Ermessensübung bei Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 BAO; Grundsatz von Treu und Glauben
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Miterledigte GZ: |
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RV/0405-W/09 |
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2009/13/0067 eingebracht (Amtsbeschwerde). Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Arnold Rechtsanwalts-Partnerschaft, gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO hinsichtlich Berufungsvorentscheidung für Umsatzsteuer 1995 und 1996, (neue) Berufungsvorentscheidung für Umsatzsteuer 1995 und 1996 entschieden:
1) Der Berufung gegen den gemäß § 299 BAO ergangenen Bescheid vom , mit dem die (ursprüngliche) Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 vom aufgehoben wurde, wird Folge gegeben.
Der angefochtene Aufhebungsbescheid wird (ersatzlos) aufgehoben.
Die angefochtene (neue) Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 vom scheidet damit aus dem Rechtsbestand aus; die (ursprüngliche) Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 vom tritt wieder in Kraft.
2) Der Vorlageantrag gegen die (neue) Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 vom wird als unzulässig geworden zurückgewiesen.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt (Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) eingebracht werden.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
a) Der Bw. ist Augenarzt. Er bezieht ua. Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus dem Betrieb einer Ordination in A. Im Jahr 1995 begann er mit der Errichtung eines Einfamilienhauses im nahe gelegenen B; im Mai 1996 nahm er eine im Keller des Einfamilienhauses gelegene Notordination in Betrieb. Den Gegenstand des verwaltungsbehördlichen Verfahrens bildete die Frage, wie das unstrittig gemischt genutzte Einfamilienhaus einkommen- und umsatzsteuerlich zu behandeln ist.
Zur Vorgeschichte des Falles wird auf das Erkenntnis , verwiesen, mit dem das Höchstgericht die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat X) vom , GZ. RV/80-17/13/2000, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1995 und 1996, wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben hatte.
b) Im fortgesetzten Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat beantragte der rechtsfreundliche Vertreter des Bw. die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat und die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung. Am brachte er wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Säumnisbeschwerde beim VwGH ein; dieser leitete am gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde die Erlassung des versäumten Bescheides binnen dreier Monate auf.
Daraufhin beraumte der Unabhängige Finanzsenat die mündliche Berufungsverhandlung vor dem gesamten Berufungssenat für den am Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart, Standort Eisenstadt, an; sie konnte jedoch nicht abgehalten werden, weil der von der Kammer für Arbeiter und Angestellte Burgenland entsendete Beisitzer nicht erschienen war.
Daraufhin zog der rechtsfreundliche Vertreter des Bw. den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat zurück. In weiterer Folge fand daher die mündliche Berufungsverhandlung vor dem Referenten (Einzelbeamten) W statt; als Vertreterin des Finanzamtes war X anwesend. Neben dem rechtsfreundlichen Vertreter des Bw. nahmen auch Y und Z von der steuerlichen Vertretung des Bw., der D-GmbH, an der mündlichen Berufungsverhandlung teil. Die über den Verlauf derselben aufgenommene und von allen Teilnehmern unterfertigte Niederschrift vom weist folgenden Wortlaut auf (S 160 ff Akt des Unabhängigen Finanzsenates, GZen. RV/2694-W/06, RV/2695-W/06):
"Die mündliche Berufungsverhandlung findet über Antrag der Partei statt.
Beginn der Verhandlung: 11.25 Uhr
Da beiden Parteien des Verfahrens der Verfahrensgang vor der Aufhebung der Berufungsentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof hinlänglich bekannt ist, wird auf den Vortrag dieses Sachverhaltes einvernehmlich verzichtet.
Nach dem Vortrag des noch verbleibenden Sachverhaltes verweist die Vertreterin des Finanzamtes auf die bisherigen Vorbringen und den aus den Akten hervorgehenden Sachverhalt. Weitere Ausführungen werden von ihrer Seite nicht erstattet.
[Der rechtsfreundliche Vertreter] verweist auf die Bindungswirkung des § 63 Abs. 1 VwGG der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren. Weiters erklärt er, dass er nicht nur den gesamten Inhalt der VwGH-Beschwerde, sondern auch sein Vorbringen in der an den VwGH erstatteten Replik vom zum Gegenstand des Vorbringens im Berufungsverfahren macht.
Die mündliche Verhandlung wird einvernehmlich um 12 Uhr unterbrochen. Die Fortsetzung der Verhandlung wird für 13.15 Uhr vereinbart.
Die mündliche Verhandlung wird um 13.15 Uhr fortgesetzt.
Hinsichtlich folgender Punkte besteht Einvernehmen zwischen den Streitparteien:
Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG ist die Behörde im fortgesetzten Verfahren bei Erlassung des Ersatzbescheides inhaltlich an die Rechtsauffassung des VwGH im aufhebenden Erkenntnis gebunden. Einvernehmlich gehen beide Parteien davon aus, dass der VwGH in der aufhebenden Entscheidung das Vorliegen eines gemeinschaftsrechtlichen Wahlrechts im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des EuGH bejaht hat. Damit übereinstimmend hat der Bw. das gegenständliche Einfamilienhaus umsatzsteuerlich rechtskonform zu 100% Zwecken seines Unternehmens zugeordnet. Hinsichtlich des Waschraumes besteht Einigkeit hinsichtlich der betrieblichen Nutzung. Die Garage stellt zu 90%, sohin im Umfang der betrieblichen Nutzung des PKW Volvo Betriebsvermögen dar, da für das private KFZ Nissan ein eigener Abstellplatz vor dem Haus zur Verfügung steht und die vor dem VwGH belangte Behörde keine Beweise dahingehend getroffen hat, dass die Garage auch für den privaten PKW Nissan verwendet wird. Unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des VwGH besteht Einvernehmen darüber, dass die Zuordnung der Nutzflächen wie folgt vorgenommen wird: Die gemeinschaftlichen Flächen Heizraum, Keller, Gang und Erdkeller, sohin insgesamt 65,17m² werden bei der Zuordnung der Nutzflächen außer Ansatz gelassen; dadurch vermindert sich die Gesamtnutzfläche rechnerisch von 560,19m² auf 495,02m². Daher beträgt für 1995 die betrieblich genutzte Fläche 147,35m², sohin 29,77% (gerundet 30%) der Gesamtnutzfläche. Die gemeinschaftlichen Flächen sind entsprechend diesem Verhältnis aufzuteilen. Für 1995 steht der IFB zu. Für 1996 erfolgt die Berechnung analog wie für 1995, jedoch mit der Ausnahme, dass das Arbeitszimmer unstrittig nicht mehr abzugsfähig ist. Daher beträgt für 1996 die betrieblich genutzte Fläche 127,46m², sohin 25,75% (gerundet 26%) der Gesamtnutzfläche. Der vom Betriebsprüfer vorgenommene Abschlag der Wertkomponente wird, da er weder dem Grunde noch der Höhe nach nachvollziehbar ist, außer Ansatz gelassen.
Nach eingehender Erörterung der Berechnungsgrundlagen unter Zugrundelegung des o.a., außer Streit gestellten Sachverhaltes, werden hinsichtlich der Berechnung der Einkommen- und Umsatzsteuer für die Jahre 1995 und 1996 folgende Beträge von den beiden Parteien außer Streit gestellt:
Einkommensteuer für das Jahr 1995:
Einkünfte aus selbständiger Arbeit für 1995 laut angefochtenem Bescheid S 1.654.228,00 abzüglich IFB (S 82.563,48): S 1.571.664,50 (= € 114.217,31)
Einkommensteuer für das Jahr 1996:
AfA-Erhöhung: S 9.804,81
Betriebskostenerhöhung: S 6.251,03
Stornierung des Eigenverbrauches (systemwidrig als Betriebseinnahme in der Einnahmen/Ausgabenrechnung enthalten): S 88.667,69
IFB: S 37.139,84
Summe der Gewinnminderungen: S 141.863,37
Einkünfte aus selbstständiger Arbeit für 1996 S 700.294,63 (= € 50.892,40)
Umsatzsteuer für das Jahr 1995:
Vorsteuer lt. angefochtenem Bescheid (ohne EUSt) S 711.005,49
Vorsteuer lt. AE-Antrag in der Berufung: S 392.611,45
Summe (ohne EUSt) S 1.103.616,94 (= € 80.202,97)
Umsatzsteuer für das Jahr 1996:
Vorsteuer laut angefochtenem Bescheid (ohne Vorsteuern aus dem ig-Erwerb) S 776.659,73
Vorsteuer laut AE-Antrag in der Berufung: S 472.423,21
Summe S 1.249.082,94 (= € 90.774,40)
Summe der Vorsteuern aus der Gebäudeerrichtung (1995 und 1996): S 865.034,66 (=€ 62.864,52)
Eigenverbrauch 1996:
S 4.645.079,30 x 1,5 "AfA"
= S 69.676,19
+ S 44.655,37
= S 114.331,56 x 74% = S 84.605,35 = mit 10% USt zu versteuernder Eigenverbrauch für das Jahr 1996
Die Parteien des Verfahrens sind damit einverstanden, dass seitens des Finanzamtes eine dem oa. Rechnung tragende Berufungsvorentscheidung erlassen wird.
Ende der Verhandlung: 14.10 Uhr."
Am erließ das Finanzamt die Bezug habende Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1995 und 1996, mit der es der Berufung - gemäß dem in der mündlichen Berufungsverhandlung erzielten Einvernehmen mit dem rechtsfreundlichen Vertreter des Bw. und der mit diesem vereinbarten Vorgangsweise (siehe oben) - stattgab; begründend führte die Abgabenbehörde I. Instanz aus:
"Siehe Niederschrift über die mündliche Berufungsverhandlung vom ."
Nachdem der Unabhängige Finanzsenat eine Abschrift der oa. Berufungsvorentscheidung dem VwGH vorgelegt hatte, stellte dieser mit Beschluss vom das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ein.
c) Am hob das Finanzamt die oa. Berufungsvorentscheidung hinsichtlich Umsatzsteuer 1995 und 1996 gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf. Der Aufhebungsbescheid enthält folgende Begründung:
"Die Abgabenbehörde I. Instanz kann von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde I. Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1995 und 1996 (ergangen als Berufungsvorentscheidung vom , zugestellt am ) erweisen sich aus folgenden Gründen als inhaltlich rechtswidrig und waren daher nach § 299 Abs. 1 BAO aufzuheben:
Die genannte Berufungsvorentscheidung erging in Folge der Aufhebung der Berufungsentscheidung der FLD für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ. RV/80-17/13/2000 mittels VwGH-Entscheidung vom , 2002/13/0123. Der VwGH begründete die inhaltliche Rechtswidrigkeit der Berufungsentscheidung damit, dass die belangte Behörde - in Verkennung der innerstaatlich maßgebenden Rechtslage (Verweis auf § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 in der Stammfassung) - den Vorsteuerabzug für den unternehmerisch genutzten Teil des Gebäudes deswegen verweigert hat, weil sie vor dem Hintergrund, dass der Unternehmer nicht bereits in den Umsatzsteuervoranmeldungen einen Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, von einer Zuordnung des gesamten Gebäudes zum Privatbereich des Unternehmers ausgegangen ist.
Der VwGH-Entscheidung ist - entgegen der der aufzuhebenden Berufungsvorentscheidung zu Grunde liegenden Auffassung - nicht zu entnehmen, dass im Berufungsfall zwingend und rechtswirksam für die Jahre 1995 und 1996 eine 100%-ige Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmen erfolgt ist und dass deshalb Anspruch auf den vollen Vorsteuerabzug besteht, wohl aber verweist der VwGH ausdrücklich auf die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 in der für den Berufungszeitraum geltenden Fassung. Im Übrigen hat sich der VwGH in dieser Entscheidung nicht weiter zum Vorsteuerabzug geäußert.
In anderen - vor der Erlassung des aufzuhebenden Bescheides ergangenen - Erkenntnissen (vgl. zB , sowie ), hat der VwGH jedoch eindeutig und unzweifelhaft die Rechtsansicht vertreten, dass in den Jahren 1995 bis 1997 - ungeachtet einer allfälligen 100%-igen Zuordnung eines Gebäudes zum Unternehmensbereich - ein Vorsteuerabzug in Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung oder Erhaltung privat genutzter Gebäudeteile nicht zusteht, zumal Österreich entsprechend dem Gemeinschaftsrecht berechtigt war, die diesbezüglichen - inhaltlich bereits vor dem EU-Beitritt mit bestandenen - Vorsteuerausschlussbestimmungen des § 12 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. a UStG 1994 in der Stammfassung anzuwenden.
Durch die Zuerkennung des Vorsteuerabzuges auch für - unbestritten - privat genutzte Gebäudeteile ist der aufzuhebende Bescheid hinsichtlich seines Inhaltes mit Rechtswidrigkeit belastet.
Diese Ermessensentscheidung wird von der Abgabenbehörde ausgeübt, um ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis zu erlangen.
Dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit wurde entsprechend § 20 BAO - nicht zuletzt auch im Hinblick auf die nicht bloß geringfügigen Folgen - der Vorrang gegenüber dem Prinzip der Billigkeit eingeräumt.
Die Behörde erachtet es als zweckmäßig im Sinne des öffentlichen Interesses und der gleichmäßigen Besteuerung den Zweck der Norm, nämlich den Vorsteuerabzug nur für den betrieblich genutzten Gebäudeteil zu gewähren, herzustellen."
Mit (neuer) Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung des Bw. hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 1995 und 1996 (nur mehr) teilweise statt. Begründend führte es aus:
"Der Bw. ist Augenarzt mit Ordination in [A]. In den Jahren 1995 und 1996 errichtete er ein Einfamilienhaus in [B], das großteils zur Nutzung für private Zwecke bestimmt war. Im Jahr 1996 wurde im Keller des Einfamilienhauses eine Notordination in Betrieb genommen. Der Bw. hat für die Errichtungskosten des Einfamilienhauses den vollen Vorsteuerabzug geltend gemacht.
Gemäß § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 in der für die Streitjahre geltenden Fassung vor dem BGBl. I Nr. 9/1998 gelten Lieferungen und sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung oder Erhaltung von Gebäuden insoweit als für das Unternehmen ausgeführt, als die Entgelte hiefür nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften Betriebsausgaben oder Werbungskosten sind. Nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 106/2000 gelten allgemein ua. Lieferungen und sonstige Leistungen, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 EStG 1988 sind, nicht als für das Unternehmen ausgeführt. Für die angeführten Leistungen in Zusammenhang mit Gebäuden ist § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994 in der zitierten Fassung insoweit vorrangig, als für die Frage des Umfanges des Vorsteuerabzuges grundsätzlich die ertragsteuerrechtliche Abzugsfähigkeit als Betriebsausgaben oder Werbungskosten maßgeblich ist (vgl. ), ohne dass es auf das Überwiegen der Abzugsfähigkeit ankommt.
Der auf den Bestimmungen des § 12 Abs. 2 Z 1 und Z 2 lit. a UStG 1994 beruhende Ausschluss des Vorsteuerabzuges im Zusammenhang mit privat genutzten Gebäudeteilen bzw. für Aufwendungen für die Lebensführung hat im Zeitpunkt des Inkrafttretens der sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG in Österreich zum bereits (unverändert) bestanden, sodass Österreich berechtigt war, diese Vorsteuerausschlussregelung beizubehalten (siehe , mit weiteren Verweisen).
Die für den Berufungszeitraum in Kraft gestandenen Vorsteuerausschlussbestimmungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung oder Erhaltung von Gebäuden entsprechen somit dem Gemeinschaftsrecht. Auf die sich aus der EuGH-Rechtsprechung ergebende Wahlmöglichkeit des Unternehmers, privat (nicht unternehmerisch) genutzte Teile eines Gebäudes dem Unternehmensbereich zuordnen und den Vorsteuerabzug auch insoweit in Anspruch nehmen zu können (vgl. etwa das (Seeling), Rn 40 bis 43), brauchte im Berufungsfall deshalb nicht Bedacht genommen werden (vgl. ).
Im vorliegenden Fall werden daher lediglich die Vorsteuern, die auf den betrieblich genutzten Teil der Herstellungskosten des Einfamilienhauses in [B] entfallen, als abziehbar anerkannt. Das sind 1995 S 117.783,44 (betrieblich genutzter Teil 30%) und im Jahr 1996 S 122.830,00 (betrieblich genutzter Teil 26%). Bezüglich der Ermittlung dieser Prozentsätze wird auf die diesbezüglichen Ausführungen des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, Senat 7, in der Niederschrift vom verwiesen.
Infolgedessen werden folgende Vorsteuerbeträge nicht anerkannt:
1995: S 274.828,01 (€ 19.972,53)
1996: S 349.593,21 (€ 25.405,93)
In der nunmehr aufgehobenen Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 vom wurde die Vorsteuer seitens der Abgabenbehörde in unrichtiger Höhe angesetzt. Deswegen erfolgt eine Neuberechnung der abziehbaren Vorsteuer ausgehend von der beantragten Vorsteuer.
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1995 | 1996 | |
Beantragte Vorsteuer (ohne EUSt) | € 79.950,43 | € 83.409,32 |
Nicht anerkannte Vorsteuer | € 19.972,53 | € 25.405,93 |
Vorsteuer ohne EUSt lt. FA | € 59.977,90 | € 58.003,39" |
d) Gegen den Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO vom erhob der rechtsfreundliche Vertreter des Bw. am Berufung; beantragt wurde die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
Begründend führte der rechtsfreundliche Vertreter aus, im Zuge einer laufenden Betriebsprüfung beim Bw. habe die Prüferin, C, überraschend erklärt, sie habe die Weisung, die Berufungsvorentscheidung vom betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 gemäß § 299 BAO aufzuheben. Y, mit der die Betriebsprüfung abgewickelt werde, habe daraufhin erklärt, dass seinerzeit im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Finanzsenat am in Eisenstadt eine Berufungsentscheidung zu erwarten gestanden und dass lediglich über Ersuchen des Referenten eine korrespondierende Berufungsvorentscheidung ergangen sei, dies, nachdem die Vertreterin des Finanzamtes, X, über Einwand des rechtsfreundlichen Vertreters ausdrücklich erklärt habe, man könne sich darauf verlassen, dass das Finanzamt nicht nach § 299 BAO vorgehen werde. Y wisse das aus eigener Wahrnehmung, da sie an der Verhandlung zur Unterstützung des rechtsfreundlichen Vertreters des Bw. selbst teilgenommen habe. Eine schriftliche Dokumentation sei angekündigt worden und auch mit Schreiben vom erfolgt (Anmerkung: Eine Kopie dieses Schreibens war der Berufung beigelegt, siehe S 15 ff Akt des Unabhängigen Finanzsenates, GZen. RV/0405-W/09, RV/0453-W/09).
Das Finanzamt habe daraufhin überhastet (offenkundig um der angekündigten Dokumentation zuvorzukommen) noch vor Beendigung der Betriebsprüfung - eine Schlussbesprechung habe bis heute nicht stattgefunden - jeweils unter dem Ausfertigungsdatum
- einen Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO, mit dem die Berufungsvorentscheidung vom (nur) betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 aufgehoben worden sei und
- eine Berufungsvorentscheidung, wonach der Berufung des Bw. vom gegen die Umsatzsteuerbescheide 1995 und 1996 nur teilweise Folge gegeben worden sei,
erlassen.
Die Zustellungen seien jedoch nicht an den mit Zustellvollmacht ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter, dem auch vom Unabhängigen Finanzsenat die Ladung zur Berufungsverhandlung einerseits und vom Finanzamt die (nunmehr teilweise aufgehobene) Berufungsvorentscheidung andererseits - ordnungsgemäß - am zugestellt worden sei, erfolgt, sondern an die D-GmbH, die im Betriebsprüfungsverfahren tätig sei. Die Zustellung sei nicht, wie § 299 BAO neu in seinem Absatz 2 vorsehe, gleichzeitig (Verbindungsgebot), sondern
- am (betreffend den Aufhebungsbescheid) bzw. erst
- am (hinsichtlich der teilweise stattgebenden Berufungsvorentscheidung)
erfolgt.
Im Zuge der Vorbereitung des gegenständlichen Schriftsatzes habe der rechtsfreundliche Vertreter unter Hinweis auf den Zustellmangel die Originale der Bescheide angefordert; diese seien am übergeben worden. Der rechtsfreundliche Vertreter sei vom 14. Juli bis auf Urlaub gewesen.
Zur behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Aufhebungsbescheides führte der rechtsfreundliche Vertreter im Einzelnen aus:
1. Die (ursprüngliche) Berufungsvorentscheidung vom (Ausfertigungsdatum) sei ihm am zugestellt worden. Der Aufhebungsbescheid (§ 299 BAO neu) sei dem ordnungsgemäß mit Zustellvollmacht ausgewiesenen rechtsfreundlichen Vertreter erst am zugekommen. Die Aufhebung nach § 299 BAO neu sei jedoch nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des Bescheides (§ 97 BAO) zulässig (§ 302 Abs. 1 BAO).
Da diese Jahresfrist überschritten sei, sei der angefochtene Bescheid schon allein deshalb unzulässig und ersatzlos zu beheben.
Die Zustellung an die D-GmbH (am ) sei unwirksam, da für die Umsatzsteuer 1995 und 1996 eine aufrechte Zustellvollmacht des rechtsfreundlichen Vertreters bestehe, dem ja auch zuvor sowohl die Ladung zur mündlichen Berufungsverhandlung (vom Unabhängigen Finanzsenat) als auch die hier in Rede stehende Berufungsvorentscheidung vom (vom Finanzamt) zugestellt worden sei. Diese Vollmacht datiere vom Mai 2002, somit aus der Zeit vor Änderung des Zustellgesetzes durch BGBl. I Nr. 10/2004. Überlegungen, ob die allgemeine Vollmacht vielleicht keine Zustellvollmacht beinhalten könnte - die vom Sachverhalt her nicht zuträfen - erübrigten sich daher schon allein auf Grund dieses zeitlichen Aspektes.
2. Der Aufhebungsbescheid sei auch aus einem zweiten Formalgrund unzulässig. Er beziehe sich auf eine Berufungsvorentscheidung. Eine Berufungsvorentscheidung könne (entgegen Ritz, BAO3, § 299 Tz 5) nicht nach § 299 BAO neu aufgehoben werden. Jedenfalls dann nicht, wenn der die aufgehobene Berufungsvorentscheidung ersetzende Bescheid - naturgemäß eine zweite - Berufungsvorentscheidung sei, die dem Berufungsbegehren nicht vollinhaltlich Rechnung trage (bzw. nicht die sonstigen Formalvoraussetzungen des § 276 Abs. 5 BAO erfülle). Nach dieser Gesetzesstelle dürfe nämlich eine zweite Berufungsvorentscheidung - außer wenn sie dem Berufungsbegehren vollinhaltlich Rechnung trage - nur erlassen werden, wenn alle Parteien, die einen Vorlageantrag gestellt hätten, zustimmten. Eine entsprechende Zustimmungserklärung des rechtsfreundlichen Vertreters, die schriftlich oder zur Niederschrift zu erklären gewesen wäre, fehle.
Man könne nicht etwa sagen, dass die Berufungsvorentscheidung vom durch die Aufhebung wegfiele und die "neue" Berufungsvorentscheidung in Wahrheit ohnedies eine "erste" wäre, schon allein deshalb, weil allein durch Wegfall des Aufhebungsbescheides die Berufungsvorentscheidung vom wieder volle Wirksamkeit erlange, also in gewisser Hinsicht durchaus, wenngleich bedingt, weiter bestehe und ja zB verjährungsunterbrechende Wirkung beibehalte.
Diese Rechtsansicht erscheine auch deshalb jedenfalls zutreffend, weil sie der Besonderheit Rechnung trage, dass es sich bei der Berufungsvorentscheidung der Natur der Sache nach um einen Bescheid handle, der die Berufung des Abgabepflichtigen behandle, sich also mit einer Rechtsansicht des Abgabepflichtigen auseinandersetze, die mit der Rechtsansicht des Finanzamtes, wie sie im mit Berufung angefochtenen Bescheid zum Ausdruck komme, divergiere. Teile das Finanzamt die Rechtsansicht des Bw. in der Berufungsvorentscheidung nicht, so dürfe es eine zweite Berufungsvorentscheidung gegen den Willen des Bw. nur dann erlassen, wenn es dem Berufungsbegehren vollinhaltlich Rechnung trage; habe es im Sinn der Berufungsvorentscheidung dem Berufungsbegehren ganz oder teilweise stattgegeben, so sei es ihm grundsätzlich verwehrt, diese Berufungsvorentscheidung dann wieder - unter gänzlicher oder teilweiser Zurückkehr zur ursprünglichen Rechtsmeinung des Finanzamtes - nach § 299 BAO neu aufzuheben.
Dieses Ergebnis sei auch Ausfluss des rechtsstaatlichen Prinzips, weil es unter diesen Begleitumständen verfassungswidrig wäre, die Rechtskraft zu durchbrechen. Die hohe Bedeutung der Rechtskraft sei vom Bundesministerium für Finanzen erst jüngst im Ministerialentwurf zum Abgabenverwaltungsreformgesetz (zu § 302 Abs. 2 BAO) mit der grundlegenden Aussage betont worden, dass es nicht angehe, das Rechtsgut der Sicherheit derart weitgehend zu Gunsten des Rechtsgrundes einer behaupteten Rechtsrichtigkeit auszuhöhlen. Nur so werde auch eine sachlich nicht gerechtfertigte Differenzierung zwischen zwei verschiedenen Arten der Erledigung einer Berufung, nämlich durch Berufungsvorentscheidung seitens des Finanzamtes und durch eine Berufungsentscheidung seitens des Unabhängigen Finanzsenates (auf die § 299 BAO unbestrittenermaßen nicht anwendbar sei) vermieden. Gerade der vorliegende - unter dem Aspekt des Ermessensmissbrauches näher zu thematisierende - Sachverhalt aktualisiere den verfassungsrechtlichen Aspekt und verleihe ihm jedenfalls das entsprechende verfassungsrechtlich relevante, besondere - erforderlichenfalls vom Verfassungsgerichtshof zu entscheidende - Gewicht.
3. Wie zu zeigen, mache darüber hinaus die Begründung des Aufhebungsbescheides bei richtiger rechtlicher Beurteilung keine Argumente geltend, auf Grund welcher davon auszugehen wäre, dass sich der Spruch der Berufungsvorentscheidung vom als nicht richtig erweise. Dies wäre aber gesetzliche Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 299 BAO neu. Insoweit verweise der rechtsfreundliche Vertreter auf die Begründung seines Vorlageantrages (zu diesem siehe unten).
4. Bei einem amtswegigen Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO handle es sich um eine Ermessensentscheidung. Im Hinblick auf die ausdrückliche Zusage des Finanzamtes, der rechtsfreundliche Vertreter könne sicher sein, dass das Finanzamt nicht mit § 299 BAO vorgehen werde, die zuvor vom rechtsfreundlichen Vertreter eingefordert worden sei und die weiteren Begleitumstände, unter denen diese Zusage abgegeben worden sei, liege ein Ermessensmissbrauch vor.
Bei richtiger Ermessensausübung hätte die Aufhebung unterbleiben müssen.
Hinsichtlich der Einzelheiten der weiteren Begründung sei nochmals auf die zum integrierten Bestandteil dieses Schriftsatzes gemachte Beilage zu verweisen (Anmerkung: Dabei handelt es sich um die Kopie des Schreibens vom , die der Berufung beigelegt war, siehe oben).
Zum Beweis der Richtigkeit seines Vorbringens, dass eine ausdrückliche Zusage des Finanzamtes erfolgt sei, dass dieses betreffend die vom Unabhängigen Finanzsenat erbetene Berufungsvorentscheidung nicht nach § 299 BAO vorgehen werde und dass die Berufungsvorentscheidung vollinhaltlich der Berufungsentscheidung entsprochen habe, die als Ergebnis der mündlichen Verhandlung vor dem Unabhängigen Finanzsenat in Eisenstadt zu erwarten gestanden sei, berufe sich der rechtsfreundliche Vertreter auf die zeugenschaftliche Vernehmung sämtlicher (im Verhandlungsprotokoll mit vollem Namen angeführter) Personen, die bei dieser Verhandlung anwesend gewesen seien.
Klarstellend sei dazu noch festzuhalten, dass das Ersuchen des Unabhängigen Finanzsenates, es möge Einverständnis zu einer Berufungsvorentscheidung erteilt werden (und die vom Finanzamt treuwidrig gebrochene Zusage, nicht nach § 299 BAO vorzugehen), in Zusammenhang mit dem Umstand zu sehen sei, dass im Juli 2007 zum Berufungsgegenstand beim Verwaltungsgerichtshof eine Säumnisbeschwerde anhängig gewesen und der Unabhängige Finanzsenat vom Verwaltungsgerichtshof aufgefordert worden sei, bis längstens den versäumten Bescheid zu erlassen.
e) Hinsichtlich der (neuen) Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 vom brachte der rechtsfreundliche Vertreter am einen Vorlageantrag ein. Begründend führte er Folgendes aus:
1. Sein Berufungsbegehren, die Umsatzsteuer 1995 und 1996 so wie in der Berufungsvorentscheidung vom (in voller Übereinstimmung mit dem Protokoll über die mündliche Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Finanzsenat in Eisenstadt) festzusetzen, sei aus den in dieser Verhandlung erörterten Gründen voll berechtigt. Der rechtsfreundliche Vertreter mache den gesamten Protokollinhalt, insbesondere sein gesamtes Vorbringen in dieser mündlichen Berufungsverhandlung, auch zum Gegenstand des Vorbringens seines Vorlageantrages und er betone insbesondere, dass sein gesamtes bisheriges Berufungsvorbringen betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 vollinhaltlich aufrecht bleibe.
2. Der "neuen" Begründung des Finanzamtes sei insbesondere entgegenzuhalten:
- Die "neue" Berufungsvorentscheidung missachte die Bindungswirkung des Erkenntnisses , und die einschlägige Judikatur des EuGH. Der Unabhängige Finanzsenat sei bei seinen Berechnungen (die das Finanzamt bei der Berufungsvorentscheidung vom übernommen habe) zu Recht davon ausgegangen, dass angesichts der 100%-igen Zuordnung des Gebäudes zum Unternehmensbereich der Vorsteuerabzug in Zusammenhang auch mit den privat genutzten Teilen geltend gemacht werden kann.
- Die gegenteilige Ansicht (vgl. zB ) sei in der mündlichen Berufungsverhandlung vom diskutiert und aus guten Gründen verworfen worden. Ein vermeintliches "Beibehaltungsrecht" des Fiskus EU-Recht zuwider bestehe insoweit nicht. Vielmehr sei der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechtes zu beachten. Andernfalls käme es innerhalb des Gemeinschaftsgebietes zu Wettbewerbsverzerrungen.
3. Unter Zugrundelegung des Rechtsstandpunktes des Finanzamtes hätte die neue Berufungsvorentscheidung gleichzeitig mit dem Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO (iSd § 97 BAO) bekannt gegeben, also zugestellt werden müssen. Eine verspätete Zustellung eines neuen Sachbescheides nach Aufhebung gemäß § 299 BAO sei gesetzwidrig und mache den Aufhebungsbescheid rechtswidrig.
Dieser Verfahrensverstoß, der hilfsweise aufgezeigt werde, sei nur dadurch saniert, dass die D-GmbH (anders als das Finanzamt im Zuge des Aufhebungsbescheides) die auf Grund der Beilage bereits aktenkundigen Ausführungen des Budgetausschusses zur Beratung der BAO ernst nehme und es als Selbstverständlichkeit ansehe, dass im Hinblick auf die Besonderheiten der Beziehungen, die ein Abgabenverfahren zwangsläufig unter den Beteiligten schaffe, ein gewisses, auf Treu und Glauben aufgebautes gegenseitiges Vertrauensverhältnis unentbehrlich sei. Die Bescheidoriginale seien in einem (gleichzeitig) und nicht "parallel" zeitlich gestaffelt dem rechtsfreundlichen Vertreter ausgehändigt worden.
f) Das bereits mehrfach erwähnte Schreiben vom , das in Kopie der Berufung beigelegt war, weist folgenden Wortlaut auf (S 15 ff Akt des Unabhängigen Finanzsenates, GZen. RV/0405-W/09, RV/0453-W/09):
"[D-GmbH]
[...]
Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart
[...]
Betriebsprüfung
z. H. [C]
[...]
Betreff: [Bw.] - St.Nr. [...]
Sachverhaltsdarstellung zum Telefonat mit Y vom betreffend der angekündigten Bescheidaufhebung 1995 und 1996
Sehr geehrte [C]
Die uns gegenüber getätigten Ankündigungen einschließlich der Erklärung, dass im Hinblick auf eine Weisung die weitere Vorgangsweise vorgegeben sei, veranlasst uns, den bereits mitgeteilten Sachverhalt auch schriftlich zu dokumentieren und - unter Namensnennung - zu präzisieren wie folgt; nicht zuletzt deshalb, weil nicht anzunehmen ist, dass dem Organwalter, der (schriftlich?) die Weisung erteilt hat, der Sachverhalt vollständig bekannt ist.
A. Zum Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung(en) vom in Eisenstadt ist festzuhalten:
1. Die vom Bw. beantragte mündliche Verhandlung vor dem Senat konnte nicht stattfinden, weil der entsendete Beisitzer [...] (Kammer für Arbeiter und Angestellte Burgenland) nicht erschienen war.
Der [rechtsfreundliche] Vertreter des Bw. [...] erklärte sich (nicht zuletzt zur Vermeidung von Amtshaftungsansprüchen wegen frustrierter Auswärtsverhandlung) entgegenkommenderweise bereit, den Antrag auf Senatsbesetzung zurückzuziehen.
2. Die Verhandlung fand daher vor dem Referenten (Einzelbeamter [W]) statt. Vertreterin des Finanzamtes war X. Auf Seiten des Bw. waren [der rechtsfreundliche Vertreter], die Geschäftsführerin der Steuerberatungskanzlei, Y, und die frühere Sachbearbeiterin in dieser Kanzlei, Z, anwesend. Die mit Beginn 11.00 Uhr vorgesehene Verhandlung konnte wegen der Absenz erst um 11.25 Uhr beginnen. [Der rechtsfreundliche Vertreter] erklärte sich entgegenkommenderweise bereit, einer Unterbrechung der Verhandlung zwischen 12.00 Uhr und 13.15 Uhr - erforderlichenfalls - zuzustimmen, da X zu dieser Zeit einen anderen Termin hatte und im Hinblick auf den verspäteten Beginn feststand, dass die Verhandlung bis 12.00 Uhr nicht erledigt sein könne.
Nachdem die Verhandlung bis zur Entscheidungsreife gediehen war, erklärte W, er hätte - nach dem mehrfachen Entgegenkommen, das [der rechtsfreundliche Vertreter] bereits gezeigt habe - ein weiteres Ersuchen, ob anstelle einer Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates nicht eine Berufungsvorentscheidung inhaltsgleich als eine Entscheidung über die Berufung ergehen könne. [Der rechtsfreundliche Vertreter] erklärte sofort, dass er gegen eine derartige Vorgangsweise im Hinblick auf § 299 BAO prinzipiell Bedenken habe. Die protokollierte Zustimmung zur Berufungsvorentscheidung erfolgte erst, nachdem X als Antwort auf diese offen ausgesprochenen Bedenken [des rechtsfreundlichen Vertreters] erklärte, man könne sich darauf verlassen, dass das Finanzamt nicht mit § 299 BAO vorgehen werde, sie erfolgte im Vertrauen auf diese Zusage, nachdem auch die oben bereits namentlich genannten beiden Damen aus der Steuerberatungskanzlei erklärten, an der Paktfähigkeit des Finanzamtes nach dieser zweifelsfreien Aussage keinen Zweifel zu haben.
B. Die jetzt zusagewidrig in Aussicht gestellte Anwendung des § 299 BAO wäre rechtswidrig und stellt die Paktfähigkeit der Finanzverwaltung - nicht nur des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart - in Frage. Entscheidungen nach § 299 BAO sind Ermessensentscheidungen (, , bzw. zu § 299 BAO neu Ritz, BAO3, Tz 53; Richtlinie , 10103/8023-VI/2006).
Erginge nun - nach hiemit erfolgter schriftlicher Dokumentation der Zusage des Finanzamtes vom - ein Bescheid nach § 299 BAO, so wäre der Ermessensfehler von einer Schwere, die nur als Ermessensmissbrauch bezeichnet werden kann.
Wäre wie vorgesehen auf Grund der Berufung und der Verhandlung vor dem Unabhängigen Finanzsenat (allein zuständig war der Einzelbeamte) die Entscheidung ergangen, so wäre diese unanfechtbar und unaufhebbar, da kein Anwendungsfall des § 300 BAO vorliegt. Eine Aufhebung wäre demzufolge nicht möglich gewesen und auch gar nicht erfolgt.
Die jetzt angekündigte Aufhebung wird verfahrensrechtlich ausschließlich dadurch ermöglicht, dass dem Vertreter des Abgabepflichtigen ein entsprechender Vorschlag in Richtung Berufungsvorentscheidung verbunden mit der Zusicherung, diese nicht nach § 299 BAO aufzuheben, gemacht wurde und der Bw. durch seine Vertretung nach Rücksprache mit der Steuerberatung dem zustimmte.
Beweis: alle bei der Berufungsverhandlung anwesenden Personen.
C. Es sei betont, dass es hier nicht im Geringsten darum geht, dass der Inhalt der zu fällenden Entscheidung abzusprechen gewesen wäre, sodass alle Überlegungen in Richtung Amtswegigkeit des Verfahrens und der Abgabenfestsetzung fehl gingen. Gegenstand der verbindlichen Absprache war vielmehr ausschließlich der verfahrensrechtliche Weg, wie über die Berufung entschieden wird. Stoll betont ausdrücklich, dass der Grundsatz von Treu und Glauben auch im öffentlichen Recht und somit auch im Verfahrensrecht gilt. "Dies, zumal Treu und Glauben ganz allgemein das Gebot der Redlichkeit und das Verbot arglistigen oder treuwidrigen Verhaltens (auch in Verfahren) in sich schließt (vgl. auch Fasching, Lehrbuch2, Rz 139, unter vergleichenden Hinweisen auf die im Verfassungsrang stehende Vorschrift des Art. 6 MRK, die das Gebot eines fairen Verfahrens zum Ausdruck bringt und überdies eine Verletzung von Treu und Glauben durch die Behörde Willkür und damit einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bedeuten kann (beispielsweise ) ..."
Dazu ist auch auf die (bei Stoll aaO 1294 zitierten) Ausführungen des Finanz- und Budgetausschusses zur Beratung des § 115 BAO (AB BlgNR IX. GP, 456) zu verweisen. "Der Ausschuss ist sich dessen bewusst, dass im Hinblick auf die Besonderheiten der Beziehungen, die ein Abgabenverfahren zwangsläufig unter den Beteiligten schafft, ein gewisses, auf Treu und Glauben aufgebautes gegenseitiges Vertrauensverhältnis unentbehrlich ist. Er erwartet daher, dass bei der Handhabung dieses Gesetzes ... die Behörden sich so verhalten, ... dass ... auch die Abgabepflichtigen darauf vertrauen können, die Behörden hielten ihre Maßnahmen nur in dem zur Erfüllung ihrer Aufgaben unbedingt notwendigen Rahmen."
Ein allfälliger, auf § 299 BAO gestützter Bescheid stünde außerhalb der gesetzlichen Grenzen.
D. Die Erlassung eines Bescheides nach § 299 BAO hat nicht nur aus Überlegungen zum Ermessen zu unterbleiben, sondern auch deshalb, weil die am zugestellte, vom Vorstand, X, persönlich unterschriebene Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart richtig ist, demzufolge das Tatbestandsmerkmal des § 299 BAO "wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist" nicht erfüllt ist. Die Rechtskraft ist zu beachten. Recht, das keine Kraft hat, ist nicht Recht (Klecatsky, DOV 1967, 593), ein allfälliger Bescheid nach § 299 BAO folglich krasses Unrecht.
[...]"
Am wurde das Rechtsmittel der Abgabenbehörde II. Instanz zur Entscheidung vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Rechtsgrundlagen:
- § 299 Abs. 1 und 2 BAO, BGBl. Nr. 194/1961 idF BGBl. I Nr. 124/2003, lautet:
"(1) Die Abgabenbehörde erster Instanz kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
(2) Mit dem aufhebenden Bescheid ist der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden."
- Gemäß § 302 Abs. 1 BAO idF BGBl. I Nr. 97/2002 sind Aufhebungen gemäß § 299 BAO bis zum Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe (§ 97 leg. cit.) des Bescheides zulässig.
2. Festgestellter Sachverhalt und rechtliche Würdigung:
Im fortgesetzten Verfahren vor dem Unabhängigen Finanzsenat (die Berufungsentscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat X) vom , GZ. RV/80-17/13/2000, war mit Erkenntnis , wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben worden) beantragte der rechtsfreundliche Vertreter des Bw. die Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat und die Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung. Am brachte er wegen Verletzung der Entscheidungspflicht Säumnisbeschwerde beim VwGH ein; dieser leitete am das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde die Erlassung des versäumten Bescheides binnen dreier Monate auf.
Daraufhin beraumte der Unabhängige Finanzsenat die mündliche Berufungsverhandlung vor dem gesamten Berufungssenat für den am Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart, Standort Eisenstadt, an; sie konnte jedoch nicht abgehalten werden, weil der von der Kammer für Arbeiter und Angestellte Burgenland entsendete Beisitzer nicht erschienen war.
Daraufhin zog der rechtsfreundliche Vertreter des Bw. den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Berufungssenat zurück. In weiterer Folge fand daher die mündliche Berufungsverhandlung vor dem Referenten (Einzelbeamten) W statt; als Vertreterin des Finanzamtes war X anwesend. Neben dem rechtsfreundlichen Vertreter des Bw. nahmen auch Y und Z von der steuerlichen Vertretung des Bw., der D-GmbH, an der mündlichen Berufungsverhandlung teil.
Auf Grund der ordnungsgemäß aufgenommenen Niederschrift vom , gegen die keine Einwendungen erhoben wurden und die daher über den Gegenstand und den Verlauf der mündlichen Berufungsverhandlung vom selben Tag (vollen) Beweis liefert (Ritz, BAO3, § 88 Tz 2), steht weiters außer Streit (zum vollständigen Wortlaut der Niederschrift siehe oben Punkt b) in der Darstellung des Verfahrensganges in dieser Berufungsentscheidung):
Zwischen den Parteien des abgabenbehördlichen Berufungsverfahrens bestand Einvernehmen, dass gemäß § 63 Abs. 1 VwGG die Behörde im fortgesetzten Verfahren bei Erlassung des Ersatzbescheides inhaltlich an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes im aufhebenden Erkenntnis () gebunden ist. Einvernehmlich gingen beide Parteien davon aus, dass der Verwaltungsgerichtshof in der aufhebenden Entscheidung das Vorliegen eines gemeinschaftsrechtlichen Wahlrechts (betreffend die umsatzsteuerliche Zuordnung eines Gebäudes zum Unternehmensbereich) im Sinne der bisherigen Rechtsprechung des EuGH bejaht hatte.
Nachdem auch hinsichtlich der (ertragsteuerlichen) Zuordnung der Nutzflächen des streitgegenständlichen Gebäudes zum Betriebsvermögen zwischen den Verfahrensparteien Einvernehmen erzielt worden war, wurden - nach eingehender Erörterung der Berechnungsgrundlagen unter Zugrundelegung des außer Streit gestellten Sachverhaltes - die Bemessungsgrundlagen und Vorsteuerbeträge für die Jahre 1995 und 1996 von den beiden Parteien ebenfalls außer Streit gestellt. Aus Gründen der Verfahrensökonomie und um das Berufungsverfahren rascher abschließen zu können, wurde - wiederum einvernehmlich - vereinbart, dass seitens des Finanzamtes eine dem in der oa. Niederschrift festgehaltenen Verhandlungsergebnis vollinhaltlich Rechnung tragende Berufungsvorentscheidung ergehen wird. Eine ausdrückliche Zusage der Vertreterin des Finanzamtes, X, der rechtsfreundliche Vertreter könne sich darauf verlassen, dass die Abgabenbehörde I. Instanz nicht nach § 299 BAO vorgehen werde, ist der Niederschrift zwar nicht explizit zu entnehmen; an der Glaubwürdigkeit der diesbezüglichen Aussagen des rechtsfreundlichen Vertreters in seiner Berufung und der Vertreter der D-GmbH in deren Schreiben vom (siehe oben in der Darstellung des Verfahrensganges) besteht jedoch kein Zweifel, zumal der rechtsfreundliche Vertreter, wie er selbst ausführt, der gewählten Vorgangsweise (Erlassung einer Berufungsvorentscheidung durch das Finanzamt anstelle einer Berufungsentscheidung durch den Unabhängigen Finanzsenat) bei Fehlen einer derartigen Zusage seitens des Finanzamtes nicht zugestimmt hätte.
In weiterer Folge erließ das Finanzamt die Bezug habende Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 1995 und 1996 gemäß dem in der mündlichen Berufungsverhandlung erzielten Einvernehmen mit dem rechtsfreundlichen Vertreter und der mit diesem vereinbarten Vorgangsweise; begründend verwies das Finanzamt auf die "Niederschrift über die mündliche Berufungsverhandlung vom ".
Nachdem der Unabhängige Finanzsenat eine Abschrift der oa. Berufungsvorentscheidung dem VwGH vorgelegt hatte, stellte dieser mit Beschluss vom das Verfahren über die Säumnisbeschwerde ein.
Am , sohin wenige Tage vor Ablauf der in § 302 Abs. 1 BAO normierten Einjahresfrist, hob das Finanzamt die oa. Berufungsvorentscheidung hinsichtlich Umsatzsteuer 1995 und 1996 gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf. In der Ermessensbegründung des Aufhebungsbescheides wurde auf das Erlangen eines insgesamt rechtmäßigen Ergebnisses, auf das Prinzip der Rechtsrichtigkeit, dem Vorrang gegenüber dem Prinzip der Billigkeit eingeräumt werde, und auf das öffentliche Interesse sowie die Gleichmäßigkeit der Besteuerung verwiesen; auf das in der mündlichen Berufungsverhandlung vom erzielte und niederschriftlich festgehaltene Einvernehmen zwischen rechtsfreundlichem Vertreter und Finanzamt und die vereinbarte weitere, ebenfalls protokollierte Vorgangsweise wurde im Aufhebungsbescheid hingegen mit keinem Wort eingegangen.
Mit (neuer) Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der Berufung des Bw. hinsichtlich Umsatzsteuer für die Jahre 1995 und 1996 (nur mehr) teilweise statt (siehe dazu ausführlich oben Punkt c) in der Darstellung des Verfahrensganges).
Von diesem festgestellten Sachverhalt geht der Unabhängige Finanzsenat aus.
§ 299 BAO neu gestattet Aufhebungen nur mehr, wenn der Bescheid sich als nicht richtig erweist (Ritz, BAO3, § 299 Tz 9). Die Aufhebung setzt die Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht (Ritz, § 299 Tz 13, mit weiteren Nachweisen).
Die Aufhebung nach § 299 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen der Abgabenbehörde (Ritz, § 299 Tz 52). Die Begründung des Aufhebungsbescheides hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO darzulegen (Ritz, § 299 Tz 40, mit Verweis auf ). Sie hat weiters die Gründe für die Ermessensübung eingehend darzustellen (). Ein Hinweis auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung wird vielfach ausreichend sein, nicht jedoch, wenn anderen Kriterien nach den Umständen des Einzelfalles maßgebende Bedeutung bei der Ermessensübung zukommt (Ritz, § 299 Tz 40).
Ermessensentscheidungen erfordern eine Abwägung der ermessensrelevanten Umstände; diese Abwägung ist nach Maßgabe des § 93 Abs. 3 lit. a BAO in der Begründung des Aufhebungsbescheides darzustellen (Ritz, § 299 Tz 53, mit Judikaturnachweis). Der Grundsatz von Treu und Glauben kann gegen eine Aufhebung sprechen (Ritz, § 299 Tz 56, und die dort angeführte Literatur und Judikatur); unter diesem Grundsatz, der auch im Abgabenrecht zu beachten ist (Ritz, § 114 Tz 6), versteht man, dass jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat und sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen darf, was er früher vertreten hat und worauf andere vertraut haben (Ritz, § 114 Tz 6, mit Verweis auf , , , und auf Doralt/Ruppe, Steuerrecht II4, Tz 371).
Auf dem Boden dieser von Rechtsprechung und Lehre herausgearbeiteten Grundsätze erweist sich die Ermessensübung des Finanzamtes im angefochtenen Aufhebungsbescheid als rechtswidrig:
Trotz des in der mündlichen Berufungsverhandlung zwischen den Verfahrensparteien erzielten Einvernehmens, des Außer-Streit-Stellens der Bemessungsgrundlagen und Vorsteuerbeträge, der Vereinbarung, dass seitens des Finanzamtes eine dem in der Niederschrift vom festgehaltenen Verhandlungsergebnis vollinhaltlich Rechnung tragende Berufungsvorentscheidung ergehen wird (verbunden mit der Zusage des Finanzamtes, nach Erlassung der Berufungsvorentscheidung nicht nach § 299 BAO vorzugehen) und des darauf begründeten Vertrauens des rechtsfreundlichen Vertreters, hat die Abgabenbehörde I. Instanz die zunächst vereinbarungsgemäß erlassene Berufungsvorentscheidung vom , in deren Begründung sie sich sogar noch ausdrücklich auf den Inhalt der Niederschrift über die mündliche Berufungsverhandlung vom berufen hatte, am gemäß § 299 BAO aufgehoben.
Mit dieser Vorgangsweise hat das Finanzamt klar gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wonach jeder, der am Rechtsleben teilnimmt, zu seinem Wort und zu seinem Verhalten zu stehen hat (Gebot der Redlichkeit), verstoßen.
Zur Rechtswidrigkeit der Ermessensübung der Abgabenbehörde I. Instanz kommt freilich auch die mangelhafte Ermessensbegründung des angefochtenen Aufhebungsbescheides, hat doch, wie bereits ausgeführt, die Begründung des Aufhebungsbescheides nicht nur das Vorliegen der Voraussetzungen des § 299 BAO darzulegen, sondern auch die Gründe für die Ermessensübung eingehend darzustellen (Ritz, § 299 Tz 40); Ermessensentscheidungen erfordern eine Abwägung der ermessensrelevanten Umstände; diese Abwägung ist in der Begründung des Aufhebungsbescheides darzustellen (Ritz, § 299 Tz 53; siehe oben).
Diesen Anforderungen genügt der angefochtene Aufhebungsbescheid nicht, ist doch ein Verweis auf die Gleichmäßigkeit der Besteuerung, das öffentliche Interesse etc. dann nicht ausreichend, wenn - wie im gegenständlichen Fall - anderen Kriterien maßgebende Bedeutung bei der Ermessensübung zukommt (vgl. Ritz, § 299 Tz 40; siehe oben): Auf das in der mündlichen Berufungsverhandlung vom erzielte und niederschriftlich festgehaltene Einvernehmen zwischen rechtsfreundlichem Vertreter und Finanzamt und die vereinbarte weitere, ebenfalls protokollierte Vorgangsweise wurde im Aufhebungsbescheid nämlich mit keinem Wort eingegangen; eine Abwägung der ermessensrelevanten Umstände erfolgte nicht.
Zusammenfassend ist daher seitens des Unabhängigen Finanzsenates festzuhalten, dass der rechtsfreundliche Vertreter mit seiner Argumentation, bei richtiger Ermessensübung durch das Finanzamt hätte die Aufhebung der (ursprünglichen) Berufungsvorentscheidung unterbleiben müssen, im Recht ist.
Da sich der angefochtene Aufhebungsbescheid bereits aus den dargelegten Gründen als rechtswidrig erweist und somit (ersatzlos) aufzuheben ist, erübrigt sich es sich, auf die weiteren, vom rechtsfreundlichen Vertreter vorgebrachten Argumente zur Rechtswidrigkeit dieses Bescheides näher einzugehen. Da mit der Aufhebung dieses Bescheides die angefochtene (neue) Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 vom ex lege aus dem Rechtsbestand ausscheidet (die (ursprüngliche) Berufungsvorentscheidung betreffend Umsatzsteuer 1995 und 1996 vom tritt wieder in Kraft), ist auch auf die im Vorlageantrag gegen die (neue) Berufungsvorentscheidung vom vorgebrachten Argumente des rechtsfreundlichen Vertreters nicht mehr einzugehen; vielmehr ist dieser Vorlageantrag als unzulässig geworden zurückzuweisen.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Wien,
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 299 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Aufhebungsbescheid Berufungsvorentscheidung Niederschrift Beweis mündliche Berufungsverhandlung gemeinschaftsrechtliches Wahlrecht EuGH Umsatzsteuer Vorsteuerabzug Vorsteuerausschluss Gebäude Zuordnung Unternehmen Bindungswirkung fortgesetztes Verfahren Einvernehmen Vereinbarung Zusage Vertrauen Grundsatz von Treu und Glauben Gebot der Redlichkeit Ermessensübung Ermessensbegründung Ermessensentscheidung Gleichmäßigkeit der Besteuerung |
Verweise | Ritz, BAO³, § 88, Tz 2, § 114, Tz 6, § 299, Tz 9, § 299, Tz 13, § 299, Tz 40, § 299, Tz 52, § 299, Tz 53, § 299,Tz 56 Doralt/Ruppe, Steuerrecht II, Tz 371 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at