zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 03.05.2007, RV/0793-L/04

Säumnis bei der Entrichtung von Abgaben mittels Gutschriften aus verspätet eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Stammrechtssätze
RV/0793-L/04-RS1
§ 217 Abs. 5 BAO kann selbst dann keine Anwendung finden, wenn anlässlich einer innerhalb der maßgeblichen letzten sechs Monate eingetretenen Säumnis die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages auf Grund der Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO nicht entstanden ist (vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 221 Abs. 1 BAO z.B. Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung durch die Finanzämter, 168).
RV/0793-L/04-RS2
Die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO bei fehlendem groben Verschulden an der Säumnis stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung Inanspruchnehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (vgl. ; vgl. auch zu § 212 BAO).
RV/0793-L/04-RS3
Liegt eine wiederholte Säumigkeit bei der Entrichtung von Abgaben vor, die darauf zurückzuführen ist, dass Umsatzsteuervoranmeldungen mit Überschüssen an Vorsteuern erst nach Fälligkeit jener Abgaben, die durch die Gutschriften aus diesen Voranmeldungen abgedeckt werden sollten, eingereicht wurden, kann nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens ausgegangen werden.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der H-GmbH, vertreten durch Leitner & Leitner GmbH & Co KEG, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, 4040 Linz, Ottensheimer Straße 32,

1) vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom , mit dem Säumniszuschläge in Höhe von 6.094,97 € festgesetzt wurden, und

2) vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom , mit dem Säumniszuschläge in Höhe von 5.031,21 € festgesetzt wurden, entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

1) Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt wegen nicht fristgerechter Entrichtung der am fällig gewesenen Lohnabgaben 04/2004 und der Kammerumlage 01-03/2004 Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 6.094,97 € fest.

In der gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom erhobenen Berufung wurde unter Bezugnahme auf die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO darauf hingewiesen, dass die Abgaben am fällig gewesen, und am mittels Guthaben aus der Umsatzsteuervoranmeldung für März 2004 beglichen worden wären. Da die Berufungswerberin in den vergangenen sechs Monaten sämtliche Abgaben fristgerecht entrichtet habe, und die den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Abgaben innerhalb von fünf Tagen nach Fälligkeit entrichtet worden wären, werde ersucht, die Säumniszuschläge in Höhe von 6.094,97 € zur Gänze "zu streichen".

Das Finanzamt wies in der Berufungsvorentscheidung vom darauf hin, dass die den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Abgaben verspätet durch die Gutschrift der Umsatzsteuer 03/2004 in Höhe von 327.708,31 € (elektronisch eingebracht am ) entrichtet worden seien. Die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO könne sich nicht zum Vorteil der Berufungswerberin auswirken, da die am fällig gewesenen Lohnabgaben 03/2004 ebenfalls verspätet entrichtet worden seien. Die Umsatzsteuervoranmeldung 02/2004 mit einem Guthaben in Höhe von 147.127,46 € sei am elektronisch eingebracht worden. Diese verspätete Entrichtung sei jedoch ohne Säumnisfolgen geblieben, da in diesem Fall die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO zur Anwendung gekommen sei.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz vom wurde ausgeführt, dass der zu entrichtende Abgabenbetrag wie in der Vergangenheit durch Verrechnungsanweisung abgedeckt werden sollte. Die Berufungswerberin lasse zu diesem Zweck stets ausreichende Guthaben am Abgabenkonto stehen. So sei etwa die am gutgeschriebene Energieabgabenvergütung in Höhe von 520.888,00 € zunächst am Abgabenkonto stehen gelassen worden und erst am durch Rückzahlungsantrag abberufen worden. Für den Monat April sei die Verrechnungsanweisung aufgrund der EDV-Umstellung im Wege des Internets gestellt worden. Dabei sei offensichtlich ein für die Berufungswerberin nicht erkennbarer EDV-Übertragungsfehler im Internet aufgetreten, sodass die Verrechnungsanweisung verspätet eingelangt sei. Da "die zu entrichtende Abgaben tatsächlich bereits auf dem Abgabenkonto verfügbar gewesen wäre" und lediglich die "Umbuchung" aufgrund eines nicht erkennbaren Internetkommunikationsfehlers verspätet erfolgt sei, liege kein grobes Verschulden gemäß § 217 Abs. 7 BAO vor.

2) Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt wegen nicht fristgerechter Entrichtung der am fällig gewesenen Lohnabgaben 05/2004 Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 5.031,21 € fest.

Die gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom erhobene Berufung wurde inhaltlich gleichlautend wie der unter Punkt 1) erwähnten Vorlageantrag vom selben Tag begründet. Die einzige Modifikation betraf den Zeitraum, für den die Verrechnungsanweisung erteilt wurde (hier: Mai 2004).

In den am veröffentlichten Erkenntnissen vom , 2005/14/0014-0017, hat der Verwaltungsgerichtshof die Bescheidqualität rein automationsunterstützt erlassener Erledigungen (insbesondere Säumniszuschlagsbescheide) bejaht. Die mit Bescheiden des unabhängigen Finanzsenates vom gemäß § 281 BAO ausgesetzten gegenständlichen Berufungsverfahren können daher nunmehr fortgesetzt werden.

Über die Berufungen wurde erwogen:

Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind nach Maßgabe des § 217 BAO Säumniszuschläge zu entrichten. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2 % des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (§ 217 Abs. 2 BAO).

Die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages gemäß Abs. 2 entsteht nicht, soweit die Säumnis nicht mehr als fünf Tage beträgt und der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten, hinsichtlich derer die Gebarung gemäß § 213 mit jener der nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenschuldigkeit zusammengefasst verbucht wird, zeitgerecht entrichtet hat. In den Lauf der fünftägigen Frist sind Samstage, Sonntage, gesetzliche Feiertage, der Karfreitag und der 24. Dezember nicht einzurechnen; sie beginnt in den Fällen des § 211 Abs. 2 und 3 erst mit dem Ablauf der dort genannten Frist (§ 217 Abs. 5 BAO).

Auf Antrag des Abgabepflichtigen sind Säumniszuschläge insoweit herabzusetzen bzw. nicht festzusetzen, als ihn an der Säumnis kein grobes Verschulden trifft, insbesondere insoweit bei nach Abgabenvorschriften selbst zu berechnenden Abgaben kein grobes Verschulden an der Unrichtigkeit der Selbstberechnung vorliegt (§ 217 Abs. 7 BAO).

Hinsichtlich der Säumniszuschläge vom vertrat die Berufungswerberin zunächst die Ansicht, dass nur eine ausnahmsweise Säumnis im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO vorgelegen sei. Dem hielt bereits das Finanzamt in der Berufungsvorentscheidung vom zutreffend entgegen, dass aufgrund der Vorsäumnis bei der Entrichtung der zum fällig gewesenen Lohnabgaben 03/2004 die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO bei der Säumnis mit der Entrichtung der dem Bescheid vom zugrunde liegenden Abgaben nicht neuerlich zugunsten der Berufungswerberin zur Anwendung gelangen konnte. Die am fällig gewesenen Lohnabgaben 03/2004 waren erst mit dem aus der am elektronisch eingebrachten Umsatzsteuervoranmeldung für 02/2004 sich ergebenden Guthaben abgedeckt worden. Bei dieser Säumnis hatte aufgrund des Vorliegens aller tatbestandsmäßigen Voraussetzungen die Bestimmung des § 217 Abs. 5 BAO zur Anwendung gelangen können, sodass es zu keiner Festsetzung von Säumniszuschlägen kam. Einer neuerliche Anwendung des § 217 Abs. 5 BAO bei der einen Monat später eingetretenen weiteren Säumnis mit der Entrichtung der zum fälligen Lohnabgaben sowie der Kammerumlage für das erste Quartal 2004 stand aber die Säumnis bei der Entrichtung der zum fällig gewesenen Lohnabgaben entgegen. § 217 Abs. 5 BAO stellt nach dem eindeutigen Wortlaut allein darauf ab, dass der Abgabepflichtige innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eintritt der Säumnis alle Abgabenschuldigkeiten zeitgerecht entrichtet hat. Dass eine nicht zeitgerechte Entrichtung im Sinne dieser Bestimmung darüber hinaus zur Festsetzung eines Säumniszuschlages führen müsste bzw. nur in einem solchen Fall eine nicht zeitgerechte Entrichtung im Sinne des § 217 Abs. 5 BAO vorläge, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. § 217 Abs. 5 BAO kann somit selbst dann keine Anwendung finden, wenn anlässlich einer innerhalb der maßgeblichen letzten sechs Monate eingetretenen Säumnis die Verpflichtung zur Entrichtung eines Säumniszuschlages auf Grund des § 217 Abs. 5 BAO nicht entstanden ist (vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 221 Abs. 1 BAO z.B. Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung durch die Finanzämter, 168).

Sowohl im Vorlageantrag vom betreffend die Säumniszuschläge vom als auch in der Berufung vom gegen die Säumniszuschläge vom wurde unter Hinweis auf die Bestimmung des § 217 Abs. 7 BAO die Ansicht vertreten, dass kein grobes Verschulden an der Säumnis vorliege.

Der Antrag gemäß § 217 Abs. 7 BAO kann auch in einer Berufung gegen den Säumniszuschlagsbescheid oder selbst noch im Vorlageantrag gestellt werden und ist diesfalls in der Berufungsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. Ritz, SWK 2001, S. 343; ).

Die Berufungswerberin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die zu entrichtenden Abgaben durch Verrechnungsweisung abgedeckt werden sollten. Die Berufungswerberin lasse zu diesem Zweck stets ausreichende Guthaben am Abgabenkonto stehen. Die Verrechnungsweisungen wären aufgrund der EDV-Umstellung im Wege des Internets gestellt worden. Dabei seien offensichtlich für die Berufungswerberin nicht erkennbarer EDV-Übertragungsfehler im Internet aufgetreten, sodass die Verrechnungsweisungen verspätet eingelangt wären.

Gemäß § 21 Abs. 1 UStG ist ein vorangemeldeter Überschuss gutzuschreiben. Die Gutschrift wirkt auf den Tag der Einreichung der Voranmeldung, frühestens jedoch auf den Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, zurück.

Gemäß § 214 Abs. 4 lit. a BAO sind Zahlungen dem der Abgabenbehörde auf dem Zahlungsbeleg bekannt gegebenen Verwendungszweck entsprechend zu verrechnen, soweit sie Abgabenschuldigkeiten betreffen, deren Höhe nach den Abgabenvorschriften vom Abgabepflichtigen selbst berechnet wurde. Dies gilt nach § 214 Abs. 4 zweiter Absatz BAO sinngemäß für die Verwendung sonstiger Gutschriften, soweit sie im Zusammenhang mit einer in den Abgabenvorschriften vorgesehenen Selbstberechnung entstehen.

Ergibt sich daher aus einer Umsatzsteuervoranmeldung ein Überschuss und somit eine Gutschrift auf dem Abgabenkonto, kann der Abgabepflichtige hinsichtlich derselben eine Verrechnungsweisung erteilen (Beantragung einer so genannten Abgabenreservierung im FinanzOnline-Verfahren). Aus welchen Gründen die Verrechnungsweisungen im gegenständlichen Fall tatsächlich verspätet eingelangt sind (nach dem Vorbringen der Berufungswerberin waren "EDV-Übertragungsfehler" ursächlich), kann dahingestellt bleiben, da selbst bei einer allfälligen Einbringung der Verrechnungsweisungen vor Fälligkeit der den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden Abgaben die in den Umsatzsteuervoranmeldungen für 03/2004 und 04/2004 bekannt gegebenen Überschüsse erst mit Wirksamkeit der Einreichung der Voranmeldungen gutgeschrieben werden hätten können. Die Umsatzsteuervoranmeldung für 03/2004 wurde erst am , jene für 04/2004 erst am eingereicht. Damit war eine zeitgerechte Abdeckung der den Säumniszuschlägen zugrunde liegenden und am sowie fällig gewesenen Abgaben schon aus diesem Grund nicht möglich. Tatsächlich war daher nicht eine verspätete Einbringung von Verrechnungsweisungen, sondern die verspätete Einbringung der Umsatzsteuervoranmeldungen ursächlich für die Säumnis bei der Entrichtung der gegenständlichen Abgaben.

Warum die zu Gutschriften führenden Umsatzsteuervoranmeldungen nicht zeitgerecht, nämlich vor Fälligkeit der Abgaben, die mit diesen Gutschriften abgedeckt werden sollten, eingereicht wurden, hat die Berufungswerberin nicht aufgezeigt. Die Herabsetzung bzw. Nichtfestsetzung eines Säumniszuschlages gemäß § 217 Abs. 7 BAO bei fehlendem groben Verschulden an der Säumnis stellt eine Begünstigung dar. Bei Begünstigungstatbeständen tritt die Amtswegigkeit der Sachverhaltsermittlung gegenüber der Offenlegungspflicht des Begünstigungswerbers in den Hintergrund. Der eine Begünstigung Inanspruchnehmende hat also selbst einwandfrei und unter Ausschluss jeden Zweifels das Vorliegen all jener Umstände darzulegen, auf die die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann (; vgl. auch etwa zu § 212 BAO).

Darüber hinaus liegt eine wiederholte Säumigkeit bei der Entrichtung von Abgaben vor, die darauf zurückzuführen ist, dass Umsatzsteuervoranmeldungen mit Überschüssen an Vorsteuern erst nach Fälligkeit jener Abgaben, die durch die Gutschriften aus diesen Voranmeldungen abgedeckt werden sollten, eingereicht wurden. So wurden die Umsatzsteuervoranmeldungen für Februar, März und April 2004 jeweils erst nach Fälligkeit der Lohnabgaben für März, April und Mai 2004 bzw. der Kammerumlage für das erste Quartal 2004 eingereicht. Bei dieser Sachlage kann aber nicht mehr von einem bloß minderen Grad des Versehens ausgegangen werden.

Insgesamt gesehen hat die Berufungswerberin nicht ausreichend dargetan, dass sie an der Säumnis bei der Entrichtung der den Bescheiden vom und zugrunde liegenden Abgaben kein grobes Verschulden treffen würde, weshalb es für die Anwendung des § 217 Abs. 7 BAO an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen fehlte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 214 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 217 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Vorsäumnis
Verrechnungsweisung
Verschulden
EDV
Verweise


Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung, 168
Ritz, SWK 2001, S 343
Zitiert/besprochen in
UFSjournal 2008, 105

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at