Rückforderung Familienbeihilfe - keine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung (Maturaschule)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R. über die Beschwerde der Bf., Wien, vom , gegen den Bescheid des Finanzamts Wien 2/20/21/22 vom , betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum Juli 2014 bis Jänner 2016, zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (Bf.) bezog für ihren Sohn S., geb. 1992 im Streitzeitraum Juli 2014 bis Jänner 2016 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge.
S. besuchte die Maturaschule X. und war seit zur Ablegung von Zulassungsprüfungen im Rahmen der Externistenreifeprüfung gemeldet.
Das Finanzamt forderte von der Bf. mit Bescheid vom die für den genannten Zeitraum bezogenen Beträge unter Verweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 zurück und führte begründend aus, dass die Bf. trotz Aufforderung die abverlangten Unterlagen nicht eingebracht habe und dadurch ihrer Mitwirkungspflicht nach § 115 Bundesabgabenordnung nicht nachgekommen sei. Es müsse daher angenommen werden, dass im genannten Zeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe bestanden habe bzw. bestehe.
Gegen den Rückforderungsbescheid wurde von der Bf. am Beschwerde erhoben und vorgebracht, dass ihr Sohn bis Schüler der Maturaschule für Externisten gewesen sei und laufend Zulassungsprüfungen zur Matura abgelegt habe. Derzeit würden ihm noch 3 Prüfungen fehlen, um zur Matura antreten zu können. Bis inklusive Jänner 2016 habe sie Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für ihn bezogen. Im Februar 2016 habe sich ihr Sohn entschieden, die Maturaschule zu beenden, die fehlenden 3 Prüfungen zwar zu machen, aber sich Arbeit zu suchen. Sie habe zu dem Zeitpunkt eine Ausbildung/Umschulung gemacht und sei vor ihrer Zertifikatsprüfung gestanden, die sie auch bestanden habe. Vermutlich aufgrund ihrer Situation, in der sie sehr unter Druck gestanden sei, sei ihr dann der Irrtum unterlaufen. Sie dachte, wenn ihr Sohn nicht mehr Schüler sei, habe sie keinen Anspruch mehr auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag, und bräuchte das Schreiben des Finanzamtes nicht zu beantworten, da sie keinen weiteren Antrag auf Fortsetzung der Kinderbeihilfe stellen würde. Sie bitte Sie aufrichtig und ausdrücklich ihren Irrtum zu entschuldigen! Seit 1986 sei sie berufstätig und habe immer alle Steuern, Gebühren und Abgaben ordnungsgemäß und pünktlich gemeldet und bezahlt, weshalb ihr dieser Irrtum besonders leid tue. Gleichzeitig ersuche sie höflichst um Aussetzung der Einhebung.
Das Finanzamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit folgender Begründung ab:
Der Sohn der Bf. habe seit September 2010 eine Maturaschule besucht. Seit sei er zur Ablegung von insgesamt 13 Zulassungsprüfungen im Rahmen der Externistenreifeprüfung gemeldet gewesen. Bis dato seien vier Prüfungen im Jahr 2014, zwei Prüfungen im Jahr 2012, zwei Prüfungen im Jahr 2013, eine Prüfung im Jahr 2014 und eine Prüfung im Jahr 2015 positiv abgelegt. Der letzte Prüfungsantritt sei mit dokumentiert. Die Zulassungsprüfungen in Latein, Mathematik und Physik seien noch ausständig (Bestätigung der Externistenprüfungskommission vom ). Laut den Angaben der Bf. in der Beschwerde habe S. die Maturaschule mit beendet.
Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 stehe Familienbeihilfe nur dann zu, wenn das Kind in Berufsausbildung stehe. Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes seien praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung ausgerichtetes Wissen vermittelt werde, eine angemessene Unterrichtsdauer sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung.
Die Ausbildung müsse ernsthaft und zielstrebig betrieben werden. Im Fall des Besuches einer Maturaschule manifestiere sich das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Prüfungen. Der laufende Schulbesuch für sich allein reiche nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung anzunehmen. Vielmehr müsse das ernstliche und zielstrebige, nach außen erkennbare Bemühen um den Ausbildungserfolg im Antreten zu den erforderlichen Vorprüfungen innerhalb angemessener Zeit erkennbar sein (Verweis auf ). Eine Ausbildung, bei der das Kind während langer Zeit zu keiner Prüfung antrete, könne nicht als Berufsausbildung gewertet werden (Verweis auf , ). Wenn eine Ausbildung mit weitgehendem zeitlichen Spielraum hinsichtlich der Gestaltung des Ausbildungsablaufes erfolge, sei bereits bei der Planung Bedacht auf einen möglichst zeitnahen Abschluss zu legen.
Aus dem geschilderten Sachverhalt sei erkennbar, dass S. bereits seit November 2010 zur Ablegung von Zulassungsprüfungen zugelassen gewesen sei und dass er im Rückforderungszeitraum von Juli 2014 bis Jänner 2016 lediglich zu einer Zulassungsprüfung angetreten sei. Nach dieser Aktenlage ergebe sich eindeutig, dass die Ausbildung nicht ernsthaft und zielstrebig betrieben worden sei und dass die Ausbildung auch nicht die volle Zeit in Anspruch genommen habe.
Die Bf. stellte mit Schreiben vom einen Vorlageantrag und brachte zusammengefasst vor, dass ihr Sohn S. von 13 Zulassungsprüfungen zur AHS-Matura 9 Prüfungen bei Erstantritt mit „sehr gut“ bzw. „gut“ und 1 mit „befriedigend“ (Chemie 2014) abgelegt habe. Der Notendurchschnitt daraus sei ca. 1.7, was sie weder an der Ernsthaftigkeit als auch an der Zielstrebigkeit zweifeln habe lassen. Der längere Zeitraum zwischen den Prüfungen 2014 und 2015 resultiere daraus, dass sie 2013 unvorhersehbar, und tatsächlich „von einem Tag auf den anderen“ erkrankte (Wirbelsäule mit Implantaten), sich im April 2014 einer größeren Operation unterziehe habe müssen und monatelang danach auf die Unterstützung und Betreuung ihres Sohnes angewiesen gewesen sei. Trotz dieses häuslichen Ausnahmezustandes habe ihr Sohn ernsthaft und zielstrebig im Juni 2015 wieder eine Prüfung bei Erstantritt mit sehr gutem Erfolg abgelegt.
Weiters ersuchte die Bf. die Prüfung ihres Sohnes im Jahr 2015 anzuerkennen, wie die Prüfung im Jahr 2014, und damit die Rückzahlung auf den Zeitraum von Juli 2015 bis Jänner 2016 zu reduzieren. Diesbezüglich verwies die Bf. unter näheren Erläuterungen auf ihre schlechte finanzielle Situation und ersuchte das Finanzamt, sie mit der Rückforderung nicht in eine ausweglose finanzielle Situation ohne jede Perspektive zu bringen.
Sie bat auch darum, zu berücksichtigen, dass sie in 30 Berufsjahren immer korrekt ihren steuerlichen Verpflichtungen nachgekommen sei, und die Ausbildung ihres Sohnes, obwohl Alleinerzieherin, hauptsächlich privat finanziert habe, wodurch in einer öffentlichen Schule ein Platz für ein anderes Kind zur Verfügung gestanden sei.
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt steht unstrittig fest:
S. besuchte die Maturaschule X.. Er war an der Maturaschule mit durchschnittlich 20 Wochenstunden eingeschrieben. Der Unterricht fand ausschließlich als Tageskurs statt (Schreiben der Maturaschule vom und vom ).
S. war seit zur Ablegung von insgesamt 13 Zulassungsprüfungen im Rahmen der Externistenreifeprüfung gemeldet. Die Prüfungen sind schriftlich, mündlich oder schriftlich und mündlich abzulegen. Musikerziehung und Geschichte und Sozialkunde waren Wahlpflichtgegenstände.
S. legte drei Prüfungen im Jahr 2011 (Deutsch, Geschichte und Sozialkunde, Geografie und Wirtschaftskunde), zwei Prüfungen im Jahr 2012 (Englisch, Bildnerische Erziehung), zwei Prüfungen im Jahr 2013 (Biologie und Umweltkunde, Informatik), eine Prüfung im Jahr 2014 (Chemie) und eine Prüfung am positiv ab (Schreiben der Externistenprüfungskommission des Stadtschulrates für Wien vom ).
Die Zulassungsprüfungen in Latein, Mathematik und Physik waren zum Zeitpunkt des Schreibens der Externistenprüfungskommission (Schreiben vom ) noch ausständig.
°) Gem. § 4 (2) der Verordnung über die Externistenprüfungen von der Ablegung der Zulassungsprüfung in diesem Bereich zum Teil befreit.
S. beendete die Maturaschule mit .
S. hat - wie in weiterer Folge näher ausgeführt wird - weder eine ernsthafte noch zielstrebige Berufsausbildung betrieben noch lagen die Voraussetzungen, um von einer Berufsausbildung zu sprechen, in quantitativer Hinsicht vor.
Beweiswürdigung:
Ob ein Kind eine Berufsausbildung absolviert, ist eine Tatfrage, welche die Behörde in freier Beweiswürdigung zu beantworten hat (vgl. , , , , ).
Die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, ist an Hand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten ().
Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG 1967 entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (vgl. ).
Das Finanzamt ging davon aus, dass die Bf. zu Unrecht für ihren Sohn S. für den Streitzeitraum Juli 2014 bis Jänner 2016 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge bezog, da ihr Sohn in diesem Zeitraum keine ernsthafte und zielstrebige Berufsausbildung betrieben habe. S. sei von Juli 2014 (Anm.: Chemieprüfung ) bis Jänner 2016 (Rückforderungszeitraum) nur zu einer Prüfung () angetreten. Die Ausbildung habe auch nicht die volle Zeit von S. in Anspruch genommen.
Unbestritten ist, dass der Sohn der Bf. seit November 2010 zu den Zulassungsprüfungen zur Externistenreifeprüfung zugelassen war und insgesamt 13 Zulassungsprüfungen abzulegen hatte.
S. legte drei Prüfungen im Jahr 2011 drei (Deutsch, Geschichte und Sozialkunde, Geografie und Wirtschaftskunde), zwei Prüfungen im Jahr 2012 (Englisch, Bildnerische Erziehung), zwei Prüfungen im Jahr 2013 (Biologie und Umweltkunde, Informatik), eine Prüfung im Jahr 2014 (Chemie) und eine Prüfung am positiv ab (Schreiben der Externistenprüfungskommission des Stadtschulrates für Wien vom ).
Bei einer ernsthaft und zielstrebig betriebenen Ausbildung ist - wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergibt - von einem erforderlichen Vorbereitungsaufwand von maximal vier Monaten pro Zulassungsprüfung auszugehen. Für 13 Zulassungsprüfungen ergibt dies einen maximalen Familienbeihilfenanspruchszeitraum von 52 Kalendermonaten.
S. hat in ca. 43 Monaten (ca. viereinhalb Jahre) nur insgesamt 9 Prüfungen abgelegt, wovon er 7 Prüfungen von Mai 2011 bis Anfang Oktober 2013 ablegte. Allerdings legte S. im Rückforderungszeitraum (Juli 2014 bis Jänner 2016) nur eine Prüfung ab, und zwar am .
Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass S. im Rückforderungszeitraum (Juli 2014 bis Jänner 2016) eine ernsthafte und zielstrebige Ausbildung betrieben hat.
Die für den genannten Zeitraum bezogenen Beträge wurden daher zu Recht von der Bf. zurückgefordert.
Rechtsgrundlagen:
Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.
Gemäß § 10 Abs 2 Satz 2 FLAG 1967 idF BGBl I 2015/50 erlischt der Anspruch auf Familienbeihilfe mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.
Gemäß § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.
Gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 ist für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge § 26 FLAG 1967 anzuwenden.
Rechtliche Beurteilung:
Strittig ist, ob der Sohn der Bf. im Streitzeitraum Juli 2014 bis Jänner 2016 die Berufsausbildung ernsthaft und zielstrebig betrieben hat und ob er die Voraussetzungen auch in quantitativer Hinsicht erfüllt hat.
• Ziel einer Berufsausbildung
Ziel einer Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 ist es, die fachliche Qualifikation für die Ausübung des angestrebten Berufs zu erlangen (vgl. ). Dazu gehört regelmäßig auch der Nachweis der Qualifikation (vgl. , , ).
• Begriff "Berufsausbildung"
Das Gesetz enthält keine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung".
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat - da das Gesetz keine nähere Umschreibung des Begriffes "Berufsausbildung" enthält - in seiner ständigen Rechtsprechung Kriterien entwickelt (vgl für viele zB , , , welche für die Beurteilung heranzuziehen sind.
Demnach fallen unter den Begriff der Berufsausbildung im Sinn des (iSd) § 2 Abs. 1 lit. b FLAG alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird (vgl. , ).
Zur Berufsausbildung gehört zweifellos die allgemein bildende Schulausbildung (, Verweis auf Burkert-Hackl-Wohlmann-Galletta, Der Familienlastenausgleich, Kommentar, zu § 2, Seite 6).
• Ernstliches und zielstrebiges Bemühen um den Ausbildungserfolg
Der Antritt zu den erforderlichen Prüfungen bzw. Vorprüfungen, die in einer Ausbildungsvorschrift vorgesehen sind, ist essenzieller Bestandteil der Berufsausbildung (vgl. , , , ).. Das anspruchsvermittelnde Kind muss durch Prüfungsantritte innerhalb angemessener Zeit versuchen, die Voraussetzungen für den erfolgreichen Abschluss der Berufsausbildung zu erfüllen (, ).
Berufsausbildung liegt daher nur dann vor, wenn die Absicht zur erfolgreichen Ablegung der vorgeschriebenen Prüfungen gegeben ist (vgl. , , , , , , , ).
Es kommt nicht darauf an, ob die erfolgreiche Ablegung der Prüfungen tatsächlich gelingt (vgl. , , , ).
Ein ernstliches und zielstrebiges Bemühen wird auch nicht schon in Abrede zu stellen sein, wenn ein Kind mit vorgesehenen Prüfungen durch einige Zeit in Verzug gerät. Eine Ausbildung jedoch, bei der schon bald nach ihrem Beginn Prüfungen abzulegen sind, bei der das Kind aber während langer Zeit zu keiner Prüfung antritt, kann nicht als Berufsausbildung gewertet werden (vgl. ).
Der laufende Besuch einer der Berufsausbildung dienenden schulischen Einrichtung reicht nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein jedoch nicht aus, um das Vorliegen einer Berufsausbildung im hier maßgeblichen Sinn anzunehmen (vgl. , , ).
Die bloße Anmeldung zum Unterricht ist ebenso wie der fallweise Besuch einer Schule keine Berufsausbildung iSd Gesetzes (vgl. ).
• Qualitatives und quantitatives Element
Eine Berufsausbildung iSd FLAG muss sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht gegeben sein. Entscheidend ist somit die Art der Ausbildung und der zeitliche Umfang (vgl. , vgl. auch Lenneis in Csaszar/Lenneis/Wanke, FLAG § 2 Rz 36, vgl. weiters die Erkenntnisse des und ).
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in zahlreichen Erkenntnissen aus, dass der erforderliche zeitliche Einsatz, der - soll eine Berufsausbildung vorliegen - so beschaffen sein muss, dass die "volle Zeit" des Kindes in Anspruch genommen wird (vgl. , , , , , vgl. auch ).
Im Erkenntnis vom , Ra 2017/16/0030, stellte der Verwaltungsgerichtshof fest, dass der zeitlichen Gestaltung und Verteilung einer Ausbildung einschließlich der erforderlichen Vorbereitungs- und Lernzeit Indizwirkung für die zeitliche Inanspruchnahme zukomme (Verweis auf ).
Externistenreifeprüfung
Die ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung stellt eine Berufsausbildung iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 dar.
Eine ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung liegt vor, wenn ein "Kind" die Externistenreifeprüfung ablegen will und sich tatsächlich und zielstrebig auf die Ablegung der Reifeprüfung vorbereitet. Das wird dann anzunehmen sein, wenn die Vorbereitung auf die Ablegung der Reifeprüfung die volle Zeit des Kindes in Anspruch nimmt und das Kind zu den von der Externistenreifeprüfungskommission festgesetzten Terminen zu den Prüfungen antritt (vgl. ).
Die Anspruchsdauer auf den Bezug der Familienbeihilfe ist bei Kindern, die die Externistenreifeprüfung ablegen wollen, nach folgenden Richtlinien zu gewähren:
Nach dem Erlass des Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie vom , FB 010, GZ. 23 0104/5-V/3/96, liegt eine ernsthafte und zielstrebige Vorbereitung auf die Externistenreifeprüfung vor, wenn innerhalb von jeweils vier Monaten eine Zulassungsprüfung (bis 13 Zulassungsprüfungen möglich) erfolgreich abgelegt wird ().
Nach der Anzahl der erforderlichen Zulassungsprüfungen richtet sich die Länge des Familienbeihilfenanspruches, welche von der schulischen Vorbildung abhängig ist (vgl. , Erkenntnis des ).
Wird Familienbeihilfe für einen bestimmten - nach Anzahl der erforderlichen Zulassungsprüfungen - Zeitraum gewährt, und stellt sich nach Ablauf dieses Zeitraumes heraus, dass nicht alle Zulassungsprüfungen erfolgreich abgelegt wurden, kann die zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe für den aliquoten Zeitraum rückgefordert werden. Nach erfolgreicher Absolvierung der letzten Zulassungsprüfung ist zur Ablegung der Hauptprüfung (= eigentliche Matura) für längstens weitere acht Monate die Familienbeihilfe zu gewähren. Eine Rückforderung (für diesen achtmonatigen Zeitraum) erfolgt nur dann, wenn innerhalb des achtmonatigen Zeitraumes zur Hauptprüfung nicht angetreten wurde. Wird zur Hauptprüfung hingegen angetreten, jedoch nicht positiv bestanden, kommt es zu keiner Rückforderung der Familienbeihilfe.
Rückerstattung von zu Unrecht bezogenen Beträgen
§ 26 FLAG normiert eine objektive Erstattungspflicht desjenigen, der die Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat; ohne Rücksicht darauf, ob die bezogenen Beträge gutgläubig empfangen wurden oder ob die Rückzahlung eine Härte bedeutete.
Die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Geldbezüge ist von subjektiven Momenten unabhängig. Entscheidend ist somit lediglich, ob der Empfänger die Beträge zu Unrecht erhalten hat. Ob und gegebenenfalls wie der Bezieher die erhaltenen Beträge verwendet hat, ist unerheblich (vgl. , , ).
Die Rückforderung gemäß § 26 Abs. 1 FLAG ist keine Ermessensentscheidung. Billigkeitsüberlegungen sind daher im Rückforderungsverfahren nach § 26 Abs. 1 FLAG vom Finanzamt oder vom Bundesfinanzgericht nicht anzustellen (vgl. und , jeweils unter Hinweis auf ). Dem Bundesfinanzgericht kommt auch keine Anweisungsbefugnis im Sinne des § 26 Abs. 4 FLAG zu.
Da die Bf. aus den genannten Gründen im strittigen Zeitraum Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen hat, sind diese zurückzufordern.
Somit entspricht der angefochtene Rückforderungsbescheid der anzuwendenden Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Was das weitere Vorbringen der Bf. (zu ihrer finanziellen Situation) im Vorlageantrag betrifft, so wird dazu ergänzend zur Information auf die Möglichkeit hingewiesen, beim Finanzamt einen Antrag gemäß § 212 BAO auf Zahlungserleichterung und gemäß § 236 BAO auf Nachsicht einzubringen.
Derartige Maßnahmen sind jedoch nicht Gegenstand des anhängigen Beschwerdeverfahrens. Die Frage einer möglichen Unbilligkeit bei der Abstattung der zu Unrecht bezogenen Beträge wäre vielmehr in einem gesonderten Verfahren beim Finanzamt zu prüfen (vgl. dazu auch ).
Zulässigkeit einer Revision:
Gegen eine Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ist gemäß Art 133 Abs 4 BVG die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Ob ein Kind eine Berufsausbildung ernsthaft und zielstrebig absolviert, ist eine Tatfrage, welche in freier Beweiswürdigung zu beantworten ist. Tatfragen sind einer Revision nicht zugänglich. Betreffend das Bestehen der Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge folgt das Bundesfinanzgericht der einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. zB ).
Hinweis zum 2. COVID-19-Gesetz
Abweichend von der folgenden Rechtsbelehrung beginnt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diese Entscheidung – sofern diese vor dem zugestellt wurde - mit zu laufen (§ 6 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 1 Art. 16 2. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 16/2020).
Wien, am
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Materie | Steuer FLAG |
betroffene Normen | § 2 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 26 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | Externistenreifeprüfung |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2020:RV.7100235.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at