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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 13.11.2019, RV/2101118/2015

Vermietung von Ferienwohnungen in Appartementhaus - strukturverbessernde Maßnahme

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin R in der Beschwerdesache S, vertreten durch Flachgau Treuhand GmbH, Schwemmstraße 1, 5204 Straßwalchen, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid der belangten Behörde Finanzamt Judenburg Liezen vom , betreffend Einkommensteuer 2012, Vorauszahlungsbescheid 2014 sowie Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2012 zu Recht erkannt: 

Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

 
Entscheidungsgründe

Sachverhalt

Die (Beschwerdeführerin) Bf. betreibt lt. Prognoserechnung seit dem Jahr 1995 die Vermietung eines Appartementhauses in G und wurde diese Vermietung durch die Abgabenbehörde als große Vermietung iSd § 1 Abs 1 LVO eingeordnet. Bei der Veranlagung 2012 wurde von der Abgabenbehörde im Zuge einer Kontrolle festgestellt, dass die Ergebnisse, welche 2001 mittels Prognoserechnung bekanntgegeben wurden erheblich vom tatsächlichen Ergebnis seit 1995 abwichen.

Der der belangten Behörde vorgelegten Prognoserechnung des damaligen steuerlichen Vertreters der Bf. aus dem Jahr 2001 ist Folgendes zu entnehmen (Beträge in 1000 ÖS):

Es wurde prognostiziert, dass erst im Jahr 2021 ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten bestehen sollte, sohin erst im 27ten Jahr ab Beginn der Prognoserechnung.

Mit Vorhalt vom teilte die Abgabenbehörde der Bf. mit, dass sie beabsichtige die Verluste aus der Vermietung im Einkommensteuerbescheid 2012 nicht zu berücksichtigen, da die Vermietung seit 1995 bis einschließlich 2012 einen Gesamtverlust in Höhe von EUR - 136.624,90 erzielt hat. In der Prognoserechnung vom  ist ein Gesamtverlust von EUR - 111.770,80 berechnet worden und ab dem Jahr 2021 (nach 27 Jahren) ein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten mit EUR + 14.316,55 prognostiziert. Die Ziffern der Prognoserechnung weichen eklatant von den tatsächlichen Ziffern ab und das Erreichen eines Gesamtüberschusses der Einnahmen über den Werbungskosten innerhalb eines absehbaren Zeitraums erscheint daher ausgeschlossen. Auch kann die Abgabenbehörde keine gesetzten Maßnahmen hinsichtlich Verbesserung der Ertragslage ersehen. Daher sei aufgrund der tatsächlichen Ergebnisse und der Annahme einer gleichbleibenden Entwicklung in den nächsten Jahren von Liebhaberei auszugehen.

Die Bf. wurde mit demselben Schreiben aufgefordert hierzu Stellung zu nehmen. Dieser Vorhalt blieb unbeantwortet.

Mit Einkommensteuerbescheid 2012 vom wurden die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht berücksichtigt und wurde die Einkommensteuer mit EUR 3.508,00 festgesetzt. Begründend führte die belangte Behörde ua aus:

"Die Betätigung muss objektiv ertragsfähig sein! Seit Beginn der Vermietung 1995 bis einschließlich 2012 wurde ein tatsächlicher Verlust von € 136.624,90 erwirtschaftet. Beweispflichtig dafür, dass die Betätigung in einem absehbaren Zeitraum einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt, ist der Abgabepflichtige. Diesem obliegt es, die begründete Wahrscheinlichkeit der Erzielung des positiven Gesamtergebnisses innerhalb der Frist des § 2 Abs. 4 letzter Satz LVO 1993 nachvollziehbar aufgrund konkreter und mit der wirtschaftlichen Realität einschließlich der bisherigen Erfahrungen übereinstimmender Bewirtschaftungsdaten darzustellen. Da dieser Beweis nicht erbracht werden konnte, stellt gegenständliche Vermietung Liebhaberei dar. Ab 2012 ist somit von keiner Einkunftsquelle auszugehen."                                   

Gleichzeitig wurden mit gesonderten Bescheiden - ebenfalls datiert mit  - Anspruchszinsen für das Jahr 2012 in Höhe von EUR 54 sowie die Vorauszahlung an Einkommensteuer für 2014 in Höhe von EUR 3.823,00 festgesetzt.

Gegen diese Bescheide erhob der steuerliche Vertreter der Bf. am Beschwerde und führte in der Begründung wie folgt aus:

"Tatsächlich weichen seit einigen Jahren die steuerlichen Ergebnisse von der beim Finanzamt aufliegenden Prognoserechnung ab.

Der Hintergrund hierfür ist Folgender:

Fr. S hat Ihre Vermietungstätigkeit im Jahr 1997 gestartet und entsprechend den damaligen Erwartungen den Geschäftsverlauf prognostiziert. Die Vermietung umfasste zu einem wesentlichen Teil Ferienvermietungen. Fr. S hat es geschafft in den ersten Jahren die Anfangsverluste niedriger zu halten als sie prognostiziert wurden.

Im Jahr 2001 hat Frau S im Alter von 66 Jahren allerdings einen Schlaganfall erlitten. Dieser war verbunden mit einem langen Krankenhausaufenthalt und hatte eine nachhaltige Schwächung ihrer Leistungsfähigkeit zur Folge. Aufgrund der körperlichen Beeinträchtigung war die Beschwerdeführerin gezwungen ab 2002 den Umfang der Ferienvermietung deutlich zu reduzieren. Die spiegelt sich in der Entwicklung der Mieteinnahmen wieder. Erstmals im Jahr 2002 ist die Summe der Mieteinnahmen auf 25 TEUR gesunken und in der Folge auf diesem Niveau geblieben.

Der Schlaganfall war eine unerwartete und unabwendbare Unwägbarkeit, die dazu geführt hatte, dass aufgrund der körperlichen Schwächung der Beschwerdeführerin die Vermietung in der ursprünglich geplanten Dimension nicht mehr aufhaltbar war und damit die ursprüngliche Liebhabereiprognose nicht erfüllt werden konnte.

Im Jahr 2012 hat Frau S dann trotz der Beeinträchtigung und auf gleichbleibend niedrigem Niveau der Mieteinnahmen die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. "

In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom führte die belangte Behörde aus:

"Von Beginn der Vermietung im Jahr 1995 bis einschließlich 2012 wurde aus dem
Vermietungsobjekt Appartementhaus W in G ein Gesamtverlust
i.H.v. -€-136.624,90 erzielt. Bei der gegenständlichen Betätigung handelt es sich um
eine Betätigung gem. § 1(1) LVO.

Laut Prognoserechnung vom wurde ein Gesamtverlust von - € 111.770,80
berechnet und ab dem Jahr 2021 (=27 Jahre) ein Gesamtüberschuss der Einnahmen
über die Werbungskosten mit € 14.316,55 prognostiziert. Die Ziffern laut
Prognoserechnung weichen eklatant von den tatsächlichen erwirtschafteten Ziffern ab.
Bei gleichbleibender Entwicklung (Vermietungsauslastung, steigende Ausgaben)
erscheint das Erreichen eines Gesamtüberschusses der Einnahmen über den
Werbungskosten innerhalb eines absehbaren Zeitraumes daher ausgeschlossen zu sein
(absehbarer Zeitraum bereits in Prognoserechnung überschritten!) Gesetzte Maßnahmen hinsichtlich Verbesserung der Ertragslage können aus ho. Entwicklung nicht ersehen werden bzw. wurden vom Steuerberater (die vorliegenden Umstände wie Krankheit und Alter der Steuerpflichtigen (79 Jahre) sowie die Vermietungsreduzierung lassen darauf schließen) auch nicht in Aussicht gestellt (eine adaptierte Prognoserechnung wurde nicht eingereicht).

Das in § 1 Abs. 1 LVO vorausgesetzte subjektive Element einer Gewinn- bzw.
Überschusserzielungsabsicht ist nicht unmittelbar erkennbar. Es ist daher anhand
objektiver Kriterien (§ 2 Abs. 1 LVO) darauf zu schließen, ob ein Ertragsstreben vorliegt.
Das objektiv erkennbare Ertragsstreben des Steuerpflichtigen muss darauf gerichtet
sein, innerhalb eines absehbaren, mehrjährigen Zeitraumes Gewinne bzw. Überschüsse
in einer Höhe zu erwirtschaften, die nicht nur die angefallenen Verluste ausgleichen,
sondern darüber hinaus bei einer außerbetrieblichen Einkunftsquelle zu einem
Überhang der Überschüsse über die Verluste (Gesamtüberschuss) führen.

Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen von Einkünften ist nicht ein tatsächlich
erwirtschafteter Gesamtüberschuss, sondern die objektive Eignung einer Tätigkeit zur
Erwirtschaftung eines solchen, welche als Kennzeichen des subjektiven Ertragsstrebens
nach außen in Erscheinung tritt. Treten daher durch unerwartete Umstände (zB
unvorhersehbare Investitionen, Schwierigkeiten in der Abwicklung eines
eingegangenen Vertragsverhältnisses, Zahlungsunfähigkeit eines Mieters, schwere
Erkrankung, Arbeitsunfähigkeit und vergleichbare Unwägbarkeiten) unvorhergesehene
Aufwendungen oder Einnahmenausfälle auf, die ein Ausbleiben des Gesamterfolges
bewirken, sind diese Umstände allein der Qualifizierung einer Betätigung als
Einkunftsquelle nicht abträglich (;
2002/13/0158; ; ).

Die Begründung des mangelnden Erfolges wird vom Steuerberater darauf
zurückgeführt, dass ,,Frau S im Alter von 66 Jahren im Jahr 2001 einen
Schlaganfall erlitten hat. Dieser war verbunden mit einem langen
Krankenhausaufenthalt und hatte eine nachhaltige Schwächung ihrer Leistungsfähigkeit
zur Folge. Aufgrund der körperlichen Beeinträchtigung war Frau S gezwungen
ab 2002 den Umfang der Ferienwohnungen deutlich zu reduzieren.“

Aufgrund dieser ,,unabwendbaren Unwägbarkeit“ sei laut Steuerberater die gegenständliche Vermietung sowohl für 2012 als auch für die Zukunft als Einkunftsquelle anzuerkennen.
Verbesserungsaussichten hinsichtlich der Ertragslage konnten wie bereits oben
ausgeführt, auch vom Steuerberater in der Beschwerdeschrift nicht vorgebracht werden.

Bereits im Zeitpunkt der Erkrankung (2001) bzw. in den Jahren danach hätte bereits
erkannt werden müssen, dass die Tätigkeit niemals Erfolg bringend sein kann.

Stellt sich laut LVO somit erst nach mehreren Jahren heraus, dass die Betätigung
niemals Erfolg bringend sein kann, kann sie dennoch bis zu diesem Zeitpunkt als
Einkunftsquelle anzusehen sein. Erst wenn die Tätigkeit dann nicht eingestellt wird, ist
sie für Zeiträume ab diesem Zeitpunkt als Liebhaberei zu qualifizieren (VwGH
, 2006/13/0124; ;
2002/13/0095).

In diesem Sinne wurde vom Finanzamt die Vermietungstätigkeit bis einschließlich 2011
als Einkunftsquelle anerkannt. Ab 2012 wurde gegenständliche Tätigkeit aufgrund des
vorliegenden Sachverhaltes im Sinne obiger Ausführung als Liebhaberei eingestuft.“

 

Dagegen richtete sich der Vorlageantrag vom der keine weiteren Ausführungen enthielt.  

Über Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom erläuterte der steuerliche Vertreter der Bf. ergänzend:

Zunächst waren fünf später nur mehr vier Wohnungen zur Vermietung bestimmt. Ab welchem Zeitpunkt genau die fünfte Wohnung nicht mehr vermietet wurde, konnte nicht mehr ermittelt werden. Erst seit dem Oberschenkelbruch unserer Klientin im Februar 2019 werden nur mehr zwei Ferienwohnungen vermietet.

Zur Aufklärung der beschriebenen zeitlichen Diskrepanz (1995 vs. 1997) haben wir die Akten des Vorgänger Steuerberaters eingesehen. Nach diesem Aktenstand - insbesondere aufgrund des Anlagenverzeichnisses — hat die Bewirtschaftung der Ferienwohnungen bereits im Jahr 1992 begonnen. Anfänglich erfolgte ein gemeinsamer Betrieb des Appartementhauses mit dem Hotel von Frau S. Demnach wurden dem Finanzamt insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärt, In einer für den Zeitraum 1992 bis 1994 angesetzten Betriebsprüfung wurde die Umqualifikation der Einkünfte aus der Bewirtschaftung der Ferienwohnungen auf Vermietungseinkünfte gefordert. 1994 wurde das Hotel (ohne Appartementhaus) verkauft.

Eine Prognoserechnung beginnend mit 1995 liegt unserer Meinung nach deshalb vor, weil zu diesem Zeitpunkt noch davon ausgegangen wurde, dass die geforderte Umqualifikation im Rechtsmittelweg beseitigt werden könne, und dass nach dem Verkauf des Hotels eine reine Vermietungstätigkeit verbleiben würde. Aufgrund des Wegfalls des Konnexes zum Hotelbetrieb ist aber jedenfalls eine Änderung der Bewirtschaftungsart eingetreten. In den Jahren 1995 und 1996 erfolgten einerseits der Rückkauf des Hotels und dann die Übergabe des Hotels an den Sohn von Frau S. Es gab demnach wieder eine Phase der gemeinsamen Bewirtschaftung von Hotel und Appartementhaus. Diese Phase hat mit Ende 1996 geendet, mit 1997 hat sich also erneut die Bewirtschaftungsart geändert.

Weiters wurde uns vom zuständigen Finanzamt die Frage des Bundesfinanzgerichtes weitergeleitet, ob es für die Tatsache, dass Frau A S nach ihrem ,,Schlaganfall“ am derart stark beeinträchtigt war, dass sie ihre Appartement-Vermietungen nicht mehr im gleichen Umfang fortfuhren konnte wie vor ihrem ,,Schlaganfall“, weitere Beweismittel gäbe. Es können für diese Tatsache außer die in unserer Beschwerde wiedergegebene Aussage von Frau A S selbst und die unten angeführten Anlagen keine weiteren Beweismittel, inwieweit Frau S durch den ,,Schlaganfall“ beeinträchtigt wurde, In das Verfahren eingebracht werden.

Der ,,Schlaganfall“ liegt nun schon eine geraume Zeit zurück.

Frau A S ist nun in der Zwischenzeit pflegebedürftig und im Alltagsleben auf fremde Hilfe angewiesen, das heißt es ist nicht möglich mit Ihr gemeinsam weitere Beweismittel aus der fraglichen Zeit zu beschaffen. Der damals praktizierende und Frau S betreuende Arzt hat längst seine Pension angetreten und kann, außer über den Befund des ,,Schlaganfalles“, heute über die damalige Intensität der Beeinträchtigung mangels Erinnerung keine Aussage zur Verfügung stellen. Familienmitglieder kennten lediglich bezeugen, dass es einen ,,Schlaganfall“ gab.

Diese können keine Aussage darüber treffen, ob die Intensität der Beeinträchtigung derart war, dass der bisherige Umfang der Appartement—Vermietung nicht mehr weiter betrieben werden konnte.

Einzig und alleine Frau A S selbst als diejenige, die die Beschwerlichkeiten und die Beanspruchung Ihrer kognitiven und körperlichen Fähigkeiten selbst verspürt hat, konnte zum Zeitpunkt der Verfassung der Beschwerde hierüber berichten, kann aber heute darüberhinausgehende Auskunft auch nicht mehr geben.

Nach dem ,,Schlaganfall“ wurde die Vermietungstätigkeit dahingehend eingeschränkt, dass vier Appartements nur mehr einige Monate im Jahr vermietet wurden.

Wir haben im oben stehenden Text das Wort Schlaganfall unter Anführungszeichen gesetzt. Frau S berichtete uns damals von einem ,,Schlaganfall“. Der ärztliche Bericht spricht aber von einer transienten globalen Amnesie (TGA). Das ist eine Erkrankung bei der vorübergehend ein Gedächtnisverlust eintritt. Ein Zustand der für den Betroffenen außerordentlich besorgniserregend und beängstigend ist. Die Ursachen sind offenbar unbekannt, es werden aber Blutungsstörungen im Gehirn vermutet, allgemeine Ursachen sind körperliche und geistige Anstrengung und Belastung. In 12% — 18% erfolgen offenbar Rückfälle, eine besorgniserregende und beängstigende Situation für den Betroffenen. Es entspricht den Gesetzen der Logik, dass Frau S nach dieser Diagnose und nach diesem Erlebnis Ihre körperliche und geistige Belastung reduziert hat, um die Gefahr eines Rückfalles auszuschließen.

In der Anlage 1 legen wir den ärztlichen Bericht bei, verbunden mit dem Antrag diesen als Beweismittel aufzunehmen. In der Anlage 2 legen wir einen Auszug aus dem Internet bei, aus dem wir die vorstehenden Aussagen bezogen haben, ebenso verbunden mit dem Antrag diesen als Beweismittel aufzunehmen.“

Aus dem ärztlichen Bericht geht hervor, dass sich die Bf. vom bis in stationärer Behandlung aufgrund einer hypertensiven Krise sowie transitorisch globalen Amnesie in der Klinik der Diakonissen befand.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakte, aus dem Vorbringen derBeschwerdeführerin sowie der Abgabenbehörde.

 Rechtsgrundlagen

Gemäß § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung 1993, BGBl. Nr. 33/1993, liegen Einkünfte vor bei einer Betätigung (einer Tätigkeit oder einem Rechtsverhältnis), die
- durch die Absicht veranlasst ist, einen Gesamtgewinn oder einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, und
- nicht unter Abs. 2 fällt.

Voraussetzung ist, dass die Absicht anhand objektiver Umstände (§ 2 Abs. 1 und 3) nachvollziehbar ist. Das Vorliegen einer derartigen Absicht ist für jede organisatorisch in sich geschlossene und mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestattete Einheit gesondert zu beurteilen.

Gemäß § 2 Abs. 1 Liebhabereiverordnung 1993, BGBl. Nr. 33/1993, ist, wenn bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs. 1 Verluste anfallen, das Vorliegen der Absicht, einen Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten (§ 3) zu erzielen, insbesondere anhand folgender Umstände zu beurteilen:
1. Ausmaß und Entwicklung der Verluste,
2. Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen,
3. Ursachen, auf Grund deren im Gegensatz zu vergleichbaren Betrieben, Tätigkeiten oder Rechtsverhältnissen kein Gewinn oder Überschuss erzielt wird,
4. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf angebotene Leistungen,
5. marktgerechtes Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung,
6. Art und Ausmaß der Bemühungen zur Verbesserung der Ertragslage durch strukturverbessernde Maßnahmen (zB Rationalisierungsmaßnahmen).

Gemäß § 2 Abs. 3 Liebhabereiverordnung 1993, BGBl. Nr. 33/1993, gilt Abs. 2 (Anlaufzeitraum) nicht für Betätigungen im Zusammenhang mit der entgeltlichen Überlassung von Gebäuden. Das Vorliegen einer Absicht im Sinn des § 1 Abs. 1 ist in diesem Fall nach dem Verhältnis des Zeitraumes, innerhalb dessen ein Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss geplant ist, zum üblichen Kalkulationszeitraum zu beurteilen.

Gemäß § 6 Liebhabereiverordnung 1993, BGBl. Nr. 33/1993, kann Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen.

Gemäß § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung 1993 idF BGBl. II Nr. 358/1997 ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten.

Gemäß § 2 Abs. 3 Liebhabereiverordnung 1993 idF BGBl. II Nr. 358/1997 gilt Abs. 2 (Anlaufzeitraum) nicht für Betätigungen im Zusammenhang mit der entgeltlichen Überlassung von Gebäuden. Das Vorliegen einer Absicht im Sinn des § 1 Abs. 1 ist in diesem Fall nach dem Verhältnis des Zeitraumes, innerhalb dessen ein Gesamtgewinn oder Gesamtüberschuss geplant ist, zu einem absehbaren Zeitraum zu beurteilen. Als absehbarer Zeitraum gilt ein Zeitraum von 25 Jahren ab Beginn der entgeltlichen Überlassung, höchstens von 28 Jahren ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen (Ausgaben).

Gemäß § 8 Abs. 3 Liebhabereiverordnung 1993 idF BGBl. II Nr. 358/1997 sind (ua.) § 1 Abs. 2 Z 3 und § 2 Abs. 3 in der Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 358/1997 auf entgeltliche Überlassungen anzuwenden, wenn der maßgebliche Zeitraum (absehbare Zeitraum, Kalkulationszeitraum, überschaubare Zeitraum) nicht vor dem begonnen hat.

Erwägungen

Der im vorliegenden Fall maßgebliche Zeitraum (absehbare Zeitraum, Kalkulationszeitraum, überschaubare Zeitraum) hat bereits vor dem begonnen. § 1 Abs. 2 Z 3 Liebhabereiverordnung 1993 idF BGBl. II Nr. 358/1997 ist hier daher nicht anwendbar. Die verfahrensgegenständliche Vermietungstätigkeit ist somit - unbestrittenermaßen - als "große Vermietung" iSd § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung 1993 anzusehen (vgl. Rauscher/Grübler, Steuerliche Liebhaberei2 , Rz 133, mwN). § 2 Abs. 3 Liebhabereiverordnung 1993 idF BGBl. II Nr. 358/1997 ist hier ebenfalls nicht anwendbar.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist sowohl für Zeiträume vor dem Inkrafttreten der Liebhabereiverordnung 1990 als auch für Zeiträume, in welchen die Liebhabereiverordnung 1990 zur Anwendung kommt, als auch für die Rechtslage nach der - hier anzuwendenden - Stammfassung der Liebhabereiverordnung 1993 eine Liegenschaftsvermietung dann als Liebhaberei zu qualifizieren, wenn nach der konkret ausgeübten Art der Vermietung innerhalb eines Zeitraumes von rd. 20 Jahren kein Gesamteinnahmenüberschuss erzielbar ist (vgl. ; , mwN; Rauscher/Grübler, Steuerliche Liebhaberei2 , Rz 410, 414).

Nach der Rechtsprechung kommt es bei einer Vermietung (auch bei der sog. großen Vermietung nach § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung) auch ausschließlich darauf an, ob die Betätigung (in der konkret gewählten Bewirtschaftungsart) geeignet ist, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes einen Gesamtgewinn (Gesamt-Einnahmenüberschuss) zu erwirtschaften (vgl. ).

Damit ist das Schicksal der Beschwerde aber auch schon entschieden, denn selbst wenn man im vorliegenden Fall der Planrechnung der Bf. folgte, ergäbe sich daraus ein Totalüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten frühestens im Jahr 2021, dh. erst nach 27 (!) Jahren.

Im Ergebnis ist somit im verfahrensgegenständlichen Zeitraum eine Gesamtüberschusserzielungsabsicht der Bf. also nicht mehr anhand objektiver Umstände nachvollziehbar. Die Ergebnisse der verfahrensgegenständlichen Vermietungstätigkeit sind daher ertragsteuerlich unbeachtlich (vgl. Rauscher/Grübler, Steuerliche Liebhaberei2 , Rz 496).

Der von der steuerlichen Vertretung als Unwägbarkeit angeführte "Schlaganfall" der Bf. im Jahr 2001 konnte nicht dahingehend verifiziert werden, dass es tatsächlich um einen Schlaganfall im medizinischen Sinne handelte. Weder der damalige Hausarzt, noch Angehörige, noch die Bf. (aufgrund ihres nunmehrigen Gesundheitszustandes) selbst können konkrete Aussagen zu dem damaligen gesundheitlichen Zustand der Bf. bzw. Auskunft über die tatsächliche Intensität und daraus folgende konkrete körperliche Einschränkung durch diese gesundheitliche Krise machen.

Vorgelegt werden konnten Krankheitsunterlagen zu einer hypertensiven Krise (plötzlicher, massiver Blutdruckanstieg) sowie zu einer transitorisch globalen Amnesie die zu einem Krankenhausaufenthalt von 10 Tagen im Jahr 2001 geführt hat. Im Punkt neurologisches Konsilium wurde darin vermerkt: „Therapievorschlag: die TGA ist vermutlich im Rahmen der hypertensiven Krise zu sehen. Patientin berichtet, bereits seit längerem keine internistische Kontrolle wahrgenommen zu haben. Empfehle Medikation wie eingeleitet, Zugabe von Thrombo ASS (..), sowie in Hinkunft engmaschige internistische Kontrolle.“

Bei der Frage von Hinderungsgründen für die Erzielung eines Einnahmenüberschusses ist zwischen sogenannten „Unwägbarkeiten“ und „gewöhnlichen Geschäftsrisiken“ zu unterscheiden. Die näheren Umstände der Verringerung der Vermietungstätigkeit kommt daher ausschlaggebende Bedeutung zu. Die Beweislast hierfür trägt die Abgabenpflichtige.

Unwägbarkeiten sind das Ergebnis negativ beeinflussender Ereignisse, die nicht dem üblichen Wirtschaftsverlauf entsprechen und in der Regel keinen Kausalzusammenhang mit einem gewollten Verhalten des Steuerpflichtigen aufweisen. Unter Unwägbarkeiten (anormalen wirtschaftlichen Verhältnissen) im oben angeführten Sinn werden vom Steuerpflichtigen nicht oder nur wenig beeinflussbare äußere Umstände bzw. unvorhersehbare Ereignisse verstanden (vgl. ).

Eine Unwägbarkeit muss nicht aus der Einkunftsquelle selbst kommen und können Umstände, die den Bereich der privaten Lebensführung betreffen, steuerlich beachtliche Indizwirkung zukommen. Eine Erkrankung des Steuerpflichtigen kann daher eine Unwägbarkeit darstellen.

Die diagnostizierte Erkrankung der Bf. wird vom erkennenden Gericht als Unwägbarkeit angesehen, da es sich dabei um ein negativ beeinflussendes Ereignis handelt, welches nicht dem üblichen Wirtschaftsverlauf entspricht und keinen Kausalzusammenhang mit einem gewollten Verhalten der Steuerpflichtigen aufweist.

Allerdings führt das Vorliegen einer Unwägbarkeit allein noch nicht dazu, eine Betätigung, trotzdem als Einkunftsquelle zu beurteilen, obwohl sie keinen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erwarten lässt.

Hierzu bedarf es eine von der Abgabepflichtigen ihr Streben nach Gewinnerzielung eine nach Wirtschaftlichkeitsgrundsätzen orientierte Maßnahme, denn werden sogenannte strukturverbessernde Maßnahmen iSd § 2 Abs. 1 Z 6 LVO gesetzt, so spricht dieses Bemühen gegen das Vorliegen von Liebhaberei. Eine Maßnahme ist aber nur dann eine strukturverbessernde Maßnahme, wenn die Vermieterin wirtschaftlich sinnvoll auf die Ertragslage nachteilig beeinflussender Umstände, wie Unwägbarkeiten, reagiert.

Grundsätzlich ist es ohne Bedeutung, ob die strukturverbessernde Maßnahme letztlich erfolgreich ist. Allerdings zieht das Festhalten an einer offensichtlich wirtschaftlich nicht mehr sinnvollen Vermietungstätigkeit deren Beurteilung als Liebhaberei nach sich.

Eine zeitgerecht gesetzte strukturverbessernde Maßnahme bestätigt jedoch nur dann die Einkunftsquelleneigenschaft, wenn sie zumindest für die Zukunft einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungkosten in einem angemessenen Zeitraum erwarten lässt. Bei der „großen Vermietung“ ist davon auszugehen, dass der angemessene Zeitraum umso kürzer ist, je länger die verlustbringende Vermietungstätigkeit bereits andauert. Es kann nur dann von Gesamtüberschusserzielungsabsicht ausgegangen werden, solange sich der Vermieter durch die strukturverbessernde Maßnahme einen Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungkosten zumindest in einem den absehbaren Zeitraum (üblichen Kalkulationszeitraum) um nicht mehr als drei Jahre überschreitenden Zeitraum erwarten kann.

Im gegenständlichen Fall hat die Bf. die Vermietungstätigkeit nach ihrer Erkrankung im Jahr 2001 dahingehend eingeschränkt, dass vier Ferienwohnungen nur mehr ein paar Monate im Jahr vermietet wurden. Anhand des oben dargelegten, hätte also spätestens nach 23 Jahren sohin allerspätestens im Jahr 2018 ein Gesamtgewinn der Einnahmen über die Werbungskosten erzielt werden müssen. Die tatsächlich erklärten Einkünfte der Bf. stellen sich wie folgt dar:(Angaben in Euro)


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Jahr
Gewinn/Verlust
1995
-40.406,09
1996
-45.420,52
1997
-37.309,72
1998
-20.803,03
1999
-11.053,76
2000
-22.521,24
2001
784,15
2002
-2.952,82
2003
-3.918,90
2004
-3.737,89
2005
-3.479,77
2006
804,85
2007
-5.488,81
2008
-5.544,23
2009
-2.852,26
2010
-10.101,73
2011
-4.689,44
2012
-3.760,29
2013
-2.550,77
2014
-2.899,01
2015
-3.681,02
2016
-6.629,81
2017
-5.457,03

Tatsächlich wurden in den Jahren 1995 bis 2017 lediglich im Jahr 2001 und 2006 ein Gewinn erklärt. In den übrigen Jahren wurden durch die Bf. nur Verluste erklärt. Die Vermietungsreduktion kann daher vom erkennenden Gericht nicht als strukturverbessernde Maßnahme angesehen werden, da sie offenbar keine wirtschaftlich sinnvolle Maßnahme war um positiv auf die Ertragslage einzuwirken. Durch die dargestellten tatsächlichen Gewinne bzw. Verluste der Jahre 1995 bis 2017 ist es offensichtlich, dass es sich im gegenständlichen Fall um eine wirtschaftlich nicht sinnvolle „große Vermietung“ handelt, die über den üblichen Kalkulationszeitraum überwiegend Verluste hervorbrachte. Die erwirtschafteten Gewinne stehen nicht in Relation zur Höhe der Verluste und sind daher nicht von wirtschaftlicher Bedeutung. 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass schon allein aufgrund der Prognoserechnung die Vermietungstätigkeit als Liebhaberei zu qualifizieren gewesen wäre. Die Erkrankung der Bf. stellt zwar eine steuerlich beachtliche Unwägbarkeit dar, allerdings kann in der Reduktion der Vermietungstätigkeit keine strukturverbessernde Maßnahme gesehen werden, die die Beurteilung als steuerliche Liebhaberei entgegenstehen würde.

Zur Begründung der Beschwerde gegen die Anspruchszinsen sowie den Einkommensteuervorauszahlungsbescheid 2014 wurden keine weiteren/gesonderten Argumente seitens der Bf. vorgebracht, sodass in diesen Punkten ebenfalls auf die oa Begründung zu verweisen ist. Daher ist auch diesen Beschwerdebegehren nicht zu folgen, da sie das Schicksal des Hauptbeschwerdepunktes teilen.

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Das Bundesfinanzgericht folgt der dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes; somit liegt kein Grund für eine Revisionszulassung vor. 

Graz, am

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