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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.01.2020, RV/7101603/2019

Diverse Aufwendungen aus dem Titel der Behinderung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pavlik über die Beschwerde der Bf, Adresse, vertreten durch Stb., Adresse, vom , gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 3/6/7/11/15 Schwechat Gerasdorf vom , betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2011, zu Recht erkannt: 

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nichtzulässig.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerdeführerin (Bf) bezog im Jahr 2011 von mehreren Stellen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, darunter Erwerbseinkünfte aus einer Teilzeitbeschäftigung und Pensionseinkünfte.

Die Bf ist zu 80% behindert (Rollstuhlfahrerin). Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist ihr nicht zumutbar.

Sie bezog laut Lohnzettel der Pensionsversicherungsanstalt Bundespflegegeld und erhielt Kostenersätze vom Fonds Soziales Wien.  

Sie beantragte im Zuge ihrer Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2011 folgende Ausgaben anzuerkennen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Sonderausgaben
 
 
 
Summe aller Beiträge sowie Rückzahlungen von Darlehen und Zinsen, die zur Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum geleistet wurden
€ 3.335,64
Beiträge an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften
€   200,00
Geldspenden an mildtätige Organisationen, begünstigte Spendensammelvereine u.a.
€   363,60
 
 
Werbungskosten
 
 
 
Pendlerpauschale - tatsächlich zustehender Jahresbetrag
€   372,00
 
 
Außergewöhnliche Belastung
 
 
 
persönliche Assistenz
€ 5.642,05

Da die Bf trotz Schreiben des Finanzamtes (FA) vom die Abgabenerklärung nicht fristgerecht einreichte und trotz Vorhalte keine Nachweise für die geltend gemachten Aufwendungen nachreichte, erließ das FA am den Einkommensteuerbescheid 2011 und berücksichtigte Sonderausgaben und Werbungskosten nur in Höhe des jeweiligen Pauschbetrages (Sonderausgaben: € 60,00, Werbungskosten € 132,00). Die unter dem Titel "außergewöhnliche Belastungen" geltend gemachten Aufwendungen wurden wegen fehlender Nachweise ebenfalls nicht berücksichtigt.

In der Beschwerde brachte die Bf i.w. vor, sie habe auf Grund einer Behinderung (Rollstuhlfahrerin) Aufwendungen iHv € 10.340,27. Auf Grund der bisherigen Aktenlage hätte ihr das FA von Amts wegen Freibeträge, wie bspw jenen für Kfz-Nutzung wegen eingeschränkter Gehfähigkeit, gewähren müssen. Weiters seien auch Sonderausgaben zu berücksichtigen. Sie ersuche, den ergangenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass die o.a. außergewöhnlichen Belastungen bei der Veranlagung 2011 berücksichtigt werden.

Mit Vorhalt vom  ersuchte das FA die Bf, sämtliche beantragten Positionen in ausreichendem Umfang nachzuweisen (Aufgliederung einzelner Positionen und Nachweise der Entrichtung in Form von Rechnungen und Zahlungsbelegen). In Bezug auf die "zusätzlichen Kosten", die in Zusammenhang mit der Behinderung geltend gemacht worden seien, seien auch Ersätze (Förderungen) von dritter Seite (Krankenversicherungsträger, Bundessozialamt etc.) anzuführen bzw. rechnerisch darzustellen, wie die Berücksichtigung erfolgte.

Da die Bf die benötigten Unterlagen nur zum Teil vorlegte, wies das FA die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262 BAO) vom i.w. mit der Begründung ab, dass weder aus dem Beschwerdeantrag noch aus den in weiterer Folge übermittelten Unterlagen zu erkennen gewesen sei, in welcher Höhe tatsächlich krankheitsbedingte Aufwendungen zu berücksichtigen seien, die in Zusammenhang mit der Behinderung der Bf stünden. Da der Abgabenbehörde trotz wiederholter Anfragen keine zweckdienlichen Informationen übermittelt worden seien, bestehe keine Möglichkeit, den in Rede stehenden Bescheid abzuändern.

Die steuerlich vertretene Bf beantragte mit Schriftsatz vom , die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht vorzulegen und brachte i.w. vor, dass in der Einkommensteuererklärung 2011 vom  neben den von vom FA in der Anfrage angeführten Krankheitskosten auch noch Pendlerpauschale, Sonderausgaben für Wohnraumschaffung und -Sanierung, Kirchensteuer, private Zuwendungen (Spenden) und der Freibetrag für ein behinderungsbedingt erforderliches KFZ geltend gemacht worden seien. Diese Ausgaben seien auf jeden Fall anzuerkennen bzw. ohnehin bereits von Amts wegen zu berücksichtigen. Es seien auch schon einige Nachweise diesbezüglich vorgelegt worden.
Bei den nachgewiesenen Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen gebe es zwei Kostenblöcke. Da die Bf zu 100 % behindert sei, benötige sie eine tägliche Assistenz. Diese von ihr zu tragenden Kosten (Gehaltskosten abzüglich Förderung FSW) hätten für das Jahr 2011 € 5.642,05 betragen. Eine dementsprechende Aufstellung liege dem FA bereits vor.
Des weiteren gebe es nicht regelmäßige Krankheitskosten wie zB Rollstuhlzubehör und Arztkosten. Die Ausgaben hätten hierfür im Jahr 2011 € 2.284,13 betragen. Diese Aufstellung liege dem FA bereits vor, Rechnungen daraus über einen Betrag von € 400,00 lägen diesem Schreiben bei.
Weitere Kosten würden sich für das Jahr 2011 nicht nachweisen lassen. Die damals beantragte Summe von € 10.340,27 habe die Bf mitgeteilt.
Es sei nochmals festzuhalten, dass sämtliche beantragte Aufwendungen für  außergewöhnliche Belastungen unmittelbar mit der 100%igen Behinderung zusammenhängen.
Der Freibetrag für ein behinderungsbedingt erforderliches KFZ stehe der Bf auch zu, da ihr unter keinen Umständen zuzumuten sei, dass sie die öffentlichen Verkehrsmittel verwende und sei dieses zudem von Amts wegen (also sogar ohne Antrag) zu berücksichtigen.
Gemäß § 34 EStG seien außergewöhnliche Belastungen abzuziehen, wenn diese zwangsläufig erwachsen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt sei. Die Belastung mit einer 100%igen Behinderung sei wohl weit höher als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen erwachse. Würden die nachgewiesenen Aufwendungen nicht getätigt werden, dann könnte ein zusätzliches nichtselbständiges Einkommen nicht generiert werden. Gemäß § 34 (6) TS 6 EStG seien Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 (1) vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abzusetzen.
Wie bereits im Ergänzungsansuchen vom festgehalten, gebe es eine Vielzahl an Unterlagen für das Jahr 2011, die bei Bedarf gerne übermittelt würden.

Die Bf legte im Zuge des Verfahrens folgende Unterlagen vor:

Persönliche Assistenz minus Rückvergütungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Gesamtbetrag
EUR
Fonds Soziales Wien
Rückvergütungen (EUR)
Jänner
2.748,00
1.921,85
Februar
810,00
 1.921,85
März
3.216,00
1.921,85
April
2.342,00
1.921,85
Mai
1.161,00
0,00
Juni
1.893,25
1.921,85
Juli
1.701,00
0,00
August
1.478,25
1.431,65
September
1.510,50
168,35
Oktober
1.505,25
1.431,65
November
1.998,00
1.431,65
Dezember
783,00
1.431,65
Gesamtbetrag
21.146,25
15.504,20
Selbst zu tragende Kosten
 
5.642,05

Bestätigung der Gesellschaft, Wien, für das Kalenderjahr 2011 gemäß § 18 Abs 1 Ziffer 3 lit d EStG (idgF) über geleisteten Rückzahlungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Darlehen
jährl. netto
USt-Betrag
jährl. brutto
mtl. brutto
Land Wien
325,80
32,64
358,44
29,87
Landes-Hypothekenbank Stm
3.009,84
300,96
3.310,80
275,90
Summe
3.335,64
333,60
3.669,24
305,77

Aufstellung über Krankheitskosten 2011 (KZ 476):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Firma/Auftraggeber
Text
Ausgaben
Fahrtstrecke von/bis
km
Escalas Verlag
Rollstuhl-Kurier-Abo
48,00
 
 
Versandhaus Walz
Wohnraumsanierung
64,80
 
 
Apotheke
Medikamente
13,50
 
 
Apotheke
Medikamente
8,90
 
 
Ortoproban
Behindertenhilfsm.
4,09
Wien19, Heiligenstädter Straße
22
WGKK-Hanusch KH
Patientenbeitrag
64,44
 
 
dentac
Zahnhygiene
60,00
Wien19, Ramperstorfferg. retour
18
Maurer
Behindertenhilfsm.
49,90
Wien19, Mariahilferstr. - retour
20
Wellsana
Behindertenhilfsm.
 
 
 
Apotheke
Medikamente
4,80
 
 
Müller
Behindertenhilfsm.
1,69
Wien19, Mariahilferstr. - retour
20
Wellsana
Behindertenhilfsm.
67,92
 
 
dm
Behindertenhilfsm.
11,41
 
 
Müller
Behindertenhilfsm.
6,98
Wien19, Landstraßer Hauptstraße
11
Apotheke
Medikamente
11,60
 
 
Apotheke
Medikamente
5,10
Wien19, Unter der Kirche - retour
6
Servomed
Katheder
36,97
Wien19, Westbahnhof - retour
20
Slama
Behindertenhilfsm.
1,90
 
 
Medipac 24de
Katheder
35,80
Wien19, Unter der Kirche - retour
6
Medipac e.K.
Medikamente
35,80
 
 
Frühwald
Behindertenhilfsm.
12,04
Wien19, Urban-Loritz-Platz - retour
20
Hofer
Behindertenhilfsm.
29,99
Wien19, Zirkusgasse - retour
14
Sport Experts
Behindertenhilfsmittel
9,98
Wien19, Gablenzgasse - retour
16
Versandhaus Walz
Behindertenhilfsm.
52,50
 
24
DI Pietsch
Jahresservice Treppenlift
102,00
 
 
Massagefachinstitut
Blindeninstitut/Massage
25,00
Wien19, Hägeling. - retour
22
Apotheke
Medikamente
5,10
 
 
Milleniumcity
Parkticket/Apotheke
1,00
Wien19, Milleniumcity - retour
16
Apotheke
Medikamente
30,50
 
 
Apotheke
Medikamente
24,10
Wien19, Landstraßer Hauptstraße
24
Frühwald
Behindertenhilfsm.
430,66
 
9
Beständig
Hilfsmittel
25,50
Wien19, Mahlerstraße - retour
24
Apotheke
Medikamente
4,90
 
 
Save Express/Airoliver
Hilfsmittel
110,87
 
22
Bständig
Behindertenhilfsm.
45,24
Wien19, R-Gasse. - retour
33
A. Praschberger
Rollstuhlreparatur
429,60
Wien19, Westbahnhof . retour
24
Apotheke
Medikamente
5,10
 
 
Apotheke
Medikamente
74,00
 
10
Apotheke
Medikamente
11,60
 
 
Apotheke
Medikamente
11,60
Wien19, Stephansplatz -retour
 
Apotheke
Medikamente
8,40
Wien19, Muthg. -retour
20
Müller
Behindertenhilfsm.
1,18
Wien19, Landstr. Hauptstraße -retour
8
dm
Behindertenhilfsm.
12,95
Wien19, Landstr. Hauptstraße -retour
20
Apotheke
Medikamente
15,10
Wien19, Mariahilferstraße - retour
 
 
 
 
2.080,43
 
485 x  0,42 = 203,70

Kleinbelege für persönliche Assistenz für 2011 (KZ 476):

Spenden/Mitgliedsbeiträge 2011:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Datum
Empfänger
Text
Betrag
Bizeps
Mitgliedsbeitrag
€ 60,00
Ärzte ohne Grenzen
Spende
€ 25,00
Rollstuhl Kurier
Mitgliedsbeitrag Abo
€ 32,00
Bizeps
Mitgliedsbeiträge 2010/2011
€ 60,00
Caritas
Spende
€ 30,00
Vier Pfoten
Spende
€ 20,00
Querschnittsverband
Mitgliedsbeitrag
€ 40,00
Querschnittsverband
Mitgliedsbeitrag
€ 20,00
VQÖ
Mitgliedsbeitrag
€ 20,00
Kriegsopfer ...
Mitgliedsbeitrag
€ 25,00
ÖAR
Mitgliedsbeitrag
€ 23,00
 
 
 
€ 355,20

 Über die Beschwerde wurde erwogen

Sachverhalt:

Der festgestellt Sachverhalt ist mit obigem Verwaltungsgeschehen ident, unstrittig und wird darauf verwiesen.

Rechtliche Beurteilung:

Sonderausgaben:

- Beiträge sowie Rückzahlungen von Darlehen und Zinsen, die zur Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum

Gemäß § 18 Abs 1 EStG 1988 kann die Summe aller Beiträge sowie Rückzahlungen von Darlehen und Zinsen, die zur Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum geleistet wurde, als Sonderausgabe abgesetzt werden.

Die Bf beantragte in ihrer Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2011 unter der KZ 456 (Summe aller Beiträge sowie Rückzahlungen von Darlehen und Zinsen, die zur Schaffung und Errichtung oder Sanierung von Wohnraum geleistet wurden) die Berücksichtigung eines Betrages von € 3.335,64.

Da die Bf im Zuge des Verfahrens eine Bestätigung der Gesellschaft, Wien, für das Kalenderjahr 2011 gemäß § 18 Abs 1 Ziffer 3 lit d EStG (idgF) vorlegte, aus der sich ergibt, dass die Bf an das Land Wien eine Rückzahlung von jährlich netto € 325,80 und an die Landes-Hypothekenbank Stm einen jährlichen Rückzahlungsbetrag von € 3.009,84, insgesamt somit € 3.335,64 geleistet hat, kann der Beschwerde in diesem Punkt stattgegeben werden und die (Topf-)Sonderausgaben mit dem Höchstbetrag von € 2.920,00 berücksichtigt werden.

- Beiträge an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften

Gemäß § 18 Abs 1 Z 5 EStG 1988 sind Beiträge an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften, die in Österreich gesetzlich anerkannt sind und ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes haben, als Sonderausgaben absetzbar.

Der Höchstbetrag betrug im Jahr 2011 € 200,00.

Der von der Bf in ihrer Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2011 mit € 200,00 angegebene Betrag kann daher steuerliche Berücksichtigung finden. Dies wird auch von der Amtspartei im Vorlagebericht als "unstrittig" bezeichnet.

- Geldspenden an mildtätige Organisationen, begünstigte Spendensammelvereine u.a.

Gemäß § 18 Abs 1 Z 8a EStG 1988 muss die empfangende Körperschaft zum Zeitpunkt der Zuwendung in einer Spendenliste im Sinne des § 4a Z 4 EStG 1988 eingetragen sein.

Nach § 18 Abs 1 Z 8b EStG 1988 sind Zuwendungen, denen eine Gegenleistung gegenüber steht, auch wenn der Wert der Gegenleistung den Wert der Zuwendung nicht erreicht, nicht absetzbar. Ebenso sind Mitgliedsbeiträge in Höhe der satzungsgemäß von ordentlichen Mitgliedern zu entrichtenden Beiträge, die an eine der begünstigten Körperschaften bezahlt werden, nicht abzugsfähig.

Die Bf beantragte in der Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2011 die Berücksichtigung folgender Beträge:


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Datum
Empfänger
Text
Betrag
Bizeps
Mitgliedsbeitrag
€ 60,00
Ärzte ohne Grenzen
Spende
€ 25,00
Rollstuhl Kurier
Mitgliedsbeitrag Abo
€ 32,00
Bizeps
Mitgliedsbeiträge 2010/2011
€ 60,00
Caritas
Spende
€ 30,00
Vier Pfoten
Spende
€ 20,00
Querschnittsverband
Mitgliedsbeitrag
€ 40,00
Querschnittsverband
Mitgliedsbeitrag
€ 20,00
VQÖ
Mitgliedsbeitrag
€ 20,00
Kriegsopfer ...
Mitgliedsbeitrag
€ 25,00
ÖAR
Mitgliedsbeitrag
€ 23,00
 
 
 
€ 355,20

Da es sich bei acht der in der Liste angeführten Beträge um Mitgliedsbeiträge (2 x Bizeps, Rollstuhlkurier, 2 x Querschnittsverband, VQÖ, Kriegsopfer..., ÖAR) handelt und diese gemäß § 18 Abs 1 Z 8b EStG 1988 nicht abzugsfähig sind, ist eine steuerliche Anerkennung nicht möglich.

Die Spende an "Vier Pfoten" (€ 20,00) kann steuerlich keine Berücksichtigung finden, da es sich um einen Lossatz handelt, bei welchem es sich um eine Gegenleistung des Spendenempfängers an den Spender handelt.

Die Spende der Bf für "Ärzte ohne Grenzen" (€ 25,00) und die Spende für die Caritas Augustsammlung 2011 (€ 30,00) wurden von der Bf nachgewiesen und können daher steuerlich berücksichtigt werden.

Insgesamt kann somit von den geltend gemachten € 355,20 ein Spendenbetrag von € 55,00 steuerlich berücksichtigt werden.

Werbungskosten:

Gemäß § 16 Abs 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Sie sind bei der Einkunftsart abzuziehen, bei der sie erwachsen sind.

- Pendlerpauschale

Das große Pendlerpauschale steht zu bei

- Vorliegen eines Ausweises gemäß § 29b Straßenverkehrsordnung 1960

- Eintragung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung oder der Blindheit im Behindertenpass (§ 42 Abs 1 BBG)

- Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer wegen Behinderung

Bei einer Entfernung von mindestens 2 km bis 20 km beträgt der Jahresbetrag € 372,00.

Da der Bf auf Grund ihrer Behinderung die Benützung eines Massenverkehrsmittels nicht zumutbar ist, steht ihr das große Pendlerpauschale zu. Dies wird auch von der Amtspartei im Vorlagebericht als "unstrittig" bezeichnet.

Außergewöhnliche Belastungen:

- Allgemeines

§ 34 EStG 1988 räumt dem unbeschränkt Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Abzug außergewöhnlicher Belastungen bei der Ermittlung des Einkommens ein, wenn folgende im Gesetz aufgezählte Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:

1. Die Aufwendungen müssen außergewöhnlich sein (Abs 2).
2. Sie müssen zwangsläufig sein (Abs 3).
3. Sie müssen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen (Abs 4).

§ 34 Abs 4 EStG 1988 bestimmt, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch die Belastung wesentlich beeinträchtigt wird, soweit die Belastung einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt, und legt in weiterer Folge die Höhe des Selbstbehaltes fest.

Krankheitskosten erfüllen dem Grunde nach diese Voraussetzungen, allerdings ist in der Regel von diesen Kosten der Selbstbehalt abzuziehen.

Nach § 119 Abs 1 der BAO sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabepflicht oder für die Erlangung abgabenrechtlicher Begünstigungen bedeutsame Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen. In diesem Zusammenhang sieht § 138 Abs 1 BAO vor, dass die Abgabepflichtigen auf Verlangen der Abgabenbehörde zur Beseitigung von Zweifel den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen, sowie dessen Richtigkeit zu beweisen haben. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung. Diese hat den Nachweis der Wahrscheinlichkeit zum Gegenstand und unterliegt der freien Beweiswürdigung.

§ 138 Abs 1 BAO betrifft vor allem die Feststellung solcher Verhältnisse, die für die Abgabenbehörde nur unter Mithilfe des Abgabepflichtigen aufklärbar sind, also Umstände, denen der Abgabepflichtige hinsichtlich der Beweisführung näher steht als die Abgabenbehörde.

Nach § 166 BAO kommt als Beweismittel im Abgabenverfahren alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. "Beweisen" heißt die Überzeugung vom Bestehen oder Nichtbestehen eines behaupteten oder angenommenen Sachverhaltes herbeiführen. Alles was als Erkenntnismittel zur Verschaffung eines Urteils über den Sachverhalt dient, gilt als Beweismittel (Stoll, Bundesabgabenordnung, Handbuch, S 383).

Die Behörde ist nicht verpflichtet, von sich aus weitreichende Ermittlungen durchzuführen; der Nachweis oder die Glaubhaftmachung einer außergewöhnlichen Belastung obliegt in erster Linie dem bzw. der Abgabepflichtigen (vgl. Doralt, EStG11, § 34 Tz 7; Jakom/Baldauf EStG, 2015, § 34 Rz 9; Bernold/Mertens, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2015, Seite 582; siehe zB auch ; ).

- Persönliche Assistenz

Persönliche Assistenz erlaubt Menschen mit Behinderungen ein weitgehend selbstbestimmtes Leben. Persönliche Assistentinnen und Assistenten leisten individuelle Unterstützung wann, wo und wie sie eine behinderte Person benötigt.

Ausgaben für persönliche Assistenz stellen Ausgaben gemäß § 34 Abs 1 EStG 1988 dar.

Von den Ausgaben für persönliche Assistenz sind erhaltene Vergütungen (hier vom "Fonds soziales Wien") sowie das erhaltene Pflegegeld abzuziehen.

Die Honorare für die persönliche Assistenz der Bf betrugen im Jahr 2011 insgesamt € 21.146,25. Die Rückvergütungen des Fonds Soziales Wien betrugen € 15.504,20 und das für das Jahr 2011 bezogene Pflegegeld € 7.971,60.

Somit wurden die Aufwendungen nicht von der Bf getragen und können daher steuerlich nicht berücksichtigt werden.

- "Zuwendungen" an die persönliche Assistenz iHv € 1.146,94 (siehe Listen im Sachverhaltsteil)

Die Bf machte Aufwendungen iHv € 1.146,94 für SVA-Beiträge und WGKK betreffend die persönliche Assistenz, Trinkgelder und "Zuwendungen" an die persönliche Assistenz (Eintrittskarten für Kino und Museen, Einladungen in Cafes, Pizzerien, Fahrscheine für Verkehrsmittel etc) geltend.

Bezieht der/die Behinderte Pflegegeld und erwachsen Aufwendungen für den Selbstbehalt für die Betreuung durch geschulte Freizeitassistenten, so sind diese Aufwendungen mit den Pflegegeld zu verrechnen. Die Aufwendungen (SVA-Beiträge, WGKK) sind daher mit dem Pflegegeld zu verrechnen und wurden nicht von der Bf getragen.

Zuwendungen an die persönliche Assistenz in Form der Bezahlung von Eintrittskarten, Einladungen in Cafes etc. beruhen darüber hinaus auf freiwilliger Basis und sind daher nicht zwangsläufig erwachsen. Da Zwangsläufigkeit eine Voraussetzung für die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung ist, ist eine steuerliche Berücksichtigung nicht möglich.

- Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel

Nach § 4 der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen, BGBl 303/1996 idgF (VO) sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.
Hilfsmittel im Sinne obiger VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen; zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel; normale Gebrauchsgegenstände, die für jedermann nutzbar sind, sind als solche idR keine "Hilfsmittel“).
Hilfsmittel iSd VO sind auch Kosten der Heilbehandlung.
Als Kosten der Heilbehandlung gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen; ebenso stellen die in diesem Zusammenhang anfallenden Fahrtkosten bzw. Kosten des Krankentransportes im Ausmaß der tatsächlichen Kosten oder des amtlichen Kilometergeldes bei Verwendung des (familien-)eigenen Kraftfahrzeuges Kosten der Heilbehandlung dar.

Im nachgewiesenen Ausmaß gesondert absetzbare Kosten sind jedoch nur dann unter § 4 der VO zu subsumieren, sofern diese Kosten mit der Behinderung in (unmittelbarem, ursächlichen) Zusammenhang stehen (vgl Jakom/Baldauf EStG, 2015, § 35 Rzen 25 und 27, mit Verweis auf ; Doralt, EStG15, § 35 Tz 17; Bernold/Mertens, Die Lohnsteuer in Frage und Antwort, Ausgabe 2015, Seiten 595 f; ; ; ; ).

Die Bf bringt in der Beschwerde bzw im Vorlageantrag vor, dass es nicht regelmäßige Krankheitskosten wie zB Rollstuhlzubehör und Arztkosten gebe. Die Ausgaben hätten hierfür im Jahr 2011 € 2.284,13 betragen. Diese Aufstellung liege dem FA bereits vor, Rechnungen daraus über einen Betrag von € 400,00 lägen diesem Schreiben bei. Weitere Kosten würden sich für das Jahr 2011 nicht nachweisen lassen. Die damals beantragte Summe von € 10.340,27 habe die Bf mitgeteilt.

Die Aufwendungen für Heilbehelfe ohne Selbstbehalt iHv € 2.284,13 wurden von der Bf nachgewiesen bzw glaubhaft gemacht und können daher in freier Beweiswürdigung als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt Anerkennung finden. Dieser Betrag wurde auch im Vorlagebericht von der Amtspartei als "unstrittig" bezeichnet. 

Weitere Aufwendungen für Heilbehelfe ohne Selbstbehalt wurden nicht nachgewiesen oder glaubhaft gemacht; auch im Vorlageantrag wird vorgebracht, weitere Aufwendungen würden sich nicht nachweisen lassen, sodass diese im Sinne obiger Judikatur nicht berücksichtigt werden können.  

- Freibetrag für Gehbehinderte

Als außergewöhnliche Belastung für Körperbehinderte ist in § 3 der VO ein Freibetrag von 190 Euro monatlich vorgesehen, sofern sie ein öffentliches Massenbeförderungsmittel infolge ihrer Behinderung nicht benützen können und für Privatfahrten ein eigenes Fahrzeug benötigen.

Die Geltendmachung dieses Pauschalbetrages setzt einen Nachweis der Körperbehinderung (Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) voraus (beispielsweise Befreiungsbescheid von der motorbezogenen Versicherungssteuer, Ausweis gemäß § 29b der Straßenverkehrsordnung oder Behindertenpass mit der Feststellung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel). Der jeweilige Nachweis ist auf Verlangen des FA vorzulegen.

Die Kosten einer behindertengerechten Adaptierung des Kraftfahrzeuges können nicht geltend gemacht werden.

Die Mehraufwendungen können nur in Höhe des Pauschalbetrages von 190 Euro monatlich abgesetzt werden. Liegen die Grundvoraussetzungen für die Berücksichtigung des Freibetrages für ein Kraftfahrzeug vor, verfügt der/die Körperbehinderte aber über kein eigenes Kraftfahrzeug, können tatsächliche Kosten für Taxifahrten bis max 153 Euro monatlich geltend gemacht werden.

Die Bf verfügte im Jahr 2011 über ein eigenes Kraftfahrzeug.

Der Freibetrag für ein behinderungsbedingt erforderliches KFZ kann daher zuerkannt werden. Auch die Amtspartei sieht dies als "unstrittig" an.  

Zulässigkeit einer Revision:

Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit gegenständlichem Erkenntnis wurde nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung entschieden. Feststellungen auf der Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind grundsätzlich keiner Revision zugängig. In rechtlicher Hinsicht folgt diese Entscheidung der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, sodass keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
betroffene Normen
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 34 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 119 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 138 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 166 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2020:RV.7101603.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at