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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSF vom 05.02.2010, RV/0535-F/07

Geschätzte Aufwendungen im Zusammenhang mit der betrieblichen Nutzung eines Fahrrades

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Gde., Adr., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2006 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin erzielte ua. Einnahmen aus ihrer Tätigkeit als Zeitungsausträgerin in Höhe von 3.392,98 €. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit machte sie Kilometergelder in Höhe von 2.656,60 € als Betriebsausgaben geltend (vgl. die diesbezügliche Aufstellung der Berufungswerberin).

Mit Bescheid vom veranlagte das Finanzamt die Berufungswerberin zur Einkommensteuer für das Jahr 2006. Dabei schätzte es die Aufwendungen bezüglich der betrieblich gefahrenen Kilometer mit 1.357,19 € (ds. 40 % der Betriebseinnahmen von 3.392,98 €) und setzte Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.035,79 € an. Begründend führte es Folgendes aus: Der Nachweis der betrieblich gefahrenen Kilometer habe grundsätzlich mittels eines lückenlos und zeitnah geführten Fahrtenbuches zu erfolgen, aus dem die zurückgelegten Wegstrecken und der Anlass der Fahrt genau ersichtlich sein müssten (Datum der betrieblichen Fahrt, Abfahrts- und Ankunftszeit, Beschreibung der gefahrenen Touren, Kilometerstand am Anfang und am Ende der jeweiligen Fahrt, Gesamtkilometerstand und privat veranlasste Fahrten). Aus der vorgelegten Aufstellung seien die betrieblichen Fahrten jedoch nicht exakt und lückenlos im Sinn der oben angeführten und zwingend erforderlichen Kriterien nachvollziehbar. Die glaubhaft zu machenden Ausgaben seien daher im Schätzungswege mit 40 % von 3.392,98 € (= 1.357,19 €) festgesetzt worden.

Mit Berufung vom wandte sich die Berufungswerberin gegen diesen Einkommensteuerbescheid vom und legte, da die Ausgaben nur mit 40 % anerkannt worden seien, eine weitere als Fahrtenbuch bezeichnete Aufstellung ihrer betrieblichen Fahrten vor.

Das Finanzamt wies mit Berufungsvorentscheidung vom die Berufung als unbegründet ab und zwar mit folgender Begründung: "Hinsichtlich eines Fahrtenbuches, dass als gültiger Nachweis für Werbungskosten bzw. hier Betriebsausgaben dienen soll, sind zeitnah Eintragungen bzw. Aufzeichnungen über den Tag (Datum) der betrieblichen Fahrt, Ort, Uhrzeit, der Zweck jeder einzelnen Fahrt und die Anzahl der gefahrenen Kilometer, aufgegliedert in betrieblich (oder auch allfällig privat) gefahrene Kilometer, zu erstellen. Ein Fahrtenbuch, das nicht alle oa. Voraussetzungen bzw. Punkte enthält oder ein Fahrtenbuch, das vor allem "nachgeschrieben" und nicht zeitnah erstellt worden ist, erfüllt jedenfalls nicht das Kriterium des eindeutigen Nachweises von Betriebsausgaben. Die zeitnahe Führung eines vollständigen Fahrtenbuchs ist jedenfalls nicht mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und kann deshalb ohne weiteres als Nachweis für betrieblich zurückgelegte Kilometer von Seiten der Finanzverwaltung abverlangt werden. So sind auch unter anderem zB die Anzahl der gefahrenen Kilometer nicht genau daraus ersichtlich. Die vorgelegten Aufzeichnungen erfüllen jedoch nicht die oa. Voraussetzungen und können deshalb nicht als gültiger sowie als eindeutig und vollständig korrekt nachvollziehbarer Nachweis für die von Ihnen im Berufungswege beantragten Fahrtkosten (Km-Gelder) anerkannt werden. Nach Aufforderung durch das Finanzamt musste Ihr Werkgeber, die Fa. A, die Abrechnungen für Ihre Tätigkeiten (Zeitungskolporteur) dem Finanzamt gegenüber gemäß § 143 Abs. 1 BAO offenlegen. Aus diesen Aufzeichnungen geht hervor, dass Sie im Jahr 2006 für die Tour H (B - D - E - F) mit höchstens 5 - 7 Kilometer pro Tour eingeteilt waren, die auch von der Fa. A mittels eines täglichen Honorars von Euro 9,75 (inklusive der gefahrenen Kilometer) bezahlt worden sind. In diesem Lichte und in Hinblick darauf, dass kein tauglicher Nachweis für betrieblich gefahrene Kilometer vorgelegt worden ist, werden die glaubhaft zu machenden Ausgaben auch im Rahmen der Berufungserledigung bei höchstens 40 % von € 3.392,98 (= € 1.357,19) belassen. Die im bekämpften Einkommensteuerbescheid 2006 vom im Schätzungsweg ermittelten Betriebsausgaben (Kilometergelder) erscheinen bei nochmaliger Überprüfung im Rahmen der Berufungserledigung auch deshalb als durchaus den tatsächlichen Verhältnissen zu entsprechen, weil bei einem Einnahmenüberschuss iHv € 2.035,79 monatliche Einnahmen von rund € 170 verbleiben. Es erscheint nicht ungewöhnlich, dass jemand, der mehr oder weniger das ganze Jahr hindurch die Zeitung austrägt, einen monatlichen "Gewinn" iHv rund € 170 erzielen will. Im Gegensatz dazu ist es völlig unglaubwürdig, dass jemand in seiner Freizeit einer Tätigkeit als Zeitungsausträger über einen längeren Zeitraum hindurch nachgeht, ohne wirtschaftlich davon zu profitieren. Von dieser Warte aus betrachtet, erscheint ein "monatlicher Profit" von rund € 170, von dem noch Einkommensteuer zu entrichten ist, eher als Untergrenze eines Betrages, zu dem jemand bereit ist, nahezu täglich Zeitungen auszutragen."

Mit Schreiben vom begehrte die Berufungswerberin, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen. Im Vorlageantrag führte sie aus, dass sie die Zeitungen mit dem Fahrrad bzw. zu Fuß zustelle. Trotzdem werde ein Fahrtenbuch verlangt, als würde sie die Tätigkeit mit einem Pkw ausführen. Die ursprünglich vorgelegten Aufzeichnungen über die Verrechnung der Kilometergelder hätten immer ausgereicht; trotzdem habe sie, wie verlangt, die Aufzeichnungen in mühsamer Arbeit (13 Seiten) nachvollzogen. Es sei befremdlich, dass bei "Bruttoeinkünften" in Höhe von 3.392,98 € ein derartiger bürokratischer Aufwand betrieben werde und nur 40 % als Betriebsausgaben anerkannt würden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 4 EStG 1988 sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind. Kraftfahrzeugkosten sind bei betrieblicher Veranlassung der Fahrten als Betriebsausgaben abzugsfähig.

Die Benützung eines Fahrrades für die Zurücklegung beruflich veranlasster Fahrtstrecken ist nach den gleichen Grundsätzen zu beurteilen wie die Benützung eines Kfz (vgl. ).

Personenkraftwagen sind ausschließlich nach ihrer überwiegenden Nutzung dem Betriebsvermögen oder dem Privatvermögen zuzuordnen. Für die Abgrenzung der betrieblich veranlassten Fahrtkosten von den auf Privatfahrten entfallenden Kosten ist grundsätzlich die Führung eines Fahrtenbuches erforderlich, aus dem der jeweils zurückgelegte Weg unter Angabe des Zweckes der einzelnen Fahrt ersichtlich ist. Die Eintragungen in einem Fahrtenbuch dienen somit in erster Linie dem Nachweis bzw der Glaubhaftmachung der Verteilung der insgesamt gefahrenen Kilometer auf betriebliche und privat veranlasste Fahrten (vgl. ). Führt der Steuerpflichtige kein solches Fahrtenbuch und erbringt er keinen Beweis dafür, welche Fahrten im Interesse seines Betriebes notwendig waren, ist die Abgabenbehörde berechtigt, den auf die Privatfahrten entfallenden Teil der Fahrtkosten zu schätzen (vgl. zB ; ). Einem Fahrtenbuch, das nur die betrieblichen Fahrten enthält und jeweils in größeren Zeitabständen auf Grund von nachher vernichteten Originalaufzeichnungen angefertigt wurde, kann keine volle Beweiskraft zuerkannt werden. Dies insbesondere dann nicht, wenn das daraus resultierende Verhältnis zwischen privaten und betrieblichen Fahrten im Hinblick auf die Berufstätigkeit des Steuerpflichtige den allgemeinen Lebenserfahrungen widerspricht (vgl. ).

Bei zum Betriebsvermögen gehörenden Fahrzeugen kann das amtliche Kilometergeld nicht angesetzt werden; müssen die Aufwendungen für das Fahrzeug geschätzt werden, stellt das amtliche Kilometergeld eine Schätzmethode dar, auf die jedoch kein Anspruch besteht; bei Fehlen eines exakten Kostennachweises, wenn also die Behörde die Fahrtaufwendungen zu schätzen hat, ist die Schätzung mit dem amtlichen Kilometergeld grundsätzlich nicht rechtswidrig (vgl. Jakom/Marschner EStG, 2009, § 4 Rz 173, und die dort zitierte Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates und Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). Wird das Kfz überwiegend privat benutzt, ist der auf die betriebliche Nutzung entfallende Aufwand Betriebsausgabe. Als Schätzungshilfe für die tatsächlichen Aufwendungen kann auch das amtliche Kilometergeld herangezogen werden (vgl. Doralt, EStG11, § 4 Tz 330, Stichwort "Kraftfahrzeug-Kosten").

Die von der Berufungswerberin anlässlich der gegenständlichen Einkommensteuerveranlagung vorgelegte (erste) Aufstellung enthält nur betriebliche Fahrten; zudem erweckt diese Aufstellung, bei welcher überdies exakte Angaben zB über Datum der betrieblichen Fahrt, Abfahrts- und Ankunftszeiten usw. fehlen, den Eindruck, als ob sie in einem Zug durchgeschrieben wurde und war damit von keiner fortlaufend geführten, zeitnahen Aufzeichnung auszugehen, der volle Beweiskraft zukommt. Jene (zweite) Aufstellung, die die Berufungswerberin als Beilage zu ihrer Berufung vom vorgelegt hat, enthält ebenfalls nur betriebliche Fahrten und wurde per Computer eigens "nur" für das Berufungsverfahren erstellt (vgl. dazu auch das diesbezügliche Vorbringen im Vorlageantrag vom ). Andere Aufzeichnungen hat die Berufungswerberin nicht vorgelegt. Außerdem stellte das Finanzamt unwidersprochen fest (die Berufungswerberin hat den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung vom , dass aus den Aufzeichnungen der Arbeitgeberin der Berufungswerberin hervorgehe, dass sie für die Tour "H" eingeteilt gewesen sei, welche höchstens 5 bis 7 Kilometer pro Tag umfasst habe, nichts entgegengesetzt; an dieser Stelle ist festzuhalten, dass diesen Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung Vorhaltswirkung zukommt; vgl. dazu zB ), dass die in den genannten Aufstellungen ausgewiesenen (betrieblich) gefahrenen Kilometer nicht mit den Angaben der Arbeitgeberin der Berufungswerberin (Fa. A) übereinstimmen (vgl. dazu das Schreiben des Finanzamtes vom und die Beantwortung des Ersuchschreibens durch die Arbeitgeberin der Berufungswerberin vom ; vgl. dazu auch den Berufungsschriftsatz vom und den Vorlageantrag vom ).

Wenn das Finanzamt bei dieser Sachlage die Aufwendungen für das Fahrrad mit 40 % der Betriebseinnahmen (ds. 1.357,19 €), geschätzt hat so kann sich die Berufungswerberin damit nicht als beschwert erachten und zwar aufgrund folgender Überlegungen: Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei, wobei im Einzelfall jener Methode der Vorzug zu geben ist, die zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (vgl. Ritz, BAO3, § 184 Tz 12). Wer zur Schätzung Anlass gibt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Unsicherheit hinnehmen. Im Übrigen wäre es Aufgabe der Berufungswerberin gewesen, die Schätzung des Finanzamtes zu entkräften; das hat sie aber nicht getan (vgl. den Berufungsschriftsatz vom und den Vorlageantrag vom ). Würde man gegenständlich die vom Finanzamt ermittelten Kilometer pro Zustellungstour, nämlich durchschnittlich 5 bis 7 Kilometer (so.), mit dem Kilometergeld bei Benützung eines eigenen Fahrrades in Höhe von 0,233 € (für den ersten bis fünften Kilometer) und in Höhe von 0,465 € (ab dem sechsten Kilometer; vgl. dazu § 10 und 11 der Reisegebührenvorschrift idF BGBl. I. Nr. 115/2005) multiplizieren, so würde sich insgesamt nur ein Betrag in Höhe von 1.066,35 € ergeben (509 Touren lt. der Aufstellung der Berufungswerberin x 5 km x 0,233 € = 592,98 € und 509 Touren x 2 km x 0,465 € = 473,37 €; 592,98 € + 473,37 € = 1.066,35 €). Das gegenständliche Schätzungsergebnis des Finanzamtes ist jedenfalls höher. Laut dem Einkommensteuerwartungserlass 2007 (vgl. den Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom , Zl. 010203/0501-VI/6/2007) bestehen hinsichtlich eines nicht zum Betriebsvermögen gehörenden Fahrrades keine Bedenken, wenn zur Schätzung der Kosten aus der betrieblichen Nutzung der Kilometersatz von 0,24 € pro Kilometer herangezogen wird; dabei ist die Schätzung durch Ansatz dieses Kilometersatzes aber mit 480,00 € im Wirtschaftsjahr begrenzt. Zwar ist der Unabhängige Finanzsenat in seiner Entscheidungsfindung nicht an Erlässe des Bundesministeriums gebunden ist, dennoch bietet gegenständlich die Meinung der Finanzverwaltung eine passende Orientierungshilfe. Das gegenständliche Schätzungsergebnis des Finanzamtes liegt jedenfalls auch über dieser Grenze. Zieht man das amtliche Kilometergeld als Schätzungsmaßstab heran, so ist dabei aber zu beachten, dass das Ziel der Schätzung, nämlich den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, zu erreichen ist (vgl. ). Aus diesem Gebot ergibt sich, dass die amtlichen Kilometergelder nur dann als Schätzungsmaßstab herangezogen werden können, wenn die Schätzung damit zu einem den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Ergebnis führt (vgl. ). Gemessen an den von der Berufungswerberin geltend gemachten Kilometergelder in Höhe von 2.035,79 € wird aber klar, dass diese Kilometergelder als Schätzungmaßstab nicht geeignet sind. Bedenkt man, dass neben dem (anteiligen) laufenden Betriebsaufwand (zB Ersatzteile, Schmierstoffe), welcher erfahrungsgemäß nicht derart hoch sein können, dass er auch nur annähernd die Höhe der geltend gemachten Kilometergelder erreicht hätte, "nur" noch eine (anteilige) Absetzung für Abnutzung von den Anschaffungskosten des Fahrrades oder im Fall, dass die Anschaffungskosten des Fahrrades 400,00 € nicht übersteigen, die (anteiligen) Anschaffungskosten [ein Damenfahrrad (City Bike mit mehreren Gängen) kostet zwischen 252,09 € und 749,90 € (vgl. dazu die Internetrecherchen unter http://www.preissuchmaschine.at/product_801267.html, http://www.preissuchmaschine.at/product_792993.html, http://www.preissuchmaschine.at/product_716705.html, http://www.preissuchmaschine.at/product_711301.html, http://www.preissuchmaschine.at/product_433135.html, http://www.preissuchmaschine.at/product_411744.html] zu berücksichtigen gewesen wären, wird ein Missverhältnis zu den von der Berufungswerberin ermittelten und geltend gemachten Kilometergelder ersichtlich. Das gegenständliche Schätzungsergebnis des Finanzamtes liegt jedenfalls auch über den erfahrungsgemäß anzusetzenden (tatsächlichen) Kosten im Zusammenhang mit der betrieblichen Nutzung des Fahrrades der Berufungswerberin.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 4 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 184 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at