KWK-Anlage: Befreiung von der Elektrizitätsabgabe
Rechtssätze
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Stammrechtssätze | |
RV/0107-G/09-RS1 | Für die Berechnung des Ausmaßes Steuerbefreiung gemäß § 2 Z 2 Elektrizitätsabgabegesetz ist es unzulässig, eine outputbezogene Betrachtung anzustellen. |
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Allgemeine Revisions- und Treuhandgesellschaft m. b. H., 8011 Graz - Postfach 603, Brückenkopfgasse 1/2. OG, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Festsetzung der Elektrizitätsabgabe für 2005 und 2006 entschieden:
Die angefochtenen Bescheide werden gemäß § 289 Abs. 1 der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl Nr. 1961/194 idgF, unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufgehoben.
Begründung
Die Bw ist eine im Jahr 2003 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gesellschafter sind die Firma-S1 und die Firma-M. Die Bw betreibt eine sog. KWK-Anlage (Kraft-Wärme-Kopplung) auf ORC-Basis (Organic Ranking Cycle), bestehend aus drei baugleichen Anlagenlinien. Damit erzeugt sie seit April 2005 (Öko-)Strom. Primärenergieträger ist Rinde (bzw. fallweise auch Hackschnitzel). Einziger Additivenergieträger ist elektrischer Strom, der zum Betrieb von diversen Antrieben von Brennstoffförderanlagen, Gebläsen, Pumpen, Entaschungseinrichtungen, Lüftungsanlagen, Elektrofilter sowie der Leit- und Haustechnik dient (siehe Seite 7 des Berufungsschreibens). Lieferant ist die Firma-S2 (2005: 4.789.385,17 kWh; 2006: 7,902.568,26 kWh).
Strittig ist, ob die Bw für den Verbrauch der von der Firma-S2 gelieferten Elektrizität (ihren Eigenstrombedarf ausgenommen) zur Gänze gemäß § 2 Z 2 Elektrizitätsabgabegesetz von der Abgabe befreit ist (so die Bw).
Die Bw erklärte die Elektrizitätsabgabe lediglich für ihren Eigenstrombedarf, und zwar für das Jahr 2005 im Betrag von 5.475,90 Euro (verbrauchte elektrische Energie 365.060 kWh) und für das Jahr 2006 im Betrag von 7.612,04 Euro (verbrauchte elektrische Energie 507.469 kWh). Das Finanzamt setzte die Elektrizitätsabgabe zuerst für beide Jahre erklärungsgemäß fest.
Nach Durchführung einer Außenprüfung setzte das Finanzamt in der Folge mit den hier angefochtenen Bescheiden vom im wiederaufgenommenen Verfahren die Elektrizitätsabgabe für das Jahr 2005 mit dem Betrag von 64.629,60 Euro (Abgabennachforderung 59.153,70 Euro) und für das Jahr 2006 mit dem Betrag von 104.849,16 Euro (Abgabennachforderung 97.237,14 Euro) fest. Das Finanzamt geht davon aus, dass für den Verbrauch von Strom durch die Bw die Elektrizitätsabgabepflicht insoweit besteht, als damit Wärme erzeugt wurde. Das Ausmaß der Elektrizitätsabgabepflicht hat das Finanzamt im Schätzungsweg nach dem Verhältnis der erzeugten Strommenge zur erzeugten Wärmemenge ermittelt (siehe Punkt IV des Berichts vom über das Ergebnis der Außenprüfung).
Dagegen wendet sich die Bw nach zweimaliger Fristverlängerung mit Berufungsschreiben ihres steuerlichen Vertreters vom und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Elektrizitätsabgabebescheides 2005 und die erklärungsgemäße Festsetzung der Elektrizitätsabgabe 2006.
Das Finanzamt legte die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat im Februar 2009 zur Entscheidung vor.
Der Elektrizitätsabgabe unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Elektrizitätsabgabegesetz die Lieferung von elektrischer Energie im Steuergebiet, ausgenommen an Elektrizitätsunternehmen im Sinne des § 7 Z 8 des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) und an sonstige Wiederverkäufer, soweit die elektrische Energie zur Weiterlieferung bestimmt ist (Z 1), und der Verbrauch von elektrischer Energie durch Elektrizitätsunternehmen sowie der Verbrauch von selbst hergestellter oder in das Steuergebiet verbrachter elektrischer Energie im Steuergebiet (Z 2).
Von der Abgabe befreit ist gemäß § 2 Z 2 Elektrizitätsabgabegesetz elektrische Energie, soweit sie für die Erzeugung und Fortleitung von elektrischer Energie, von Erdgas oder von Mineralöl verwendet wird.
Abgabenschuldner ist gemäß § 3 Abs. 1 Elektrizitätsabgabegesetz im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 der Lieferer der elektrischen Energie (Z 1), und im Falle des § 1 Abs. 1 Z 2 derjenige, der die elektrische Energie verbraucht (Z 2).
Bemessungsgrundlage der Elektrizitätsabgabe ist gemäß § 4 Elektrizitätsabgabegesetz im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 die gelieferte elektrische Energie (Abs. 1 Z 1), und im Falle des § 1 Abs. 1 Z 2 die verbrauchte elektrische Energie in kWh (Abs. 1 Z 2). Die Abgabe beträgt 0,015 Euro je kWh (Abs. 2)
Der Abgabenschuldner hat gemäß § 5 Elektrizitätsabgabegesetz bis zum 15. des auf den Kalendermonat zweitfolgenden Monates (Fälligkeitstag) die Abgabe für die im Kalendermonat gelieferte oder verbrauchte bzw. weitergeleitete Menge elektrischer Energie selbst zu berechnen und zu entrichten (Abs. 1). Der Abgabenschuldner sowie der Netzbetreiber werden nach Ablauf des Kalenderjahres (Wirtschaftsjahres) zur Abgabe veranlagt. Bis zum 31. März eines jeden Jahres hat der Abgabenschuldner bzw. der Netzbetreiber dem Finanzamt eine Jahresabgabenerklärung für das vorangegangene Jahr zu übermitteln. In diese sind die Gesamtmenge der im vergangenen Jahr gelieferten oder verbrauchten bzw. weitergeleiteten Menge elektrischer Energie aufzunehmen (Abs. 4).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis , zur weitgehend wortgleichen Bestimmung des § 3 Abs. 2 Z. 2 Erdgasabgabegesetz betreffend die Vergütung von Erdgasabgabe bei sog. KWK-Anlagen entschieden:
3 .2. Wird Erdgas zur Stromerzeugung verwendet, ist es für die Anwendung des § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG unerheblich, ob eine bei der Stromerzeugung entstehende (Ab-)Wärme ungenutzt an die Umwelt abgegeben wird oder wirtschaftlich genutzt wird. Eine diesbezügliche Differenzierung enthält § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG nicht. Ist die Wärmenutzung daher mit keinem zusätzlichen Erdgasbedarf verbunden, schmälert sie die Erdgasabgabevergütung nicht. Insofern ist es - entgegen der Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid - abhängig von der technischen Ausgestaltung keinesfalls ausgeschlossen, dass der Nutzwärme für Zwecke der Anwendung des § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG kein zusätzlich notwendiger Brennstoffeinsatz zugeordnet wird.
Voraussetzung ist allerdings stets, dass der Energieeinsatz auch tatsächlich in vollem Umfang für die Stromerzeugung genutzt wurde und es sich daher nur mehr um eine Nutzung der technisch unvermeidbaren Abwärme handelt. Es ist daher beispielsweise insofern nicht begünstigt, einer Anlage mehr Erdgas zuzuführen als die Anlage an Prozessenergie für die Stromerzeugung braucht, um durch die erhöhte Zuführung zwar nicht die produzierte Strommenge, aber die als Fernwärme wirtschaftlich nutzbare Abwärmemenge zu erhöhen, wenn eine Kausalität bzw. Finalität für die Stromerzeugung fehlt.
3.3. Anders als von der Amtsbeschwerde unterstellt, enthält § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG keine outputbezogene Betrachtung, die für die Bestimmung des Vergütungsbetrages auf eine anteilige Aufteilung nach den mit der eingesetzten Erdgasmenge hergestellten Energieprodukten zurückgreifen würde.
Wie schon die bereits zitierten Erläuterungen zur Stammfassung verdeutlichen, liegt § 3 Abs. 2 Z 2 ErdgasabgabeG vielmehr eine inputbezogene, zweckorientierte Betrachtung zu Grunde, die im Falle der Stromerzeugung aus Erdgas "das dazu aufgewendete Erdgas" als solches steuerfrei stellt und damit den "Energieinput entlastet".
Nur wenn und insoweit die Erzeugung von Wärme bzw. deren Nutzung zu einem erhöhten Erdgasbedarf führt, findet eine Steuerneutralisierung nicht statt.
Vor diesem materiell-rechtlichen Hintergrund ist es auch bei Anwendung der vergleichbaren Bestimmung des § 2 Z 2 Elektrizitätsabgabegesetz unzulässig, eine outputbezogene Betrachtung anzustellen.
Gemäß § 289 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz die Berufung durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Berufungsvorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können.
Im Berufungsfall kann in sachverhaltsmäßiger Hinsicht aufgrund der Aktenlage nicht mit Gewissheit festgestellt werden, ob die von Seiten der Bw als nicht der Stromerzeugung zuzurechnend bekannt gegebenen "Stromverbrauchsmengen" (siehe Seite 13 des Berufungsschreibens) jenem Stromverbrauch entsprechen, der - im Sinne des hier dargestellten VwGH-Erkenntnisses - als "erhöhter Strombedarf" zur Erzeugung von Wärme bzw. deren Nutzung zu beurteilen ist.
Da es im Berufungsfall davon auszugehen ist, dass die diesbezüglichen Ermittlungen über bloße Ergänzung des Ermittlungsverfahrens hinausgehen, und um eine Verkürzung des Instanzenzuges bei der Überprüfung der Ergebnisse des noch anzustellenden Ermittlungsverfahrens zu vermeiden, war es zweckmäßig, die angefochtenen Bescheide unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erster Instanz aufzuheben.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 1 Abs. 1 Elektrizitätsabgabegesetz, BGBl. Nr. 201/1996 § 7 Z 8 ElWOG, Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz, BGBl. I Nr. 143/1998 § 2 Z 2 Elektrizitätsabgabegesetz, BGBl. Nr. 201/1996 § 3 Abs. 1 Elektrizitätsabgabegesetz, BGBl. Nr. 201/1996 § 4 Elektrizitätsabgabegesetz, BGBl. Nr. 201/1996 § 5 Elektrizitätsabgabegesetz, BGBl. Nr. 201/1996 § 3 Abs. 2 Z 2 Erdgasabgabegesetz, BGBl. Nr. 201/1996 § 289 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at