Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 15.12.2011, RV/0327-L/10

Missionar mit Aufenthalt in der Türkei

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch STB., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Linz vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Kinder x, für den Zeitraum September 2004 bis Mai 2009 sowie für xx, für die Zeit von Juli 2006 bis Mai 2009 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom wurde beim Finanzamt Nachstehendes beantragt: "Antrag auf Familienbeihilfe ab September 2004 Sehr geehrter Herr Z.! Anbei erhalten Sie den Antrag auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag von Herrn yyy für seine vier Kinder ab September 2004 (bis August 2004 wurde diese von Fr. S., bezogen für 3 Kinder). Ab September 2004 wird der Antrag für folgende Kinder gestellt: 1.; Staatsbürgerschaft Österreich 2.; Staatsbürgerschaft Österreich 3.; Staatsbürgerschaft Österreich

Für das vierte Kind 4.; Staatsbürgerschaft Österreich, stelle ich hiermit den Antrag auf Bezug der Familienbeihilfe ab Juli 2006.

Alle vier Kinder wohnen ständig bei Herrn G.u.S..

Sollten weitere Unterlagen erforderlich sein, ersuche um Information, welche Nachweise vorgelegt werden müssen.

Nachfolgend möchte ich Ihnen die Gründe aufführen, warum die Familienbeihilfe rückwirkend beantragt wird. Ich stelle hiermit für meinen Mandanten den Antrag, dass die EU-Verordnung EWG 1408171" veröffentlicht in BGBl. Nr. 428/1971, die sowohl von Österreich, als auch der Türkei unterzeichnet wurde zur Anwendung gelangt. Andererseits wird nachfolgend erläutert, warum auch die Bestimmungen des österreichischen FLAG zutreffen. Folgende Fakten sprechen für einen Mittelpunkt der Lebensinterressen in Österreich, da sie zu diesem eine enge persönliche und wirtschaftliche Beziehung haben (Siehe FLAG § 2 Abs. 8): Herr xuy haben zeitlebens ihren Hauptwohnsitz in Österreich nicht aufgegeben. Im Jahr.2002 verließen sie Österreich, um in der Türkei beim Bibelkorrespondenzkurs im Rahmen der Arbeit einer christlichen Missionsgesellschaft, ihre Tätigkeit aufzunehmen. Der Aufenthalt war für eine Zeitdauer von 3 Jahren geplant, da dann ihre älteste Tochter in Österreich schulpflichtig wurde und mit der Schule beginnen sollte. Der Aufenthalt war seit Beginn an nur mittels eines Touristenvisums möglich. Für christliche Missionare wäre es auch denkunmöglich ein Arbeitsvisum zu erhalten. Aufgrund ihrer Tätigkeit waren sie ständig in Gefahr, jederzeit aus der Türkei ausgewiesen zu werden. "Arbeitskollegen" von Familie y waren unter anderem auch jene Personen, die am in M. grauenvoll von Türken gefoltert und hingerichtet wurden. Nachstehend ein kurzer Artikel aus der Zeitung "Die Zeit" vom : Massaker für den Islam Von Jörg Lau I © DIE ZEIT Nr. 18 vom , S. 14 Die Mörder kamen mit einer Botschaft. Jeder der fünf Brüder, die vergangene Woche im anatolischen M. drei Christen fesselten, folterten und ermordeten, trug einen Brief bei sich. » Wir tun es für das Vaterland«, stand darin. Die Schreckenstat sollte »den Feinden unserer Religion eine Lehre sein«. Die Brüder schnitten zwei türkischen Konvertiten zum Christentum und dem deutschen Missionar G. die Kehlen durch -an der Leiche des Letzteren wurden 150 Messerstiche gezählt. '" Ihre beiden Kinder yy kamen während ihres Auslandsaufenthaltes zu Welt. Aufgrund der Verbundenheit zu Österreich wurden diese jeweils im Spital in Ö. zur Welt gebracht. Familie y ist bei ihrem österreichischen Dienstgeber, O. , in einem Dienstverhältnis, das dem ASVG unterliegt und bei dem auch Lohnsteuer und Lohnnebenkosten (4,5 % DB; KommSt -befreit aufgrund Gemeinnützigkeit; DZ frei) in jener Höhe abgeführt werden, die im Zuge einer nichtselbständigen Tätigkeit in Österreich anfallen. Einen türkischen Arbeitgeber haben sie aufgrund fehlender Arbeitserlaubnis nicht. Eine zeitliche Befristung mit dem österreichischen Arbeitgeber wurde nicht getroffen. D. h. der Dienstgeber könnte jederzeit Hr. und Fr. y zurückrufen (zB wegen Geldmangel). Nach Ablauf der 3 Jahre - 2005 - entschlossen sie sich in Absprache mit ihrem österreichischen Dienstgeber zur Verlängerung ihrer Tätigkeit in der Türkei auf unbestimmte Zeitdauer. Ihre älteste Tochter begann zuerst mit der Schule in Istanbul. Aufgrund ihres Wunsches, später wieder nach Österreich zurückzukehren, nahmen sie ihre Tochter R. ab der zweiten Klasse Volksschule aus der türkischen Schule und begannen den Heimunterricht nach österreichischem Schulrecht. Ihre Kinder sollten auf alle Fälle einen österreichischen Schulabschluss bekommen, da ihr Aufenthalt in der Türkei jederzeit abrupt beendet werden konnte. (Touristenvisum, jederzeitige Abschiebemöglichkeit aus der Türkei). Am Ende jeden Schuljahres kamen Sie nach Österreich, damit ihre älteste Tochter und später auch ihr Sohn nach österreichischem Schulrecht die Externistenprüfung ablegen konnten und somit ein österreichisches Schulzeugnis erhielten. Mindestens einmal pro Jahr, teilweise auch öfter, kamen sie in ihr Heimatland Österreich. Neben dem Schulabschluss der Kinder, nutzten sie die Zeit für medizinische Untersuchungen, Pflege ihres Freundeskreises, Urlaub und diverse Abklärungen mit ihrem österreichischen Arbeitgeber. In der Türkei haben weder die Familie noch ihre Kinder ein entwickeltes soziales Umfeld. Die Kinder als auch sie selbst sprechen ein einfaches Türkisch, das für die Alltagsbesorgungen ausreichend ist. Lediglich Herr y hat sich die Sprache besser angeeignet, da er diese im Rahmen seiner Tätigkeit beim Missionsdienst im Bibelkorrespondenzkurs benötigt.

Gem. Art 59 des Abkommens Soziale Sicherheit (BGBL 428/1977), haben Personen, für welche die Rechtsvorschriften eines Vertragsstaates gelten (Österreich aufgrund Staatsbürgerschaft, Hauptwohnsitz, österreichisches Dienstverhältnis; lediglich Touristenvisum im anderen Staat Türkei) für Kinder, die im Gebiet eines anderen Vertragsstaates wohnen oder erzogen werden, Anspruch auf Familienbeihilfe nach den Rechtsvorschriften des ersten Vertragstaates, als ob die Kinder dort wohnten oder erzogen würden.

Da die Familie lediglich Touristenstatus in der Türkei hat, werden auch dort keine vergleichbaren Sozialleistungen, wie Familienbeihilfe, bezogen.

In Abs. 6 des Art. 59 über Soziale Sicherheit heißt es: "Die Familienbeihilfen werden auch dann nach den für den Leistungsempfänger geltenden Rechtsvorschriften gewährt, wenn die natürliche oder juristische Person, der sie zu zahlen sind, im Gebiet eines anderen Vertragsstaates wohnt oder sich befindet."

Gemäß dem europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit werden einerseits in Österreich Dienstgeberbeiträge zum FLAF von Herrn und Frau y eingehoben und anderseits werden trotz des europäischen Abkommens über Soziale Sicherheit weder in Österreich noch in der Türkei Familienbeihilfen geleistet. Diese Situation ist gemäß dem Gleichbehandlungsgrundsatz bedenklich. Weiters ist die Differenzierung, wonach der DB innerstaatlich sowie im Verhältnis zu Drittstaaten als Steuer und im Verhältnis zu EU/EWR/Staaten als Beitrag zu beurteilen ist, im Hinblick auf die gemäß Finanz-Verfassungsgesetz erforderliche klare Zuordnung jeder Abgabe zu einer der Haupt-und Unterformen der Abgaben (vgl § 6 F-VG) als bedenklich zu beurteilen. Liegt nun gemäß der EU-Richtlinie ein Beitrag vor, so hat mein Mandant auch einen Anspruch auf entsprechende Leistungen, wenn sein Bezug in die Beitragsgrundlage einbezogen wurde.

In § 4 (2) FLAG wird geregelt, dass österreichischen Staatsbürger -das trifft in diesem Fall zu -die gemäß Abs. 1 oder § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf die Familienbeilhilfe ausgeschlossen sind, eine Ausgleichszahlung erhalten, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten gewährt würde. Da Familie y in der Türkei keine vergleichbare Familienbeihilfe erhalten hat, wird falls der Antrag auf Anwendung der EWG Verordnung 1408/71 seitens der Finanzverwaltung negativ entschieden wird, ein Antrag auf § 4 (2) FLAG hiermit gestellt.

Ständiger Aufenthalt in Österreich seit gegeben: Am kam die Familie von Ihrem Auslandaufenthalt zurück. Dies belegt beiliegende Rechnung über den Flug Istanbul -München und die dazugehörigen Boardingcards. Die Fahrt von München nach Ö. zum neuen Familienwohnsitz erfolgte mittels PKW. Ab Juni 2009 ist es unbestritten, dass Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag laufend zusteht.

Diverse Anträge bei negativer Entscheidung:

Sollte seitens der Finanzverwaltung eine Ablehnung trotz oben angeführter Ausführungen zur EWG Verordnung 1408/71 erfolgen, ersuche ich jedoch die ab Juni 2009 zustehende Familienbeihilfe ab sofort regelmäßig zur Auszahlung zu bringen. Weiters stelle ich bei Ablehnung der Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2004 bis Mai 2009 einen Antrag auf einen Negativbescheid, damit ein Rechtsmittel eingebracht werden kann."

Das Finanzamt hat mit Bescheid vom den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Kinder R., P., und E. für den Zeitraum September 2004 bis Mai 2009 sowie für A. für die Zeit von Juli 2006 bis Mai 2009 unter Hinweis auf die §§ 2 Abs. 8 und 5 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 abgewiesen. Begründung: "Dazu führt der VwGH im Erkenntnis vom , Z. 98/15/0016-7 aus: der ständige Aufenthalt ist unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs 2 BAO zu beurteilen. Demnach kommt es darauf an, ob sich ein Kind in einem anderen Land unter Umständen aufhielt, die erkennen ließen, dass es an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilte. Ein Aufenthalt in dem genannten Sinn verlangt körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Abwesenheiten, die nur als vorübergehend anzusehen sind unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher nicht den gewöhnlichen Aufenthalt. Bei einem annähernd dreijährigen Auslandsaufenthalt eines Kindes, können Ferienaufenthalte in Österreich den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes im Ausland nicht unterbrechen.

Bereits 2002 verließen sie mit Ihrer ganzen Familie Österreich und kehrten, wie Sie anführten, nur 2004 und 2006 zur Geburt Ihrer Kinder, am Ende jeden Schuljahres zur Ablegung der Externistenprüfung Ihrer ältesten Tochter, für medizinische Untersuchungen und Urlaube zurück. Von 2002 bis Juni 2009 lebten Sie gemeinsam mit Ihrer Familie in der Türkei.

Auch der Hinweis auf das Europäische Abkommen über Soziale Sicherheit (BGBl. Nr. 428/77) ändert nichts an der -aus vorstehenden Gründen -abschlägigen Entscheidung, weil die rechtliche Konsequenz des Artikels 8 des Europäischen Abkommens über Soziale Sicherheit für den Bereich der Familienbeihilfen lediglich ist, dass Personen, die im Gebiet eines Vertragsstaates wohnen, und für die dieses Abkommen gilt, hinsichtlich der Rechte und Pflichten aus den Rechtsvorschriften jedes Vertragsstaates dessen Staatsangehörigen gleichgestellt sind (= im Gegenstandsfall Gleichstellung in der TR). Bemerkt wird weiters, dass Artikel 59 des genannten Abkommens für den vorliegenden Zeitraum gar nicht zur Anwendung gelangen kann, weil nach Artikel 58 dafür zwei-oder mehrseitige Vereinbarungen zwischen zwei oder mehr Vertragsstaaten notwendig sind und das seinerzeitige österreichische-türkische Abkommen über soziale Sicherheit mit Wirkung ab gekündigt worden ist."

Die dagegen eingebrachte Berufung vom wurde wie folgt begründet: "Herr Dipl.-Ing. xxx ist zeitlebens österreichischer Staatsbürger und steht in einem Dienstverhältnis zu seinem österreichischen Arbeitgeber. Er unterliegt in Österreich als unbeschränkt steuerpflichtiger Bürger der Einkommensbesteuerung. Der ständige Wohnsitz in Österreich wurde zu keinem Zeitpunkt aufgegeben. Herr xxx ist bei seinem österreichischen Dienstgeber, O., in einem Dienstverhältnis, das dem ASVG unterliegt und bei dem auch Lohnsteuer und Lohnnebenkosten (4,5 % DB; KommSt -befreit aufgrund Gemeinnützigkeit; DZ frei) in jener Höhe abgeführt werden, die im Zuge einer nichtselbständigen Tätigkeit in Österreich anfallen. Einen türkischen Arbeitgeber hatten sie aufgrund fehlender Arbeitserlaubnis in der Türkei nicht. Eine zeitliche Befristung mit dem österreichischen Arbeitgeber wurde nicht getroffen. D. h. der Dienstgeber hätte jederzeit Hr. und Fr. y zurückrufen können. Der Aufenthalt war seit Beginn an nur mittels eines Touristenvisums möglich. In der Anfangszeit ihres Türkeiprojektes mussten sie alle 3 Monate das Land verlassen und konnten dann erst wieder erneut als Touristen in die Türkei einreisen. Später war es möglich Touristenvisas für ein bzw. fünf Jahre zu bekommen. Während des gesamten Arbeitsprojektes verfügt Herr Dipl.-Ing. y über kein Arbeitsvisum in der Türkei und hatte keine türkischen Einkünfte, die in diesem Land zu einer Einkommensteuerpflicht geführt hätten. Lediglich das Gehalt des österreichischen Dienstgebers wurde Ihnen ausbezahlt. Seine Tätigkeit im Entsendeland von O. war im Rahmen des Projektes Bibelkorrespondenzkurs mit klaren christlichen Arbeitszielen. Für christliche Missionare wäre es auch denkunmöglich in der Türkei ein Arbeitsvisum zu erhalten. Aufgrund ihrer Tätigkeit waren sie ständig in Gefahr, jederzeit aus der Türkei ausgewiesen zu werden. Kollegen von Ihnen (z. B. einer deutschen Familie) ist das während Ihres Einsatzes in der Türkei passiert. Sie wurden innerhalb weniger Tage des Landes auf Dauer verwiesen. Weitere "Arbeitskollegen" von Familie y waren unter anderem auch jene Personen, die am in M. grauenvoll von Türken gefoltert und hingerichtet wurden. Nachstehend ein kurzer Artikel aus der Zeitung "Die Zeit" vom : Massaker für den Islam Von Jörg Lau I© DIE ZEIT Nr. 18 vom , S. 14 Die Mörder kamen mit einer Botschaft. Jeder der fünf Brüder, die vergangene Woche im anatolischen M. drei Christen fesselten, folterten und ermordeten, trug einen Brief bei sich. » Wir tun es für das Vaterland«, stand darin. Die Schreckenstat sollte »den Feinden unserer Religion eine Lehre sein«. Die Brüder schnitten zwei türkischen Konvertiten zum Christentum und dem deutschen Missionar G. die Kehlen durch -an der Leiche des Letzteren wurden 150 Messerstiche gezählt. ...

Ihre beiden Kinder yy kamen während ihres Auslandsaufenthaltes zu Welt. Aufgrund der Verbundenheit zu Österreich wurden diese jeweils im Spital in Ö. zur Welt gebracht. Ihre älteste Tochter begann zuerst mit der Schule in Istanbul. Aufgrund ihres Ziels, später wieder nach Österreich zurückzukehren, nahmen sie ihre Tochter R. ab der zweiten Klasse Volksschule aus der türkischen Schule und begannen den Heimunterricht nach österreichischem Schulrecht. Ihre Kinder sollten auf alle Fälle einen österreichischen Schulabschluss bekommen, da ihr Aufenthalt in der Türkei jederzeit abrupt beendet werden konnte. (Touristenvisum, jederzeitige Abschiebemöglichkeit aus der Türkei). Am Ende jeden Schuljahres kamen Sie nach Österreich, damit ihre älteste Tochter und später auch ihr Sohn nach österreichischem Schulrecht die Externistenprüfung ablegen konnten und somit ein österreichisches Schulzeugnis erhielten. Mindestens einmal pro Jahr, teilweise auch öfter, kamen sie in ihr Heimatland Österreich. Die Aufenthalte in Österreich wurden durch die inhaltliche Arbeit und die Projektabschnitte in der Türkei bestimmt. Neben dem Schulabschluss der Kinder, nutzten sie die Zeit für medizinische Untersuchungen, Pflege ihres Freundeskreises, diverse Abklärungen mit dem österreichischen Arbeitgeber und Tätigkeiten bzw. Öffentlichkeitsarbeit ihm Rahmen des Dienstverhältnisses von Herrn y. In der Türkei haben weder die Familie noch ihre Kinder ein entwickeltes soziales Umfeld. Die Kinder als auch sie selbst sprechen ein einfaches Türkisch, das für die Alltagsbesorgungen ausreichend ist. Lediglich Herr y hat sich die Sprache besser angeeignet. Die oben ausgeführten Umstände untermauern den Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich (Siehe FLAG § 2 Abs. 8), da sie zu diesem eine enge persönliche und wirtschaftliche Beziehung haben. In der Türkei war die Familie lediglich als Touristen und die Aufgabe des Mittelpunkts der Lebensinteressen in Österreich kann nicht schon durch den Aufenthalt als Touristen in dem Land gegeben sein! Im Zusammenhang mit den Bestimmungen des § 26 Abs. 2 BAO ist entscheidend, das äußere Umstände vorliegen müssen, die erkennen lassen, dass das Verweilen im Aufenthaltsland nicht nur vorübergehend ist. Die persönliche Absicht einer Person zählt nicht zu den Tatbestandsmerkmalen des § 26 Abs 2 BAO. Es ist somit ein auf die Begründung und Aufgabe eines gewöhnlichen Aufenthaltes gerichteter Wille nicht von Bedeutung; allein die äußeren Merkmale sind entscheidend. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend anzusehen sind, unterbrechen den Zustand des Verweilens und daher auch den gewöhnlichen Aufenthalt nicht. In der Türkei wurde kein gewöhnliche Aufenthalt begründet, da die Familie weder über türkische Einkünfte verfügte, die Kinder nicht von den türkischen Schulbehörden zum Schulbesuch aufgefordert wurden und keinerlei Sozial-oder Familienleistungen in der Türkei bezogen wurden. Eine Mindestverweildauer außerhalb von Österreich, wie sie in der Bescheidbegründung angeführt wird, welche zwangsläufig zu einer Beendigung des gewöhnlichen Aufenthaltes in Österreich und zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes in einem anderen Land führt, kann dabei nicht schematisch festgelegt werden. Weiters befanden sie sich wie oben bereits erläutert lediglich als Touristen in diesem Land. Bei folgenden Ausführungen wurde in der Bescheidbegründung nichts angeführt, daher seien sie an dieser Stelle nochmals ausgeführt als Begründung zur Beantragung der Familienbeihilfe: Gemäß dem europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit werden einerseits in Österreich Dienstgeberbeiträge zum FLAF von Herrn und Frau y eingehoben und anderseits werden trotz des europäischen Abkommens über Soziale Sicherheit weder in Österreich noch in der Türkei Familienbeihilfen geleistet. Diese Situation ist gemäß dem Gleichbehandlungsgrundsatz bedenklich. Weiters ist die Differenzierung, wonach der DB innerstaatlich sowie im Verhältnis zu Drittstaaten als Steuer und im Verhältnis zu EU/EWR Staaten als Beitrag zu beurteilen ist, im Hinblick auf die gemäß Finanz-Verfassungsgesetz erforderliche klare Zuordnung jeder Abgabe zu einer der Haupt-und Unterformen der Abgaben (vgl § 6 F-VG) als bedenklich zu beurteilen. Liegt nun gemäß der EU-Richtlinie ein Beitrag vor, so hat mein Mandant auch einen Anspruch auf entsprechende Leistungen, wenn sein Bezug in die Beitragsgrundlage einbezogen wurde. In § 4 (2) FLAG wird geregelt, dass österreichischen Staatsbürger -das trifft in diesem Fall zu -die gemäß Abs. 1 oder § 5 Abs. 5 vom Anspruch auf die Familienbeilhilfe ausgeschlossen sind, eine Ausgleichszahlung erhalten, wenn die Höhe der gleichartigen ausländischen Beihilfe, auf die sie oder eine andere Person Anspruch haben, geringer ist als die Familienbeihilfe, die ihnen nach diesem Bundesgesetz ansonsten gewährt würde. Da Familie y in der Türkei keine vergleichbare Familienbeihilfe erhalten hat, wird ein Antrag auf § 4 (2) FLAG hiermit gestellt."

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe, für minderjährige Kinder.

Im Sinne des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört, Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs. 8 FLAG 1967 haben Personen, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

§ 5 Abs. 3 FLAG 1967 besagt, dass kein Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder besteht, die sich ständig im Ausland aufhalten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs. 3 FLAG 1967 unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs. 2 BAO zu beurteilen. Danach hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Diese nicht auf den Mittelpunkt der Lebensinteressen abstellende Beurteilung ist nach objektiven Kriterien zu treffen. Ein Aufenthalt in dem genannten Sinne verlangt grundsätzlich körperliche Anwesenheit. Daraus folgt auch, dass eine Person nur einen gewöhnlichen Aufenthalt haben kann. Um einen gewöhnlichen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, ist aber keine ununterbrochene Anwesenheit erforderlich. Abwesenheiten, die nach den Umständen des Falles nur als vorübergehend gewollt anzusehen sind, unterbrechen nicht den Zustand des Verweilens und daher auch nicht den gewöhnlichen Aufenthalt (vgl. u.a. ; , 98/15/0016; , 2001/13/0160).

Der Berufungswerber, seine Ehegattin und die Kinder halten sich seit 2002 in der Türkei auf, wohin der Berufungswerber als Missionar entsandt wurde. Die Aufenthalte in Österreich waren jedenfalls keineswegs überwiegend. Dabei handelt es sich um einen Zeitraum, der nicht mehr bloß als vorübergehender Aufenthalt beurteilt werden kann. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, unterbricht das Verbringen der Ferien und der Aufenthalt an einzelnen Wochenenden in Österreich den ständigen Aufenthalt im Ausland nicht (vgl. insbesondere ; , 82/14/0047; , 2002/13/0079; , 2002/14/0103).

Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof schon im Erkenntnis vom , 2350/79, ausgesprochen, dass Personen, die sich während der Arbeitswoche ständig am Betriebsort aufhalten, nur dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Dies muss grundsätzlich auch für Schüler gelten, die sich während der Schulwoche ständig am Schulort aufhalten, sofern nicht im Einzelfall ein zeitliches Überwiegen der Aufenthalte in Österreich glaubhaft gemacht werden kann (vgl. ).

Ein derartiges Überwiegen des Aufenthaltes in Österreich wurde aber vom Berufungswerber weder ins Treffen geführt noch glaubhaft gemacht.

Somit ist aber von einem ständigen Aufenthalt der Familie der Berufungswerberin im Ausland auszugehen.

Zu den Ausführungen bezüglich dem "Europäischen Abkommen über Soziale Sicherheit" wird Folgendes bemerkt: Weder gehört die Republik Türkei dem am in Kraft getretenen Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen), BGBl 1993/909, an noch ist sie Mitglied der Europäischen Union. Am wurde in Ankara das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der EWG und der Türkei von der Republik Türkei einerseits und den Mitgliedstaaten der EWG und der Gemeinschaft andererseits unterzeichnet und durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt. Dieses Abkommen ist seit dem Beitritt zur EU auch für Österreich maßgebend (s Aigner/Wanke in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG, § 3 Rz 82). In Rz 99 wird weiters ausgeführt, dass dieses Abkommen allerdings keine völlige Gleichstellung türkischer Staatsangehöriger mit Unionsbürgern bewirkt (). So ist insb Art 73 VO (EWG) 1408/71, wonach Anspruch auf Familienleistungen auch für im Ausland lebende Kinder besteht, nicht anwendbar. § 5 Abs. 3 FLAG 1967 kommt daher auch für assoziationsintegrierte türkische Staatsbürger zum Tragen.

Die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe lagen im Berufungszeitraum nicht vor.

Über den Antrag auf eine Ausgleichszahlung (§ 4 Abs. 2 FLAG 1967) wurde erstinstanzlich noch nicht abgesprochen, weshalb es dem Unabhängigen Finanzsenat verwehrt ist, darüber zu entscheiden.

Aus den angeführten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

Linz, am

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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at