Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 29.09.2020, RV/7100200/2008

Liebhaberei bei Handelsvertreter

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senat***1***, ***2*** sowie die fachkundigen Laienrichter **/** und **0** in der Beschwerdesache **3**, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Steuerberater Unternehmens- und Steuerberatung GmbH, Adr., über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des FA Wien 2/20/21/22 betreffend Einkommensteuer 2001 bis 2005 vom nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin XY zu Recht erkannt:

  • Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
    Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2001 bis 2005 bleiben unverändert.

  • Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (idF Bf.) hat im Jahr 1998 seine Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter für große Werkzeugmaschinen für hauptsächlich industrielle bzw. großgewerbliche Kunden aufgenommen. Das Finanzamt anerkannte, entsprechend der geltenden Rechtslage, die aus dieser Tätigkeit resultierenden Anlaufverluste der Jahre 1998 und 2000 als ausgleichs- und vortragsfähig. Die Einkommensteuerbescheide 2000 bis 2005 ergingen vorerst vorläufig gemäß § 200 BAO. Für das Jahr 2000 wurde der Anlaufverlust mittels endgültigen Bescheid anerkannt. Mit Bescheiden jeweils vom erklärte das Finanzamt die Bescheide 2001 bis 2005 gemäß § 200 Abs. 2 BAO für endgültig und erklärte die Tätigkeit des Bf. ab dem Jahr 2001 mit der Begründung zur Liebhaberei, wonach: "Ihre Tätigkeit als Handelsvertreter aufgrund von Ausmaß und Entwicklung der Verluste nicht geeignet ist einen Gesamtüberschuß zu erzielen."

Der Bf. erhob gegen die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2005 fristgerecht Rechtsmittel, beantragte eine mündliche Verhandlung vor dem Senat und vertrat die Ansicht es läge eine taugliche Einkunftsquelle vor, da der Bf. vor 2001 positive Einkünfte erzielen habe können und die objektive Ertragsfähigkeit somit vorläge.

Die detaillierten Beschwerdeausführungen des Bf. zu seiner Tätigkeit wurden unverändert in die Sachverhaltsdarstellung übernommen.

Der Bf. führte in seiner Beschwerde aus:

Beschwerde:

"Es wird, im Übrigen ohne nähere Begründung, meine gewerbliche Tätigkeit als Handelsvertreter als Liebhabereitätigkeit i. S. d. § 1 Liebhabereiverordung (kurz LiebVO) qualifiziert und ihr die Eigenschaft als steuerlich relevante Erwerbsquelle abgesprochen.

Die "Begründung" des Bescheides für die Endgültigerklärung des Jahres 2001 lautet:
"Ihre Tätigkeit als Handelsvertreter ist aufgrund von Ausmaß und Entwicklung der Verluste nicht geeignet einen Gesamtüberschuß zu erzielen. Ab 200l liegt daher gern. Liebhabereiverordnung steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vor."

Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine Begründung, sondern bloß um eine Feststellung in offenbar vorgefertigter Form, ohne daß im Einzelnen die Gründe dafür genannt werden, auf Basis welcher Ermittlungsergebnisse und Folgerungen die Behörde zu dem Schluß gekommen ist, es seien die Kriterien des § 2 Abs. l der cit. V0. erfüllt.

Offensichtlich erkennt auch der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber, daß eine freiberufliche (gewerbliche) Betätigung mit dem Risiko der Erledigung von Verlusten verbunden ist. Dafür können zahlreiche Umstände verantwortlich sein, die sich der Beeinflussung durch den Unternehmer entziehen, wie volkswirtschaftliche Stagnation, Ereignisse, die zur Entwicklung eines Sekundärmarktes führen, Wegfall von Geschäftsverbindungen etc. etc. Außerdem ist, wenn nicht ein Monopolprodukt oder eine solche Dienstleistung erbracht oder vermittelt wird, jederzeit damit zu rechnen, trotz intensivster Bemühungen Geschäftsmöglichkeiten an den Mitbewarb zu verlieren.

Wesentlich für die Beurteilung einer gewerblichen Tätigkeit ist die Absicht der Erzielung eines Gesamtgewinnes, das Vorliegen von Verlusten führt jedoch nicht generell zur berechtigten Annahme von Liebhaberei. Offenkundig ist, daß meine Betriebstätigkeit nicht unter § 1 Abs. 2 LiebVO fällt. Zur Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht sind aus dem Kriterienkatalog des § 2 die ersten 2 Punkte nicht geeignet, weil sie nur die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegeln und in der Regel mit der Intention nichts zu tun haben. Zur Erschließung der Absicht der Gesamtgewinnerzielung nehme ich im Folgenden zu den Punkten 3 bis 6 der LiebVO Stellung.

Vorauszuschicken ist, daß ich gelernter Werkzeugmacher bin und bis zum Beginn meiner selbständigen gewerblichen Tätigkeit im Bereich von Vertrieb und Wartung von Werkzeugmaschinen tätig war. Die Angestelltentätigkeit hat durch Betriebsschließung meines letzten Arbeitgebers geendet; danach war es nicht mehr möglich, eine unselbständige Arbeit mangels Angebotes anzunehmen. Ich war dafür "zu alt". Ferner ist zu erwähnen, daß die von mir vertretenen Produkte Großanlagen sind, deren Handelswert zumindest CHF 100.000,00 ist, sodass Bedarf i. d. R. nur in Mittel- bis Großbetrieben anfällt. Ich habe darüber hinaus keine andere Erwerbsquelle und war daher ausschließlich in meinem gegenständlichen Betrieb tätig.

Zu Ziff. 3:

Es ist ferner allgemein bekannt, daß in den Jahren ab etwa 2000 durch die Stagnation bzw. sogar Rezession im Produktionsbereich, verbunden mit Auslagerungen in Billiglohnländer, es zu einer Mehrzahl von Insolvenzen bzw. Schließungen gekommen ist, aus denen eine größere Anzahl von Werkzeugmaschinen, in teilweise sehr gutem Zustand, billig auf den Markt gekommen ist (Sekundärmarkt, Insolvenzversteigerungen etc.).

Leider hat auch Fehlverhalten meiner Geschäftsherren in einzelnen Fällen bereits abschlußreife Geschäfte vereitelt und ich bin um erhebliche Provisionsbeträge umgefallen. Die Einholung einer Rechtsauskunft bei einem von der Kammer der gew. Wirtschaft namhaft gemachten Anwalt hat ein erhebliches Rechts- und Kostenrisiko veranschaulicht und mich von einer Klage mit eher geringen Gewinnchancen Abstand nehmen lassen. In einem weiteren Fall hat mein Geschäftsherr mit dem Abschluss eines von mir vorbereiteten, aber nicht abgeschlossenen Geschäftes, zugewartet, bis mein Vertretungsvertrag beendet war, um dann provisionsfrei eine Maschine zu verkaufen. Es ist dies nur eine geringe Auswahl der Ursachen, weshalb es trotz intensivster Bemühungen nicht zum erwünschten Erfolg gekommen ist.

Die nachstehende Auflistung ist eine (unvollständige) Darstellung der mir entgangenen Provisionen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
B.M.
5.521,00
M.S.
16.000,00
C.F.
7.737,00
E.W.
30.000,00
P.K.
28.560,00
P.K.
26.622,00
Summe
114.440,00

Beträge in Schweizer Franken

Zu Ziff. 4:

Zum marktgerechten Verhalten in Hinblick auf die angebotenen Leistungen ist zu sagen, daß ich regelmäßig mehrere Regional- oder Fachmessen und auch Präsentationen (Hausmessen) meiner Geschäftsherren besuche, nicht zuletzt um allfällige Neuvertretungen zu akquirieren bzw. Kunden vor Ort betreuen zu können. Ferner besuche ich mehrfach im Jahr meine Kunden, mit denen ich nicht zuletzt zufolge meiner jahrzehntelangen einschlägigen Tätigkeit beste Kontakte habe. Entsprechende Nachweise sind beispielhaft angeschlossen; die sehr umfangreichen Dokumentationen meiner Akquise füllen viele Ordner und können bei Bedarf gerne zur Einsicht vorgelegt werden. Es gibt selbstverständlich Reiseaufzeichnungen, die schon für die Nachbearbeitung meiner Kontaktnahmen erforderlich waren.

Zu Ziff. 5:

Bezüglich des marktgerechten Verhaltens im Hinblick auf die Preisgestaltung ist zu sagen, daß ich darauf keine Ingerenz habe, wie meine Geschäftsherren ihre Preise bilden. Der Provisionssatz, den ich erhalte, ist branchenüblich. Es sind jedoch, soweit ich das mit den Konkurrenzmarken vergleichen kann, die Preise der von mir vertretenen Maschinenhersteller ebenfalls marktkonform

Zu Ziff. 6:

Die Möglichkeit einer Kostenreduktion ist deshalb nur sehr gering, weil ich außer den unerlässlichen Aufwendungen, wie z. B. Reisekosten für Kundenbesuche, Messeteilnahmen, den Telekommunikationsaufwendungen, der gesetzlichen Sozialversicherung etc. keine Aufwendungen tätige, die nicht erforderlich sind. Das Bestreben einer Verbesserung meiner wirtschaftlichen Lage besteht darin, daß ich ständig auf der Suche nach weiteren Geschäftsherren, allenfalls Lieferanten für Eigengeschäfte, bin. Zuletzt habe ich im Dezember 2007 versucht, mit einer neu gegründeten Generalvertretung für eine Neuentwicklung im Bereich von Transportgeräten, die für meine Kunden in eventu auch interessant sein könnten, ins Geschäft zu kommen. Leider verzögert sich die Markteinführung bis auf weiteres, weil sich bei den Prototypen noch Verbesserungsbedarf gezeigt hat. Das könnte ein sehr bedeutender Markt werden, ist aber noch nicht ganz aktuell. Zur Abrundung meiner Ausführungen führe ich noch eine Liste meiner Geschäftsherren bzw. allfälliger Lieferanten für Eigengeschäfte an, auch wenn mit einigen nur eine sog. Tipp-Provision vereinbart ist und kein formaler schriftlicher Vertrag vorliegt.

Um die Berufungsschrift nicht zu umfangreich zu machen, schließe ich nur beispielhaft Kopien von markanten Anbahnungsversuchen an. Es kann jedoch jederzeit eine Vorlage der kompletten Unterlagen stattfinden, aus denen ersichtlich ist, daß ich meine Vermittlungstätigkeit permanent betreibe und regelmäßig Kunden wie Auftraggeber bearbeite.

Ich stelle sohin durch meinen bevollmächtigten Vertreter den Antrag, die angefochtenen Bescheide dahingehend zu beheben, daß meine Tätigkeit nicht als Liebhaberei, sondern als Erwerbsquelle erachtet wird und demgemäß die Einkünfte erklärungsgemäß festgestellt werden."

Neben der Auflistung der Auftraggeberfirmen, sind der Beschwerde diverse, vordringlich aus den Jahren 2002 und 2003 datierende Kopien von Protokollen über Verkaufsgespräche, entsprechende Telefaxe über Angebote und eine Aufstellung über die Besuche von Fachmessen in den Jahren 2001 bis 2006 beigeschlossen. Aus diesen Unterlagen sei lt. Bf. "ersichtlich, dass er seine Vermittlertätigkeit permanent betreibe und regelmäßig Kunden, wie Auftraggeber bearbeite."

Das Finanzamt forderte mit Schreiben vom die Vorlage einer Prognoserechnung und betonte in diesem Zusammenhang ausdrücklich, dass das subjektive Ertragsstreben des Bf. nicht in Zweifel gezogen werde.

Der Bf. erklärte dazu:

"Eine Prognoserechnung kann nicht erstellt werden bzw. wäre eine solche mangels Vorhersehbarkeit unseriös. Der Geschäftszweig, in dem mein Mandant als Handelsvertreter tätig ist, befasst sich mit der Vermittlung großer Werkzeugmaschinen, hauptsächlich für industrielle und gewerbliche Kunden. Es gibt keine vorgegebenen Frequenzen für Erneuerungsinvestitionen bei seinen Kunden - Betriebserweiterungen mit dem Bedarf an solchen Großmaschinen sind nicht vorhersehbar."

Nach Einlangen der Beschwerdevorlage und des vorgenannten Schreibens des Finanzamtes bei der Rechtsmittelbehörde wurde mit dem Steuerberater 2008 telefonisch Kontakt aufgenommen. Es wurde eingehend die Sach- und Rechtslage erörtert und insbesondere darauf hingewiesen, dass auch in den ersten drei Jahren, nur einmal 1999 ein Gewinn erzielt wurde und sich der saldierte Gesamtverlust der Anlaufjahre auf rund € 6.000 beläuft, also von objektiver Ertragsfähigkeit und laufenden Gewinnen von Anfang an nicht die Rede sein kann.

Der Steuerberater erklärte, ihm sei die Rechtslage und Judikatur durchaus bekannt, er sei jedoch trotzdem optimistisch, den Senat davon zu überzeugen die Verluste anzuerkennen.

Auf die Frage, ob sich dieser Optimismus auf Fakten gründet z.B. zukünftige Gewinne, Änderung der Bewirtschaftung usw., gab der Steuerberater lediglich an: "Es sei alles unverändert. Auch in den Jahren 2006, 2007 und 2008 gäbe es keine Einnahmen (Umsätze) und nur Verluste. Er würde aber aus Kostengründen keine Bilanzen erstellen und keine Erklärungen einreichen, da das Finanzamt die Verluste ohnehin nicht anerkennt."

Der Steuerberater erklärte sich jedoch bereit, wenigstens die ungefähre Höhe der Verluste 2006 bis 2008 bekannt zu geben.

Dem Steuerberater wurde erläutert, dass es denkunmöglich sei eine gewinnträchtige Tätigkeit anzunehmen, wenn dem erkennenden Senat nicht einigermaßen schlüssige Zahlen und Daten vorliegen, die nachhaltige Erträge und einen Gesamtgewinn zumindest realistisch erwartbar machen.

Der Steuerberater kündigt daraufhin die Vorlage einer Prognoserechnung an.

In einem aktenkundigen Telefonat im September 2009 erkundigte sich der Steuerberater nach dem Stand des Verfahrens. Im Zuge dessen wurde ihm mitgeteilt, dass bis dato entgegen seiner Ankündigung, weder eine Prognoserechnung noch die Betriebsergebnisse (Verluste) 2006 bis 2008 übermittelt wurden. Der Steuerberater kündigte deren Vorlage erneut an.

Es erfolgte keine Vorlage.

In weiterer Folge wechselte der steuerliche Vertreter des Bf., der Betrieb wurde im Oktober 2008 eingestellt und der Bf. verstarb im Jahr 2015.

All diese Umstände gelangten dem Gericht erst zur Kenntnis, nachdem der neue steuerliche Vertreter ausfindig gemacht werden konnte.

Dieser erklärte dem Berichterstatter in mehreren telefonischen Kontaktgesprächen, dass aus seiner Sicht die Fortsetzung des Verfahrens nicht sinnvoll erscheint, da die Geltendmachung der strittigen Verluste in den Jahren 2008 bis laufend, wegen bereits eingetretener Verjährung, respektive Rechtskraft, nicht mehr möglich ist und er seine Mandantin (erbliche Witwe des Bf.) dahingehend informieren würde.

Da erneut keine Reaktion erfolgte und der Steuerberater anscheinend in Pension gegangen war, ohne mit seiner Mandantin in der Beschwerdesache zu einem Ergebnis gelangt zu sein, nahm das Gericht Kontakt zur Witwe (Erbin) des Bf. auf.

Diese äußerte in mehreren Telefonaten und E-mails ihr generelles Missfallen, monierte die lange Verfahrensdauer, bestand auf einer mündlichen Verhandlung vor dem Senat, erklärte kategorisch das Verfahren fortsetzen zu wollen und dass sie ihrem derzeitigen Steuerberater die Vollmacht entziehen werde.

In einer Mail vom erklärte die Bf. dem Gericht sie habe sich ernsthaft verletzt, weshalb sie derzeit stark eingeschränkt sei.

Das BFG stellte in seiner Antwort-Mail u.a. detailliert dar, dass in den Folgejahren ab 2008 bis 2011 keine Abgabenerklärungen eingereicht und keine Verlustvorträge geltend gemacht wurden. In den Jahren 2012 und 2013 wurden zwar Abgabenerklärungen eingereicht, aber auch hier keine Verluste als Sonderausgaben beantragt. Die Bf. wurde auch darauf hingewiesen, dass die Fortsetzung des gegenständlichen Verfahrens, wegen bereits eingetretener Festsetzungsverjährung, in keinem Fall zu einer steuerlichen Auswirkung in Folgejahren führen würde.

Die Bf. gab daraufhin an, sie wolle sich melden sobald sie einen neuen Steuerberater gefunden hat und diesem die Darstellung des BFG zur Kenntnis bringen.

Danach erfolgte erneut keine Reaktion seitens der Bf., weshalb eine mündliche Verhandlung vor dem Senat angesetzt wurde.

Die für April 2020 anberaumte Verhandlung musste wegen des durch COVID-19 bedingten Shutdowns, abgesagt werden.

Verhandlung vor dem Senat:

In der am durchgeführten Senatsverhandlung wurde folgendes erörtert:

Aus dem Verhandlungsprotokoll wird wie folgt wiedergegeben:

"Der Berichterstatter trägt die Sache entsprechend dem Erkenntnisentwurf vor und berichtet über die Ergebnisse etwa bereits durchgeführter Beweisaufnahmen und vorangegangene mündliche Besprechungen. Die Beschwerdeschrift, der in weiterer Folge seitens der belangten Behörde ergangene Vorhalt vom sowie die Vorhaltsbeantwortung des Bf. vom wird verlesen.

Ergänzend wird durch den steuerlichen Vertreter vorgebracht:

Der Berichterstatter hat den Sachverhalt völlig richtig wiedergegeben. Mir fehlen als neuem Steuerberater seit dem Jahr 2019, allerdings wichtige Aktenteile, da ich auf FinanzOnline für die alten Jahre keinen Zugriff habe.

Ich bin allerdings nicht der Meinung, dass die Beschwerde aussichtslos erscheint und begründe dies wie folgt:

Unzweifelhaft sind - auch wenn der Senat formell nicht daran gebunden ist - die Richtlinien (ein Konvolut der bisherigen VwGH Rechtsprechung) anzuwenden und haben bei der Beurteilung der Einkunftsquelleneigenschaft Berücksichtigung zu finden.

Unstrittig liegt auch (aus Sicht des FA) eine Einkunftsquelle im Sinne des § 1 Abs. 1 LiebhabereiVO vor.

Das FA hat im Übrigen zu Unrecht vorläufige Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre erlassen, dies widerspricht der geltenden Judikatur. Ich erläutere dem Senat die weiteren Beweggründe des Bf., aus welchen Gründen der Bf. die gegenständliche Betätigung nach Ende seines Dienstverhältnisses ausgeführt hat.

Die Unwägbarkeiten hat - ich weiß nicht aus welchem Grund - der frühere Steuerberater nicht ins Treffen geführt, diese müssten meines Erachtens aber sehr wohl zum Tragen kommen, insbesondere wenn man die entgangenen Provisionen (wie schon in der Beschwerde vorgebracht) bei der Gesamtbetrachtung berücksichtigt.

Der Berichterstatter entgegnet hiezu, dass er bei seinen Gesprächen mit dem Steuerberater Mag. Z. der Senatsentscheidung keinesfalls vorgreifen wollte und lediglich darauf hinwies, dass nach seiner Ansicht die Fortsetzung des Verfahrens aus ökonomischen Gründen nicht sinnvoll sei, was ihm der damalige Vertreter im Übrigen auch bestätigt hat.

Mag. R. (Steuerberater) führt weiters aus:

Zum Akt wird eine Prognoserechnung vorgelegt, diese wird als Beilage 1 zu den Akten genommen, sich auf die Jahre 1998 bis 2007 bezieht und einen weiteren Schriftsatz aus dem hervorgeht, mit welchen Kunden Geschäftsgespräche stattgefunden haben, wo es zwar überwiegend nicht zu einem Abschluss gekommen ist, die aber großteils sehr weit geführt waren (Beilage 2).

Der steuerl. Vertreter erläutert nun dem Senat die Prognoserechnung.

Das Finanzamt hätte die Ermittlungen längst aufnehmen müssen. Das Finanzamt hätte den Steuerpflichtigen auffordern müssen, anhand des sogenannten Kriterienkataloges zu erläutern, wieso es zu den Verlusten gekommen ist. Warum 2008 die Einstellung des Betriebes der Rechtsmittelbehörde nicht gemeldet worden ist, kann nicht sagen. Dass rückwirkend keine Prognoserechnung mehr gelegt werden kann, liegt in der Natur der Sache.

Es gibt zahlreiche Erkenntnisse (stl. Vertreter weist beispielsweise auf ein "Amway-Vertreter" Erkenntnis hin), wo Steuerpflichtige lediglich versucht haben, hohe Ausgaben (Verluste) zu lukrieren, zu dieser Gruppe zählt der Bf. zweifelsfrei nicht. Der Bf. hat ausschließlich die Tätigkeit eines Handelsvertreters ausgeübt und hatte dabei klar die Absicht, einen Gesamtgewinn zu erzielen.

Der VwGH führt in seinem Erkenntnis vom , Zl 2006/13/0124 aus, (wird dem Senat vorgelegt) dass auch eine Betätigung, die niemals Erfolg bringend sein kann, dennoch bis zu dem Zeitpunkt als Einkunftsquelle anzusehen ist, wo er dies erkennt. Es beginnen neue Betrachtungszeiträume ab dieser Erkenntnis.

Auf Basis des Pkt 3 des Kriterienkataloges § 2 Abs. 1 LiebhabereiVO verweise ich auf ein weiteres Erkenntnis des VwGH Zl 89/13/0259 v , dass durchaus den Beschwerdestandpunkt des Bf. stützt (das Erkenntnis wird dem stl. Vertreter vorgelegt).

Abschließend weise ich darauf hin, dass ein Verfahrensfehler der belangten Behörde vorliegt, da keine vorläufigen Bescheide erlassen hätten werden dürfen und dass ein Ermittlungsverfahren hätte stattfinden müssen.

Der Amtsvertreter weist darauf hin, dass der Standpunkt der belangten Behörde klar ersichtlich ist und er inhaltlich eigentlich nichts zu ergänzen habe, dass die Frage der Vorläufigkeit nicht entscheidungsrelevant ist und dass demnach das Parteiengehör (Vorhalt des FA vom ) durchaus gewahrt wurde.

Die Parteien stellen keine weiteren Fragen und Beweisanträge.

Die Vorsitzende schließt das Beweisverfahren."

Im Zuge der Verhandlung wurde von der Bf. erstmals, die folgende - seit 2008 urgierte -Prognoserechnung vorgelegt:

center464185

Prognoserechnung:

In einer unter einem vorgelegten weiteren Aufstellung sind Firmen aufgelistet, mit denen Vertragsverhandlungen in den Jahren 2001 bis 2005 gescheitert sind, die Umsätze die deshalb nicht lukriert werden konnten (diese sind in der Prognoserechnung als prognostizierte Umsätze ausgewiesen) und stichwortartige Erklärungen für das Scheitern des jeweiligen Geschäftes:

  • "Kunde verstorben, Investitionsstopp

  • Fehlverhalten des Kunden, schleppende Bearbeitung, Auftrag an Mitbewerber verloren

  • Eigene Maschine konstruiert

  • Kein Kundenauftrag - keine Investition

  • Erweiterte Kundenaufträge nicht eingetroffen, nur bei Bedarfsänderung der Kunden

  • Preisverhandelt und abschlussreif (jedoch) 3 Maschinen aus Konkurs ersteigert!!!

  • Schleppende Bearbeitung, inzwischen Gebrauchtmaschine gekauft

  • Anschaffung Neumaschine nach 2005 verschoben um Provision zu sparen

  • Projekt gestorben, Neuanfrage 2002, warten auf Antwort

  • Anschaffung D2 abgesagt und nur D5 und Rändelmaschine gekauft

  • Schwieriger Kunde seit Jahrzehnten, Lieferfirma lt. Kunde zu träge

  • Auftragseingang seiner Kunden nachlassend

  • Zu produzierende Teile werden derzeit wesentlich günstiger zugekauft"

II. Der Senat hat über die Beschwerde erwogen:

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ergeht zunächst folgender Hinweis:

Gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG wurde mit der Unabhängige Finanzsenat aufgelöst. Die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des bei dieser Behörde anhängigen Verfahren ging auf das Bundesfinanzgericht über. Gemäß § 323 (38) BAO sind die am beim unabhängigen Finanzsenat anhängigen Berufungen vom Bundesfinanzgericht als Beschwerden im Sinne des Art. 130 Abs. 1 B-VG zu erledigen. Das Verfahren betreffende Anbringen wirken ab auch gegenüber dem Bundesfinanzgericht.

  • Sachverhalt:

Der Senat hat folgenden Sachverhalt, der sich aus dem geschilderten Verwaltungsgeschehen, den vorgelegten aktenkundigen Unterlagen und den glaubwürdigen Angaben des Bf. ergibt, als erwiesen angenommen und seiner Entscheidung zu Grunde gelegt:

Zufolge seinen eigenen Beschwerdeausführungen "war der Beschwerdeführer (Bf.) gelernter Werkzeugmacher und nichtselbständig im Bereich Vertrieb und Wartung von Werkzeugmaschinen tätig. Durch die Betriebsschließung seines Arbeitgebers verlor der Bf. seine Anstellung und fand keine neue, da er "zu alt" war. Der Bf. hat deshalb im Jahr 1998 seine Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter für große Werkzeugmaschinen hauptsächlich für industrielle bzw. großgewerbliche Kunden aufgenommen. Er hatte neben dieser Tätigkeit keine anderen Erwerbsquellen.

Bei den vom Bf. vertretenen Produkten handelt es sich um Großanlagen mit einem Wert von mindestens CFH 100.000,-- und der Bedarf beschränkt sich auf Mittel- und Großbetriebe.

Es ist allgemein bekannt, dass ab dem Jahr 2000 durch Stagnation bzw. Rezession im Produktionsbereich, verbunden mit der Auslagerung in Billiglohnländer, es zu zahlreichen Insolvenzen und Schließungen von Produktionsbetrieben gekommen ist. Deshalb ist eine größere Anzahl von Werkzeugmaschinen, in teilweise sehr guten Zustand billig auf den Markt gekommen (Versteigerung und Sekundärmarkt). Auch hat er durch das Fehlverhalten seiner Geschäftsherren zusätzliche Verdienstausfälle, in Höhe von SFG 114.440,--(nach damaligen Kurs ca. € 70.000) erlitten. Diese hätten seinen Handelsvertretervertrag auslaufen lassen und danach die Maschinen selbst direkt an die Kunden verkauft. Weshalb trotz intensiver Bemühungen, der gewünschte Erfolg nicht eingetreten ist.

Die Möglichkeiten der Kostenreduzierung sind sehr gering. Zuletzt ist im Dezember 2007 versucht worden, für eine Neuentwicklung im Bereich Transportgeräte, die Generalvertretung zu erlangen, was daran scheiterte, dass sich die Markteinführung, wegen mangelhafter Prototypen, bis auf weiteres verzögert."

Diesen Ausführungen in der Beschwerde folgt eine Auflistung jener Firmen für die der Bf. als Handelsvertreter tätig war, bzw. noch ist. Wobei der Bf. einräumt, dass mit einigen der genannten Firmen kein schriftlicher Vertrag existiert und nur sog. "Tipp-Provisionen vereinbart seien.

Es wurden aus dieser Tätigkeit laut Bilanzen des Bf. folgende Ergebnisse (umgerechnet in €) erzielt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
Erlöse (Ust)
23077
34351
16045
10887
7728
3953
145
360
Verluste/ Gewinn
-3482
13000
-15541
-9975
-15183
-20245
-21314
-20208

Diese Verluste wurden als selbständige Einkünfte gemäß § 22 EStG erklärt.

Für die Jahre 2006 bis 2008 wurden keine Umsatzsteuervoranmeldungen, Bilanzen und Steuererklärungen eingereicht. Laut damaligen Steuerberater habe es keine Einnahmen (Umsätze) gegeben und seien nur Verluste erzielt worden. Nach der in der Verhandlung vorgelegten Prognoserechnung betrugen die Verluste

2006: - € 21.359

2007: - € 19.055

Für 2008 liegen weiterhin keine Daten vor.

Die Tätigkeit wurde 2008 eingestellt und der Bf. bezog ab Oktober 2008 eine Pension.

Auch für die Jahre 2009 bis 2011 wurden keine Abgabenerklärungen eingereicht.

Für die Jahre 2012 und 2013 wurden zwar Arbeitnehmerveranlagungen rechtskräftig durchgeführt, Verlustvorträge gemäß § 18 EStG wurden allerdings weder geltend gemacht, noch berücksichtigt.

Für die Jahre 2014 und 2015 wurden nach der festgestellten Aktenlage keine Erklärungen eingereicht.

Der Bf. ist am verstorben und das Erbe wurde seiner Witwe als Alleinerbin eingeantwortet.

  • Rechtsgrundlagen:

§ 22 EStG 1988 lautet:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit sind:

1. Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu diesen Einkünften gehören nur

a) Einkünfte aus einer wissenschaftlichen, künstlerischen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder erzieherischen Tätigkeit. Dazu zählen auch Einkünfte aus Stipendien für eine der genannten Tätigkeiten, wenn diese wirtschaftlich einen Einkommensersatz darstellen und keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind. Stipendien, die jährlich insgesamt nicht höher sind als die Höchststudienbeihilfe für Selbsterhalter nach § 27 des Studienförderungsgesetzes 1992, stellen jedenfalls keinen wirtschaftlichen Einkommensersatz dar. Die Befreiung gemäß § 3 Abs. 1 Z 3 lit. e bleibt davon unberührt.

b) Einkünfte aus der Berufstätigkeit der

- staatlich befugten und beeideten Ziviltechniker oder aus einer unmittelbar ähnlichen Tätigkeit sowie aus der Berufstätigkeit der

- Ärzte, Tierärzte und Dentisten,

- Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer,

- Unternehmensberater, Versicherungsmathematiker, Schiedsrichter im Schiedsgerichtsverfahren,

- Bildberichterstatter und Journalisten,

- Dolmetscher und Übersetzer.

Zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit zählen auch die Entgelte der Ärzte für die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse (einschließlich ambulatorischer Behandlung), soweit diese Entgelte nicht von einer Krankenanstalt im eigenen Namen vereinnahmt werden, sowie Einkünfte als Vertretungsarzt gemäß § 2 Abs. 2a Z 3 Freiberuflichen-Sozialversicherungsgesetz - FSVG, BGBl. Nr. 624/1978.

c) Einkünfte aus

- der therapeutischen psychologischen Tätigkeit von Personen, die die geistes- oder naturwissenschaftlichen Universitätsstudien mit dem Hauptfach Psychologie abgeschlossen haben

- der Tätigkeit als Hebamme

- der Tätigkeit im medizinischen Dienst im Sinne des § 52 Abs. 4 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 102/1961

Eine freiberufliche Tätigkeit liegt auch dann vor, wenn ein Angehöriger eines freien Berufes in seinem Beruf

- im Rahmen von Veranstaltungen tätig wird, denen die für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit erforderlichen Eigenschaften fehlen

- sich der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedient. Abgesehen vom Fall einer vorübergehenden Verhinderung muss er selbst auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden.

§ 23 Abs. 1 EStG 1988 lautet:

Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind:

Einkünfte aus einer selbständigen, nachhaltigen Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung der Land- und Forstwirtschaft noch als selbständige Arbeit anzusehen ist.

Verordnung zu § 2 Abs. 3 EStG (Liebhabereiverordung) BGBl. 1993/33 lautet auszugsweise:

§ 1 (1) Einkünfte liegen vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die

- durch die Absicht veranlaßt ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, und

- nicht unter Abs. 2 fällt.

Voraussetzung ist, daß die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.

(2) Liebhaberei ist bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen

1. aus der Bewirtschaftung von Wirtschaftsgütern, die sich nach der Verkehrsauffassung in einem besonderen Maß für eine Nutzung im Rahmen der Lebensführung eignen (zB Wirtschaftsgüter, die der Sport- und Freizeitausübung dienen, Luxuswirtschaftsgüter) und typischerweise einer besonderen in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder

2. aus Tätigkeiten, die typischerweise auf eine besondere in der Lebensführung begründete Neigung zurückzuführen sind oder

3. aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.

Die Annahme von Liebhaberei kann in diesen Fällen nach Maßgabe des § 2 Abs. 4 ausgeschlossen sein. Das Vorliegen der Voraussetzungen der Z 1 und 2 ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.

(3) Liebhaberei liegt nicht vor, wenn eine Betätigung bei einer einzelnen Einheit im Sinn des Abs. 1 vorletzter Satz, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit weiteren Einheiten steht, aus Gründen der Gesamtrentabilität, der Marktpräsenz oder der wirtschaftlichen Verflechtung aufrechterhalten wird.

§ 2 (1) Fallen bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs. 1 Verluste an, so ist das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, insbesondere anhand folgender Umstände zu beurteilen:

1. Ausmaß und Entwicklung der Verluste,

2. Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen,

3. Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuß erzielt wird,

4. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen,

5. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung,

6. Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (zB Rationalisierungsmaßnahmen).

(2) Innerhalb der ersten drei Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab Beginn einer Betätigung (zB Eröffnung eines Betriebes) im Sinn des § 1 Abs. 1, längstens jedoch innerhalb der ersten fünf Kalenderjahre (Wirtschaftsjahre) ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben) für diese Betätigung liegen jedenfalls Einkünfte vor (Anlaufzeitraum). Dieser Zeitraum wird durch die Übertragung der Grundlagen der Betätigung auf Dritte nicht unterbrochen. Nach Ablauf dieses Zeitraumes ist unter Berücksichtigung der Verhältnisse auch innerhalb dieses Zeitraumes nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu beurteilen, ob weiterhin vom Vorliegen von Einkünften auszugehen ist. Ein Anlaufzeitraum im Sinn des ersten Satzes darf nicht angenommen werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalls damit zu rechnen ist, daß die Betätigung vor dem Erzielen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet wird.

(4) Bei Betätigungen gemäß § 1 Abs. 2 liegt Liebhaberei dann nicht vor, wenn die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) erwarten läßt. Andernfalls ist das Vorliegen von Liebhaberei ab Beginn dieser Betätigung so lange anzunehmen, als die Art der Bewirtschaftung oder der Tätigkeit nicht im Sinn des vorstehenden Satzes geändert wird.

§ 3 (1) Unter Gesamtgewinn ist der Gesamtbetrag der Gewinne zuzüglich steuerfreier Einnahmen abzüglich des Gesamtbetrags der Verluste zu verstehen. Steuerfreie Einnahmen sind nur insoweit anzusetzen, als sie nicht zu einer Kürzung von Aufwendungen (Ausgaben) führen. Wertänderungen von Grund und Boden, der zum Anlagevermögen gehört, sind nur bei der Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988 anzusetzen.

(2) Unter Gesamtüberschuß ist der Gesamtbetrag der Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten abzüglich des Gesamtbetrags der Verluste zu verstehen.

3. Beweiswürdigung:

Vorweg ist festzustellen:

  • Die Einkünfte des Bf. sind zweifelsfrei unter jene des § 23 EStG 1988 - Einkünfte aus Gewerbebetrieb - zu subsumieren und es liegen keine selbständigen Einkünfte gemäß § 22 EStG 1988 vor.

  • Es mag sein, dass zufolge der nunmehrigen Judikatur des VwGH, ursprünglich kein Grund für die Erlassung vorläufiger Bescheide gegeben war. Es war dem Bf. jedoch ohnehin unbenommen, dagegen Rechtsmittel zu erheben. Wie schon das Finanzamt zutreffend angemerkt hat, ist darin jedenfalls kein entscheidungsrelevanter Verfahrensmangel zu erblicken.

  • Gleiches gilt für Ermittlungshandlungen, die das Finanzamt nach Auffassung des Bf. nicht rechtzeitig gesetzt haben soll. Angesichts der äußersten Zurückhaltung, die der Bf. gegenüber Ermittlungen des Finanzamtes und sogar des Gerichtes an den Tag gelegt hat, löst diese Kritik durchaus Befremden beim erkennenden Senat aus.

Der Bf. hatte keine anderen Einkunftsquellen und hätte seinen Lebensunterhalt nur aus Überschüssen seiner gewerblichen Tätigkeit bestreiten können. Offenkundig konnte der Bf. seinen Lebensunterhalt von Anfang an nicht aus dieser Quelle decken.

Der Bf. hat aus seiner Tätigkeit im Beobachtungszeitraum überhaupt nur einmal (1999) einen geringen Überschuss in Höhe von € 13.000,-- erzielt, der nicht einmal dazu hinreichte die Verluste aus den Jahren 1998 und 2000 auszugleichen. Selbst in der steuerlich anzuerkennenden Anlaufphase wurde ein saldierter Verlust von € 6.023,-- ausgewiesen. Ansonsten wurden in den streitgegenständlichen Jahren nur Verluste erzielt.

Die Einnahmen lagen in sämtlichen Jahren deutlich unter den Ausgaben, in den Jahren 2004 und 2006 gingen die Einnahmen auf wenigen Hundert Euro zurück und ab 2007 bis zur Einstellung 2008 wurden überhaupt keine Einnahmen erzielt.

Der Bf. gibt selbst an, dass sich seine Erwerbstätigkeit (Verkauf von hochpreisigen Werkzeugmaschinen) auf einen sehr eng begrenzten Markt, mit nur wenigen Interessenten (Großkunden) beschränkte. Dieser Markt ist, wie allgemein bekannt ( so die Darstellung des Bf.) aufgrund der Rezession, damit verbundenen Insolvenzen und von Betriebsverlagerungen ins Ausland, bereits im Jahr 2000 völlig weggebrochen. Wenn die Abnehmer wegen der schlechten Wirtschaftslage in Konkurs gehen, ihren Betrieb einstellen oder die Produktion ins Ausland verlegen, so bedeutet dies, dass selbst die wenigen Kunden, die dem Bf. schon bisher keine nachhaltig positiven Einkünfte verschaffen konnten, weitgehend weggefallen sind. Es sind auch keine Gründe und Hinweise erkennbar, weshalb alte oder neue Kunden in diesem schwierigen Umfeld erneut eine Produktion in Österreich aufziehen sollten. Stünden sie doch damit in einer wenig aussichtsreichen Konkurrenzsituation zu den in Niedriglohnländer verlagerten Produktionen.

Für den Bf. stellt sich die wirtschaftliche Situation noch aussichtsloser dar, denn es steht nicht nur zu erwarten, dass keine neuen Maschinen mehr benötigt werden, es ist vielmehr so, dass der Markt, soweit überhaupt ein solcher noch besteht, auf Jahre hinaus, bereits mit vorhandenen, gut erhaltenen und vor allem weit billigeren gebrauchten Maschinen mehr als ausreichend versorgt ist.

Es ist also nicht nur so, dass der Bf. schon bis einschließlich 2000, also schon in der Anlaufphase, keine nachhaltig positive Geschäftsentwicklung zu verzeichnen hatte. Es ist auch schon dort klar, dass ein gesamtpositives Betriebsergebnis, geschweige denn, ein Bestreiten der Lebenshaltungskosten, aus dieser Tätigkeit nicht zu generieren ist.

[...]

Die im Zuge der Verhandlung vorgelegte Prognoserechnung vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Ganz abgesehen davon, dass sich diese mit mehr als einem Jahrzehnt Verspätung erstellte Aufstellung, wegen des Zeitablaufs und des Ablebens des Bf. einer Überprüfung nahezu gänzlich entzieht, sind die aufgeführten Zahlen völlig unrealistisch und weichen so eklatant von den tatsächlichen Ergebnissen ab, dass der erkennende Senat dieser Prognoserechnung jegliche Beweiskraft abspricht.

Der Bf. war ein Fachmann mit jahrelanger einschlägiger Geschäftserfahrung in dieser Branche.

Schon in den ersten drei Jahren konnte kein Gesamtüberschuss erzielt werden, und der gegenüber 1999 sinkende Umsatz und der Verlust im Jahr 2000 ist ein eindeutiger Beleg dafür, dass sich die eingetrübte Wirtschaftslage unmittelbar negativ auf den Geschäftserfolg des Bf. auswirkte.

Wie der Beschwerdeschrift unmissverständlich zu entnehmen ist, war sich der Bf. der aktuellen Lage jederzeit bewusst und hat diese zutreffend beurteilt.

Aufgrund, dieser Umstände, seiner langjährigen Erfahrung und der bereits dreijährigen selbständigen Handelsvertretertätigkeit, musste der Bf. wissen und damit rechnen, dass regelmäßig ein gewisser Teil der angestrebten Geschäfte letztlich doch scheitern, damit verbundene Ertragserwartungen nicht erfüllt werden und müsste dies in seiner Planung entsprechend berücksichtigen. Die Ursachen, die der Bf. für das Scheitern einer Vielzahl seiner angestrebten Vertragsabschlüsse nennt, sind durchaus nicht außergewöhnlich, überraschend oder nicht vorhersehbar. Der Senat ist vielmehr der Ansicht, dass hier genau jene Risiken oder Probleme schlagend werden, die der Bf. völlig richtig erkannt und vorausgesehen hat. Die wirtschaftliche Lage war schlecht, es gab Insolvenzen, Betriebsverlagerungen ins Ausland, Kunden sahen von Investition ab oder verschoben diese und sie deckten ihren Bedarf durch die zahlreich auf dem Markt vorhandenen, billigeren Gebrauchtmaschinen. Der Senat hat vielmehr den Eindruck gewonnen, dass der Bf. all dies bei seinen Prognosen völlig ausgeblendet hat und wider besseren Wissens, praktisch jedes Anbahnungsgespräch sogleich als quasi sicheren positiven Vertragsabschluss gewertet und als solchen in seine Umsatzerwartungen eingerechnet hat.

Es ist für den Senat kein nachvollziehbarer Grund erkennbar, weshalb der Bf. ernstlich darauf hätte hoffen können, seinen Umsatz, in diesem schwierigen Umfeld, von 2000 auf 2001 zu verdoppeln und in den Folgejahren, sogar eine Verdreifachung, ja sogar eine Vervierfachung (!) im Jahr 2004 für möglich erachtete.

Eine Auswertung der Prognoserechung ergibt, dass

2001: lediglich 23% des prognostizierten Umsatzes tatsächlich realisiert werden konnte

2002: nur noch 13,8%

2003: 8,5%

2004: fällt der Anteil sogar auf 0,02% (!)

Das bedeutet, die "Trefferquote" der Prognosen des Bf. tendiert gegen Null.

Die "gescheiterten" Geschäfte werden, zufolge dieser Prognosen, ab 2001 zur Regel und nicht zur Ausnahme. Das kann nicht mit Unwägbarkeiten und unvorhersehbaren Ereignissen erklärt werden. Wenn erfolgreiche Geschäftsabschlüsse zum raren Ausnahmefall mutieren und sich nur verschwindend geringe Teile der Umsatzerwartung tatsächlich realisieren, zeugt dies von überzogenen Erwartungen und krassen Fehleinschätzungen. Wenn erwartete Umsätze 2001 nicht einmal zu einem Viertel realisiert werden konnten, die Umsätze nicht angestiegen, sondern sogar stark gefallen sind, so erschiene es geradezu grotesk, wenn der Bf. in den Folgejahren immer optimistischere Umsatz- und Gewinnerwartungen hegen sollte. Es mag sein, dass man bei dem schwierigen Umfeld mit höheren Ausfällen rechnen muss, als üblich. Wenn Planziele aber ständig jedes Jahr um 80%, 90% und schlussendlich sogar um de facto 100 % (99,8%) verfehlt werden, so kann nicht von ernsthaften Erwartungen des Bf. ausgegangen werden.

Der Bf. rechnet, völlig unbeeindruckt von den Tatsachen, schlussendlich für das Jahr 2004 mit einem Rekordumsatz, der einer Umsatzsteigerung von über 400% (!) gegenüber 2000 bedeuten würde, und erreicht dieses Ziel nicht einmal zu 1%.

Für die Jahre 2001 bis 2005 wird in Summe ein Umsatz von € 214.066 prognostiziert. Tatsächlich belief sich der in den Bilanzen des Bf. ausgewiesene Umsatz auf € 23.073. Das angeblich geplante Umsatzziel wurde also um € 190.993 bzw. um 89,2% verfehlt. Gleiches gilt für die Gewinnerwartung, die in Summe mit € 124.925,78 angegeben wird. Der tatsächlich in den Bilanzen ausgewiesene Gesamtverlust betrug - € 86.925. Das angestrebte Betriebsergebnis wurde also, in absoluten Zahlen, um 170% verfehlt.

Die Abweichungen zwischen angeblichen Planzahlen und tatsächlichen Ergebnissen, sind so fundamental, dass diese Prognoserechnung nicht im Entferntesten die realen Verhältnisse, berechtigte Erwartungen über den Geschäftsverlauf und Erfolgsaussichten im streitgegenständlichen Zeitraum abbildet, der Senat hält es für wenig wahrscheinlich, dass dem Bf., als erfahrenen Fachmann, über Jahre hinweg immer drastischere Fehleinschätzungen unterlaufen konnten und er, angesichts dieser enormen Diskrepanzen, bei rationaler Betrachtung, ernsthaft von einer nachhaltigen Ertragsfähigkeit ausgehen konnte. Es stellt sich für den erkennenden Senat vielmehr so dar, dass diese Prognoserechnung reine Wunschvorstellungen zum Ausdruck bringt, die niemals Aussicht auf Realisierung hatten.

Die Umsätze des Bf. haben sich von 2001 bis 2006 nicht nur in keinster Weise gesteigert, sondern sich ganz im Gegenteil, auf nahezu Null reduziert, was die Richtigkeit dieser Annahme beweist. Ab 2007 hat er unstrittig überhaupt keine Einnahmen erzielt.

Die beabsichtigte Erschließung neuer Einkunftsquellen, liegt außerhalb des Streitzeitraumes, im Jahr 2007 (Vertrieb von Transportmaschinen) und ist, laut Bf. schon in der Planungsphase gescheitert. Eine Reduzierung der Betriebskosten war ohnehin kaum möglich und hätte - angesichts des zuerst nahezu und schließlich gänzlichen Fehlens von Einnahmen - das Betriebsergebnis nie in die Gewinnzone bringen können.

Selbst wenn beispielsweise, die vom Bf. behaupteten "Verdienstausfälle" durch unredliche Geschäftspartner sich tatsächlich auf rd. SFR 114.000,-- belaufen haben, so bedeutet dies zu allererst, dass sich durch das Auslaufen der Vertreterverträge, die schon vorher aussichtlos erscheinende wirtschaftliche Situation, noch weiter verschärft hat. Im Übrigen vermag dies an der fehlenden Ertragsfähigkeit nichts zu ändern. Sogar bei Berücksichtigung dieser fiktiven Einnahmen, also bei Spekulationen über einen hypothetischen günstigeren Geschäftsverlauf, würden sich immer noch Verluste und kein positives Gesamtergebnis ergeben. Diese Argumentation geht also ins Leere (siehe dazu auch die Ausführungen zu den "entgangenen" Umsätzen).

Bei rationaler wirtschaftlicher Betrachtung aller Umstände und der vorhandenen Zahlen, musste schon Ende 2000 objektiv der Schluss gezogen werden, dass die Tätigkeit, objektiv betrachtet, nicht nachhaltig ertragsfähig ist, kein Gesamtüberschuss erzielbar ist und somit keine taugliche Einkunftsquelle im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988 vorliegt.

Der Bf. kann diesbezüglich aus dem in der Verhandlung vorgelegten VwGH-Erkenntnis vom , Zl 2006/13/0124, nichts gewinnen. Die Behauptung des Steuerberaters, aus diesem Erkenntnis sei zu entnehmen, dass auch eine Betätigung, die niemals Erfolg bringend sein kann, dennoch bis zu dem Zeitpunkt als Einkunftsquelle anzusehen ist, wo er dies erkennt, ist schlicht unzutreffend.

In der abweislichen Entscheidung bestätigt der Verwaltungsgerichtshof vielmehr ausdrücklich die Ansicht des erkennenden Senates, wenn er ausführt: "Die subjektive Gewinnerzielungsabsicht steht zwar lt. Liebhaberei-VO im Vordergrund, es kommt allerdings nicht ausschließlich auf diese an. Dem Kriterium der Bemühung zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (Rationalisierungsmaßnahmen) nach Z 6 dieser Bestimmung kommt große Bedeutung zu. Darunter fallen jegliche Schritte, die erkennbar darauf gerichtet sind, die Betätigung nicht nur kurzfristig Gewinn bringend zu gestalten. Wunschvorstellungen und wiederholte Beteuerungen, dass der Bf. schon allein deshalb unbedingt die Gewinnzone anstrebe, weil der Umstand "mit meinen Rationalisierungs- und Änderungsmaßnahmen im 70. Bestandsjahr des Betriebes erfolglos zu sein, für mich ein persönliches Scheitern, oder anders ausgedrückt eine Blamage darstellen würde" reichen nicht aus. Es muss vielmehr überzeugend dargelegt werden innerhalb, welches - überschaubaren Zeitraumes der Beschwerdeführer selbst aufgrund der von ihm gesetzten Maßnahmen mit der Erzielung eines Gesamtgewinnes rechnete."

Kriterienprüfung:

Der Bf. räumt in seinen Beschwerdeausführungen, zum Thema Kritierienprüfung selbst ein, dass er in praktisch allen Bereichen, keinen eigenen Gestaltungsspielraum hat.

Beim Bf. sind sowohl Ausmaß und Entwicklung von Einkünften und Verlusten durchwegs negativ und eine positive Änderung der Verhältnisse war von Anfang an nicht erwartbar. Die Umsätze fielen ständig und lagen immer deutlich unter den Ausgaben.

Wie der Bf. selbst einräumt, ist eine Verbesserung der Ertragslage durch Rationalisierung, angesichts der Art der Betriebsausgaben (Kosten für Kundenbetreuung) ausgeschlossen. Der Bf. könnte diese Kosten nur dadurch reduzieren, dass er die Intensität der Kundenbetreuung zurückfährt. Das würde aber nicht zu einer Verminderung der ohnehin unzureichenden Einnahmen führen.

An den Preisen der Maschinen kann der Bf. nichts ändern, da diese der Verkäufer vorgibt.

Auch seine eigenen Provisionen sind an die Gegebenheiten des Marktes gebunden, liegen durchaus marktüblich (so der Bf.) zwischen 3% und 6% und werden nicht vom Bf. festgelegt.

Der Bf. hat auch gar nicht behauptet, konkrete Maßnahmen zur Ertragsverbesserung geplant oder gar unternommen zu haben, er betont lediglich seine stetigen Bemühungen.

Nach Überzeugung des Senates hat ein Handelsvertreter, schon aufgrund der Art der Tätigkeit, fast keine Möglichkeiten durch eigene Optimierungsmaßnahmen seine Ertragsaussichten zu verbessern. Er ist vielmehr gänzlich der Wirtschaftslage und der aktuellen Marktnachfrage nach den von ihm vertriebenen Produkten ausgeliefert. Der einzige Faktor der im Einflussbereich des Bf. liegt, ist sein persönliches Engagement. Dieses wurde zu keinem Zeitpunkt in Zweifel gezogen, aber egal wie sehr der Bf. seine Anstrengungen erhöhen würde, die Ertragslage würde sich nicht verbessern, da die Nachfrage eben nicht vorhanden ist.

Der Bf. selbst hat es noch 2008 - also im Jahr der Betriebseinstellung - für unmöglich erklärt eine Zukunftsprognose zu erstellen und eine mögliche Erzielung von Einkünften als gänzlich ungewiss und nicht vorhersehbar bezeichnet. Was schon für sich gegen das Vorliegen einer wirtschaftlich sinnvollen, auf die Erzielung nachhaltig positiver Jahresergebnisse ausgerichteten Tätigkeit, spricht. Es ist recht bemerkenswert, dass eine solche im Jahr 2020 doch erstellt werden konnte. Die vorgelegte Prognoserechnung und deren Analyse zeigt lediglich, dass der Bf. - so er denn selbst diese unmögliche Prognose vorgenommen hat - zu keinem Zeitpunkt in der Lage, war die Geschäftsentwicklung auch nur ansatzweise voraus zu planen und realistisch einzuschätzen.

Es ist durchaus glaubhaft, dass der Bf. sich positive Betriebsergebnisse gewünscht bzw. solche dringend erhofft hat. Der Bf. geht in seinen Beschwerdeausführungen anscheinend von der irrigen Ansicht aus, das Finanzamt sei davon ausgegangen, dass er seine Handelsvertretertätigkeit gar nicht ernsthaft und nachdrücklich betreibe. Das Finanzamt hat derartiges aber zu keinem Zeitpunkt behauptet, und deshalb auch konsequent die Anlaufverluste anerkannt. Das Finanzamt hat seine Entscheidung ausschließlich, mit dem fehlenden finanziellen Erfolg dieser Bemühungen begründet.

Aufgrund der wirtschaftlichen Tatsachen und der schwierigen Umstände, die der Bf. durchaus richtig erkannt hatte, war der Fortbetrieb nach dem Jahr 2000 betriebswirtschaftlich nicht mehr argumentierbar. Die laut Prognoserechnung angeblich erwartbaren Umsätze und Gewinne sind so eklatant überhöht, dass ihnen jeglicher Realitätsbezug abzusprechen ist.

Der Bf. war nicht bloß von Anfang an gezwungen, seine Lebenshaltungskosten aus anderen Quellen zu bestreiten, es war vielmehr so, dass sogar der Fortbetrieb nur durch ständige Zuschüsse, vermutlich aus Privatmitteln, aufrechterhalten werden konnte. Die zweifellos vorhandenen intensiven Bemühungen des Bf. Abschlüsse zu erzielen, führten nicht zum Erfolg, ganz im Gegenteil war die Entwicklung ausschließlich negativ, es gab keine Gewinne und die ohnedies schon zuvor viel zu geringen Einnahmen brachen nach dem Jahr 2003 völlig weg.

Der Bf. hat es trotz gerichtlicher Aufforderung bis zur mündlichen Verhandlung unterlassen, die Ergebnisse der Jahre 2006, 2007 und 2008 bekannt zu geben. Das Ergebnis für das Jahr 2008 ist nach wie vor unbekannt. Das negative Gesamtergebnis erhöht sich durch die Verluste der Jahre 2006 und 2007 von - € 86.925 auf - € 127.339, es ist also auch in diesen Jahren keine Änderung der Verhältnisse eingetreten. Der Betrieb wurde unstrittig 2008 eingestellt. Für die Beurteilung der Eignung der Tätigkeit als nachhaltige Einkunftsquelle reichten im Übrigen die Angaben des Bf. und die vorliegenden Zahlen der Jahre bis 2005 ohnehin völlig aus. Nach Überzeugung des Senates hat sich in den Jahren 2006 bis zur Betriebseinstellung 2008 keine relevante Änderung der Verhältnisse ergeben, es sind weiterhin nur Verluste angefallen.

Was das vom Bf. ins Treffen geführte VwGH-Erkenntnis vom , Zl. 89/13/0259 anlangt, so ist es nicht geeignet den Standpunkt des Bf. zu stützen. Die dort behandelte Fallkonstellation ist mit dem Betrieb des Bf. in keiner Weise vergleichbar.

Der dort gegenständliche Textilbetrieb in bester Lage, hatte bereits 20 Jahre bestanden und laufend hohe Gewinne erzielt, als bedingt durch den U-Bahnbau, die Passantenfrequenz stark abnahm und über mehrere Jahre Verluste erzielt wurden. Nach Abschluss der Bauarbeiten, wurde der Betrieb renoviert (vorübergehende Betriebsschließung). Nach der Wiedereröffnung sind die Umsätze stark angestiegen und die Verluste wiesen sinkende Tendenz auf.

Es handelte sich also um ein gut eingeführtes Unternehmen, das im "Normalbetrieb" über zwei Jahrzehnte hinweg hohe Gewinne erzielte, bevor durch das nicht beeinflussbare U-Bahn-Baugeschehen Verluste verursacht wurden. Nach Abschluss der Bauarbeiten konnte der Betrieb offenkundig erfolgreich an die vorherige positive Geschäftsentwicklung anknüpfen. Der Verwaltungsgerichtshof betont ausdrücklich die entscheidungswesentliche Bedeutung der zuvor jahrelang erzielten hohen Gewinne und der Tatsache, dass sich die wirtschaftliche Situation, nach dem Wegfall der schädlichen Außeneinflüsse (Bauarbeiten), wieder zu bessern begann. Die belangte Behörde hatte diese Umstände bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt.

Der Bf. kann also auch aus diesem Erkenntnis nichts gewinnen. Der Bf. hatte nie hohe Gewinne zu verzeichnen, schon gar nicht über zwei Jahrzehnte hinweg. Es gibt keinerlei Anzeichen für eine Verbesserung der Lage, keine steigenden Umsätze, nur fallende oder gar keine Einnahmen und keinen Rückgang bei den Verlusten. Die beiden Betriebe und ihre Markt- und Wirtschaftslage sind gänzlich verschieden. Es finden sich in dieser Entscheidung keine Sachverhalts- oder Rechtselemente, die beim Bf. zutreffen und den Senat zu einer geänderten Beurteilung führen könnten.

Die Tätigkeit des Bf. ist als solche nach § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung zu betrachten. Nach Prüfung aller Umstände kommt das Gericht zum Ergebnis, dass nach den Kriterien, wie sie in § 2 Abs. 1 Liebhabereiverordnung aufgelistet werden, das Vorliegen einer Einkunftsquelle gemäß § 2 Abs. 3 EStG 1988 verneint werden muss.

Ausmaß und Entwicklung von Einkünften und Verlusten sind durchwegs negativ und eine positive Änderung der Verhältnisse ist nicht erwartbar. Eine Verbesserung der Ertragslage durch Rationalisierung ist angesichts der Art der Betriebsausgaben (Kosten für Kundenbetreuung) ausgeschlossen. Da die Tätigkeit bereits 2008 beendet wurde, steht nunmehr auch fest, dass kein Gesamtüberschuss erzielt wurde.

Gemäß § 2 Abs. 2 Liebhabereiverordnung betrug der Beobachtungszeitraum für Anlaufverluste drei Jahre (es gab keine Anlaufphase ohne Umsätze, d.h. nur drei und nicht fünf Jahre Beobachtungszeitraum) und das Finanzamt hat die in diesem Zeitraum anfallenden Verluste 1998 und 2000 zu Recht anerkannt.

Ab dem Jahr 2001 ist nach § 2 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Liebhabereiverordnung davon auszugehen, dass keine nachhaltig ertragsfähige Einkunftsquelle, sondern Liebhaberei im ertragssteuerlichen Sinn gegeben ist und den für die streitanhängigen Jahre geltend gemachten Verlusten die Ausgleichs- und Vortragsfähigkeit zu versagen ist.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die gegenständliche Entscheidung basiert ausschließlich auf der Anwendung geltender Normen. Eine zu lösende Rechtsfrage liegt nicht vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Zitiert/besprochen in
Liebhaberei
Kriterienprüfung
Prognoserechnung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100200.2008

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at