurden die Informationen verbreitet und durch wen? Wurden Prospekte oder ähnliches Material ausgegeben?
Antwort:Informationen wurden nur mündlich in Gesprächen weitergegeben.
Frage:Haben Sie selbst oder Ihnen bekannte Personen Informationsveranstaltungen oder Zusammenkünfte abgehalten oder solchen beigewohnt?
Antwort:Ich selbst habe keine Informationsveranstaltungen abgehalten. Ich war einmal bei P. in S und zweimal in B.
Frage:Wo und wie sollte dann die ,Schenkung' stattfinden?
Antwort:Die Schenkungen sollten in Deutschland mit Schenkungsurkunde stattfinden. Die neuen Teilnehmer beschenken die in der letzten Ebene.
Frage:Warum in Deutschland?
Antwort:Weil in Deutschland bis zu einem Betrag von € 5.200,- die Schenkung steuerfrei ist.
Frage:Was genau geschah in Deutschland? Wer war dort anwesend, wie ging die Schenkung vor sich?
Antwort:Die Veranstaltungen an denen ich teilnahm fanden im Hotel X in B statt. Es waren geschlossene Veranstaltungen. Anwesend waren dort die Teilnehmer.Ca. im Mai 2007 fuhr ich das erste Mal nach B. Ich fuhr alleine.Eine Dame aus Österreich trug die rechtlichen Belange vor und erklärte das System. Sie war ca. 45 Jahre alt, ca. 165cm groß, mittlere Statur, dunkles mittellanges Haar. Sie stellte sich als L. vor. Den Nachnamen weiß ich nicht.Ich beteiligte mich dann auch an diesem System und verschenkte € 5.000,-.Der Einsteiger erfährt aus einer sogenannten Chart-Liste wen man zu beschenken hat. In dieser Liste werden die Namen der Teilnehmer eingetragen. Geführt wird die Liste von irgend einem Teilnehmer. Ich selbst führte bzw. verwaltete keine Chart-Liste.
Vor der Schenkung füllt man in einen dort aufliegenden Vordruck eine Schenkungsurkunde aus, mit den Namen der schenkenden und beschenkten Teilnehmer. Zuletzt schenkt man dann dem beschenkten das Geld samt Urkunde in die Hand.
Befragt dazu ob ich weiß wer der Beschenkte ist gebe ich an, dass man darauf vertraut, dass die Namen auch einer realen Person entsprechen. Kontrolliert wird das aber nicht.
Frage:Wer organisierte diese Zusammenkünfte in Deutschland? Wie erfolgte die Anreise der Teilnehmer? Waren diese Veranstaltungen und Fahrten dorthin organisiert?
Antwort:Das weiß ich nicht wer das dort organisiert. Jeder Teilnehmer fährt selbstständig nach Deutschland.
Frage:Erhielten Personen die Geld investierten auch eine Bestätigung für die erbrachte Zahlung?
Antwort:Nein der Einsteiger erhält keine Bestätigung darüber.
Frage:Was geschah mit den ,investierten' Geldern? Wer nahm diese Gelder an sich?
Antwort:Das Geld geht vom schenkenden zum beschenkten Teilnehmer.
.....
Frage:Haben Sie selbst andere Personen zur Teilnahme an diesem System angeworben oder bei Anwerbungen mitgewirkt? Wenn ja nennen Sie diese Personen? Wie gingen Sie dabei vor?
Antwort:Ja Ich selbst hatte zwei neue Teilnehmer aus meinem Bekanntenkreis gebracht. Die Namen möchte ich nicht nennen.
Frage:Haben Sie selbst oder Ihnen bekannte Personen Geld in dieses System investiert? Erhielten Sie oder andere eine Bestätigung für die erbrachte Zahlung?
Antwort:Ja ich habe bereits zweimal einen Betrag von je € 5.000,- in dieses System investiert. Ich erhielt keine Bestätigung für die von mir verschenkten Beträge. Ich kenne auch andere Personen die daran teilnahmen, die Namen möchte ich aber nicht nennen.
Frage:Haben Sie selbst oder Ihnen bekannte Personen Geld oder andere Vermögensvorteile aus diesem System lukriert?
Antwort:Ja, ich wurde ca. im September 2007 selbst zum Beschenkten und erhielt einen Betrag € 40.000,-. Andere Personen kenne ich nicht.
Frage:Nennen Sie all jene Ihnen bekannten Personen oder Firmen die in dieses System involviert sind? Benennen Sie deren Funktionen innerhalb dieses Systems.
Antwort:Ich kenne zwar Personen, die Namen möchte ich aber nicht nennen.
....."
Mit Schriftsatz vom ersuchte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien den Berufungswerber um Bekanntgabe von Namen, Adressen, wenn bekannt mit Geburtsdatum, jener Personen, von denen der Berufungswerber Geldbeträge erhalten hat und um vollständig ausgefüllter Übersendung der beiliegenden Schenkungssteuererklärung. Die nur in wenigen Punkten mangelhaft ausgefüllte Schenkungssteuererklärung enthält keine Angaben über eine Schenkung und Personen, von welchen der Berufungswerber Geldbeträge erhalten hat. Bekannt gegeben wurde, dass es in Österreich keine Zuwendungen gibt und es kein Pyramidenspiel ist.
Mit Bescheid vom wurde dem Berufungswerber vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien für diese Vorgänge eine Schenkungssteuer in der Höhe von € 5.107,20 vorgeschrieben. Diese Vorschreibung wurde wie folgt begründet:
"Zu dem ,System in Form von Schenkungen nach deutschen Gesetzen' haben Sie vor dem LK anläßlich Ihrer Zeugeneinvernehmung am ausgesagt, dass Sie an einer derartigen Veranstaltung einmal als Geschenkgeber und einmal als Geschenknehmer teilgenommen haben. Ihrer Aussage zu Folge wurden Sie ca September 2007 beschenkt und erhielten einen Betrag in Höhe von Euro 40.000.-.
Gemäß § 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz unterliegen Schenkungen unter Lebenden der Steuer nach diesem Bundesgesetz.
Als Schenkung im Sinne des Gesetzes gilt- gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 ErbStG jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes und- gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 ErbStG jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Für das inländische Besteuerungsrecht kommt es nicht darauf an, wo der Erwerb stattfindet. Der Umfang der Steuerpflicht richtet sich einzig danach, ob sie für den gesamten, wo auch immer angefallenen Vermögensvorteil gegeben ist.
§ 6 ErbStG normiert die persönliche Steuerpflicht, wobei zwischen beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht unterschieden wird. Die unbeschränkte Steuerpflicht ist für den gesamten Vermögensanfall gegeben, wenn entweder der Erblasser zur Zeit seines Todes oder der Erwerber zur Zeit des Eintrittes der Steuerpflicht als Inländer im Sinne des § 6 Abs. 2 ErbStG gilt. Als Inländer iSd Gesetzes gelten österreichische Staatsbürger, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, ferner Ausländer, die im Inland einen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen einen gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 6 Abs. 2 Z 1 und Z 2 ErbStG).
Auf Grund Ihres Wohnsitzes im Inland ist im gegenständlichen Fall Steuerpflicht gegeben.
In Ihrer Zeugenvernehmung sagten Sie aus, die schenkenden Teilnehmer nicht zu kennen und die Schenkungsurkunden nicht mehr zu besitzen. Auch wenn die Namen der Geschenkgeber nicht (mehr) bekannt sind, liegt dennoch eine Schenkung, zumindest jedoch eine freigebige Zuwendung, vor, für die Schenkungssteuer anfällt.
Das Finanzamt hat Ihnen am einen Vorhalt übermittelt und Sie ersucht, die Namen und Adressen der Geschenkgeber bekannt zu geben und die übermittelte Schenkungssteuererklärung auszufüllen.
In Ihrem Antwortschreiben führen Sie lediglich aus, dass es in Österreich keine Zuwendungen gebe und es sich um kein Pyramidenspiel handle. Außerdem stellen Sie die Höhe des zugewendeten Betrages in Zweifel, indem Sie ausführen ,woher haben Sie die Summen?'. Angaben zu den Geschenkgebern (Namen, Adressen) sowie die Anzahl der Personen, von denen Sie beschenkt wurden, sind Ihrer Vorhaltsbeantwortung nicht zu entnehmen.Befinden sich in der untersten Ebene (Geschenknehmer) 4 Personen und beteiligt sich jeder Geschenkgeber mit 5.000.- Euro, erhält jeder Geschenknehmer von jedem Geschenkgeber einen Betrag von 1.250.- Euro.Bei einer Schenkung in Höhe von 40.000.- würde das bedeuten, dass Sie von 32 Personen beschenkt wurden.Eine genaue Berechnung der Steuer kann daher nicht vorgenommen werden, da aus Ihrer Zeugeneinvernehmung nicht hervorgeht, von wie vielen Personen Sie beschenkt wurden.
Die Höhe der Schenkungssteuer richtet sich nach der Steuerklasse und der Höhe des zugewendeten Betrages. Ist zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer kein Verwandtschaftsverhältnis gegeben, kommt der Tarif der Steuerklasse V zur Anwendung. Bei der Berechnung der Steuer nach § 8 Abs. 1 ErbStG bleibt bei jedem Erwerb für Personen der Steuerklasse V ein Betrag in Höhe von 110 Euro steuerfrei (persönlicher Freibetrag gemäß § 14 Abs. 1 Z 3 ErbStG).
Ausgehend von einer Gesamtzuwendung in Höhe von 40.000.- Euro und der Annahme, dass dieser Betrag von 32 Geschenkgebern zugewendet wurde, errechnet sich die Schenkungssteuer wie folgt:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtzuwendung | 40.000.- |
abzüglich 32 mal Freibetrag gemäß
§ 14 Abs. 1 Z 3 ErbStG | 3.520.- |
Bemessungsgrundlage | 36.480.- |
Das Finanzamt geht von insgesamt 32 Schenkungen in jeweiliger Höhe von 1.250.-Euro aus, sodass sich gemäß § 8 Abs. 1 ein Tarif von 14% ergibt."
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde vorgebracht:
"In umseits bezeichneter Rechtssache erhebe ich gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrssteuern vorn binnen offener Frist nachstehende Berufung.
Als Berufungsgrund mache ich unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und führe dazu im einzelnen aus wie folgt:
Zunächst mangelt es dem Bescheid an den entscheidungswesentlichen Feststellungen, die eine abschließende Beurteilung der Angelegenheit erlauben würden. Ich rüge dies unter dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, da es sich dabei um einen sekundären Feststellungsmangel handelt.
Demnach begehre ich nachstehende entscheidungsrelevante Feststellungen:
Ich habe an einem ,Schenkungskreis' teilgenommen. Das Wesen dieser Veranstaltung bestand darin, daß man, grob gesagt, zunächst eine fremde Person beschenken mußte, um dadurch die Hoffnung zu erkaufen, dann in weiterer Folge von anderen, unbekannten Personen selber beschenkt zu werden. Gerade so ist es auch in meinem Fall geschehen.
In rechtlicher Hinsicht ist dieser Sachverhalt als Gewinnerwartungssystem zu qualifizieren, es handelt es sich dabei um ein Ketten- oder Pyramidenspiel im Sinne des § 168 a StGB, nicht um eine Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes bzw des § 3 ErbStG.
Dies ist insofern entscheidungswesentlich, als auch Gewinne aus solchen Veranstaltungen damit nicht der Schenkungssteuer unterliegen.
Eine Schenkung wird vom § 938 ABGB definiert als ein Vertrag, mit welchem eine Sache unentgeltlich überlassen wird. Beim ,Schenkungskreis' bzw Ketten- oder Pyramidenspiel fehlt es aber am Merkmal der Unentgeltlichkeit. Der Teilnehmer wird selbst nicht unentgeltlich beschenkt, sondern muß zunächst selbst eine andere Person ,beschenken', um am System überhaupt teilnehmen zu können.
Es hat hier also vorab jeder Teilnehmer einen anderen Teilnehmer selbst zu ,beschenken' und leistet damit quasi seinen Einsatz. In weitere Folge müssen sich eben so viele weitere Spieler am System beteiligen, daß dann auch der ursprüngliche ,Schenker' einmal beschenkt werden kann. Die Schenkung als Erfolg ist im Ergebnis also nicht ohne Gegenleistung erfolgt.
Sie ist aber auch nicht vom Zufall abhängig, sondern baut auf dem Talent des einzelnen Teilnehmers auf, möglichst viele weitere Interessenten von einer Teilnahme zu überzeugen/überreden.
Daß es sich beim verfahrensgegenständlichen ,Schenkungskreis' nicht um eine Schenkung im Sinne des § 938 ABGB, sondern um ein Ketten- oder Pyramidenspiel im Sinne des § 168 a StGB handelt, hätte die Behörde erster Instanz bereits aufgrund des Umstandes, daß die zu GZ xx StNr yy ebenfalls Verfahrensbeteiligte F=P. zu GZ 1A des Bezirksgerichtes Z rechtskräftig wegen § 168 a StGB verurteilten wurde, folgern müssen. Aus diesem Umstand hätte die Behörde erster Instanz auch zu den oben begehrten Feststellungen gelangen müssen."
Diese Berufung wurde vom Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien mit Berufungsvorentscheidung vom mit folgender Begründung als unbegründet abgewiesen.
"Vorerst wird auf die bereits ausführliche Bescheidbegründung verwiesen. In der Berufung wird festgestellt, dass der Bw an einem Schenkungskreis teilgenommen habe und dass das Wesen der Veranstaltung darin bestehe, zunächst eine fremde Person zu beschenken, um ev. die Hoffnung zu haben, selbst einmal beschenkt zu werden. Auf das Motiv einer Schenkung kommt es aber nicht an.
Gem § 3 Abs 1 ErbStG unterliegen nicht nur Schenkungen im Sinne des bürgerlichen Rechtes der Schenkungssteuer, sondern auch jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Die Schenkungssteuer ist also vom Bereicherungsprinzip beherrscht.
Dem Zuwendenden ist bewußt nach dem Wesen der Veranstaltung, einen Fremden zu bereichern und dass dieser keinen Anspruch auf die Leistung hat. Der Wille des Zuwendenden zu bereichern ist also vorhanden, er braucht allerdings kein unbedingter Wille zu sein, es genügt, dass der Zuwendende die Bereicherung des Empfängers bejaht bzw. in Kauf nimmt. Der Empfänger der Zuwendung hat dem Zuwendenden auch keine Gegenleistung zu erbringen.
Es muss keine Schenkung im Sinne des § 938 ABGB vorliegen, wie in der Berufung behauptet, um die Bereicherung der Schenkungssteuer zu unterziehen, es genügt, dass eine freigebige Zuwendung vorliegt."
Der daraufhin eingebrachte Vorlageantrag enthält kein neues Vorbringen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 2 ErbStG unterliegen Schenkungen unter Lebenden der Schenkungssteuer. Diese Bestimmung und damit den Schenkungssteuergrundtatbestand hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , G 23/07 u.a. als verfassungswidrig aufgehoben und darin gleichzeitig ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt. Mit Bundesgesetzblatt vom (BGBl. I 2007/39) wurde die Aufhebung des § 1 Abs. 1 Z. 2 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 (ErbStG) durch den Verfassungsgerichtshof entsprechend der Bestimmung des Art. 140 Abs. 5 B-VG kundgemacht. In dieser Kundmachung ist - entsprechend den Bestimmungen des B-VG - auch die vom VfGH in seinem Erkenntnis gesetzte Frist für das Inkrafttreten der Aufhebung, nämlich der , beinhaltet.
Nachdem der VfGH in seinem Erkenntnis diese Frist für das Inkrafttreten der Aufhebung gesetzt hat, bewirkt dies gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG, dass diese Bestimmung des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955 auf alle bis zum Ablauf des verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden sind. Somit auch auf den gegenständlichen Berufungsfall, da dieser nicht Anlassfall - weder im engeren noch im weiteren Sinn - gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG ist.
Gemäß § 3 Abs. 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes 1. jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes; 2. jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Eine Schenkung im Sinne des § 938 ABGB liegt nur vor, wenn jemand eine Sache einem anderen unentgeltlich überlässt. Dazu wird in der Berufung ausgeführt, dass es beim "Schenkungskreis" bzw. Ketten- oder Pyramidenspiel am Merkmal der Unentgeltlichkeit fehlt. Der Teilnehmer wird selbst nicht unentgeltlich beschenkt, sondern muss zunächst selbst eine andere Person "beschenken", um am System überhaupt teilnehmen zu können. Auch das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern Wien ging nicht von einer Schenkung im Sinne des § 938 ABGB aus, sondern von einer freigebigen Zuwendung.
Eine "freigebige Zuwendung" im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe z.B. ) vor, wenn a) die Zuwendung unter Lebenden erfolgt, b) der Bedachte auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird und sich der Bereicherung nicht bewusst ist (andernfalls würde eine Schenkung im bürgerlich-rechtlichen Sinn vorliegen) und c) der Zuwendende den (einseitigen) Willen hat, den Bedachten auf seine Kosten zu bereichern, das heißt diesem unentgeltlich etwas zuzuwenden.
Voraussetzung für die freigebige Zuwendung ist also, dass der Zuwendende in der Absicht handelt, den, dem er zuwendet, zu bereichern. Der Zuwendende muss sich bewusst sein, dass er eine freiwillige, unentgeltliche Zuwendung macht, die zu seinen Lasten geht und den Empfänger bereichert. Der Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit ist dann gegeben, wenn der Zuwendende in dem Bewusstsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung zu erhalten.
Der "Schenkkreis" besteht hier aus vier Ebenen. Der Teilnehmer steigt in der ersten Ebene ein und bezahlt entweder einen Betrag von € 5.000,-- oder € 10.000,--. Je nach dem zu leistenden Betrag besteht die oberste Ebene aus 16 bis 32 Teilnehmern. Mit der Bezahlung des Betrages an die Teilnehmer in der vierten bzw. untersten Ebene, welche je nach geleistetem Betrag aus zwei bis vier Personen besteht, kommt der Teilnehmer in die zweite Ebene. Er kommt deswegen in die zweite Ebene, weil mit Erhalt der Beträge die Teilnehmer in der untersten Ebene aus dem Spiel ausscheiden. Sie haben jedoch die Möglichkeit in einem anderen Kreis wieder in der obersten Ebene einzusteigen. Die Bezahlung des Betrages erfolgt hier nicht an eine Person, sondern an mindestens zwei bis maximal vier Personen. Nach dem Ausscheiden der Teilnehmer in der untersten Ebene kommt es zu einer Teilung des Kreises, so dass von den nachrückenden vier bis acht Teilnehmern der dritten Ebene wieder zwei bis vier Teilnehmer - wieder je nach geleistetem Betrag - in der untersten Ebene verbleiben. Dann gilt es, wieder genügend Teilnehmer für die neu zu bildende oberste oder erste Ebene zu finden, welche bereit sind, den festgelegten Betrag an die in die vierte bzw. unterste Ebene gerückten Teilnehmer zu bezahlen.
Die Begriffe Schenkungskreis, Schenkungen, Beschenkte usw. wurden nicht deshalb gewählt, weil es sich hier tatsächlich um Schenkungen handelt, sondern deshalb, weil man mit diesen Bezeichnungen nicht den Verdacht aufkommen lassen wollte, dass es sich bei diesem Spiel um ein Pyramidenspiel handelt. Auch wenn es Schenkungskreis heißt und von Schenkungen die Rede ist, ist trotzdem der tatsächliche Wille der Beteiligten zu erforschen. Es stellt sich die Frage, ob die Zahlungen dafür geleistet wurden, um jemanden zu bereichern oder deshalb, um in das Spiel einsteigen zu können.
Konnte es sich der Geber aussuchen, an welche Person er den Betrag zu leisten hat? Genau genommen hatte er keine Wahl. Wenn er in das Spiel einsteigen wollte, war er dazu gezwungen, den Betrag an die in der untersten Ebene gereihten Personen zu bezahlen. Bei diesem Spiel befindet sich in der untersten Ebene nicht nur eine Person, sondern mindestens zwei bis vier Personen. Bei nur einer Person in der untersten Ebene hätte er vielleicht noch einen - wenn auch nur äußerst geringen - Einfluss darauf gehabt, welcher Person er das Geld übergibt, nämlich dann, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, in einem Kreis einzusteigen, in der vielleicht zufällig eine Person in der untersten Ebene gereiht gewesen wäre, bei der er eine mögliche Bereicherung in Kauf genommen hätte. Jedoch bei bis zu vier Personen ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Geber alle diese Personen bereichern wollte, äußerst unwahrscheinlich. Die Zahlungen wurden deshalb geleistet, um in das Spiel einsteigen zu können.
Für die Unwahrscheinlichkeit einer Bereicherungsabsicht spricht auch, dass der Geber jene Personen, an welche er die Beträge zu leisten hatte, vorher gar nicht kannte. Wer will schon eine Person bereichern, welche er gar nicht kennt?
Bei diesem so genannten "Schenkkreis" handelt es sich um ein Pyramidenspiel bei der sich die Spitze der Pyramide nicht oben befindet, sondern unten. Auch wenn in der untersten Ebene auch noch zwei bis vier Teilnehmer aufscheinen, liegt trotzdem eine Pyramide vor. Der Betrag wird an die in der untersten Ebene stehenden Teilnehmer deswegen bezahlt, damit man in dieses Spiel einsteigen kann und um in die Lage zu kommen, möglicherweise auch einmal ein Vielfaches des geleisteten Betrages zu erhalten.
Gegen Leistung an die Teilnehmer in der untersten Ebene wird dem in der obersten Ebene neu hinzutretenden Teilnehmern ein Vermögensvorteil unter der Bedingung in Aussicht gestellt, dass diesem System unter den gleichen Bedingungen weitere Teilnehmer zugeführt werden. Die Erlangung des Vermögensvorteils hängt vom bedingungsgemäßen Verhalten weiterer Teilnehmer ab. Ob die in das Spiel neu eintretende Person zu einem Vermögensvorteil kommt, hängt davon ab, ob so viele Teilnehmer gefunden werden, die bereit sind, in dieses Spiel einzusteigen bis sich der nunmehr neu eintretende Teilnehmer in der untersten Ebene befindet. Es hängt somit auch vom Zufall ab, ob der neu eintretende Teilnehmer noch einen Vermögensvorteil erlangt, denn wenn nicht mehr die erforderliche Anzahl neu eintretender Teilnehmer gefunden wird, gelangt er nicht mehr in die unterste Ebene und werden an ihn keine Beträge mehr geleistet. In der Regel kommt es nur bei den zu Beginn eingestiegenen Spielern zu Auszahlungen. Je später man in dieses Spiel einsteigt, desto wahrscheinlicher ist es, dass dieses System zusammenbricht, weil keine neuen Spieler mehr gefunden werden.
Da die Beträge nicht geleistet werden, um jemanden zu bereichern, sondern deswegen, weil man in ein Spiel einsteigen will, von dem man sich einen Vermögensvorteil erhofft, liegen keine freiwilligen Zuwendungen im Sinne des § 3 Abs. 1 Z. 2 ErbStG vor. Die Vorschreibung der Schenkungssteuer erfolgte daher nicht zu Recht.
Bei Fellner Gebühren und Verkehrsteuern, Band III, Erbschafts- und Schenkungssteuer steht bei § 3 unter der Rz 45b:
"Bei einem auf dem Kettenbriefprinzip in Verbindung mit dem Schneeballsystem basierenden ,Amerikanischen Roulette' oder ähnlich gelagerten Gewinnspielen nach dem Schneeballsystem unterliegen die Mitspieler weder der Einkommensteuer noch der Erbschafts- und Schenkungssteuer ( RdW 1993,93)."
Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 ErbStG 1955, Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 141/1955 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at