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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 24.04.2007, RV/0463-L/05

Verzicht auf eine Reallast der Betreuung 10 Jahre nach Einräumung, fehlende Bereicherungsabsicht unrealistisch.


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Miterledigte GZ:
RV/0489-L/05

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen der MMG, W, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch AD RR Renate Pfändtner, vom betreffend Schenkungssteuer entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Mit Notariatsakt vom haben die Ehegatten JuMG die ihnen je zur Hälfte gehörige Liegenschaft EZ 94, GB M, ihrer Tochter MMG übergeben. Als Gegenleistung haben sich die Übergeber unter anderem unter Punkt Drittens b des Übergabsvertrages die Reallast der Pflege und Betreuung wie folgt ausbedungen:

Als Gegenleistung räumt nunmehr die Übernehmerin den Übergebern die lebenslangen, unentgeltlichen und grundbücherlich sicherzustellenden, von diesen hiermit vertragsmäßig angenommenen Rechte ein und zwar:a) Dienstbarkeit der Wohnung:b) Reallast der Betreuung:die ordentliche Pflege in gesunden und kranken Tagen, die Verrichtung sämtlicher Dienstleistungen aller Art, die Vornahme von Botengängen, das Reinigen und die Herhaltung der Kleidung und Wäsche, nicht aber die Nachschaffung dieser Sachen; schließlich, wenn nötig, den Arzt und den Seelsorger zu holen und im übrigen den Übergebern ordentlich zu begegnen.c) Reallast der Versorgung:d) Übergabspreis:

Am haben die beteiligten Personen einen Übergabsvertragsnachtrag dahingehend abgeschlossen, dass die Punkte Drittens b) Reallast der Betreuung und Drittens c) Reallast der Versorgung ersatzlos gestrichen und im Grundbuch gelöscht wurden. Außer dieser Streichung blieben sämtliche Punkte des Übergabsvertrages vom vollinhaltlich aufrecht.

Für den Verzicht auf die seinerzeit ausbedungene Reallast der Betreuung (lit. b) hat das Finanzamt mit Bescheiden vom der Übernehmerin und nunmehrigen Berufungswerberin, =Bw, für die Erwerbe von Vater und Mutter jeweils Schenkungssteuer vorgeschrieben, wobei der Rechtsverzicht mit monatlich 145,00 € bewertet wurde.

Mit Berufung vom hat sich die Bw - durch ihre Rechtsvertreterin - zunächst nur gegen die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen für die beiden Schenkungssteuerbescheide gewendet, weil im ursprünglichen Übergabsvertrag eine wesentlich niedrigere Bewertung vorgenommen worden sei.

Aufgrund der abweislichen Berufungsvorentscheidung bekämpft die Bw nunmehr die ergangenen Bescheide mit folgender Begründung: Bei der ursprünglichen Übergabsvereinbarung hätten die Eltern ausdrücklich auf Betreuung und Versorgung verzichtet, da dies einer alleinstehenden, alleinverdienenden und alleinerziehenden Frau nicht zumutbar sei. Hinsichtlich der Anmerkung zur Reallast der Versorgung und Betreuung sei ihnen vom Notar und auch von dessen Substitut versichert worden, es handle sich nicht um eine Verpflichtung, die Formulierung entspreche lediglich dem Usus aller Übergabsverträge. Erst elf Jahre später seien sie durch einen Vorfall wieder auf den eigenen Übergabsvertrag aufmerksam geworden und wollten im Zweifel den Notariatsakt richtig stellen. Da diese Richtigstellung dem bereits damaligen Anliegen entspreche, sei aber keinesfalls an eine Schenkung gedacht gewesen.

Über Vorhalt des UFS hat die Bw darüber hinaus bekannt gegeben, dass die Eltern sie als Alleinstehende mit einem Anspruch auf Pflege und Betreuung nicht belasten wollten. Der Vater habe dies ausdrücklich dem vertragerstellenden Notar vor Vertragsabschluss im Beisein der Mutter und der Bw mitgeteilt. Nach dem Vorlesen des Vertrages habe die Bw vor dem Unterzeichnen ein Votum hinsichtlich der Rechte in Punkt Drittens b und c eingelegt. In Bezug auf den unmissverständlichen Wortlaut im Vertrag habe der Notar sodann wortwörtlich gesagt: Die Formulierung über die Pflege habe weiters nichts zu bedeuten, da dieser Wortlaut bei jedem derartigen Vertrag obligatorisch eingesetzt werde. Eingefordert werde die Pflege aber nur dahin gehend, dass die Eltern das Recht darauf haben sollen, dass sie immer wieder auch gefragt werden, wie es ihnen denn so gehe. Da der Notar am Land immer noch so etwas wie eine Souveränität und absolut glaubwürdig sei, habe die Bw dann auch unterschrieben. Nach Erhalt des Notariatsaktes habe sie sich noch einmal bei der persönlich bekannten Substitutin des Notars erkundigt, welche ebenfalls keine Bedenken gegen die Regelung gehabt habe. Jahre später sei im Bekanntenkreis von Umständen einer Pflege gesprochen worden, weshalb sich die Bw entschlossen habe, den Vertrag dem Wortlaut nach so abändern zu lassen, dass er der damaligen mündlichen Vereinbarung entspräche. Der Nachfolger des Notars habe sodann bestätigt, heutzutage schreibe man derartige Pflegevereinbarungen nicht mehr, wenn nicht ausdrücklich darauf bestanden werde, da sich die Rechtslage geändert habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 3 Abs. 1 ErbStG gilt als Schenkung im Sinne des Gesetzes nach Zif. 1 jede Schenkung im Sinne des bürgerlichen Rechtes und nach Zif. 2 jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.

Grundsätzlich kann der Verzicht auf die Ausübung eines Rechtes, das einen wirtschaftlichen Wert besitzt, zB der vorzeitige Verzicht auf Ausgedingeleistungen (), eine Schenkung sein. Wesentliche Voraussetzung für das Zustandekommen einer rechtswirksamen Schenkung ist der Schenkungs- bzw. Bereicherungswille.

Diesbezüglich wendet die Bw ein, dass ihre Eltern anlässlich der Errichtung des Übergabsvertrages im Jahr 1993 ausdrücklich von einem Anspruch auf Pflege und Betreuung hätten absehen wollen, sodass mit dem gegenständlichen Übergabsvertragsnachtrag lediglich der von Anfang an gewollte Rechtszustand hergestellt werden sollte, jedoch keinesfalls an eine Schenkung gedacht gewesen sei.

Nach dem objektiven Erklärungswert des Übergabsvertrages vom haben sich die Übergeber eindeutig und unzweifelhaft die Pflege und Betreuung ausbedungen. Der Vertragstext ist unmissverständlich, auch war die Regelung nicht kurz oder versteckt, sondern machte sie vielmehr einen wesentlichen Teil der Vereinbarung aus. Ein Irrtum hinsichtlich des Inhaltes dieser Vereinbarung ist in Ansehung der detailgenauen Beschreibung nicht vorstellbar.

Haben allerdings die Parteien einvernehmlich, abweichend von ihrem übereinstimmenden Willen, objektiv etwas Anderes erklärt (beiderseitige falsa demonstratio), so besteht ein natürlicher Konsens und es gilt das Gewollte ohne Rücksicht auf die Erklärungen als Vertragsinhalt.

Zunächst gilt es somit zu klären, ob die Eltern tatsächlich, wie von der Bw behauptet, nach dem übereinstimmenden Parteiwillen das 1993 quasi bloß auf dem Papier eingeräumte Recht niemals ausüben wollten.

Dies ist eine Beweisfrage, wobei die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung aller Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob etwas als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Es genügt dabei, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die andere zumindest als weniger wahrscheinlich erscheinen lässt.

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist es äußerst unglaubwürdig, dass der Vertragserrichter und Notar die Parteien tatsächlich unrichtig dahingehend belehrt hat, dass das vertraglich eingeräumte Recht nicht seinem Wortlaut entsprechend zustehe. Demgegenüber ist es in Anbetracht des langen Zeitablaufes naheliegend, dass der genaue Inhalt der damaligen Beratung durch den Notar nicht in Erinnerung geblieben ist, sodass die Schilderungen der Bw, soweit sie Äußerungen des Notars "wortwörtlich" wiedergeben, nur eingeschränkt beweiskräftig sind.

Letztlich erscheint es jedoch nachvollziehbar, dass die Vertragsparteien zur Absicherung der Eltern der Einräumung der Rechte über Anraten des Notars im Zweifel doch zugestimmt haben. Diesbezüglich ist darauf hinzuweisen, dass das Inkaufnehmen des Inhaltes eines Vertrages eine Anfechtung ausschließt.

Für einen gewollten Vertragsinhalt spricht auch die Tatsache, dass die Einräumung der Rechte zu einer finanziellen Belastung (höhere Grunderwerbsteuer) geführt hat, was vernünftigerweise für eine unverbindliche Äußerung nicht in Kauf genommen worden wäre. Die Vertragsparteien haben zudem ausdrücklich eingewilligt, dass die Reallast der Betreuung auch im Grundbuch einverleibt werden kann. Nicht zuletzt hat die Rechtsvertreterin in der ursprünglichen Berufung dieses Argument der Bw noch nicht aufgegriffen.

Die entscheidende Behörde geht daher in freier Beweiswürdigung davon aus, dass letztendlich der Vertragstext dem Willen der Parteien entsprochen hat und damit die Eltern den ihnen eingeräumten Anspruch auch tatsächlich hätten durchsetzen können. Diese Rechtsfolge sollte nunmehr mit dem gegenständlichen Vertragsnachtrag beseitigt werden, sodass damit eine Schenkung verwirklicht wurde.

Für die Schenkungssteuerpflicht reicht im Gegensatz zum Zivilrecht der einseitige Bereicherungswille auf Seiten des Zuwendenden aus; der Bedachte muss sich der Bereicherung nicht bewusst sein. In diesem Sinne ist es für die Annahme einer freigebigen Zuwendung nicht relevant, wenn sich die Bw aus ihrer Sicht nicht bereichert fühlt.

Erforderlich für das Vorliegen einer Schenkung ist nur, dass zumindest der Zuwendende die Leistung tatsächlich als geschenkt ansehen will. Entsprechend der gefestigten, höchstgerichtlichen Rechtsprechung muss der Bereicherungswille jedoch kein unbedingter sein, es genügt vielmehr, dass der Zuwendende eine Bereicherung des Empfängers der Zuwendung bejaht und diese in Kauf nimmt, falls sich eine solche im Zuge der Abwicklung des Rechtsgeschäftes ergeben sollte (zB ).

Außerdem vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen hinsichtlich der Frage des Vorliegens eines Bereicherungswillens aus den Gründen des § 21 BAO grundsätzlich ein strengerer Maßstab anzulegen ist (). Der Bereicherungswille ist überdies zu vermuten, weil Familienbande Gestaltungen nahe legen, zu denen gegenüber Fremden üblicherweise kein Anlass besteht ().

In einer Gesamtschau und aufgrund der Aktenlage hat daher das Finanzamt zu Recht eine Schenkung angenommen.

Gemäß § 18 ErbStG ist für die Wertermittlung der Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld maßgebend. Nach § 12 ErbStG entsteht die Steuerschuld bei Schenkungen unter Lebenden mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung.

Im gegenständlichen Fall wurde die Schenkung mit dem vertraglichen Verzicht auf das zustehende Betreuungsrecht ausgeführt, somit mit dem . Auf diesen Zeitpunkt hat das Finanzamt die Rentenleistung mit monatlich 145,00 €, entsprechend dem , GZ 10 1001/4-IV/10/96, geschätzt, wogegen die Bw keine Einwände erhoben hat und auch von Seiten der entscheidenden Behörde keine Bedenken bestehen.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Verzicht auf Pflege und Betreuung
Bereicherungsabsicht

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at