Berufung wegen § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, Beschuldigter war zu einem Tatzeitpunkt mangels Zeichnungsbefugnis am Firmenkonto noch nicht für die Entrichtung der Abgaben zuständig
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Finanzstrafsenat Wien 2 als Organ des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Karl Kittinger, das sonstige hauptberufliche Mitglied HR Mag. Gerhard Groschedl sowie die Laienbeisitzer Dr. Jörg Krainhöfner und Mag. Ingrid Schöberl als weitere Mitglieder des Senates in der Finanzstrafsache gegen Herrn Mag. A.B., Adresse-1, vertreten durch Plankel Mayrhofer & Partner Rechtsanwälte, 6850 Dornbirn, Am Rathauspark, wegen des Finanzvergehens der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Berufung des Beschuldigten vom gegen das Erkenntnis des Spruchsenates III beim Finanzamt Wien 1/23 als Organ des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , SpS III, Strafnummer 001, nach der am in Anwesenheit des Beschuldigten, seines Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Christopher Kempf, des Amtsbeauftragten sowie der Schriftführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung
zu Recht erkannt:
Der Berufung des Mag. A.B. wird teilweise Folge gegeben, der Schuldspruch wegen Begehung der Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG in Bezug auf Lohnsteuer Dezember 2008 in Höhe von € 6.253,10 sowie Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfond für Familienbeihilfen samt Zuschlägen Dezember 2008 in Höhe von € 2.034,92 aufgehoben und insoweit das Finanzstrafverfahren gemäß §§ 136, 157 FinStrG eingestellt.
Gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG wird über Mag. A.B. für den unverändert aufrecht bleibenden Schuldspruch nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG in Bezug auf Lohnsteuer für Februar 2009 in Höhe von € 8.537,06 und Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für Februar 2009 von € 1.945,29 (gesamt: € 10.482,35) eine Geldstrafe in Höhe von € 600,00 und eine gemäß § 20 Abs. 1 FinStrG für den Fall der Uneinbringlichkeit an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Tag verhängt.
Gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG hat Mag. A.B. die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Finanzstrafverfahrens in Höhe von € 60,00 zu ersetzen.
Darüber hinaus wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Mit Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 1/23 als Organ des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , SpS III, wurde Herr Mag. A.B. (in weiterer Folge: Bw.) für schuldig erkannt, im Bereich des Finanzamtes Gänserndorf Mistelbach als Wahrnehmender der steuerlichen Angelegenheiten der Firma A-GmbH vorsätzlich Lohnsteuer für Dezember 2008 in Höhe von € 6.253,10, für Februar 2009 in Höhe von € 8.537,06 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für Dezember 2008 in Höhe von € 2.034,92, für Februar 2009 in Höhe von € 1.945,29 somit gesamt € 18.770,37 nicht spätestens am fünften Tag (ergänzt: nach Fälligkeit) entrichtet (abgeführt) und hiedurch das Finanzvergehen nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG begangen zu haben und wurde hiefür nach § 49 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe von € 1.600,00, im Nichteinbringungsfall 4 Tage Ersatzfreiheitsstrafe sowie gemäß § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG zum Ersatz der mit € 160,00 bestimmten Kosten des Finanzstrafverfahrens verurteilt.
Als Begründung wurde ausgeführt, dass auf Grund des durchgeführten Finanzstrafverfahrens, insbesondere Einsichtnahme in die Veranlagungsakten und den Strafakt, nachfolgender Sachverhalt feststehe:
Der Bw. sei seit 2007 Unternehmensberater der A-GmbH gewesen. Über Ersuchen des Geschäftsführers des genannten Unternehmens, Ing. E. im Oktober 2008, habe der Bw. in der Firma mitgearbeitet. Seine Aufgabe sei es gewesen, ein Sanierungskonzept zu erstellen. Nach dem im Dezember 2008 stattgefundenen Gespräch zwischen Mag. L., dem Bw. und Ing. E. seien die Aufgaben im Unternehmen neu verteilt worden. Mag. L. sei ab Anfang Jänner 2009 beauftragt worden, ein Vertriebssystem mit Vertretern aufzubauen. Der Bw., zu dessen Aufgaben es zählte, die Firma, welche in finanziellen Schwierigkeiten war, zu sanieren, sei ab dem für sämtliche steuerlichen Angelegenheiten verantwortlich gewesen. Über Betreiben des Bw. sei das Zahlungssystem der Firma auf Online-Banking umgestellt worden, Ende Jänner 2009 sei es dem Bw. auf Grund dieser technischen Neuerung möglich gewesen, Überweisungen online zu tätigen. Davor seien die Zahlungen mit Erlagschein getätigt worden. Auf Grund des vorgelegten Sanierungskonzeptes des Bw. sei dem Unternehmen von der Bank ein Betrag von € 150.000,00 zur Verfügung gestellt worden, welcher zu einem Drittel für die Zahlung von Finanzamtsverbindlichkeiten verwendet worden war. Diese Zahlungen seien vom Bw. veranlasst und letztlich auch faktisch durchgeführt worden.
Der Bw. sei von Anfang Jänner 2009 als de facto Geschäftsführer tätig gewesen, jedenfalls aber für die steuerlichen Angelegenheiten, wozu auch die rechtzeitige Bezahlung sämtlicher Lohnabgaben gezählt habe, verantwortlich gewesen. Erst ab sei er als Prokurist eingetragen gewesen. Die Lohnabgaben für die Monate Dezember 2008 und Februar 2009 in der Höhe von insgesamt € 18.770,37 (welche sich auf Grund der ausbezahlten Löhne errechnen) seien nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet worden. Der Bw., in dessen Verantwortung die rechtzeitige Zahlung auch dieser Abgaben gefallen sei, habe dies ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, er habe es auch verabsäumt, die offenen Beträge rechtzeitig zu melden.
Beweiswürdigend habe der leugnenden Verantwortung des Bw. nicht gefolgt werden können. Der Bw. habe sich widersprüchlich verantwortet und schon dadurch einen unglaubwürdigen Eindruck vermittelt. Die von ihm vorgelegten Urkunden, die seiner Verteidigung dienen sollten, hätten sich teilweise für ihn belastend erwiesen. So sei z.B. durch die von seinem Verteidiger in der Verhandlung vorgelegten Urkunden seine Verantwortung widerlegt worden, dass er erst ab dem für die Zahlungen verantwortlich gewesen sei.
Konnte dem Bw. auf Grund von Urkunden ein Widerspruch in seiner Verantwortung aufgezeigt werden, so versuchte der Bw. seine Verteidigungslinie in eine andere Richtung zu lenken, so z.B., dass es ihm gar nicht möglich gewesen wäre, im Jänner Zahlungen an das Finanzamt zu tätigen, weil das Online-Banking erst Ende Jänner 2009 funktioniert hätte. Damit habe der Bw. von der Tatsache abzulenken versucht, dass es gegenständlich nicht darum gehe, ab welchem Zeitpunkt online Zahlungen technisch durchführbar waren, sondern darum, wer ab für die steuerlichen Angelegenheiten verantwortlich gewesen sei. Der Bw. übersehe dabei, dass - auch wenn unstrittig - die Möglichkeit der Durchführung von Online-Zahlungen erst ab Ende Jänner 2009 bestanden habe, dieser Umstand ihn nicht davon befreie, fällige Zahlungen davor mittels Erlagschein durchzuführen.
Die Verantwortung des Bw. ergebe sich nicht nur aus den belastenden Angaben der Zeugen E. und G., sondern indirekt auch aus seiner eigenen Verantwortung. Der Bw. mache in seiner Aussage, in welcher er in der "Wir-Form" spreche, deutlich, dass er die Geschicke der Firma gelenkt habe, da er über das nötige Know-How verfügt habe, um die Firma zu sanieren. So habe er betont, dass immer die ältesten Beträge überwiesen worden seien, um den Saldo möglichst niedrig zu halten und gebe damit indirekt zu, in Kauf genommen zu haben, fällige Schulden, so auch die gegenständlichen Lohnabgaben verspätet zu bezahlen.
So habe er sich unter anderem auch dahingehend verantwortet, dass die Abgaben für Februar 2009 gar nicht bezahlt hätten werden können, weil kein Geld vorhanden gewesen sei.
Völlig unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob es Spannungen mit der Firma M. gegeben habe, da auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens kein Zweifel über den Aufgabenbereich des Beschuldigten bestehe. Auffallend sei, dass die Lohnabgaben für Jänner 2009 rechtzeitig bezahlt worden seien. Auch die Verantwortung des Bw., er hätte keinen Überblick gehabt, entbehre jeder Grundlage. Auch seine Verantwortung, G. sei für das Belegwesen verantwortlich gewesen, scheitere schon daran, dass G. im Februar 2009 aus dem Unternehmen ausgeschieden sei. Aber auch für diesen Zeitraum habe sich der Bw. nicht schuldig bekannt und versucht, seine Verfehlungen mit Ausflüchten zu beschönigen. Insgesamt stellen sämtliche Einwände des Bw. lediglich einen Versuch dar, von seiner eigenen Verantwortung abzulenken.
Das Verhalten des Bw. erfülle das vom Gesetz vorgegebene Tatbild in objektiver und subjektiver Hinsicht, da davon auszugehen sei, dass dem Bw. als realitätsbezogenem im Wirtschaftsleben stehenden Geschäftsmann die ihn treffenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen, ebenso wie die Konsequenz pflichtwidrigen Verhaltens, nämlich das Bewirken von Abgabenverkürzungen bekannt gewesen seien.
Die Verantwortung des Bw., er habe mangels Überblick keine Möglichkeit gehabt, die Lohnabgaben rechtzeitig zu melden, scheitere aus rechtlichen Erwägungen. Ob nämlich dem Bw. an der Unterlassung der in der genannten Bestimmung als strafbefreiend normierten Meldung der geschuldeten Beträge an das Finanzamt ein Verschulden treffe, sei für die subjektive Tatseite ebenso irrelevant wie beispielsweise ein allfälliger Irrtum über das Vorliegen eines (objektiven) Strafausschließungsgrundes ().
Bei der Strafbemessung sei erschwerend: kein Umstand; mildernd die Unbescholtenheit.
Bei Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und die Täterpersönlichkeit sei die ausgesprochene Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe schuld- und tatangemessen.
In der dagegen eingebrachten Berufung vom werden als Berufungsgründe Nichtigkeit infolge Befangenheit des Senatsvorsitzenden, daraus resultierende falsche Senatsbesetzung und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, unrichtige Tatsachenfeststellung infolge unrichtiger Beweiswürdigung und unrichtige rechtliche Beurteilung sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht:
Zur Nichtigkeit infolge Befangenheit des Vorsitzenden/Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird vorgebracht, dass das verfahrensgegenständliches Erkenntnis von einem offensichtlich befangenen Senatsvorsitzenden gefällt worden sei und sohin auch nach § 72 FinStrG infolge Befangenheit des Senatsvorsitzenden, daraus resultierende falsche Senatsbesetzung und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft werde.
Dazu führt der Bw. wie folgt aus:
"Wie schon dem vorzitierten Befangenheitsantrag zu entnehmen ist, wurde der Einschreiter in Anwesenheit seiner Verteidigung unmittelbar nach mündlicher Urteilsverkündigung, und zwar unmittelbar nach Verlassen des Gebäudes in Wien vom beisitzenden Senatsmitglied, aufgehalten. Dieser riet dem Einschreiter unbedingt in Berufung zu gehen, dies deshalb, weil selbst der Vorsitzende berechtigte Zweifel an der Schuld des Einschreiters hegte, den Einschreiter jedoch schließlich schuldig sprach und verurteilte, weil man - sinngemäß - "schließlich einen Schuldigen brauche". Das beisitzende Senatsmitglied hat aus den für ihn gegebenen Zweifel für einen Freispruch gestimmt, wurde aber überstimmt.
Ein Richter ist verpflichtet, sein Amt in sachlicher, objektiver, unparteiischer und unvoreingenommener Weise auszuüben. Jeglicher Anschein einer Voreingenommenheit ist strikt zu vermeiden. Liegen hingegen Gründe vor, welche die volle Unbefangenheit eines Richters in einem Verfahren in Zweifel ziehen, so hat sich dieser gemäß § 72 FinStrG der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen.
Im gegenständlichen Verfahren kommt jedoch nicht nur - wie oben zitiert - der Anschein der Voreingenommenheit des Vorsitzenden auf, sondern liegt seine Befangenheit vielmehr klar auf der Hand. Ein Richter, der seine Entscheidung nicht auf nachvollziehbare Gründe zu stützen vermag, sondern einen Beschuldigten nur deshalb verurteilt, weil es - salopp formuliert - irgendeinen Beschuldigten geben muss, verwirklicht zweifellos den Befangenheitstatbestand nach § 72 Abs. 1 lit. e FinStrG.
Der Vorsitzende verletzte nicht nur seine Verpflichtung der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit, sondern auch den Verfahrensgrundsatz "in dubio pro reo" und das Grundrecht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK.
"In dubio pro reo" heißt nichts anderes als dass ein Beschuldigter freizusprechen ist, wenn an seiner Schuld auch nur geringste (!) Zweifel bestehen. Warum der Vorsitzende demnach im gegenständlichen Verfahren den Einschreiter - obwohl er offensichtlich Zweifel an seiner Schuld hatte - verurteilte, ist keineswegs nachvollziehbar, es sei denn der Vorsitzende ist voreingenommen und damit befangen.
Die vom Vorsitzenden im gegenständlichen Verfahren vollzogene Verhandlungsführung bzw. Entscheidungsfindung entspricht zudem in keiner Weise dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 EMRK. Der Einschreiter wurde - wie sich nach bisheriger Ausführung zeigt - letztlich grundlos verurteilt.
Er wurde im gesamten Verfahren schlichtweg seines Grundrechtes auf einen unabhängigen und unparteiischen Richter gemäß Art. 6 EMRK und Art. 83 Abs. 2 B-VG beschnitten.
Abschließend ist zudem zu bemerken, dass das Verhalten des Vorsitzenden im gegenständlichen Verfahren in keiner Weise toleriert werden kann, vielmehr erschüttert es zutiefst auch das Ansehen der Justiz und des gesamten Verwaltungsapparats. Von einer Rechtsprechung im Einklang mit dem verfassungsrechtlich gewährten Prinzip der Rechtstaatlichkeit kann in gegenständlichem Verfahren wohl kaum noch die Rede sein.
Das angefochtene Erkenntnis leidet daher an Nichtigkeit infolge Befangenheit des Vorsitzenden gemäß § 72 Abs. 1 lit. e FinStrG sowie den §§ 43 ff StPO analog, ferner auch an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und ist daher zur Gänze zu beheben.
Beweis: Gedächtnisprotokoll, Zeuge-1 Zeuge-2
3.2. Unrichtige Tatsachenfeststellungen infolge unrichtiger Beweiswürdigung:
3.2.1. Bekämpft wird nachfolgende Feststellung:
"Über Ersuchen des Geschäftsführers des genannten Unternehmens, Ing. E. im Oktober 2008, hat der Beschuldigte in der Firma mitgearbeitet. [ .. .} Nach dem im Dezember 2008 stattfindenden Gespräch zwischen Mag. L., dem Beschuldigten und Ing. E. wurden die Aufgaben im Unternehmen neu verteilt." (siehe Erkenntnis, Seite 2,3)
Es ist nicht nachvollziehbar, auf Grund welcher aufgenommener Beweise der Spruchsenat die vorzitierte Feststellungen zu treffen vermochte. So war weder das Gespräch im Oktober 2008 noch im Dezember 2008 jemals Thema der Verhandlung; weder der Einschreiter noch einer der Zeugen wurde zu diesem Umstand befragt. Sachverhaltsfeststellungen können immer nur dann getroffen werden, wenn ein entsprechendes Beweismittel diese untermauern; dies ist in Bezug auf die bekämpfte Feststellung nicht der Fall, sondern wurden Feststellungen ohne jegliche Beweisgrundlage getroffen. Die oben bekämpften Feststellungen haben daher ausnahmslos zu entfallen.
Der Spruchsenat versucht mit der bekämpften Feststellung offenbar dem Einschreiter die Verantwortung als "Wahrnehmender in Steuerangelegenheiten" unterzujubeln, was am entsprechenden Beweissubstrat scheitert; insofern ist der Entfall dieser Feststellung auch rechtlich relevant.
3.2.2. Bekämpft wird nachfolgende Feststellung:
"Der Beschuldigte zu dessen Aufgaben es zählte die Firma, welche in finanziellen Schwierigkeiten war, zu sanieren, war ab dem für sämtliche steuerliche Angelegenheiten verantwortlich." (siehe Erkenntnis, Seite 3)
Begehrt wird nachfolgende Feststellung:
"Der Beschuldigte war insofern für das Unternehmen tätig, als dass er unter Mitwirkung des Geschäftsführers Ing. E. ein Sanierungskonzept erstellte. Für die Abwicklung steuerlicher Angelegenheiten war die Steuerberatungskanzlei M. beauftragt. Sie führte sämtliche Berechnungen durch und veranlasste die Meldungen an das Finanzamt über FinanzOnline, denn nur diese hatte Zugang zum Portal FinanzOnline".
Der Einschreiter erstellte unter maßgeblicher Mitwirkung des Geschäftsführers Ing. E. ein Konzept zur Sanierung des Unternehmens, wobei die zu bewerkstelligenden Aufgaben mittels Organigramm genau aufgezeigt wurden. Dieses veranschaulicht, dass lng. E., Mag. L. und der Einschreiter gemeinsam für das Unternehmensmanagement verantwortlich waren. Dieses Organigramm wurde durch Vorlage in der Verhandlung vom durch den Geschäftsführer lng. E. Aktenbestandteil. Es ist sohin nicht nachvollziehbar, warum der Spruchsenat die bekämpfte Feststellung getroffen hat, wonach der Einschreiter allein (?) für die Unternehmenssanierung verantwortlich gewesen sein soll.
Die oben bekämpfte Feststellung lässt sich jedoch noch in einem weiteren Punkt mit den Beweisergebnissen des Verfahrens nicht in Einklang bringen: Der Einschreiter versuchte EndeJänner 2009 mit der zuständigen Sachbearbeitern, P., der Steuerberatungskanzlei M. via E-Mail in Kontakt zu treten. P. erteilte ihm jedoch keine Informationen; so sei sie aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht berechtigt, ihm Informationen zukommen zu lassen (siehe E-Mail von , von der Verteidigung in der Verhandlung vom als Beilage ./3 vorgelegt).
Diese E-Mail beweist in seltener Klarheit, dass der Einschreiter - entgegen den Feststellungen des Spruchsenates - gerade nicht für sämtliche steuerrechtliche Angelegenheiten zuständig war - und schon gar nicht ab dem , wenn er Ende Jänner 2009 von der von der A-GmbH beauftragten Steuerberatungskanzlei M. nicht einmal eine Auskunft erhielt. Die Verantwortung für die steuerlichen Angelegenheiten trug im Unternehmen vielmehr der Geschäftsführer Ing. E. selbst, jedenfalls - allein wie aus der vorgelegten E-Mail ersichtlich - nicht der Einschreiter. Nur lng. E. erhielt von der Steuerberatungskanzlei M. Auskunft in steuerlichen Fragen.
Warum der Spruchsenat trotz der E-Mail vom zum Schluss kam, dass der Einschreiter für sämtliche steuerlichen Angelegenheiten ab dem verantwortlich sein soll, ist nicht nachvollziehbar, ferner ist die Feststellung auch aktenwidrig.
Diese Feststellung entbehrt damit neuerlich jeglicher Beweisgrundlage, respektive steht sie sogar im Widerspruch zu den Beweisergebnissen.
Der Spruchsenat versucht auch mit der nunmehr bekämpften Feststellung offenbar, dem Einschreiter die Verantwortung als "Wahrnehmender in Steuerangelegenheiten" unterzujubeln, was am entsprechenden Beweissubstrat scheitert; insofern ist die begehrte Ersatzfeststellung auch rechtlich relevant.
3.2.3. Bekämpft wird nachfolgende Feststellung:
"Der Beschuldigte war von Anfang Jänner 2009 als de facto Geschäftsführer tätig, jedenfalls aber für die steuerlichen Angelegenheiten, wozu auch die rechtzeitige Bezahlung sämtlicher Lohnabgaben zählte, verantwortlich. Erst ab war er als Prokurist eingetragen." (siehe Erkenntnis, Seite 3)
Begehrt wird nachfolgende Feststellung:
"Der Beschuldigte ist Unternehmensberater. Sohin war er auch in der A-GmbH als externer Unternehmensberater tätig. Zur Unternehmenssanierung wurde in Zusammenarbeit mit dem Geschäftsführer Ing. E. ein Konzept erstellt. Demnach wurden dem Einschreiter sowohl Teile an der Gesellschaft übertragen als ihm auch die Prokura per erteilt. Zuletzt war der Einschreiter freier Mitarbeiter. Er stellte das Zahlsystem auf Electronic Banking um und war mit Ende Jänner für die Zahlungen offener Rechnungen nach Maßgabe der ihm vorgelegten Belege verantwortlich. Die Belege erhielt der Einschreiter zunächst von der Buchhalterin G., danach von Ing. E.. Es war Aufgabe der Buchhaltung, die zur Berechnung der Abgaben notwendigen Unterlagen im Vorfeld an die Steuerberatungskanzlei M. zu übermitteln. Die Steuerberatungskanzlei nahm die Meldungen an das Finanzamt vor, berechnete die zu zahlenden Beträge und folgte zuletzt die Belege wiederum G. aus. Sie legte die Belege dem Einschreiter vor, der schließlich in Absprache mit dem Geschäftsführer die Zahlungen zur Überweisung brachte. Dieser Aufgabenverteilung nach verrichtete der Einschreiter Zahlungen an das Finanzamt von über EUR 87.000,00 im Zeitraum bis .
Die Feststellung der Tätigkeit des Einschreiters als "de facto Geschäftsführer" entbehrt nicht nur jeder Grundlage, sondern wird dieser Vorwurf auch erstmals in der schriftlichen Ausfertigung der bekämpften Entscheidung erhoben. Das gesamte Verfahren lang war die Eigenschaft des Einschreiters als "de facto Geschäftsführer" nie Thema. Die angebliche Verantwortung des Einschreiters für steuerliche Angelegenheiten wird vom Spruchsenat neuerlich ohne jegliche Beweisgrundlage festgestellt.
Der Einschreiter war nie Wahrnehmender der steuerlichen Angelegenheiten des Unternehmens. Er hatte weder die Buchhaltung inne, noch war er verantwortlich für die Meldungen von Abgaben. Für das Belegwesen war - wie schon zuvor ausgeführt - bis Februar 2009 G., sodann Ing. E. selbst zuständig; für die Meldungen von Abgaben die Steuerberatungskanzlei M. (vgl. dazu auch die Aussage des Zeugen Mag. L.).
Mit Ende Jänner 2009 führte der Einschreiter zur vereinfachten Abwicklung von Zahlungen das "Electronic Banking" ein. Ab diesem Zeitpunkt wurde er auch vom Geschäftsführer Ing. E. beauftragt, sämtliche Zahlungen nach erteiltem Auftrag vorzunehmen.
lng. E. verblieb jedoch bis zur Konkurseröffnung alleiniger Geschäftsführer. So war u.a. nur er zeichnungsberechtigt und nur er erhielt Auskunft bezüglich Lohndaten von der Steuerberatungskanzlei.
Für die Annahme, der Einschreiter sei de facto Geschäftsführer, fehlten dem Einschreiter die nötigen Vollmachten und fehlten ihm ferner, nur die dem Geschäftsführer lng. E. obliegenden, Kompetenzen. Der Einschreiter war schlicht externer Unternehmensberater und ab , also deutlich nach dem verfahrensgegenständlichen Tatzeitraum, Prokurist des Unternehmens.
Unternehmensintern hatte der Einschreiter gerade im Zusammenhang mit der Abwicklung von Zahlungen über das "Electronic Banking" nach Ausscheiden von G. aus dem Unternehmen im Februar 2009 eine nahezu arbeitnehmerähnliche Position (vgl. dazu GZ 2009/16/0188: Wird die Versäumnis der Zahlungsfrist durch einen Arbeitnehmer ohne Zutun des Abgabepflichtigen verursacht, so kann dieser nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG nicht bestraft werden, da diesem regelmäßig ein vorsätzliches Verschulden nicht zugerechnet werden kann. Ebenso wenig kann der mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen betraute Arbeitnehmer nach dieser Gesetzesstelle zur Verantwortung gezogen werden; vgl. auch Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Band l, Rz. 18 zu 49 FinStrG).
Der Spruchsenat versucht auch mit diesen Feststellungen neuerlich dem Einschreiter die Verantwortung als "de facto Geschäftsführer" zu übertragen, was wiederum an der entsprechenden Beweisgrundlage scheitert; insofern ist die begehrte Ersatzfeststellung auch im Sinne der zitierten VwGH-Judikatur rechtlich relevant.
3.2.4. Bekämpft wird nachfolgende Feststellung:
"Der Beschuldigte, in dessen Verantwortung die rechtzeitige Zahlung auch dieser Abgaben fiel, hat dies ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, er hat es auch verabsäumt, die offenen Beträge rechtzeitig zu melden." (siehe Erkenntnis, Seite 3)
Begehrt wird nachfolgende Feststellung:
"Für die Meldung von Abgaben war die Steuerberatungskanzlei M. beauftragt. Bis zum war der Geschäftsführer Ing. E. allein zeichnungsberechtigt und tätigten er und seine Lebensgefährtin sowie Buchhalterin G. sämtliche Zahlungen mittels Zahlschein. Der Einschreiter war hingegen für die Durchführung von Zahlungen - in Absprache mit dem Geschäftsführer Ing. E. - erst ab verantwortlich. Er veranlasste Zahlungen zunächst gemäß der von G. vorgelegten Belege via Electronic Banking, sodann nach Ausscheiden von G. nach Vorlage durch Ing. E.."
Auch die oben bekämpfte Feststellung entbehrt jeglicher Beweisgrundlage. So liegt dem Beweisverfahren kein Umstand zugrunde, aus dem sich ableiten lässt, dass der Einschreiter es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass sowohl die Meldung als auch die Zahlung von offenen Beträgen verabsäumt wurden.
Der Einschreiter hatte tatsächlich weder Kenntnis von einer verspäteten Meldung der Abgaben noch von der Nichtzahlung der hier gegenständlichen Abgaben. Es war zwischen dem Unternehmen A-GmbH und der Steuerberatungskanzlei M. vereinbart, dass sämtliche Meldungen von Abgaben durch diese erfolgten, daran wurde auch mit Beginn der Sanierungsmaßnahmen nichts geändert. Sowohl die Berechnung der Lohnabgaben als auch deren Meldung lag in der Verantwortung der Steuerberatungskanzlei.
Die Buchhaltung war Aufgabe der G.. Der Geschäftsführer Ing. E. und G. führten bis Ende Jänner 2009 Zahlungen mittels Zahlschein durch. Erst mit führte der Einschreiter in Absprache mit dem Geschäftsführer Ing. E. die Zahlungen durch. Vor diesem Zeitpunkt war der Einschreiter weder beauftragt, Zahlungen zu tätigen noch war er überhaupt zeichnungsberechtigt, um Zahlungen mittels Zahlschein zu tätigen.
Dass die Steuerberatungskanzlei für die Meldung von Abgaben zuständig war, ist klar nachvollziehbar, als auch diese selbstständig die verspäteten Meldungen nachholte und die Doppelmeldung der Abgaben vom Jänner 2009 im Zuge der Korrektur der verspäteten Meldung der Abgaben vom Februar 2009 selbstständig durchführte. Nur die Steuerberatungskanzlei M. hatte - wie schon oben ausgeführt - Zugang zum Portal "FinanzOnline". Dass eine Steuerberatungskanzlei für die Meldungen von Abgaben beauftragt wird, ist zudem nicht ungewöhnlich, sondern vielmehr die Regel.
Dass G. jahrelang das Belegwesen inne hatte, lässt sich schon aus dem Schreiben der Steuerberatungskanzlei M. vom erkennen, wonach "die Lohnsteuerangelegenheiten wie auch der Zahlungsverkehr bei Firma A-GmbH von einer langjährigen und verlässlichen Mitarbeiterin wahrgenommen" wurden. So wie die Steuerberatungskanzlei M. der G. in Sachen ordnungsgemäßer Abwicklung in puncto Belegwesen vertraute, so musste wohl auch der Einschreiter als Unternehmensberater in keiner Weise an einer solchen zweifeln. Er konnte vielmehr auf eine reibungslose Zusammenarbeit der Steuerberatungskanzlei und G., die jahrelang funktioniert hatte, vertrauen und somit vorbehaltlos immer dann Zahlungen tätigen, wenn er gemäß üblicher Aufgabenverteilung (Übermittlung entsprechender Unterlagen durch G. und Berechnung der zu zahlenden Beträge durch die Steuerberatungskanzlei M.) Belege vorgelegt bekam.
Zudem war dem Einschreiter auch nicht ersichtlich, ob Zahlungen oder Meldungen an das Finanzamt fehlten oder nicht. Einsicht in die getätigten bzw. in der Folge noch zu tätigende Meldungen und Zahlungen hatte nämlich nur die Buchhaltungsabteilung.
Dem Einschreiter konnte sohin gar nicht bekannt sein, dass Meldungen bzw. Zahlungen nicht getätigt wurden. Sohin erfuhr der Einschreiter über die unterbliebene Meldung der gegenständlichen Abgaben und deren Zahlung erst durch Strafanzeige.
Der Spruchsenat traf die entscheidungsrelevanten Feststellungen unter anderem aufgrund der Zeugenaussagen von Ing. E. und G.. Warum aber der Spruchsenat genau diesen Aussagen Glauben schenkte, die Angaben des Einschreiter jedoch als leugnend und widersprüchlich würdigte, ist nicht nachvollziehbar. So konnte Ing. E. keineswegs eine für das Finanzstrafverfahren relevante Aussage machen. Auf die Frage, ob die Aussage des Einschreiters der Wahrheit entspreche, wonach er für die verfahrensgegenständlichen Zeitraum keine Unterlagen bekommen hätte, konnte er nur angeben, dass er nicht dabei gewesen sei, dies aber mit Sicherheit falsch sei (vgl. Niederschrift vom , Seite 4).
G. gab an, dass ihre Kündigung vom Einschreiter ausgesprochen worden sein soll. Allein schon diese Angabe hätte den Spruchsenat an der Glaubwürdigkeit der Zeugin zweifeln lassen müssen. Unbestritten ist nämlich, dass der Einschreiter für die Finanzangelegenheiten des Unternehmens zuständig war, jedoch in keiner Weise für das Personalwesen. Dass ein Unternehmensberater, der für die Sanierung eines Unternehmens beauftragt wird, auch für etwaige Kündigungen bevollmächtigt ist, entspräche wohl kaum den üblichen Gepflogenheiten eines Unternehmens. Tatsächlich gekündigt wurde G. vielmehr von Ing. E.. Dies hat auch der Zeuge Mag. L. bestätigt.
Der Spruchsenat bezog sich sohin in seiner Beweiswürdigung auf Aussagen, die einerseits nur sehr dürftige, nahezu wagemutige Angaben beinhalten bzw. die offensichtlich falsch sind, wohingegen der Einschreiter in nachvollziehbarer und vollständiger Weise die Verfahrensabläufe im Unternehmen geschildert hätte.
Die Verantwortung des Einschreiters würdigte der Spruchsenat als widersprüchlich. Einen Widerspruch erblickte der Spruchsenat in der Angabe des Einschreiters, wonach er sich seiner vermeintlichen Verantwortung zu entziehen versuchte, indem er angab, dass Zahlungen via Electronic Banking erst ab Ende Jänner 2009 durchführbar gewesen seien.
Dies sei jedoch nicht verfahrensrelevant, weil es nur darum ginge, wer für die steuerlichen Angelegenheiten verantwortlich war, jedoch nicht, auf welche Weise die Zahlungen erfolgten.
Dem Einschreiter ist dabei jedoch keinerlei widersprüchliche Aussage vorzuwerfen. Vielmehr entspricht es den Tatsachen, dass er erst ab Ende Jänner 2009 den Auftrag vom Geschäftsführer erhielt, Zahlungen zu tätigen und dies via Electronic Banking. Bevor der Einschreiter das Zahlungssystem auf Electronic Banking umstellte, wurden - wie schon oben näher ausgeführt - Zahlungen mittels Zahlschein ausschließlich vom Geschäftsführer Ing. E. und G. getätigt. Der Einschreiter war vor Umstellung des Systems auf Electronic Banking weder beauftragt, Zahlungen zu tätigen noch war er zeichnungsberechtigt. Ihm wäre es sohin unmöglich gewesen vor dem Zahlungen zur Überweisung zu bringen.
Der Spruchsenat trifft im angefochtenen Erkenntnis keinerlei Feststellungen über die Verfügungs- und Zeichnungsberechtigung zum verfahrensrelevanten Firmenkonto der A-GmbH, sondern unterstellt dem Einschreiter, die Berechtigung gehabt zu haben, "Zahlungen davor mittels Erlagschein" durchführen hätte können (Erkenntnis, Seite 4).
Sohin stellt der Einschreiter zum Beweis seiner objektiven und subjektiven Unschuld, insbesondere zum Beweis dafür, dass er zu keinem Zeitpunkt eine Zeichnungsberechtigung zum verfahrensrelevanten Firmenkonto der A-GmbH besessen hat, den Beweisantrag auf
- ergänzende Einvernahme des Einschreiters zur fehlenden Zeichnungsberechtigung auf allen Firmenkonten der A-GmbH
- ergänzende Einvernahme von B. zur fehlenden Zeichnungsberechtigung des Einschreiters auf allen Firmenkonten der A-GmbH
- Einvernahme eines Informierten Vertreters der Bank zur fehlenden Zeichnungsberechtigung des Einschreiters auf allen Firmenkonten der A-GmbH bei der Bank
- Amtswegige Einholung der Bankauskunft bei der Bank zur fehlenden Zeichnungsberechtigung des Einschreiters auf allen Firmenkonten der A-GmbH bei der Bank.
Dieser Beweisantrag ist rechtlich relevant, da der Einschreiter doch allein aus den zu erwartenden objektiven Beweisergebnissen zur Gänze von den wider ihn erhobenen Vorwürfen freizusprechen sein wird.
Dieser Beweisantrag ist ferner rechtlich relevant hiefür, da der Beweisantrag den dem Spruchsenat angelasteten Verfahrensfehler begründet, wonach ohne entsprechende Beweisergebnisse dem Einschreiter unterstellt wird, über die Firmenkonten der A-GmbH verfügungs- und zeichnungsbefugt zu sein, obwohl der Einschreiter dies nicht war, sondern erst nach Umstellung des betriebsinternen Zahlungssystems auf Electronic Banking Zahlungen auftrags der A-GmbH über separat von Ing. E. zur Verfügung gestellte "TAN-Codes" durchführte.
3.2.5. Im Weiteren tat der Spruchsenat die Aussage des Einschreiters unter anderem als unglaubwürdig ab, weil der Einschreiter Unternehmensabläufe in der "Wir-Form" beschrieb. Dass einer Aussage kein Glaube geschenkt werden kann, nur weil die aussagende Person Tatsachen in der "Wir-Form" schildert, ist jedoch völlig überzogen.
So kann man wohl von niemand erwarten, dass er in geschriebener als auch gesprochener Sprache mit gleicher Präzision und Fehlerlosigkeit Angaben zu machen vermag. Vielmehr schleichen sich Fehler in der Differenzierung "Ich/Wir" im allgemeinen Sprachgebrauch schneller ein, als einem bewusst wird. Eine so geringfügige Ungenauigkeit im Sprachgebrauch kann jedoch keinen Schuldspruch begründen.
Vielmehr bediente sich der Spruchsenat hiebei einer reinen Feststellung ohne jegliche Begründung mittels Beweisergebnissen. Dies ist jedoch nicht der einzige Fall, wo sich der Spruchsenat in seiner Begründung einer reinen Scheinbegründung bediente. Genauso versuchte der Spruchsenat seine Entscheidung zu begründen, indem er Ausdrucke wie "kein Zweifel" verwendete (siehe Erkenntnis, Seite 4, dass "kein Zweifel über den Aufgabenbereich des Beschuldigten" besteht).
Die Verwendung von Begriffen wie "zweifellos", "offenbar", "liegt auf der Hand" etc. stellt aber nichts anderes dar als eine fehlende und unzureichende Begründung(Ratz in WKStPO, § 281 Rz 446).
Demnach ist das angefochtene Erkenntnis auch in diesem Punkt zur Gänze aufzuheben und ein Freispruch zu fällen.
3.3. Unrichtige rechtliche Beurteilung / Rechtswidrigkeit des Inhalts:
Dem Einschreiter ist - entgegen der vom Spruchsenat getroffenen rechtlichen Beurteilung - kein Vorsatz anzulasten. Der Spruchsenat unterstellte dem Einschreiter bedingten Vorsatz. Der bedingte Vorsatz, der die "Untergrenze" des Vorsatzes darstellt, ist dann gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechts des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, ja nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, daher als naheliegend ansieht, und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist. Eventualvorsatz liegt nur dann vor, wenn der Täter zur Erreichung seines Zieles das Übel, das sich aus seinem Verhalten bzw. der Tat ergibt, in Kauf genommen hat.
Auch der (bewusst) fahrlässig Handelnde kennt die Möglichkeit des Eintritts des schädigenden Erfolges, er lehnt diesen Erfolg jedoch ab und hält seinen Eintritt für wenig wahrscheinlich. Der für das "Sichabfinden" in diesem Sinn erforderliche positive Willensentschluss muss in der Entscheidung stets durch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen hinreichend untermauert werden. Mit der Formulierung "In-Kaufnehmen" als Element des bedingten Vorsatzes wird nicht die Wissenskomponente, sondern die Willenskomponente umschrieben (vgl. Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Band I, Rz. 15 bis 19 zu § 8 FinStrG). Ein "Wissen-müssen" ist dem "Wissen" nicht gleichzuhalten, es schließt Fahrlässigkeit nicht aus und bedeutet damit rechtlich noch keine Bejahung eines dolosen Handelns (= GZ 2009/16/0188, RS 4; vgl. ferner Fellner, Kommentar zum Finanzstrafgesetz, Band I, Rz. 20a zu § 8 FinStrG).
In seinen Ausführungen zur subjektiven Tatseite begnügte sich der Spruchsenat dabei auf bloße Wiedergabe des Gesetzestextes, wonach der Einschreiter es "ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat", dass offene Beträge nicht rechtzeitig gemeldet und bezahlt werden. Der Spruchsenat traf jedoch keinerlei weitere Feststellung, wonach der Einschreiter vorsätzlich den Tatbestand des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG verwirklichte. Eine reine Wiedergabe des Gesetzestextes ist jedoch nicht hinreichend für die Feststellung einer vorsätzlichen Begehung des Einschreiters auf subjektiver Tatebene, denn der für das "Sichabfinden" erforderliche positive Willensentschluss muss in der Entscheidung stets durch entsprechende Sachverhaltsfeststellungen hinreichend untermauert werden (vgl. GZ 2009/16/0188, RS 4).
Der Spruchsenat traf sohin keine hinreichende Feststellung auf subjektiver Tatseite. Von einer solchen jedoch auf eine vorsätzliche Begehung des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG in rechtlicher Hinsicht zu schließen, ist keineswegs rechtmäßig, sondern rechtsirrig.
Selbst wenn der Spruchsenat Feststellungen zur inneren Tatseite getroffen hätte, so ist der Vorwurf, der Einschreiter hätte vorsätzlich Abgaben nicht gemeldet bzw. abgeführt, nicht haltbar.
Wie aus den Buchungsmitteilungen und aus den in den gegenständlichen Verfahrensakt Eingang gefundenen Unterlagen des Finanzamtes Gänserndorf - Mistelbach objektiv hervorgeht, hat der Einschreiter allein im Zeitraum bis Zahlungen an das Finanzamt von über EUR 87.000,00 veranlasst (siehe Abfrage von Buchungen vom bis , D., betreffend die A-GmbH).
Allein daraus erhellt, dass dem Einschreiter keine subjektive Tatbegehung angelastet werden kann, wenn er - beispielhaft und unvollständig aufgelistet - Beträge von
• EUR 31.768,07 (Buchung ) oder von • EUR 3.700,00 (Buchung ) oder von • EUR 8.146,31 (Buchung vom ) oder von • EUR 33.932,02 (Buchung vom ) oder von • EUR 1.000,00 (Buchung vom ) oder von • EUR 6.025,04 (Buchung vom )
an das Finanzamt zur Zahlung auftragsgemäß veranlasst hat.
Für die Erfüllung des Tatbildes der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG kommt es nicht auf die Bekanntgabe der abzuführenden Lohnabgaben an das Finanzamt an, sondern auf das von der Finanzstrafbehörde festgestellte tatbildmäßige Unterlassen der Abfuhr und Entrichtung der Lohnabgaben und auf den Vorsatz dazu(vgl. GZ 2011/16/0080, RS 2).
Finanzordnungswidrigkeiten gemäß § 49 FinStrG sind nur bei vorsätzlicher Begehung strafbar. Der subjektive Tatbestand der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG muss sich auf die tatbildmäßige Unterlassung der entsprechenden Entrichtung oder Abfuhr richten (vgl. GZ 2011/16/0080). Ob den Steuerpflichtigen an der Unterlassung der in der genannten Bestimmung als strafbefreiend normierten Meldung der geschuldeten Beträge an das Finanzamt ein Verschulden trifft, ist dagegen irrelevant (vgl. GZ 2009/16/0188).
Steuerpflichtig war in gegenständlicher Finanzstrafsache allerdings nicht der Einschreiter. Der Einschreiter war vielmehr nur zur Durchführung von Zahlungen ab Ende Jänner 2009 beauftragt. Zahlungen nahm er immer nur dann vor, wenn ihm dafür Belege vorgelegt wurden. Einsicht in "FinanzOnline" hatte er jedoch keine, so war ihm in keiner Weise bekannt, dass für den Monat Dezember 2008 und Februar 2009 verfahrensgegenständliche Abgaben weder gemeldet noch gezahlt worden waren. Ihm ist hiebei jedoch kein Verschulden vorwerfbar. Zu keinem Zeitpunkt war der Einschreiter Wahrnehmender der steuerlichen Angelegenheiten und zu keinem Zeitpunkt mit der Berechnung der Abgaben oder deren Meldungen verantwortlich, noch mit dem Belegwesen beauftragt.
Dem Einschreiter wäre - insofern eine fahrlässige Begehung des § 49 FinStrG strafbar wäre - nicht einmal Fahrlässigkeit vorwerfbar. So nahm er bei Übernahme der Finanzangelegenheiten Ende Jänner 2009 sogar Kontakt mit P., Mitarbeiterin der M. Steuerberatung, auf. Eine Auskunft bezüglich Lohndaten wurde ihm jedoch verwehrt (vgl. nochmals Beilage /3). Ihm kann sohin keinerlei Vorwurf einer nicht verantwortungsbewussten, auftragsgemäßen Tätigkeit als Unternehmensberater zur Firmensanierung vorgeworfen werden.
Die rechtliche Beurteilung des Spruchsenates, wonach dem Einschreiter ein vorsätzliches Verhalten angelastet wird, ist unrichtig. Denn da der Spruchsenat die Annahme eines Vorsatzes nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG tragende Feststellungen unterließ, wird das bekämpfte Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (iSd § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG) belastet und ist aufzuheben (vgl. dazu auch GZ 2009/16/0188).
Allein aufgrund fehlender subjektiver Tatseite wäre deshalb - unabhängig von einem Bestehen oder Nichtbestehen objektiver Tatbestandsmerkmale - der Einschreiter frei zu sprechen gewesen.
4. Milderungsgründe
4.1. Im Falle eines - nicht zu erwartenden - Schuldspruches erachtet der Einschreiter die vom Spruchsenat vorgenommene Strafzumessung als unangemessen hoch.
Der Spruchsenat hat seiner Entscheidung keinen Erschwerungsgrund zugrunde gelegt, als Milderungsgrund zu Unrecht lediglich Unbescholtenheit angenommen.
Dem Einschreiter wird im gegenständlichen Verfahren vorgeworfen, sich im Zeitraum Dezember 2008 bzw. Februar 2009 der Begehung des § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG strafbar gemacht zu haben. Dass seit diesem Zeitpunkt, demnach seit mittlerweile 3 (!) Jahren kein Verhalten des Einschreiters gesetzt wurde, welches nur in geringster Weise eine Finanzordnungswidrigkeit darstellen hätte können, wurde vom Spruchsenat in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Darüber hinaus ist der Einschreiter auch sonst in keiner Weise gegenüber Gericht und/oder Behörde strafrechtlich in Erscheinung getreten. Der Spruchsenat hätte sohin vielmehr oben genanntes Verhalten des Einschreiters (gemäß § 34 Abs. 1 Z 18 StGB analog) mildernd zu werden gehabt. Außerdem wären die Unbescholtenheit und der ordentliche Lebenswandel des Einschreiters stärker zu werten gewesen.
4.2. Dem Einschreiter wird vorgeworfen, er habe immer nur die Zahlung der ältesten Abgabenschuldigkeit veranlasst, hingegen die verfahrengegenständlichen Abgaben für Dezember 2008 und Februar 2009 nicht.
Hätte der Einschreiter - rein hypothetischer Natur - die vorzitieren Abgaben Dezember 2008 und Februar 2009 zur Überweisung gebracht, dafür aber ältere, schon vorher entstandene Verpflichtungen nicht bezahlt, so wären an das Finanzamt in gleichem Umfang nur teilweise Zahlungen ergangen.
Dem Einschreiter hätte damit kein Tatvorwurf gemacht werden können, weil er zu einem früheren Zeitraum nicht einmal für das Unternehmen tätig war; es hätte sohin der Vorwurf nicht entstehen können, dass er als Verantwortlicher für die steuerlichen Angelegenheiten verfahrensgegenständliche Abgaben nicht gezahlt hätte. Warum der Einschreiter nun - so wie es der Spruchsenat in seiner Entscheidung festgestellt hat - Abgaben nicht gesetzesmäßig gezahlt habe und ihm diese Versäumnis sowohl bewusst war und sich mit einer solchen abgefunden hat, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr wäre das vom Einschreiter gesetzte Verhalten, als dass er die finanziellen Schwierigkeiten des Unternehmens minimieren wollte, indem er als erstes die ältesten Zahlungen zu tätigen pflegte, strafmildernd (vgl. § 34 Abs. 1 Z 12 StGB) zu werten gewesen.
Unter Berücksichtigung dieser Milderungsgründe hätte bei rechtsrichtiger Strafzumessung die letztlich verhängte Strafe von EUR 1.600,00 deutlich geringer ausfallen müssen, dies gerade mit Blick auf § 34 Abs. 1 Z 18 StGB, wonach der Einschreiter als Ersttäter die Tat bereits vor längerer Zeit begangen und sich seither zur Gänze wohl verhalten hat.
Der Einschreiter begehrt sohin eine merkliche wie angemessene Reduzierung der verhängten Geldstrafe dies nur für den Fall, dass der Schuldspruch bestätigt werden sollte.
5. Anträge
Der Einschreiter stellt daher die Anträge, der Unabhängige Finanzsenat möge
1) das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 1/23 vom , GZ. SpS III wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben und den Einschreiter freisprechen;
2) in eventu das angefochtene Erkenntnis des Spruchsenates beim Finanzamt Wien 1/23 vom , GZ. SpS III wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben und das Verfahren zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung bei neuer Senatszusammensetzung an den Spruchsenat beim Finanzamt Wien 1/23 zurückverweisen
3) in eventu die verhängte Strafe schuld- und tatangemessen herabzusetzen."
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Zunächst ist zur behaupteten Befangenheit des Vorsitzenden des Spruchsenates festzuhalten, dass gemäß § 74 Abs. 1 FinStrG die Ablehnung eines Spruchsenatsvorsitzenden binnen drei Tagen nach Zustellung der Vorladung zur mündlichen Verhandlung geltend zu machen ist. Allenfalls kann, wenn der behauptete Ablehnungsgrund sich nach der Drei-Tages-Frist ereignet hat, die Ablehnung zulässigerweise - sogleich nach ihrem Hervorkommen - auch noch nach Ablauf dieser Frist, spätestens aber bei Beginn der mündlichen Verhandlung (§ 74 Abs. 2 FinStrG) erfolgen.
Der Einwand der Befangenheit von (aus welchen Gründen auch immer) nicht oder nicht zeitgerecht abgelehnten Organen der Finanzstrafbehörde erster Instanz in der Berufungsschrift berührt nicht die Zuständigkeit des (allenfalls tatsächlich befangenen) Spruchsenates; eine allfällige derartige Befangenheit wird durch das Einschreiten des unbefangenen Berufungssenates jedenfalls saniert (-I/08).
Selbst eine tatsächliche Befangenheit eines Spruchsenatsvorsitzenden, welcher aber von den Parteien des erstinstanzlichen Verfahrens (zunächst) nicht abgelehnt worden ist, hat im Berufungsverfahren keine verfahrensrechtlichen Konsequenzen mehr beispielsweise dergestalt, dass der Erstsenat als nicht gehörig zusammengesetzt gelte, weil Handlungen von befangenen Organwaltern der Finanzstrafbehörde erster Instanz bei fehlender Ablehnung derselben durch die betroffene Partei diese nicht zu Amtshandlungen unzuständiger Organe machten, sondern deren Befangenheit lediglich ein Argument im Rahmen der ohnehin eigenständigen Beweiswürdigung des Berufungssenates über die Beweisergebnisse der Finanzstrafbehörde erster Instanz darstellte (vgl. , 0120) -L/07, FSRV/0089-L/07, FSRV/0091-L/07).
Im Übrigen ist es nicht nur zulässig, sondern vor dem Gesetzesbefehl des § 161 Abs. 1 FinStrG, (grundsätzlich) in der Sache selbst zu entscheiden, geboten, den allenfalls mangelhaften Spruch und/oder die allenfalls mangelhafte Begründung des erstinstanzlichen Bescheides zu ergänzen und zu komplettieren ().
Der Vollständigkeit halber bleibt festzuhalten, dass der gleichzeitig gestellte Antrag auf Befangenheit des Vorsitzenden des Spruchsenates mit Bescheid vom zurückgewiesen worden ist.
Gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG macht sich einer Finanzordnungswidrigkeit schuldig, wer vorsätzlich Abgaben, die selbst zu berechnen sind, insbesondere Vorauszahlungen an Umsatzsteuer, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet oder abführt, es sei denn, daß der zuständigen Abgabenbehörde bis zu diesem Zeitpunkt die Höhe des geschuldeten Betrages bekanntgegeben wird; im übrigen ist die Versäumung eines Zahlungstermines für sich allein nicht strafbar.
Zunächst ist zur objektiven Tatseite festzustellen, dass laut Buchungen am Abgabenkonto der A-GmbH die Lohnabgaben für 12/2008 (L € 6.253,10, DB € 1.861,21, DZ 173,71; Fälligkeitstag ) erst verspätet am und die Lohnabgaben für 2/2009 (L € 8.537,06, DB € 1.7821,85, DZ € 162,44; Fälligkeitstag ) am dem Finanzamt gemeldet, wobei diese Abgaben jeweils nicht entrichtet wurden.
In diesem Zusammenhang wurde vom Bw. immer wieder erwähnt, dass er für die Meldungen dieser Abgaben nicht zuständig gewesen wäre. Dabei wird übersehen, dass Gegenstand des Finanzstrafverfahrens keine Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (mit vorsätzlicher Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Nichtentrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen inklusive wissentlicher Verkürzung von Abgaben) ist, sondern eine Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG.
Dass die Meldung der verfahrensgegenständlichen Lohnabgaben (wenn auch verspätet) über die M. Steuerberatung im Wege von FinanzOnline erfolgt ist, steht im Übrigen auch aufgrund des bisherigen Vorbringens des Beschuldigten (siehe beispielsweise Punkt 3.2.2 der Berufung) außer Streit.
Allerdings hätte die Zahlung von der GmbH bzw. dem für die abgabenrechtlichen Belange zuständigen Vertreter spätestens zum gesetzlichen Fälligkeitstag erfolgen müssen.
Laut vorgelegtem Organigramm (AS 20) war ab der Bw. innerhalb der GmbH für das Rechnungswesen bzw. für die Finanzen zuständig. Allerdings belegt die Zeugenaussage von Mag. L. vor dem Spruchsenat am , dass "es im Februar 2009 noch Streitigkeiten darüber gab, ob der Bw. überhaupt Ansprechpartner für die M. ist. Im Jänner konnte er es jedenfalls nicht machen."
Auch der Mitarbeiterin der M. Steuerberatung, Frau P., war zunächst nicht klar, ob der Bw. tatsächlich auch die Befugnis hatte, die von ihr als Mitarbeiterin der Steuerberatungskanzlei errechneten Ergebnisse mitgeteilt zu bekommen.
Der damalige Geschäftsführer der GmbH, Ing. E., gab in der mündlichen Verhandlung vor dem Spruchsenat bekannt, dass "es dem Bw. erst ab möglich war, per Online-Banking Zahlungen durchzuführen, da die GmbH zusätzlich € 150.000,00 von der Bank bekommen hätte. Seiner Meinung nach seinen die beiden Monate einfach vergessen worden; Geld wäre da gewesen."
Die Zeugin G., die damalige Buchhalterin der GmbH, gab zu Protokoll, dass "intern der Bw. zuständig gewesen ist. Sie selbst wäre dafür verantwortlich gewesen, die Informationen an die M. zu übergeben. Ab Jänner 2009 habe der Bw. die ganze Post über gehabt, der Bw. habe bestimmt, wann was bezahlt wurde. Sie selbst habe ab Jänner 2009 keine Befugnis mehr gehabt, irgendwelche Zahlungen durchzuführen."
Als Nachweis, dass ab Jänner 2009 die GmbH Überweisungen mittels Telebanking durchgeführt hat, wurde ein Schreiben betreffend i-TANs der Bank-1 vom an Ing. E. vorgelegt. Berücksichtigt man den optimalen Postlauf dieses Schreibens, wäre der Bw. tatsächlich frühestens am Freitag, dem in der Lage gewesen, Zahlungen mittels Telebanking durchzuführen. Tatsächlich hat der Bw. die ersten Überweisungen per Telebanking am (laut Ausdruck des entsprechenden Journals) durchgeführt, da das Telebanking-System erst zwei Tage zuvor installiert wurde.
Der damalige Geschäftsführer der GmbH, Ing. E., bestätigte in seiner nachgereichten E-Mail vom , dass der Bw. keine entsprechende Zeichungsbefugnis am Firmenkonto gehabt hat. Die Durchführung der beantragten Beweisaufnahmen zur Zeichnungsbefugnis am Firmenkonto war, da diese Tatsache nicht strittig ist, somit obsolet.
Da die Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG die Nichtentrichtung der selbstbemessenen Abgaben spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit unter Strafe stellt, der Bw. jedoch an diesem Tag (laut Kalender am ) mangels Zeichnungsbefugnis am Firmenkonto oder (als Folge des damals noch nicht installierten Zugangs zum Telebanking) noch keine Möglichkeit hatte, entsprechende Zahlungen für die GmbH zu tätigen, konnte der objektive Tatbestand für eine Zahlung spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit der Lohnabgaben für den Zeitraum Dezember 2009 vom Bw. zum Tatzeitpunkt nicht verwirklicht worden sein. Es war daher insoweit mit Verfahrenseinstellung gemäß §§ 136, 157 FinStrG vorzugehen.
Zu den Lohnabgaben für den Zeitraum Februar 2009 ist festzuhalten, dass diese erst am gemeldet wurden, ohne dass sie bis zum fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet worden wären. Die objektive Tatseite ist damit jedenfalls erfüllt.
Einzige Tatbestandsvoraussetzung einer Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG in subjektiver Hinsicht ist die mit Eventualvorsatz unterlassene Entrichtung der Lohnabgaben bis zum fünften Tag nach Fälligkeit. Ob dem Bw. eine vorsätzliche Handlungsweise in Bezug auf die Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe einer ordnungsgemäßen Meldung der Lohnabgaben nachgewiesen werden kann, ist in diesem Zusammenhang nicht tatbestandsrelevant, da die Abgabe derartiger Meldungen lediglich einen Strafbefreiungsgrund dargestellt hätte.
Die Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG stellt allein die vorsätzliche Nichtentrichtung der selbstbemessenen Abgaben spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit unter Strafe.
Der Geschäftsführer der GmbH hat in einem E-Mail vom dem Bw. mitgeteilt, dass "beim Steuerberater immer Frau P. Ansprechpartner war".
Frau P. hat dem Bw. mit E-Mail vom die Auszahlungsliste für die Löhne/Gehälter Februar 2009 übermittelt und den Bw. explizit darauf hingewiesen, dass bei "Telebanking bitte auch die Abgaben (LSt, DB, DZ, USt) einzeln mit den Beträgen anzuführen sind, da das Finanzamt sonst die Beiträge nicht richtig verbucht".
Frau P. hat sich zwar bei den diversen Versuchen auf Zeugeneinvernahme immer der Aussage entschlagen oder enthalten, aber aus ihrer Mail ist abzuleiten, dass für die Zahlungen der Bw. zuständig gewesen ist. Gerade deshalb hat sie den Bw. auch detailliert darauf hingewiesen, wie die Zahlungen über OnlineBanking vorzunehmen sind, damit die Verrechnungsweisungen am Finanzamtskonto auch korrekt gebucht werden.
In der mündlichen Verhandlung am hat der Bw. vor dem Spruchsenat ausgeführt, dass "Für Februar 2009 die Löhne ausbezahlt wurden. Wir hätten die Lohnabgaben gar nicht zahlen können, weil kein Geld da war. Wir haben immer zuerst die ältesten Beträge überwiesen, um den Saldo möglichst niedrig zu halten."
In der mündlichen Verhandlung am führte der Bw. vor dem Spruchsenat aus: "Meine Aufgabe war es, die Zahlungen ab durchzuführen. Ich war nur für die Zahlung zuständig".
Laut Aussage in der Berufungsverhandlung wurde die Höhe der berechneten Lohnabgaben in der Folge gesondert mitgeteilt, da sie der von Frau P. erstellten Auszahlungsliste für die Löhne/Gehälter Februar 2009 am nicht zu entnehmen waren.
Die in der GmbH zuständige Buchhalterin G. wurde laut ihrer Zeugenaussage am gekündigt, konnte daher für die Weitergabe von Belegen an den Bw. nicht (mehr) zuständig gewesen sein.
In der Berufungsverhandlung wies der Bw. darauf hin, dass er "bis März 2009 sicher keine steuerlichen Angelegenheiten für die GmbH wahrgenommen habe" (Die Fälligkeit der Lohnabgaben Februar 2009 war auch erst in der Zeit ab März 2009 am ). "Dass am aus finanziellen Gründen die Zahlung der Lohnabgaben nicht erfolgen konnte, war damals klar".
"Sämtliche Rechnungen, welche in das Unternehmen gekommen sind, wurden zunächst einmal in das OnlineBanking mit Fälligkeitsdatum erfasst, dadurch hatten wir einen genauen Überblick über die fällig werdenden Zahlungen. Die Entscheidungen, welche Zahlungen zu welchem Zeitpunkt getätigt werden, wurde vom Bw. gemeinsam mit Herrn Ing. E. getroffen."
Wenn schon Frau P. zur mit E-Mail übermittelten Auszahlungsliste für die Löhne/Gehälter Februar 2009 am mitgeteilt hat, wie die Zahlungen als Verrechnungsweisungen über OnlineBanking vorzunehmen sind, der Bw. zudem darauf hinwies, dass damals klar war, dass am aus finanziellen Gründen die Zahlung der Lohnabgaben nicht erfolgen konnte, kommt diese letzte Aussage einem faktischen Geständnis gleich, die Zahlungen der Lohnabgaben aus finanziellen Überlegungen nicht getätigt zu haben.
Der Bw. hat gemeinsam mit Ing. E. anhand einer Vorschlagsliste entschieden, was zu zahlen ist. Da die Lohnabgaben für Februar 2009 (unabhängig davon, dass - wie vom Amtsbeauftragten dargestellt - ungefähr € 87.000,00 an Abgaben mit älterer Fälligkeit an das Finanzamt entrichtet wurden) nicht in die gemeinsam erstellte Liste der Zahlungen aufgenommen wurden, die tatsächlich auch über OnlineBanking bezahlt wurden, war der Bw. zumindest für deren Nichtentrichtung spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit mitverantwortlich, da es an ihm gelegen ist, die abgabenrechtlichen Fälligkeiten wahrzunehmen. Dadurch, dass er die Entrichtung am aus finanziellen Gründen unterlassen hat, hat der Bw. die Nichtentrichtung zumindest billigend in Kauf genommen, sodass der vom Gesetzgeber geforderte Eventualvorsatz beim Bw. jedenfalls gegeben war.
Wenn schon der Bw. explizit mit Mail der Steuerberatungskanzlei auf die Zahlung der Lohnabgaben hingewiesen wird, kann er sich nicht damit entschuldigen, er hätte von den Zahlungen nichts gewusst bzw. er hätte nur die Zahlungen geleistet, die ihm vorgelegt wurden. Als ausgebildetem Unternehmensberater ist dem Bw. bekannt, dass die Lohnabgaben einer GmbH zum 15. des Folgemonats zu entrichten sind. Offensichtlich war der finanzielle Engpass der GmbH der Grund für die Nichtentrichtung der Lohnabgaben Februar 2009 bis zum fünften Tag nach Fälligkeit.
Für den Berufungssenat ist es daher erwiesen, dass der Bw. für die finanzielle Entscheidung zur Zahlung der Lohnabgaben Februar 2009 im Unternehmen (mit)zuständig war, er diese Zahlungen - für deren Abwicklung er nach eigenen Angaben zuständig gewesen ist - bis zum fünften Tag nach Fälligkeit nicht entrichtete, sodass er die Finanzordnungswidrigkeit sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht (zumindest bedingt vorsätzlich) begangen hat.
Aufgrund der Teileinstellung ergibt sich somit folgender Strafrahmen: Lohnsteuer 02/2009 in Höhe von € 8.537,06, Dienstgeberbeiträge 02/2009 in Höhe von € 1.782,85, Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen 02/2009 in Höhe von € 162,44 = € 10.482,35 : 2 (§ 49 Abs. 2 FinStrG) = € 5.241,17.
Gemäß § 23 Abs. 1 FinStrG ist Grundlage für die Strafbemessung die Schuld des Täters.
§ 23 Abs. 2 FinStrG : Bei der Bemessung der Strafe sind die Erschwerungs- und die Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, ob die Verkürzung oder der Abgabenausfall endgültig oder nur vorübergehend hätte eintreten sollen. Im Übrigen gelten die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß.
§ 23 Abs. 3 FinStrG : Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Täters zu berücksichtigen.
Gemäß § 49 Abs. 2 FinStrG wird die Finanzordnungswidrigkeit mit einer Geldstrafe geahndet, deren Höchstmaß die Hälfte des nicht oder verspätet entrichteten oder abgeführten Abgabenbetrages oder der geltend gemachten Abgabengutschrift beträgt.
Zu seiner persönlichen finanziellen Lage gab der Bw. in der Berufungsverhandlung an, dass er derzeit als Unternehmens- und Vermögenberater sowie als Versicherungsmakler tätig ist. Sein derzeitiges durchschnittliches Monatseinkommen wird bei ca. € 1.500,00 netto liegen. Er ist Alleineigentümer eines Einfamilienhauses, das mit ca. € 260.000,00 belastet ist. Jedenfalls übersteigen die aushaftenden Kredite den Wert des Hauses. Sorgepflichten bestehen für drei Kinder im Alter von 5 und 3 Jahren sowie 6 Monaten.
Entsprechend der Bestimmung des § 23 Abs. 3 FinStrG waren diese aktuell festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnisse bei der Neubemessung der Geldstrafe ins Kalkül zu ziehen.
Bei der Strafbemessung wertete schon der Spruchsenat als mildernd die Unbescholtenheit. Eine Schadensgutmachung ist nicht aktenkundig.
Der Berufungssenat wertete zudem als mildernd das Handeln aus einer wirtschaftlichen Notlage heraus, das lange Zurückliegen der Tat samt zwischenzeitigem Wohlverhalten, das faktische Geständnis in der Berufungsverhandlung ("es war kein Geld für die Zahlung vorhanden") sowie den Umstand, dass sich der Bw. nicht persönlich bereicherte. Als erschwerend war kein Umstand anzusehen.
Bei Gesamtbetrachtung dieser Strafzumessungsgründe war ausgehend von einer theoretisch höchstmöglichen Geldstrafe von € 5.241,17 unter Bedachtnahme auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die Sorgepflichten für die drei minderjährigen Kinder des Bw. eine Geldstrafe in Höhe von € 600,00 als tat- und schuldangemessen auszusprechen.
Die obigen Ausführungen zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen gelten auch für die Ausmessung der Ersatzfreiheitsstrafe von nunmehr 1 Tag, wobei anzumerken ist, dass dabei das Argument der schlechten Finanzlage des Bw. ohne Relevanz verbleibt, da der Gesetzgeber gerade für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe normiert hat, dass eine Ersatzfreiheitsstrafe vorzuschreiben ist.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten gründet sich auf § 185 Abs. 1 lit. a FinStrG, wonach ein pauschaler Kostenersatz im Ausmaß von 10 % der Geldstrafe, festzusetzen ist, somit im vorliegenden Fall € 60,00.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 § 74 Abs. 1 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958 |
Verweise | -I/08 -L/07 UFS, FSRV/0089-L/07 UFS, FSRV/0091-L/07 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at