Beiträge einer nicht mehr kammerzugehörigen Ärztin an eine Gruppenversicherung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw. gegen den Bescheid des Finanzamtes A vom betreffend Einkommensteuer 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufungswerberin (kurz: Bw.) machte in ihrer Einkommensteuererklärung für 2008 Werbungskosten von 2.076,12 € geltend. Aus einer Beilage der Ärztekammer für Tirol ergab sich, dass es sich dabei um Zahlungen auf Grund von Prämienvorschreibungen für eine "fakultative Basiskrankenversicherung" gehandelt hat. Der Einkommensteuerbescheid vom , in dem diese Zahlung nicht berücksichtigt worden war, enthielt die Begründung, dass hinsichtlich der Abweichungen gegenüber der Erklärung auf die diesbezügliche telefonische Besprechung verwiesen werde.
Die Bw. wandte in ihrer Berufung gegen den genannten Bescheid ein, dass zwischen der Ärztekammer Tirol und der B-Versicherung seit 1993 ein Rückversicherungs- und Kooperationsvertrag bestehe, der es der niedergelassenen Ärzteschaft ermögliche, zu vorteilhaften Bedingungen eine Krankenversicherung abzuschließen. Die Bw. habe bereits in ihrer aktiven Zeit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und diese günstige Krankenversicherung in ihrer Pension beibehalten.
Über die Berufung wurde mit Berufungsvorentscheidung vom abweislich abgesprochen. Die Bw. stellte mit Schreiben vom den Antrag, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen (Vorlageantrag).
Über die Berufung wurde erwogen:
1.) Gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 gehören zu den Werbungskosten auch Pflichtbeiträge zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen, soweit diese Einrichtungen der Kranken-, Unfall-, Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung dienen; weiters Beiträge zu einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung sowie Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht.
Beiträge zu Einrichtungen, die der Krankenversorgung dienen, Beiträge zu inländischen gesetzlichen Krankenversicherungen sowie Beiträge zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht sind nur insoweit abzugsfähig, als sie der Höhe nach insgesamt Pflichtbeiträgen in der gesetzlichen Sozialversicherung entsprechen.
§ 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 kennt somit, was die hier strittige Krankenversicherung bzw. Krankenversorgung betrifft, drei Tatbestände:
a.) die Leistung von Pflichtbeiträgen zu Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen;
b.) die Leistung von freiwilligen Beiträgen zu einer inländischen gesetzlichen Krankenversicherung sowie
c.) die Leistung von Beiträgen zu einer Krankenversicherung auf Grund einer in- oder ausländischen gesetzlichen Versicherungspflicht (dazu Hofstätter/Reichel, EStG, § 16 Abs 1 Z 4, Tz. 6).
Strittig ist das Vorliegen von Pflichtbeiträgen zu einer Versorgungseinrichtung der Ärztekammer.
2.) Gemäß § 5 Abs. 1 GSVG sind von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung oder in der Kranken- oder Pensionsversicherung Personen ausgenommen, wenn diese Personen auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Kammer) und auf Grund der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG Anspruch auf Leistungen haben, die den Leistungen nach diesem Bundesgesetz gleichartig oder zumindest annähernd gleichwertig sind, und zwar 1. für die Kranken- und/oder Pensionsversicherung gegenüber einer Einrichtung dieser gesetzlichen beruflichen Vertretung oder 2. für die Krankenversicherung aus einer verpflichtend abgeschlossenen Selbstversicherung in der Krankenversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz oder diesem Bundesgesetz und die für das Bundesgebiet jeweils in Betracht kommende gesetzliche berufliche Vertretung (falls die gesetzliche berufliche Vertretung auf Grund eines Landesgesetzes eingerichtet ist, diese Vertretung) die Ausnahme von der Pflichtversicherung beantragt (sog. Opting-Out).
3.) Nach den unwidersprochenen Feststellungen der Berufungsvorentscheidung war die Bw. bis 20jj selbständig erwerbstätig und nur in der Pensionsversicherung pflichtversichert. Seit tt.mm.200j bezieht sie Pensionsbezüge der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft und seit t.m.20jj Pensionsbezüge der Ärztekammer. Auf Grund der Beendigung der Erwerbstätigkeit im Jahre 20jj war sie im Berufungsjahr nicht mehr Kammermitglied. Laut Mitteilung der Tiroler Ärztekammer wird sie auch nicht als außerordentliches Mitglied der Ärztekammer für Tirol oder der Zahnärztekammer geführt. Nach § 11 der Satzungen des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Tirol, dem auch ordentliche bzw. außerordentliche Mitglieder der Zahnärztekammer angehörten, sei sie nicht verpflichtet, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer oder einer anderen Einrichtung der Krankenversorgung zu leisten.
4.) In der Bestätigung der Ärztekammer ist von einer "fakultativen Basiskrankenversicherung" die Rede. Allein aus dieser Ausdrucksweise kann noch nicht (mit der erforderlichen Verlässlichkeit) geschlossen werden, dass es sich um "freiwillige" Beiträge (keine "Pflichtbeiträge") handeln sollte. Die Bestätigung kann auch so verstanden werden, dass zum Ausdruck gebracht wird, die Bw. habe sich seinerzeit für diese Form der Krankenversicherung (und nicht etwa für eine Selbstversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung) entschieden.
5.) Für die Beurteilung der Frage, ob "Pflichtbeiträge" vorliegen, kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob bei den Einkünften von der Ärztekammer ein Lohnsteuerabzug tatsächlich vorgenommen worden ist (vgl. § 62 Z 4 EStG 1988).
6.) Vom Vorliegen von Pflichtbeiträgen zu einer Versorgungseinrichtung iSd § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988 kann indessen nur gesprochen werden, wenn die strittigen Beiträge (2008) auf Grund des Bescheides eines Kammerorgans zwingend zu entrichten waren (; ). Die Bw. behauptet nicht, dass dies der Fall gewesen wäre.
7.) Sollte das Vorbringen der Bw. dahin zu verstehen sein, dass es sich bei den geleisteten Beiträgen um Beiträge an eine Einrichtung der Ärztekammer auf der Grundlage des § 5 Abs. 1 GSVG gehandelt hat, müsste es sich um Beiträge handeln, die sie im Berufungsjahr "auf Grund ihrer Zugehörigkeit" zu dieser Kammer zu entrichten hatte. Nach den unbestrittenen Feststellungen der Berufungsvorentscheidung ist weder von einer Kammerzugehörigkeit noch von einer satzungsmäßigen Verpflichtung der Bw. zur Leistung der strittigen Beiträge auszugehen. Die Bw. bleibt auch eine Erklärung dafür schuldig, weshalb die Kammer (im Bedarfsfall) berechtigt gewesen sein sollte, solche Beiträge einzutreiben, wenn sie der Kammer nicht mehr angehörte.
8.) Die strittigen Beiträge stellen auch keine Beiträge an eine "inländische gesetzliche Krankenversicherung" dar. Darüber hinaus käme in einem Fall wie dem vorliegenden (laut tel. Auskunft der Beitragsstelle der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft) auch keine "gesetzliche Versicherungspflicht" in der Krankenversicherung in Frage, wenn die Bw. die bisherige Gruppenversicherung nicht mehr fortsetzen wollte. Damit brauchte aber auch nicht mehr der Frage nachgegangen zu werden, ob die strittigen Beiträge dem Grunde nach als "Beiträge des Versicherten zur Pflichtversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung" (§ 16 Abs. 1 Z 4 lit. a EStG) angesehen werden könnten.
9.) Ein Abzug der strittigen Beiträge als Werbungskosten war daher (in Anbetracht der besonderen Konstellation des vorliegenden Falles) ausgeschlossen.
Somit war spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 16 Abs. 1 Z 4 lit. e EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Zitiert/besprochen in | StExp 2011/78 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at