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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.11.2020, RV/3200021/2016

Vorübergehende Verwendung und gewöhnlicher Wohnsitz

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Walter Summersberger in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Altenweisl Wallnöfer Watschinger Zimmermann Rechtsanwälte GmbH, Fallmerayerstraße 8, 6020 Innsbruck, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Zollamtes Innsbruck vom betreffend Zollabgabe, 800000/xxxx/02/2015 zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid des Zollamtes Innsbruck vom wurden dem Bf nach Art. 202 Zollkodex iVm Art 234 Abs 2 Zollkodex-Durchführungsverordnung Abgaben in Höhe von € 11.302,82 (Zoll: 3.532,13 sowie EUSt: 7.770,69) sowie eine Abgabenerhöhung nach § 108 Abs 1 ZollR-DG in Höhe von € 244,80 vorgeschrieben. Begründet wurde die Vorschreibung wie folgt:

Aufgrund einer Anzeige wegen eines Verstoßes gegen das Melde- sowie Kraftfahrzeuggesetz wurden durch die Finanzpolizei Ermittlungen durchgeführt. Die Zollbehörde stellte dazu fest, dass der Bf. am in Banja Luka ein Neufahrzeug der Marke Audi erworben und am in Bosnien-Herzegowina angemeldet hat. Seit werde das Fahrzeug in Österreich benutzt. Im Zuge der Einvernahme durch das Zollamt Innsbruck sei der Bf. befragt worden und habe angegeben, dass er zu seinen persönlichen Verhältnissen (auch Wohnsitz) bereits am Angaben vor dem Finanzamt gemacht habe und dass sich daran nichts geändert habe. Er sei aber seit in Pension; er überlege sich, seinen Wohnsitz in Zukunft nach Bosnien zu verlegen. Die Zollbehörde stellte in der Beurteilung auf folgende aktenkundige Daten ab:

Einvernahme vom (Finanzamt Innsbruck), Befragung am vor dem Zollamt Innsbruck. Meldebehördliche Registrierung, Bezug von Gehalt-, Urlaubsabfindung-, Krankengeldbezug-, Arbeitslosengeldbezug uä. Die Zollbehörde stellte fest, dass der Bf seinen gewöhnlichen Wohnsitz zweifelsfrei in Österreich habe. Unter Hinweis auf Art. 558 ff ZK-DVO, Art. 202, 215 Abs 1 und Abs 4 ZK sei die Abgabenschuld (Zoll- und EUSt) in Österreich entstanden. Der Wert des Fahrzeuges am richte sich nach Art 214 Abs 1 ZK iVm Art 31 ZK.:

"

Form- und fristgerecht wurde durch den Bf Beschwerde eingebracht und wie folgt begründet:

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Behörde führte dazu aus, dass es zweifelsfrei erwiesen sei, dass das ggstl. Fahrzeug in einem Drittland zugelassen und der Bf. seinen gewöhnlichen Wohnsitz in Österreich habe (§ 4 Abs 2 Z 8 ZollR-DG). Dies ergebe sich aus allen Beweismitteln, die schon im angefochtenen Bescheid ausgeführt wurden: Eigene Aussage, Wohnsitz der Familie und Arbeitsverhältnisse. Da er das Fahrzeug iSd Art 555 Abs 1 Buchstabe b ZK-DVO zu eigenen Gebrauch verwendet habe, verlange eine Befreiung, dass das Fahrzeug von einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person verwendet werden muss. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt; s. Art 560 Abs 1 ZK-DVO. Sohin sei das Verfahren der vorübergehenden Verwendung nicht anwendbar gewesen, es greife deswegen Art 232 Abs 1 Buchst b ZK-DVO; das Fahrzeug gelte als vorschriftswidrig verbracht.

Mit betonte der Bf, dass er sein Auto am verkauft und am 15.3. (Anm.ohne Kalenderjahrangabe) übersiedelt wäre.

Mit wurde form- und fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Der Bf. hat am in Bosnien-Herzegowina ein Fahrzeug der Marke Audi erworben. Dieses Fahrzeug wurde am 11.2014 in Bosnien-Herzegowina zum Verkehr zugelassen. Seit dem wurde das Fahrzeug in Österreich genutzt. Strittig ist im Verfahren, ob der Bf. berechtigt war, das Fahrzeug abgabenfrei (Zoll- und EUSt-frei) in Österreich zu nützen und ob eine Abgabenerhöhung nach § 108 Abs 1 ZollR-DG entstanden ist. Gegenstand dieses Verfahrens ist aber nur die Zollabgabe.

Beweiswürdigung

Folgende Beweismittel werden durch das Bundesfinanzgericht gewürdigt:

Niederschrift über die Vernehmung durch die Finanzpolizei vom

Niederschrift über die Vernehmung vor dem Zollamt Innsbruck vom

Schreiben des Bf. an das Zollamt Innsbruck (Eingang )

Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Festsetzung der Normverbrauchsabgabe und Verspätungszuschlag (03/2015)

Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer vom

Straferkenntnis der BH Innsbruck vom , VK-YYYY-2015; LvwG und BH Innsbruck neu

Einträge im Zentralen Melderegister

In der Einvernahme vor der Finanzpolizei/Finanzamt Innsbruck vom wurde ausgeführt, dass das Fahrzeug vom Bf. am gekauft und am ausgeliefert wurde. Erstmalig eingereist sei er am und bis in Österreich verblieben. Vom 14.6. bis sei er in Bosnien gewesen. Am sei er wieder nach Österreich eingereist, er verwende das Fahrzeug rein privat. Zu seinem Mittelpunkt der Lebensinteressen führt der Bf aus:

"Ich bin 43 Jahre in Österreich, aber ich will mich in Zukunft ändern, dass ich mich mehr nach Bosnien ziehe. Ich muss mir erst anschauen, wie das Leben unten ausschaut. Wenn es mir in Bosnien nicht passt, dann komme ich wieder nach Österreich zurück und melde mir wieder ein Auto in Österreich an. […] Ich war viele Jahre […] im Hotel und helfe dort immer noch ein bisschen aus. […] Bisher war mein Lebensmittelpunkt in Österreich. Ich will das in Zukunft ändern, wenn es geht. Ich bin seit in Pension."

Zu seinen Familien- und Wohnsitzverhältnissen führt er aus:

"Ich bin verheiratet und meine Frau […] ist auch in Österreich. Sie ist noch ein bisschen beim Arbeitgeber-Hotel beschäftigt, obwohl sie in Pension ist. Sie ist seit in Pension. Sie ist noch ganz normal angestellt und ich bin geringfügig beschäftigt. Wir wohnen jetzt beide in S. in der MM Straße. Bei meiner Tochter in F. haben meine Gattin und ich einen Nebenwohnsitz." Beide Töchter leben in Österreich. In S. habe er, so der Bf. weiter, eine Firmenwohnung (€ 240/Monat inkl. Betriebskosten), bei der Tochter für sich und seine Frau ein großes Zimmer (mietfrei). In Bosnien habe er ein Haus mit ca. 160m2. Neben seinen beiden Töchtern leben auch die Brüder in Österreich. Die Eltern seien gestorben, andere Verwandte leben in Bosnien. Sein zeitlich überwiegender Aufenthalt sei in Österreich: "Jetzt bin ich noch mehr in Österreich, aber ich will mich wirklich ändern mehr nach Bosnien zu gehen". .. Und weiter: "Ich will wirklich versuchen nach Bosnien zu ziehen und möchte nur nach Österreich kommen um meine Kinder zu besuchen. Ich wollte im Herbst 2015 mit meiner Frau nach Bosnien gehen, aber sie hat gesagt, bleiben wir noch über den Winter. Wahrscheinlich bleiben wir bis März 2016 in S., dann ist die Wintersaison vorbei und dann gehen wir nach Bosnien. Der Nebenwohnsitz bleibt in F.. Die Tochter hat sich da ein Haus gebaut und da kommen wir sicher öfter zu Besuch. Die Tochter hat auch ein Kind und das zweite Kind kommt in nächster Zeit".

Entsprechende Aussagen wurden auch in der Einvernahme am vor dem Zollamt Innsbruck getätigt und sind auch dem Versicherungsdatenauszug und dem ZMR zu entnehmen.

Neben dem ho Verfahren wurden auch Ermittlungen durch die Finanzpolizei, dem Finanzamt Innsbruck sowie der BH Kitzbühel vorgenommen. Mit Bescheiden über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe und Verspätungszuschlag für den Zeitraum 03/2015 vom wurde die Nova in Höhe von € 4.572,34 und ein Verspätungszuschlag in Höhe von € 91,45 festgesetzt. Mit Bescheid vom wurde die Kraftfahrzeugsteuer in Höhe von € 228,10 festgesetzt. In den Begründungen stellte die Abgabenbehörde fest, dass sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Bf. in Österreich befinde. Diese Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen. Im Verfahren vor der BH Innsbruck wurde der Bf. wegen Verstoßes gegen § 82 Abs 8 2. Satz KFG bestraft. In der Begründung wurde ausgeführt, dass der Bf. den tatsächlichen Hauptwohnsitz in Österreich habe.

Mit Schreiben vom hat der Bf mitgeteilt, dass er am 15.3. mit dem ggstl. Fahrzeug, nach Bosnien-Herzegowona übersiedelt wäre und das Fahrzeug am verkauft habe. Er bringt im Verfahren auch vor, dass sich das Fahrzeug bis September 2015 in Österreich befunden habe.

Rechtliche Beurteilung

Die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen lauten in der hier anzuwendenden Fassung auszugsweise wie folgt:

Artikel 137 ZK:

Im Verfahren der vorübergehenden Verwendung können Nichtgemeinschaftswaren, die zur Wiederausfuhr bestimmt sind, ohne dass sie, abgesehen von der normalen Wertminderung aufgrund des von ihnen gemachten Gebrauchs, Veränderungen erfahren hätten, unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben, und ohne dass sie handelspolitischen Maßnahmen unterliegen, im Zollgebiet der Gemeinschaft verwendet werden.

Artikel 202 ZK:

1) Eine Einfuhrzollschuld entsteht,

a) wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wird oder

..

Im Sinne dieses Artikels ist vorschriftswidriges Verbringen jedes Verbringen unter Nichtbeachtung der Artikel 38 bis 41 und 177 zweiter Gedankenstrich.

(2) Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht wird.

(3) Zollschuldner sind:

die Person, welche die Ware vorschriftswidrig in dieses Zollgebiet verbracht hat;

...

Artikel 232 ZK-DVO:

(1) Zollanmeldungen zur vorübergehenden Verwendung können für folgende Waren durch eine Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 nach Maßgabe des Artikels 579 abgegeben werden, sofern sie nicht schriftlich oder mündlich angemeldet werden:

...

b) in den Artikeln 556 bis 561 genannte Beförderungsmittel;

...

(2) Sofern die in Absatz 1 genannten Waren nicht Gegenstand einer ausdrücklichen Zollanmeldung sind, werden sie als zur Wiederausfuhr nach Beendigung der vorübergehenden Verwendung durch eine Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 angemeldet angesehen.

Artikel 234 ZK-DVO:

(1) Sind die Voraussetzungen der Artikel 230 bis 232 erfüllt, so gelten die betreffenden Waren als im Sinne des Artikels 63 des Zollkodex gestellt, die Zollanmeldung als angenommen und die Waren als überlassen, sobald die Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 erfolgt ist.

(2) Ergibt sich bei einer Kontrolle, dass die Willensäußerung im Sinne des Artikels 233 erfolgt ist, ohne dass die verbrachten oder ausgeführten Waren die Voraussetzungen der Artikel 230 bis 232 erfüllen, so gelten diese Waren als vorschriftswidrig verbracht oder ausgeführt.

Artikel 555 ZK-DVO:

(1) Für diesen Unterabschnitt gelten folgende Definitionen:

a) "gewerbliche Verwendung": die Verwendung eines Beförderungsmittels zur Beförderung von Personen gegen Entgelt oder zur industriellen oder gewerblichen Beförderung von Waren gegen oder ohne Entgelt;

b) "eigener Gebrauch": eine andere als die gewerbliche Verwendung eines Beförderungsmittels;

...

Artikel 558 ZK-DVO:

(1) Die vorübergehende Verwendung mit vollständiger Befreiung von den Einfuhrabgaben wird für im Straßen-, Schienen- oder Luftverkehr und in der See- und Binnenschifffahrt eingesetzte Beförderungsmittel bewilligt, die

a) außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft auf den Namen einer außerhalb dieses Gebiets ansässigen Person amtlich zugelassen sind; in Ermangelung einer amtlichen Zulassung gilt diese Voraussetzung als erfüllt, wenn die betreffenden Fahrzeuge einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person gehören;

b) unbeschadet der Artikel 559, 560 und 561 von einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person verwendet werden und

c) bei gewerblicher Verwendung ...

Artikel 560 Abs 1 ZK-DVO lautet:

Im Zollgebiet der Gemeinschaft ansässige natürliche Personen können die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben von Beförderungsmitteln zum eigenen Gebrauch in Anspruch nehmen, sofern diese gelegentlich nach den Weisungen des Zulassungsinhabers, der sich im Zeitpunkt der Verwendung ebenfalls im Zollgebiet der Gemeinschaft befindet, erfolgt.

Artikel 561 ZK-DVO:

...

(2) Die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben wird bewilligt, wenn Beförderungsmittel, die einer außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Person gehören, von einer bei dieser Person angestellten oder anderweitig von ihr zur Verwendung ermächtigten natürlichen, im Zollgebiet der Gemeinschaft ansässigen Person gewerblich oder zum eigenen Gebrauch verwendet werden sollen.

Eigener Gebrauch ist gestattet, sofern er im Anstellungsvertrag vorgesehen ist. Die Zollbehörden können die vorübergehende Verwendung von Beförderungsmitteln nach dieser Vorschrift bei systematischer Inanspruchnahme begrenzen.

Gemäß § 4 Abs. 2 Z. 8 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) idF BGBl. I Nr. 34/2010 bedeutet im Zollrecht "normaler Wohnsitz" oder "gewöhnlicher Wohnsitz" jenen Wohnsitz (§ 26 BAO) einer natürlichen Person, an dem diese wegen persönlicher oder beruflicher Bindungen gewöhnlich, das heißt während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt. Jedoch gilt als gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und die daher veranlasst ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten innerhalb und außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie regelmäßig dorthin zurückkehrt.

Der Zollkodex kannte in Art 4 Z 2 erster Anstr lediglich einen "normalen" Wohnsitz; die Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) stellte nur auf einen gewöhnlichen Wohnsitz ab (Art 236, 560, 561 ZK-DVO).

Der nationale Gesetzgeber stellte mit dem Beitritt zur EG den normalen und den gewöhnlichen Wohnsitz gleich (§ 4 Abs 2 Z 8 ZollR-DG; BGBl 1995/659) und verstand darunter einen Wohnsitz einer natürlichen Person iSd § 26 BAO, zu dem diese die stärksten persönlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen). Mit der 3. ZollR-DG Novelle wurde dieser Begriff geschärft; s. BGBl I 1998/13.

Bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist auf die Intensität der beruflichen und privaten Bezüge und deren Dauer zum jeweiligen Staat abzustellen. Sohin kann eine Person nur einen einzigen gewöhnlichen Wohnsitz haben, entweder in einem Mitgliedstaat oder einem Drittland, , X.

Der bloße tatsächlich vorübergehende Aufenthalt in einem Drittstaat, dh hier: Bosnien-Herzegowina (15.3-18.3., 8.4.-15.5 usw, wie in der Beschwerde vorgebracht), zieht nicht eine Verlegung des im Zollgebiet der Union bestehenden gewöhnlichen Wohnsitzes nach sich, sofern dauerhaft gewichtige Bindungen in einem Unionsstaat beibehalten werden; ; FG Düsseldorf , 4 K 1954/10 Z; FG Hamburg, , 4 K 99/15. Ein bloßes Äußern einer Absicht, den Wohnsitz in der Zukunft einen Drittstaat zu verlegen, ist nicht ausreichend, das Zollverfahren der vorübergehenden Verwendung vor der tatsächlichen Verlegung des Wohnsitzes zu nützen. Die Behörde hat ausreichende Ermittlungen getätigt, wie der Aufzählung der Beweismittel in der angefochtenen Entscheidung und in diesem Erkenntnis zu entnehmen ist. Auch der Bf hat selbst unmissverständlich in der Einvernahme vom seinen in Österreich befindlichen Mittelpunkt nachgewiesen: Berufstätigkeit seit (auch über die Pension hinaus in den Jahren 2015 und 2016) als geringfügig beschäftigter Kellner in Österreich, Beschäftigung der Gattin in Österreich, gewöhnlicher Wohnsitz der Kinder und der Brüder in Österreich. Haupt- und Nebenwohnsitz befindet sich ebenfalls unzweifelhaft in Österreich (seit Jahrzehnten). Diese Aussagen sind richtig und auch durch die weiteren Beweismittel belegt (Versicherungsdatenauszug, ZMR). Letztlich verbleiben als Bindungen in einem Drittstaat nur weitere, nicht näher definierte Verwandte in Bosnien-Herzegowina, was angesichts der Tatsache, dass der Bf. offenbar vor Jahrzehnten nach Österreich gezogen ist, nicht ungewöhnlich ist. Daraus sind aber keine besonderes engen Bindungen erkennbar, die über der Verbundenheit stehen würden, die man zu seiner Frau, zu seinen Kindern und seinen Brüdern hat. Der Bf. verfügt sohin über einen gewöhnlichen Wohnsitz in Österreich. Dem widerspricht auch der Umstand nicht, dass er auch in Bosnien-Herzegowina gemeldet ist, weil es auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen ankommt.

Sohin hat der Bf. zu Unrecht eine Zollanmeldung zur vorübergehenden Verwendung abgegeben, weil die Voraussetzungen (Ansässigkeit im Drittstaat) nicht erfüllt waren, die Rechtsfolge des Art 234 Abs 2 ZK-DVO ist zu Recht eingetreten, Art 558, 561 ZK-DVO kann nicht angewendet werden.

Auch der Hinweis auf Art 561 ZK-DVO ist verfehlt, weil diese Bestimmung zwei Personen verlangt: Neben dem Verwender auch einen Zulassungsinhaber, der im Drittland ansässig ist, das ist auch nicht der Fall.

Überdies ist auch der - spätere - Hinweis des Bf. vom , dass er am Tag der erstmaligen Einreise (15.3.; gemeint vermutlich 2015) gleichzeitig seinen gewöhnlichen Wohnsitz nach Bosnien-Herzegowina verlegt haben soll, unglaubwürdig. Zum Ersten deswegen, weil diese Aussage im Widerspruch zu seinen (detaillierten) Aussagen in den Einvernahmen vor der Finanzpolizei und dem Zollamt Innsbruck steht. Und zum Zweiten deswegen, weil der Bf. von bis zum mit Hauptwohnsitz in Österreich gemeldet war, danach mit Nebenwohnsitzen in S. und F.. In F. ist er heute noch gemeldet. Daran hat sich nichts geändert. Überdies war auch über den angeblichen Übersiedlungszeitpunkt am bei seinem früheren Arbeitgeber beschäftigt und zwar bis zum . Das gilt auch für seine Frau, die bis in Österreich beschäftigt war und die weiterhin an derselben Wohnadresse in Österreich gemeldet ist. Der Hinweis, dass das Auto schon wenige Tage nach der Ersteinreise nach Österreich und dem (taggleichen) Umzug nach Bosnien verkauft worden sein soll, wurde nicht belegt, hätte aber auf die Entstehung der Zollschuld ohnehin keinen Einfluss.

Aus den oa. Sach- und Rechtsgründen war der Beschwerde kein Erfolg beschieden; die Zollabgabe wurde zu Recht geltend gemacht.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Der Begriff des gewöhnlichen Wohnsitzes/des Mittelpunkts der Lebensinteressen ist in der Judikatur des VwGH breit ausgeformt.

Hinweis:

Über die Einfuhrumsatzsteuer und die Abgabenerhöhung wird gesondert entschieden, weil die Rechtsmäßigkeit der Erhebung einer EUSt Gegenstand eines Vorabentscheidungsersuchens ist (Beschluss des FG Düsseldorf vom , 4 K 473/19 Z,EU, zu Zahl: C-7/20).

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Zoll
betroffene Normen
§ 4 Abs. 2 Z 8 ZollR-DG, Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994
§ 26 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.3200021.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at