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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 11.03.2009, RV/0153-L/07

Auswärtige Berufsausbildung eines Kindes, keine Verordnungsgemeinde


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Miterledigte GZ:
RV/0173-L/07

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des H.H., Adresse, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch Gertrude Schöftner, vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für die Jahre 2003, 2004 und 2005 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Tochter des Berufungswerbers (Bw) besuchte ab dem Schuljahr 2001/2002 bis zum Schuljahr 2005/2005 die höhere Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe in F..

Mit am beim zuständigen Finanzamt eingereichten elektronischen Erklärungen betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2003, 2004 und 2005 machte der Bw für jedes dieser Jahre eine außergewöhnliche Belastung aufgrund der Berufsausbildung seiner Tochter außerhalb des Wohnortes gemäß § 34 Abs 8 EStG 1988 geltend.

Mit Bescheiden vom führte die Abgabenbehörde erster Instanz die Einkommensteuerveranlagungen für die Jahre 2003, 2004 und 2005 durch ohne Berücksichtigung der vom Bw beantragten außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 Abs 8 EStG 1988. Begründend führte das Finanzamt aus, dass Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes nicht als außergewöhnliche Belastung gelten, wenn auch im Einzugsbereich des Wohnortes eine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit bestehe. Eine solche sei im Falle der Tochter des Bw gegeben, sodass die geltend gemachten Aufwendungen nicht zu berücksichtigen wären.

Gegen die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003, 2004 und 2005 erhob der Bw mit Schreiben vom das Rechtsmittel der Berufung.

Mit Berufungsvorentscheidungen vom (für die Jahre 2003 und 2004) bzw. vom (für das Jahr 2005) wurden die gegenständlichen Berufungen vollinhaltlich mit folgender Begründung abgewiesen: Ein Ausbildungsort liege dann nicht im Einzugsbereich des Wohnortes, wenn die Fahrtzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort bzw. vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde bei Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels betrage. Für das günstigste Verkehrsmittel sei ausreichend, dass in jeder Richtung je ein Verkehrsmittel zwischen den in Betracht kommenden Gemeinden existiere, das die Strecke in einem geringeren Zeitraum als einer Stunde bewältige. Da laut Auskunft des oberösterreichischen Verkehrsverbundes ein solch günstiges Verkehrsmittel sowohl zum wie auch vom Ausbildungsort gegeben sei, wäre die Berufung abzuweisen gewesen.

Mit Schriftsätzen vom (Einkommensteuer 2003 und 2004) bzw. vom (Einkommensteuer 2005) stellte der Bw einen Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Die Anträge begründete er wie folgt: Ein Ausbildungsort liege dann nicht im Einzugsbereich des Wohnortes, wenn die Fahrtzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort bzw. vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde bei Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels betrage. Es sei auch laut oberösterreichischem Verkehrsverbund richtig, dass zwischen den in Betracht kommenden Gemeinden ein Verkehrsmittel existiere, das diese Strecke in einem geringeren Zeitraum als einer Stunde bewältige; dies sei aber nur täglich um 14.00 Uhr der Fall.

Da das Schulende seiner Tochter aber nach 14.00 Uhr gewesen sei, wäre es seiner Tochter nicht möglich gewesen, den Bus um 14.00 Uhr zu erreichen. Somit sei nur mehr die Möglichkeit gewesen mit dem Bus um 18.00 Uhr nach Hause zu kommen. Dieser habe aber mehr als eine Stunde für die zu bewältigende Strecke in Anspruch genommen.

Zum Beweis seiner Ausführungen legte der Bw folgende Unterlagen an die Abgabenbehörde erster Instanz vor:


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Schulbesuchsbestätigung der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe in F.S.: Laut Bestätigung besuchte die Tochter dieses Schule ab dem Schuljahr 2001/2002 und schloss im Schuljahr 2005/2006 diese mit der Matura ab.
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Stundenplan für das Schuljahr 2003/2004: Aus diesem ergibt sich, dass die Tochter des Bw jeweils Montag, Mittwoch und Donnerstag bis 17.05 Uhr Unterricht hatte, Dienstag und Freitag bis jeweils 13.35 Uhr.
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Stundenplan für das Schuljahr 2004/2005: Aus diesem ergibt sich, dass Tochter Barbara am Montag bis 17.05 Uhr Unterricht hatte, jeweils am Dienstag und Donnerstag bis 17.55 Uhr und jeweils am Mittwoch und am Freitag bis 13.35 Uhr.
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Bestätigung der Firma RD mit folgendem Inhalt: "Wir bestätigen Frau H.B., dass von 2003 - 2006 täglich die Fahrzeit des Schulbuses mehr als eine Stunde Fahrtzeit betrug. (LinieX)".

Mit Vorlage vom kam das zuständige Finanzamt dem Antrag des Bw nach und legte die gegenständlichen Berufungen an die Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

Zur endgültigen Abklärung des Sachverhaltes wurde am Herr P. jun. telefonisch über den Inhalt der unter Punkt 4. angeführten Bestätigung befragt. Laut Auskunft von Herrn P. handelt es sich bei der in der Bestätigung angesprochenen Buslinie um einen von der Post angemieteten Schulbus seiner Firma, der täglich von Montag bis Freitag um 18.25 Uhr von F. über St. L. Richtung WN verkehrt. Die Fahrtzeit des Busses für die Strecke F. - WN beträgt laut Aussage von Herrn P. 50, längstens 55 Minuten.

Über die Berufung wurde erwogen:

Aufgrund des vom Finanzamt vorgelegten Arbeitnehmerveranlagungsaktes und der druchgeführten Erhebungen der Abgabenbehörde zweiter Instanz steht folgender Sachverhalt fest: Der Wohnsitz der Familie ist N. bei W.. Die Tochter des Bw absolvierte im berufungsgegenständlichen Zeitraum eine Berufsausbildung in Form des Besuches der Höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Berufe in F.S. . Die Kosten für die Berufsausbildung trug der Bw. Der Ausbildungsort ist vom Wohnort weniger als 80 km entfernt, die Fahrtzeit zwischen diesen beiden Orten mit einem öffentlichen Verkehrsmittel (Bus) beträgt in beide Richtungen weniger als eine Stunde. Aufgrund der Unterrichtszeiten musste die Tochter sowohl im Schuljahr 2003/2004 als auch im Schuljahr 2004/2005 an drei Tagen je Schulwoche zur Heimfahrt den Bus um 18.25 Uhr nehmen, an den restlichen zwei Wochentagen konnte sie den Bus um 14.02 Uhr benutzen.

Rechtlich folgt daraus:

Gemäß § 34 Abs 8 EStG 1988 gelten Aufwendungen für eine Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes dann als außergewöhnliche Belastung , wenn im Einzugsbereich des Wohnortes keine entsprechende Ausbildungsmöglichkeit besteht. Diese außergewöhnliche Belastung wird durch Abzug eines Pauschbetrages von 110 Euro pro Monat der Berufsausbildung berücksichtigt.

§ 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Berufsausbildung eines Kindes außerhalb des Wohnortes, BGBl. Nr. 624/1995 i.d.F. BGBl. II Nr. 449/2001, lautet:

"§ 2. (1) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten dann als nicht innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn die Fahrzeit vom Wohnort zum Ausbildungsort und vom Ausbildungsort zum Wohnort mehr als je eine Stunde unter Benützung des günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden.

(2) Ausbildungsstätten innerhalb einer Entfernung von 80 km zum Wohnort gelten als innerhalb des Einzugsbereiches des Wohnortes gelegen, wenn von diesen Gemeinden die tägliche Hin- und Rückfahrt zum und vom Studienort nach den Verordnungen gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, zeitlich noch zumutbar sind. Abweichend davon kann nachgewiesen werden, dass von einer Gemeinde die tägliche Fahrzeit zum und vom Studienort unter Benützung der günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel mehr als je eine Stunde beträgt. Dabei sind die Grundsätze des § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden. In diesem Fall gilt die tägliche Fahrt von dieser Gemeinde an den Studienort trotz Nennung in einer Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, in der jeweils geltenden Fassung als nicht mehr zumutbar.

Freistadt ist in keiner Verordnung gemäß § 26 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes als Ausbildungsort genannt, weswegen § 2 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1994 heranzuziehen ist.

Der Nachweis des länger als eine Stunde dauernden Schulweges nach § 2 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 624/1994 ist an Hand der Grundsätze des StudienförderungsG 1992 - und nicht an Hand der Ermittlungsgrundsätze des § 2 Abs. 1 Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 in der Stammfassung für jene Ausbildungsorte, die in keiner Verordnung nach § 26 Abs. 3 StudienförderungsG 1992 genannt sind - zu führen (; ; , u.v.a).

Nach Ansicht des VfGH kann der in § 26 StudienförderungsG 1992 verwendete Begriff des "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittels" nicht anders als dahin verstanden werden, dass in jede Richtung je ein Verkehrsmittel zwischen den in Betracht kommenden Gemeinden besteht, das die Strecke in einem geringeren Zeitraum als einer Stunde bewältigt (). Diese Rechtsprechung fand auch in Rz 883 LStR 2002 Eingang. Dies ist gegenständlich der Fall.

Dieses öffentliche Verkehrsmittel muss grundsätzlich auch konkret für den Auszubildenden verwendbar sein (vgl. UFS RV/3891-W/02). Auch diese Voraussetzung trifft zu.

Nach § 2 Abs. 2 Verordnung BGBl. Nr. 624/1995 i.V.m. § 22 Verordnung BGBl. Nr. 605/1993 i.d.F. BGBl. II Nr. 295/2001 sind zwar Wartezeiten, die beim Umsteigen außerhalb des Heimat- oder Studienortes (regelmäßig) anfallen, zu berücksichtigen, nicht aber die Zeiten zwischen Ankunft im Ausbildungsort und Ausbildungsbeginn sowie zwischen Ausbildungsende und Abfahrt des Verkehrsmittels, ebenso nicht andere Wartezeiten, Fußwege sowie Fahrten im Heimatort oder im Studienort (vgl. Rz 883 LStR 2002).

Da die Verordnung hinsichtlich der Nachweisführung einer eine Stunde übersteigenden Wegzeit auf die jeweilige Gemeinde (den Wohnort bzw. den Ausbildungsort) und nicht auf die Wohnung bzw. die Ausbildungsstätte abstellt, ist somit nicht die tatsächliche Gesamtfahrzeit maßgebend, sondern die Fahrzeit mit dem "günstigsten öffentlichen Verkehrsmittel" zwischen diesen beiden Gemeinden. Hierbei ist die Fahrzeit zwischen jenen Punkten der jeweiligen Gemeinden heranzuziehen, an denen üblicherweise die Fahrt zwischen diesen Gemeinden mit dem jeweiligen öffentlichen Verkehrsmittel angetreten bzw. beendet wird (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, EStG 1988, § 34 Anm. 71; Lohnsteuerprotokoll 2002, Punkt 1.18.3; ); ).

Im Geltungsbereich der Verordnung BGBl.Nr. 624/1995 ist die Strecke zwischen der zentralen Haltestelle des in Betracht kommenden öffentlichen Verkehrsmittels im Wohnort einerseits und der zentralen Haltestelle im Ausbildungsort andererseits maßgebend. Kann diese Strecke mit zumutbarer Weise verwendbaren öffentlichen Verkehrsmitteln mit einer Gesamtfahrzeit von weniger als einer Stunde zurückgelegt werden, kommt die Gewährung des Pauschbetrages nach § 34 Abs 8 EStG 1988 nicht in Betracht (vgl. Wiesner/Atzmüller/Grabner/Leitner/Wanke, a.a.O.).

Wie bereits obenstehend ausführlich dargestellt, beträgt im gegenständlichen Fall die Fahrtzeit zwischen Wohn- und Ausbildungsort in beiden Fällen weniger als eine Stunde.

Die Behauptung des Bw in den Anträgen auf Vorlage der Berufungen (untermauert durch die, wie sich im Zuge der Erhebungen herausstellte, offensichtlich unrichtig ausgestellte Bestätigung der Firma P. ) - der Bus um 18.00 Uhr benötige für die zu bewältigende Strecke einen Zeitraum von mehr als einer Stunde - stellte sich aufgrund der Befragung des Betreibers dieser Buslinie als nicht zutreffend heraus. Aber auch wenn sich dieses Vorbringen als richtig erwiesen hätte, hätte es den Berufungen aus folgendem Grund nicht zum Erfolg verhelfen können: Wird die Fahrtzeit nur in einer Richtung (geringfügig) überschritten - dies wäre unter Annahme der Richtigkeit der Behauptung des Bw der Fall gewesen - so liegt trotzdem keine Überschreitung des Einzugsbereiches vor, da die Fahrtzeit in beiden Richtungen mehr als eine Stunde betragen muss (vgl. Fuchsin Hofstätter/Reichel, § 34 Einzelfälle "Auswärtige Berufsausbildung"). Dies wurde selbst vom Bw nicht behauptet.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass gegenständlich keine auswärtige Berufsausbildung eines Kindes gegeben ist, die zur Zuerkennung des Pauschbetrages aufgrund einer außergewöhnlichen Belastung gemäß § 34 Abs 8 EStG 1988 führen könnte. Aus den obenstehend angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Auswärtige Berufsausbildung
keine Verordnungsgemeinde

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at