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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 11.03.2009, RV/1773-W/08

Reparaturkosten nach Verkehrsunfall bei beruflich veranlasster Fahrt

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Barbara Huber, Steuerberater, 1210 Wien, Mühlschüttelgasse 59/2/9,vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber machte im Zuge der Arbeitnehmerveranlagung für das Kalenderjahr 2006 die nunmehr strittigen Aufwendungen für den Verkehrsunfallschaden in der Höhe von € 4.235,50 im Zuge einer Dienstreise als Werbungskosten geltend. Der Unfall habe sich im Rahmen einer Dienstreise für seinen Arbeitgeber ereignet. Der Schaden sei von der gegnerischen Haftpflichtversicherung nicht bezahlt worden, eine Vollkaskoversicherung habe nicht bestanden. Ein Kostenersatz durch den Dienstgeber habe nicht stattgefunden. Vorgelegt wurden vom Bw. ein von den am Unfall beteiligten Personen unterschriebener Unfallbericht, sowie als Zeitnachweis und zum Beweis dafür, dass vom Dienstgeber kein Kostenersatz geleistet wurde die Reiskostenabrechnung an den Arbeitgeber. Weiters wurde ein Ausdruck der E-Mail an die Wiener Städtische Versicherung mit welchem der Unfallbericht und die Annahme eines Anbotes für eine Vollkaskoversicherung übermittelt wurden als Beweismittel vorgelegt.

Die geltend gemachten Werbungskosten wurden wegen Nichtbeibringung benötigter Unterlagen (Unfallprotokoll und Schadensmeldung) nicht antragsgemäß berücksichtigt.

In der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung bringt der Bw. vor, die angeforderten Unterlagen mit Schreiben vom übermittelt und die Fragen beantwortet zu haben.

Ein Unfallprotokoll existiere nicht, da keine Polizei hinzugezogen wurde, es wurde von den am Unfall Beteiligten der bereits vorgelegte Unfallbericht abgefasst und unterschrieben. Die Unfallmeldung gehe aus der elektronischen Übermittlung des Unfallberichtes an die Versicherung hervor. Des weiteren wird vom Bw. im wesentlichen vorgebracht, dass nur leichte Fahrlässigkeit vorliege, welche einer Berücksichtigung der Reparaturkosten als Werbungskosten nicht entgegenstehe.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt vorstehende Berufung als unbegründet ab und begründete dies mit dem Vorliegen von grober Fahrlässigkeit.

Der Bw. wendet sich in der Hauptsache gegen die Annahme von grober Fahrlässigkeit und führte neben der Zitierung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Unfallhergang aus, dass die in der Skizze zum Unfallhergang eingezeichnete Kreuzung durch eine Ampel geregelt ist. Die "halb links" Abbiegespur befinde sich nicht wie auf der Unfallskizze abgebildet unmittelbar neben der "scharf links" Abbiegespur, sondern beginne erst nach einer geschätzten geraden Strecke von 150 Metern.

Zum Unfallhergang wurde wie folgt ausgeführt:

Die auf der Unfallskizze nicht ersichtliche Ampel war rot. Mein Unfallgegner stand bereits vor Ort und wartete auf das Grünzeichen. Mit seinem LKW hat er die Bodenmarkierung verdeckt, sodass mir nur meine Bodenmarkierung ersichtlich war. Diese Bodenmarkierung interpretierte ich als "scharf links abbiegen", da die "halb links" Abbiegespur in weiterer Entfernung lag und rechts neben mir "gerade aus" Spuren vorhanden waren. Ich nahm weiters in logischer Konsequenz an, dass der LKW-Fahrer dieselbe Bodenmarkierung wie ich verdeckte, insbesondere da 2 "scharf links" Abbiegespuren vorhanden waren.

Nach Umschalten der Ampel auf Grün bin ich auf meiner Spur scharf links abgebogen und blieb auf der rechtesten "scharf links" Spur. Der LKW Lenker hingegen fuhr - auf Grund seiner Bodenmarkierung durchaus rechtens - geradeaus, um letztlich halblinks abbiegen zu können.

Als ich merkte, dass der der LKW-Fahrer geradeaus fuhr, bremste ich sofort, konnte jedoch einen Zusammenstoss nicht mehr vermeiden. Auch der LKW-Fahrer hatte mich auf Grund der erhöhten Sitzposition im LKW zu spät gesehen.

Erst nach dem Unfall habe ich die Bodenmarkierung wie im Unfallbericht eingezeichnet einsehen können und erkannt, dass ich rein objektiv gesehen einen Spurwechsel vorgenommen habe.

Subjektiv betrachtet sei jedoch kein schweres Fehlverhalten anzunehmen, da dem Bw. die Bodenmarkierung nicht einsichtig gewesen sei, er angenommen habe, dass der LKW-Fahrer dieselbe Bodenmarkierung wie er verdeckte und dem Bw. ein Spurwechsel nicht bewusst gewesen sei, er im Gegenteil von seiner Spurtreue ausgegangen sei. Der Schaden sei damit auch nicht vorhersehbar gewesen, und sei deshalb nur leicht fahrlässiges Verhalten vorwerfbar.

Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde mit Schreiben vom zurückgezogen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt wird von der entscheidenden Behörde als erwiesen angenommen:

Der Bw. beschädigte im Zuge einer beruflichen Fahrt in Innsbruck durch Kollision mit einem Transporter der Marke I., amtl. Kz. X EI sein Privatfahrzeug. Die Reparatur des Fahrzeuges verursachte Kosten in der Höhe von € 4.235,50. Der Bw. erhielt für diesen Schaden keine Versicherungsleistung, ein Kostenersatz durch den Dienstgeber des Bw. hat nicht stattgefunden.

Dieser Sachverhalt gründet sich auf die Erhebungen der Abgabenbehörde erster Instanz, sowie die Angaben des Bw. und ist rechtlich wie folgt zu beurteilen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen.

Aufwendungen im Zusammenhang mit einem auf einer beruflich veranlassten Fahrt erlittenen Verkehrsunfall können unter bestimmten Voraussetzungen Werbungskosten darstellen. Dies gilt jedenfalls für einen unverschuldeten Unfall. Tritt ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers hinzu, kann dadurch der berufliche Veranlassungszusammenhang unterbrochen werden. Ob ein Verkehrsunfall beruflich oder privat veranlasst ist, hängt u.a. vom Grad des Verschuldens des Lenkers ab. Zwar handelt es sich bei einem - wie im vorliegenden Fall - selbst verschuldeten Unfall um ein Fehlverhalten, das nicht durch die berufliche Tätigkeit veranlasst ist. Dieses Fehlverhalten tritt aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als ungewollte Verhaltenskomponente gegenüber dem angestrebten beruflichen Zweck dann in den Hintergrund, wenn der Verkehrsunfall nicht durch ein grob fahrlässiges Verhalten des Lenkers verursacht wurde (vgl. ; ).

Grobe Fahrlässigkeit setzt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein Verhalten voraus, von dem der Handelnde wusste oder wissen musste, dass es geeignet ist, den Eintritt des Schadens zu fördern. Die Schadenswahrscheinlichkeit muss offenkundig so groß sein, dass es ohne weiteres nahe liegt, zur Vermeidung eines Schadens ein anderes Verhalten als das tatsächlich geübte in Betracht zu ziehen. Als grobe Fahrlässigkeit im Sinne des Versicherungsvertragsrechts ist eine besonders auffällige, über die alltäglichen Fahrlässigkeitshandlungen erheblich hinausgehende Außerachtlassung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt zu verstehen (vgl. ; ).

Der Bw. fuhr mit seinem Fahrzeug auf der H. Straße Richtung G. Brücke und befand sich auf der zweiten rechts gelegenen Linksabbiegespur. Die ganz linke Spur berechtigt zum Abbiegen (scharf links) in die S. und zum Abbiegen (halb links) zur G. Brücke. Auf der vom Bw. benutzten Fahrspur ist nur ein Abbiegen (halblinks) zur G. Brücke möglich. Durch das Abbiegen des Bw. (scharf links) kam es in der Folge zum Zusammenstoss mit dem auf der linken Fahrspur fahrenden und halblinks abbiegenden Unfallgegner.

Der Bw. bringt vor, sich im Irrtum darüber befunden zu haben, dass auf der von ihm benutzten Spur ein Abbiegen scharf links möglich gewesen sei.

Bei diesem Unfallhergang kann trotz bestehender klarer Ausschilderung ein grob fahrlässiges Verhalten im Sinne der oben zitierten Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht vorgeworfen werden, insbesondere kann von der erkennenden Behörde keine derart offenkundige Schadenswahrscheinlichkeit erblickt werden. Das zugegeben widerrechtliche Abbiegen von der vom Bw. benutzten Fahrspur stellt kein Fahrverhalten dar, das von auffallender Sorglosigkeit getragen war.

Da somit der Verkehrsunfall vom Bw. nicht grob fahrlässig verursacht wurde und die Kosten auch nicht durch eine Versicherung gedeckt waren, waren die Reparaturkosten im Sinne der höchstgerichtlichen Rechtsprechung als Werbungskosten anzuerkennen (; ; /00193).

Beilage : 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
grobe Fahrlässigkeit
Autounfall
Werbungskosten

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at