Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 10.03.2009, RV/0501-W/09

Teilweise Ablehnung eines selbständigen Buchhalters als Bevollmächtigten

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0501-W/09-RS1
Ein selbständiger Buchhalter ist im Verfahren vor den Abgabenbehörden des Bundes nur zur Vertretung in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt.
RV/0501-W/09-RS2
Ist ein Bevollmächtigter berufsrechtlich nur teilweise zur Vertretung seiner Klienten befugt und überschreitet er seine Befugnisse, ist er insoweit als Vertreter abzulehnen. Die auf die Überschreitung seiner Befugnisse eingeschränkte Ablehnung hat im Spruch des Ablehnungsbescheides zum Ausdruck zu kommen.
RV/0501-W/09-RS3
Die Vollmachtgeber, für die unberechtigt geschäftsmäßig eingeschritten wird, sind im Spruch des Ablehnungsbescheides zu nennen.
RV/0501-W/09-RS4
Die Abgabe von Fristverlängerungsansuchen für eine Vielzahl von Klienten über mehrere Jahre hindurch ist eine geschäftsmäßige Tätigkeit im Sinne von § 84 BAO, auch wenn jeweils eine Spezialvollmacht hierfür vorliegen sollte.
RV/0501-W/09-RS5
Wird im Rechtsmittelverfahren der Spruch des Ablehnungsbescheides geändert, sind die Vollmachtgeber von dem geänderten Umfang der Ablehnung in Kenntnis zu setzen. Diese Information kann die Abgabenbehörde zweiter Instanz auch durch die Abgabenbehörde erster Instanz durchführen lassen.
Folgerechtssätze
RV/0501-W/09-RS6
wie RV/0006-K/07-RS1
Geschäftsmäßig ist eine Tätigkeit, wenn sie selbständig und nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Häufigkeit vorgenommen wird. Die Erzielung eines wirtschaftlichen Ertrages ist keine Voraussetzung der Geschäftsmäßigkeit. Eine geschäftsmäßige Vertretung setzt auch nicht voraus, dass sie für mehrere Personen entfaltet wird.
RV/0501-W/09-RS7
wie RV/0222-G/02-RS3
Vor Zustellung des Ablehnungsbescheides vom Vertreter vorgenommene Prozesshandlungen sind gültig.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Mag. (FH) T. K., Selbständiger Buchhalter, Adresse, gegen den Bescheid des Finanzamtes Neunkirchen Wr. Neustadt, vertreten durch Oberrat Mag. Horst Stöckler, vom betreffend Ablehnung als Bevollmächtigter gemäß § 84 Abs. 1 BAO (Ablehnungsbescheid) entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides hat zu lauten:

"Mag. (FH) T. K., Selbständiger Buchhalter, Adresse, wird gemäß § 84 Abs. 1 BAO als Bevollmächtigter der


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A.
StNr.A
B.
StNr.B
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R..
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Z.
StNr.Z
AA.
StNr.AA

in Verfahren vor den Abgabenbehörden des Bundes (Finanzbehörden) - mit Ausnahme in Verfahren betreffend Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen - abgelehnt.

Eine allfällig erteilte Zustellvollmacht bleibt hiervon ebenso wie die sonstigen berufsrechtlichen Befugnisse des Bevollmächtigten als Selbständiger Buchhalter unberührt.

Das von einer abgelehnten Person in Sachen des Vollmachtgebers nach der Ablehnung schriftlich oder mündlich gegenüber den Abgabenbehörden des Bundes Vorgebrachte ist - im Umfang der Ablehnung - ohne abgabenrechtliche Wirkung (§ 84 Abs. 2 BAO)."

Die im Spruch des angefochtenen Bescheides in der Fassung dieser Berufungsentscheidung genannten Vollmachtgeber sind von dem durch diese Berufungsentscheidung geänderten Spruch der Ablehnung durch die Abgabenbehörde erster Instanz in Kenntnis zu setzen.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom ersuchte der Berufungswerber (Bw.) für zwei Steuerpflichtige (Z., AA.) einen "Finanzonlinezugang zu erstellen und die Zugangsdaten zu übermitteln".

Beigefügt waren zwei von den Vollmachtgebern und dem Bw. unterfertigte Vollmachten folgenden Inhalts:

"Spezialvollmacht für Wirtschaftstreuhänder zur Anmeldung von FinanzOnline

Vollmachtgeber: AA.bzw.Z., Finanzamt 33, Steuernummer StNr.AAbzw.StNr.Z.

Ich (Wir) bevollmächtige(n) [es folgt der Kanzleistempel des Bw.]

WT-Code [es folgt eine Zahlenkombination]

zur Vornahme der Anmeldung in FinanzOnline.

Wiener Neustadt, am [Unterschriften]"

Mit Schreiben vom an das Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt ersuchte der Berufungswerber (Bw.), laut Briefkopf und Internet-Website "www.K..at" "Selbständiger Buchhalter", um "Fristverlängerung für Erklärungen 2007" wie folgt:

"Sehr geehrte Damen und Herren!

Für nachstehend angeführte Klienten ersuche ich Sie die Frist zur Abgabe der entsprechenden Jahreserklärungen 2007 bis zum zu verlängern:


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A.
StNr.A
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StNr.Y
Z.
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StNr.AA

Als Begründung darf ich anführen, dass derzeit versucht wird die technischen Voraussetzungen zur elektronischen Abgabe zu schaffen. Dies wird voraussichtlich bis Mitte Jänner erledigt sein."

Das Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt erließ hierauf mit Datum nachstehenden Bescheid an den Bw. (Rechtsmittelbelehrung nicht wiedergegeben):

"Bescheid über die Ablehnung als geschäftsmäßiger Parteienvertreter

Gem. § 84 Abs. 1 BAO werden Sie als Parteienvertreter der laut Ihrer Liste angeführten Klienten abgelehnt.

Ab sofort ist alles von Ihnen in deren Sachen schriftlich oder mündlich Vorgebrachte ohne abgabenrechtliche Wirkung.

Begründung

Wer zur geschäftsmäßigen Vertretung vor Abgabenbehörden befugt ist, richtet sich grundsätzlich nach dem Berufsrecht. Zur geschäftsmäßigen Vertretung vor Abgabenbehörden sind insbesondere die Wirtschaftstreuhänder, Rechtsanwälte und Notare befugt. Selbstständige Buchhalter sind gemäß § 2 (1) 3 WTBG zur Vertretung ihrer Auftraggeber nicht berechtigt.

Da Sie zur uneingeschränkten Vertretung vor den Finanzbehörden nicht befugt sind, war wie im Spruch zu entscheiden."

Hierauf richtete der Bw. am folgendes E-Mail an eine Mitarbeiterin des Finanzamtes:

"Sie teilen meiner o.a. Mandantschaft mit, dass ab sofort alle Vorbringen des T.K. ohne abgabenrechtliche Wirkung bleiben.

Ich darf Sie ersuchen mitzuteilen, ob sich dies auch auf die unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen bezieht, da der - in Ihrer Mitteilung erwähnte - Bescheid vom heute noch nicht rechtskräftig ist (und zum Zeitpunkt der Erstellung Ihrer Mitteilung auch mangels Zustellung noch nicht einmal "existierte") und insbesondere auf die unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen nicht anwendbar ist (falscher Spruch des Bescheides, da selbständige Buchhalter gem. § 2 (1) 4 WTBG für unterjährige UVAs sehr wohl Anbringen mit Rechtswirksamkeit für Klienten durchgeführt werden können)."

Die Mitarbeiterin antwortete mit E-Mail vom gleichen Tag:

"Sehr geehrter Herr K.!

Die Ablehnung richtet sich gem. § 2 (1) 3 WTBG gegen die Vertretung vor den Finanzbehörden, in Ihrem Fall die Fristverlängerungsansuchen div. Klienten. Sehrwohl zum Berufsbefugnis eines Selbständigen Buchhalters gehört, wie von Ihnen angesprochen, die unterjährigen UVAs.

Wird gem. § 84 (1) BAO ein Parteienvertreter abgelehnt, wird der Vollmachtgeber davon in Kenntnis gesetzt und darauf hingewiesen, dass alles nach der Ablehnung schriftlich oder mündlich Vorgebrachte ohne abgabenrechtliche Wirkung ist.

Ein dementsprechender Bescheid ist am an Sie ergangen."

Hierauf erhob der Bw. mit Schreiben vom Berufung gegen den Ablehnungsbescheid vom wie folgt:

"Der im Bescheid zitierte § 84 Abs. 1 BAO richtet sich gegen "geschäftsmäßige" Parteienvertreter, die durch das Berufsrecht nicht legitimiert sind (zur Geschäftsmäßigkeit siehe auch Kommentar zur BAO von Christoph Ritz).

Die Einstufung als "geschäftsmäßig" allein aufgrund der dem Bescheid beiliegenden Klientenliste ist nicht zulässig, sondern im Gegenteil höchst rechtswidrig. (Nicht geschäftsmäßiger) Parteienvertreter kann jeder sein, der mit einem Auftrag und einer Vollmacht - welche nicht weit gefasst ist, sondern für einzelne Agenden eng erteilt wird - durch den Vertretenen ausgestattet ist. Ein Parteienvertreter mit einer solchen ("engen") Vollmacht kann niemals geschäftsmäßiger Vertreter werden und ist daher der im Spruch des o.a. Bescheides zitierte § 84 Abs. 1 BAO für den vorliegenden Sachverhalt überhaupt nicht anwendbar.

Als selbständiger Buchhalter bin ich mit der Durchführung der Buchhaltungstätigkeiten und in weiterer Folge auch mit den Jahresabschlusstätigkeiten bis zur Einnahmen/Ausgaben-Rechnung oder Erstellung einer Bilanz betraut. Es liegt in der Natur der Sache, dass eine Einkommensteuererklärung oder Umsatzsteuererklärung ohne das zugrunde liegende Rechenwerk nicht erstellt werden kann. Die im o.a. Bescheid beiliegende Klientenliste ist lediglich das Produkt meiner Korrespondenz über die Fertigstellungstermine der Jahresabschlusstätigkeiten und dem entsprechenden Auftrag jedes einzelnen Klienten die Finanzverwaltung hierüber in Kenntnis zu setzen. Weiters habe ich meinen Klienten empfohlen, Zugangsdaten zu Finanzonline anzufordern, damit in Zukunft der Anforderung zur elektronischen Abgabe entsprochen werden kann. Viele meiner Klienten haben zwar einen Internetzugang, jedoch noch keine FinanzOnline-Zugangsdaten. Auch diesen Sachverhalt habe ich der Finanzverwaltung in meinem Schreiben zur Kenntnis gebracht. Eine geschäftsmäßige, weite Vollmacht und Beauftragung ist daher nicht zu unterstellen. Dieser Sachverhalt wäre bei ordentlicher Tatsachenerhebung durch die bescheiderlassende Behörde jedenfalls sofort zu Tage getreten.

Das überschnelle Tätigwerden durch die bescheiderlassende Behörde geht sogar soweit, dass meine Klienten bereits informiert waren, bevor mir der entsprechende Bescheid überhaupt zugestellt wurde. In Mitteilungen an meine Klienten wurde auf den o.a. Bescheid Bezug genommen. Dieser war zum Zeitpunkt der Erstellung der Mitteilung aber mangels Zustellung noch gar im Rechtsbestand, sodass die Mitteilungen an meine Klienten - selbst bei rechtskonformem Bescheid - zu widerrufen wären.

Überhaupt ist das Vorgehen der Behörde als mutwillig und geschäftsschädigend anzusehen, da nicht nur über die Fristerstreckung überhaupt nicht abgesprochen wurde (logischerweise muss meine Klientenliste, die eine Fristerstreckung impliziert und vor dem o.a. Bescheid bei der Behörde einlangte natürlich auch eine Antwort erhalten; Zitat § 84 Abs. 2 BAO: ,,... nach der Ablehnung vorgebrachte ist abzulehnen..."), sondern gleichzeitig offensichtlich auch Zustellungsbevollmächtigungen und das Recht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen aufgehoben wurden. Von der Verwunderung, Verunsicherung und dem Unverständnis meiner Klienten ist hier noch gar nicht gesprochen worden. Es lässt sich aber leicht nachvollziehen, dass die an meine Klienten ergangenen Mitteilungen (Zitat: ,,...da dieser nicht (!!!) über die dazu erforderlichen Befugnisse (!!!) verfügt....") entsprechende Reaktionen hervorgerufen haben. Ein Großteil der Angesprochenen war der Meinung, dass ich berufsrechtlich/gerichtlich von meinen Befugnissen als selbständiger Buchhalter enthoben wurde. Eine kurzes Telefonat im Zuge der Tatsachenerhebung oder zumindest das Abwarten der Bescheidzustellung hätte erheblichen Schaden verhindert. Das Wort "Amtshaftung" drängt sich ins Bewusstsein.

Insbesondere ist festzuhalten, dass einige der Klienten auf der besagten Liste bereits langjährige Kunden sind und in vergangenen Jahren die reine Mitteilung an die Behörde wann mit der Abgabe der Erklärungen zu rechnen ist bisher nie ein Problem verursacht hat. Im Gegenteil muss sogar ausgeführt werden, dass vor Übermittlung besagter Liste mit Hr. Ü. ein kurzes Gespräch geführt wurde, in dem er mir dazu geraten hat, entsprechende Mitteilungen an die Behörde zu machen, damit nicht unnötige Schätzbescheide gem. § 184 BAO ergehen, die später ohnehin wieder aufgehoben werden.

Anträge:

1. Sofortige Aufhebung des o.a. Bescheides wegen Rechtswidrigkeit.

2. Widerruf der an meine Klienten ergangenen Mitteilungen insbesondere über die nach wie vor in Kraft stehenden Befugnisse.

3. Ein persönliches Gespräch mit Fr. Dr. Ö. (ich beziehe mich auf das am geführte kurze Telefonat) unter eventueller Beiziehung von Hr. Mag Ä.."

Am langte beim Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt ein ausgefüllter Fragebogen betreffend erstmaliger steuerlicher Erfassung einer TH. ein, unterfertigt nur vom Bw. unter der Beifügung "Die bevollmächtigte Person beruft sich auf die Bevollmächtigung. Der Umfang der Vollmacht ist dem angeschlossenen Schreiben zu entnehmen."

Mit beim Unabhängigen Finanzsenat am 18. Feber 2009 eingelangtem Bericht legte das Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt die Berufung des Bw. gegen den Ablehnungsbescheid der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor und führte hierzu aus:

"Mit Bescheid vom wurde der Berufungswerber, der im Bereiche des Finanzamtes Neunkirchen Wiener Neustadt dem Gewerbe des Selbständigen Buchhalters nachgeht, als geschäftsmäßiger Parteienvertreter abgelehnt, da am Fristverlängerungsansuchen des. Bw. betreffend Steuererklärungsabgabe seiner Klienten sowie am zwei Anmeldungen zum FinanzOnline mittels Spezialvollmachten und beim Finanzamt Neunkirchen Wiener Neustadt einlangten (Siehe Mappe Beilagen, S. 3 bzw. 7); am wurde überdies ein Fragebogen Verf 24, nur von Mag. (FH) K. unterfertigt betreffend einer seiner Klientinnen abgegeben (Siehe Mappe Beilagen, S. 10).

Gegen diesen Ablehnungsbescheid wurde fristgerecht Berufung eingebracht.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 3 des Bilanzbuchhaltungsgesetzes sind Bilanzbuchhalter zur Vertretung in Abgaben- und Abgabenstrafverfahren u.a. vor den Abgabenbehörden des Bundes nicht berechtigt. Eine eingeschränkte Vertretungsbefugnis besteht nur für die in § 2 Abs. 1 Z 4, 5 und 6 BiBuG erschöpfend aufgezählten Tätigkeiten; das sind die elektronische Akteneinsicht (über FinanzOnline) und die Einbringung von Rückzahlungsanträgen; die Vertretung einschließlich der Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der Umsatzsteuervoranmeldungen und der Zusammenfassenden Meldungen sowie Abgabe von Gutschriftsverrechnungsweisungen iS des § 214 BAO; die Vertretung und Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der Lohnverrechnung und lohnabhängigen Aufgaben sowie im Rahmen von GPLA, ausgenommen Rechtsmittelverfahren.

Gemäß § 84 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde solche Personen als Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig betreiben, ohne hiezu berufsrechtlich befugt zu sein. Geschäftsmäßig kann auch bereits eine erstmalige Vertretung wahrgenommen werden, wenn die Umstände dafür sprechen. Die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit in einem Umfang, der die gesetzlichen Befugnisse jedenfalls überschreitet, kann zweifellos als unzulässige geschäftsmäßige Vertretung im Sinne des § 84 Abs. 1 BAO angesehen werden.

Das Finanzamt Neunkirchen Wiener Neustadt gelangte zur Ansicht, dass die vorliegenden o.a. Eingaben eine Überschreitung der Befugnisse eines Selbständigen Buchhalters darstellen, weiche eine bescheidmäßige Ablehnung als geschäftsmäßiger Parteienvertreter nach den Bestimmungen des § 84 Bundesabgabenordnung erforderlich machte.

Gemäß § 84 Abs. 1 zweiter Satz BAO ist gleichzeitig der Vollmachtgeber von der Ablehnung in Kenntnis zu setzen; hierbei handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung der Abgabenbehörde.

Angemerkt sei, dass sich der Ablehnungsbescheid ausschließlich auf jene Vertretungstätigkeiten bezieht, welche einem Selbständigen Buchhalter berufsrechtlich nicht zukommen; die Vertretung als Selbständiger Buchhalter im Rahmen seiner Berufsbefugnis bleibt davon unberührt.

Aufgrund einer grundsätzlichen Besprechung des Falles ist klar ersichtlich, dass sich der Bw. nicht mit einer abweisenden Berufungsvorentscheidung abfinden würde; daher erfolgt die unmittelbare Vorlage der Berufung an den UFS zur Entscheidung.

Das Finanzamt Neunkirchen Wiener Neustadt beantragt die Abweisung der Berufung als unbegründet.

Da der Bw. eine größere Anzahl an Mandanten betreut, wird um möglichst rasche Entscheidungsfindung ersucht, um eine längere Phase der Rechtsunsicherheit vermeiden zu können."

Laut telefonischer Mitteilung des Bw. vom an den Referenten haben die im Fristverlängerungsansuchen vom genannten Steuerpflichtigen den Bw. jeweils mündlich zur Stellung eines Fristverlängerungsansuchens betreffend die Jahreserklärungen 2007 bevollmächtigt.

Über die Berufung wurde erwogen:

§ 84 BAO lautet:

"§ 84. (1) Die Abgabenbehörde hat solche Personen als Bevollmächtigte abzulehnen, die die Vertretung anderer geschäftsmäßig, wenn auch unentgeltlich betreiben, ohne hiezu befugt zu sein. Gleichzeitig ist der Vollmachtgeber von der Ablehnung in Kenntnis zu setzen.

(2) Das von einer abgelehnten Person in Sachen des Vollmachtgebers nach der Ablehnung schriftlich oder mündlich Vorgebrachte ist ohne abgabenrechtliche Wirkung."

Das Bundesgesetz über die Wirtschaftstreuhandberufe (Wirtschaftstreuhandberufsgesetz - WTBG), BGBl. I Nr. 58/1999, lautete in der Fassung BGBl. I Nr. 84/2005 auszugsweise:

"Wirtschaftstreuhandberufe

§ 1. (1) Wirtschaftstreuhandberufe sind folgende Berufe:

1Wirtschaftsprüfer,

[2. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 84/2005)

3. Steuerberater und

4. Selbständiger Buchhalter.

(2) Die Wirtschaftstreuhandberufe sind freie Berufe.

Berechtigungsumfang - Selbständiger Buchhalter

§ 2. (1) Den zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Selbständiger Buchhalter Berechtigten ist es vorbehalten, folgende Tätigkeiten auszuüben:

1. die pagatorische Buchhaltung (Geschäftsbuchhaltung) einschließlich der Lohnverrechnung und der Erstellung der Saldenlisten für Betriebe im Rahmen der doppelten Wertgrenzen des § 125 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/1998, und der Einnahmen- und Ausgabenrechnung im Sinne des § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988,

2. den Abschluß von Büchern (Erstellung von Bilanzen) nach Handelsrecht oder anderen gesetzlichen Vorschriften im Rahmen der durch § 125 Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 9/1998 festgesetzten Wertgrenzen,

3. die Vertretung in Abgabe- und Abgabestrafverfahren für Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben, ausgenommen der Vertretung vor den Finanzbehörden, den Unabhängigen Verwaltungssenaten und dem Verwaltungsgerichtshof, hierbei ersetzt die Berufung auf die Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis,

4. die Vertretung und die Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen und

5. die kalkulatorische Buchhaltung (Kalkulation).

(2) Die zur selbständigen Ausübung des Wirtschaftstreuhandberufes Selbständiger Buchhalter Berechtigten sind weiters berechtigt, folgende Tätigkeiten auszuüben:

1. sämtliche Beratungsleistungen im Zusammenhang ihres Berechtigungsumfanges gemäß Abs. 1,

2. die Beratung in Beitrags-, Versicherungs- und Leistungsangelegenheiten der Sozialversicherungen,

3. die Beratung und Vertretung vor gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften in Beitragsangelegenheiten und

4. die Vertretung bei den Einrichtungen des Arbeitsmarktservice, der Berufsorganisationen, der Landesfremdenverkehrsverbände und bei anderen in Wirtschaftsangelegenheiten zuständigen Behörden und Ämtern, soweit diese mit den für den gleichen Auftraggeber durchzuführenden Tätigkeiten gemäß Abs. 1 unmittelbar zusammenhängen."

§ 98 Abs. 1 des Bilanzbuchhaltergesetzes BGBl. I Nr. 161/2006 lautet i. d. F. BGBl. I Nr. 11/2008:

"§ 98. (1) Erlangte Berechtigungen, Bezeichnungsvorschriften, Anwartschaften und erworbene Rechte "Gewerblicher Buchhalter" und "Selbständiger Buchhalter" bleiben auch nach dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes unberührt. Dies gilt insbesondere für das Recht auf Grundlage des § 14 Abs. 1 Z 3 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes, BGBl. I Nr. 58/1999, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 120/2005, zur Fachprüfung Steuerberater zugelassen zu werden."

§ 11 der FinanzOnline-Verordnung 2006 BGBl. II Nr. 97/2006 lautet:

"§ 11. Teilnehmer sind die in § 2 Abs. 2 Z 2 bis 4 Genannten, sowie hinsichtlich der elektronischen Abgabenerklärungen und der elektronischen Selbstberechnung und Anmeldung im Sinn des Kapitalverkehrsteuergesetzes darüber hinaus auch die in § 2 Abs. 2 Z 1 Genannten mit Ausnahme der Selbständigen Buchhalter. Hinsichtlich der Änderungen bei den für die Teilnahme erforderlichen Daten gelten § 2 Abs. 2 Z 1 bis 4.

"Geschäftsmäßig" bedeutet, dass eine Tätigkeit nachhaltig oder zumindest mit einer gewissen Häufigkeit, sei es entgeltlich (gewerbsmäßig) oder unentgeltlich, ausgeübt wird; auch eine wiederholte Tätigkeit für nur einen Vollmachtgeber ist als geschäftsmäßig anzusehen. Schon die erstmalige Vertretung kann nach den Umständen des Falles bereits geschäftsmäßig sein, zB wenn eine allgemeine und uneingeschränkte Vollmacht zur Vertretung vor Abgabenbehörden vorliegt (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 84 Anm. 2).

Der Vertreter muss nicht bereits tatsächlich so häufig tätig gewesen sein, damit keine bloß gelegentliche Vertretung mehr vorliegt. Auch die erstmalige Vertretung kann daher bereits geschäftsmäßig sein (Ritz, BAO3, § 84 Tz. 1).

Eine geschäftsmäßige Vertretung i. S. d. § 84 setzt nicht voraus, dass sie für mehrere Personen entfaltet wird. Es genügt, wenn aus den jeweiligen Umständen zu schließen ist, dass sich die Vertretung nicht nur auf einige bestimmte oder zumindest in einem bestimmten Zusammenhang anfallende Vertretungshandlungen beschränkt, sondern einen Agendenkreis umfasst, der verschiedene, nicht näher spezifizierte Vertretungshandlungen mit einer gewissen Häufigkeit erwarten lässt (;; ; i. d. S. auch Stoll, BAO, 843). Dieser Schluss ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Vertreter bereits Handlungen gesetzt hat, deren Häufigkeit es ausschließt, von einer bloß gelegentlichen Vertretung zu sprechen ().

Wer zur geschäftsmäßigen Vertretung befugt ist, richtet sich nach Berufsrecht (Ritz, BAO3, § 84 Tz. 3 m. w. N.).

Ritz, a. a. O., führt in Tz. 13 ff. zu den Selbständigen Buchhaltern aus:

"[13] § 84 BAO ist mittelbar durch das WTBG ( BGBl I 1999/58 ) in seinem Anwendungsbereich betroffen (nämlich durch die teilweise Vertretungsbefugnis für Selbständige Buchhalter) .

Selbständige Buchhalter sind grundsätzlich im Abgabenverfahren nicht vertretungsbefugt. Lediglich nach § 2 Abs 1 Z 4 WTBG sind sie "zur Vertretung und Abgabe von Erklärungen in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen" befugt (iSd § 84 Abs 1 BAO) . Siehe auch Tz 23.

Der Begriff der Angelegenheiten ist weit auszulegen (Ritz, SWK 1999, S 827) .

[14] Diese Vertretungsbefugnis umfasst insbesondere die Unterzeichnung und Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen (§ 21 Abs 1 UStG 1994) , von "berichtigten" Voranmeldungen (iSd § 21 Abs 1 dritter Satz UStG 1994) und von Voranmeldungen betreffenden Anzeigen gem § 139 BAO.

[15] Zur Wahrung der Umsatzsteuervoranmeldungen betreffenden Parteirechte sind Selbständige Buchhalter unter anderem zur Einbringung folgender Anbringen befugt:

- Antrag auf Verlängerung der Frist zur Einreichung der Voranmeldung,

- Berufung gegen Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide (bzw Vorlageantrag) ,

- Antrag auf Wiederaufnahme eines Umsatzsteuerfestsetzungsverfahrens,

- Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Voranmeldungsfrist oder der Fälligkeitsfrist des § 21 Abs 1 UStG 1994,

- Antrag auf Aufhebung (§ 299 Abs 1 BAO) eines Umsatzsteuerfestsetzungsbescheides,

- Ansuchen um Zahlungserleichterungen (§ 212 BAO) für Umsatzsteuervorauszahlungen,

- Antrag auf Nachsicht (§ 236 BAO) von Umsatzsteuervorauszahlungsschuldigkeiten,

- Antrag auf Rückzahlung (Umbuchung, Überrechnung) aus Umsatzsteuervoranmeldungen sich ergebender Guthaben.

[16] Auch Anbringen betreffend Nebenansprüche zu Umsatzsteuervorauszahlungen, wie Säumniszuschläge (§ 217 BAO) , Stundungszinsen (§ 212 Abs 2 BAO), Aussetzungszinsen (§ 212a Abs 9 BAO) und Verspätungszuschläge (§ 135 BAO ) sind von der Vertretungsbefugnis umfasst. Dazu gehören etwa

- Berufungen gegen derartige Nebenansprüche festsetzende Bescheide,

- Anträge auf Aufhebung ( § 299 Abs 1 BAO ) solcher Bescheide,

- Anträge auf Wiederaufnahme solcher Verfahren,

- im Bereich des Säumniszuschlages der Antrag nach § 217 Abs 7 BAO (bei Versäumnis der Zahlungsfrist ohne grobes Verschulden) ,

- Anträge nach § 212 Abs 2 BAO (auf Herabsetzung von Stundungszinsen) .

[17] Der Selbständige Buchhalter hat auch das Recht zur Akteneinsicht ( § 90 BAO ) , allerdings nur, soweit Angelegenheiten der Umsatzsteuervoranmeldungen betroffen sind (zB betreffend Verbuchung der Voranmeldung) .

[18] Die Vertretungsbefugnis des Selbständigen Buchhalters umfasst auch Obliegenheiten im Zusammenhang mit Umsatzsteuervoranmeldungen. Hiezu gehört etwa die Beantwortung von Umsatzsteuervoranmeldungen betreffenden Bedenkenvorhalten oder Ergänzungsaufträgen (iSd § 161 Abs 1 und 2 BAO) . Auch Mitwirkungspflichten im Ermittlungsverfahren sind von der Vertretungsbefugnis betroffen. Dazu gehört etwa die Mitwirkung bei einer Nachschau oder bei einer die Umsatzsteuervorauszahlungen betreffenden Außenprüfung (vgl Ritz, SWK 1999, S 828) .

[19] Die Vertretungsbefugnis des Selbständigen Buchhalters umfasst nicht

- Umsatzsteuerjahreserklärungen (§ 21 Abs 4 UStG 1994),

- Umsatzsteuer-Sondervorauszahlungen (§ 21 Abs 1a UStG 1994 idF vor BGBl I 2003/71),

- Zusammenfassende Meldungen (Art 21 Abs 3 UStG 1994),

- Steueranmeldungen iSd Art 21 Abs 2 UStG 1994 (Ritz, SWK 1999, S 828).

Bei der Kammerumlage nach § 122 Abs 1 WKG 1998 ( "Kammerumlage 1") ist § 21 UStG 1994 (zB über Voranmeldungen) dem § 122 Abs 5 Z 1 WKG 1998 zufolge nicht anzuwenden. Daher umfasst der Berechtigungsumfang des Selbständigen Buchhalters nicht diese Kammerumlage (Ritz, SWK 1999, S 828).

[20] Für die Vertretungsbefugnis in Angelegenheiten der Umsatzsteuervoranmeldungen ist die Umsatzhöhe nicht bedeutsam. Die Vertretungsbefugnis besteht somit auch für Betriebe, für die der Buchhalter nicht (nach § 2 Abs 1 Z 1 WTBG) zur Buchhaltung befugt ist. Der Angelegenheiten der Umsatzsteuervoranmeldungen umfassende Berechtigungsumfang besteht für den gesamten Bereich des Unternehmens, somit auch für nichtbetriebliche Bereiche (Ritz, SWK 1999, S 828) .

[21] § 88 Abs 9 WTBG (idF BGBl I 2005/84) lautet: "Beruft sich ein Berufsberechtigter im beruflichen Verkehr auf die ihm erteilte Bevollmächtigung, so ersetzt diese Berufung den urkundlichen Nachweis." Berufsberechtigte sind ua Selbständige Buchhalter.

[22] Zustellungsbevollmächtigte iSd § 9 ZustG müssen nicht zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugt sein (zB Stoll, BAO, 1058) . Daher sind Zustellungsbevollmächtigungen an Selbständige Buchhalter unabhängig davon wirksam, ob sie zur geschäftsmäßigen Vertretung befugt sind.

[23] Nach § 2 Abs 1 Z 3 WTBG (idF BGBl I 2005/84) besteht die Berechtigung zur "Akteneinsicht auf elektronischem Wege gegenüber den Finanzbehörden" .

[24] Nach 970 BlgNR 22. GP (zu § 2 WTBG) soll diese Erweiterung der Berechtigungen den Selbständigen Buchhaltern in FinanzOnline die Einsichtnahme in die Bereiche "Steuerkonto" ("das gesamte Finanzamtskonto" ) und "Steuerakt" ihrer Klienten ermöglichen. Es erscheint fraglich, ob sich diese Rechtsauffassung aus dem Gesetz ableiten lässt.

[25] Unter "Akteneinsicht auf elektronischem Wege" ist nämlich die "Akteneinsicht (§ 90) ... in automationsunterstützter Form" iSd § 90a gemeint. Wie aus dem dortigen Klammerausdruck "(§ 90)" ersichtlich, ist dies eine Akteneinsicht nach Maßgabe des § 90. Sie darf daher nur gestattet werden, wenn die Kenntnis der Aktenteile zur Geltendmachung oder Verteidigung abgabenrechtlicher Interessen oder zur Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten erforderlich ist. § 90a hat dieses Erfordernis nicht beseitigt. Umso weniger ist dies durch § 2 Abs 1 Z 3 WTBG erfolgt. Dafür sprechen auch Sachlichkeitsüberlegungen. Der Partei selbst darf Akteneinsicht nur für abgabenrechtliche Zwecke gestattet werden; es wäre unsachlich, ihrem Vertreter mehr Rechte einzuräumen als ihr selbst.

[26] Um dem Buchhalter die Kenntnis der für die Buchhaltung erforderlichen Daten (zB nicht entrichtete Umsatzsteuerschuldigkeiten) zu ermöglichen, genügt übrigens als Rechtsgrundlage das AuskunftspflichtG sowie die Nennung solcher Auskünfte in einer VO des BMF (zB in der FOnV 2002) , sofern der Klient derartigen Auskünften zustimmt. Die (jederzeit widerrufliche) Zustimmung iSd § 48a Abs 4 lit c kann auch ohne zeitliche Befristung für künftige Auskünfte erfolgen."

Der Antrag auf Erstreckung der Frist zur Abgabe der Jahressteuererklärungen für 24 Klienten beim Finanzamt ist nicht von der Berufsberechtigung des Bw. umfasst. Er wird hier somit unbefugt tätig.

Gleiches gilt - siehe § 11 FOnV 2006 - für die Anträge betreffend Finanz-Online-Zugang für Z. und AA., die auch in der Liste vom , auf die sich der angefochtene Bescheid offenbar bezieht, angeführt werden.

Bereits aus dem Umstand, dass der Bw. für 24 Klienten Fristerstreckungsanträge in Angelegenheiten, die nicht von seiner Berufsbefugnis umfasst sind, nämlich Anträge auf Verlängerung der Frist zur Abgabe der Jahressteuererklärungen, beim Finanzamt Neunkirchen Wr. Neustadt gestellt hat, ergibt sich nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenats eine unbefugte geschäftsmäßige Vertretung vor den Finanzbehörden.

Auch wenn der Bw. mündliche Spezialvollmachten für diese Anträge - ebenso wie in den Vorjahren - erhalten hat, liegt die Geschäftsmäßigkeit des Tätigwerdens des Bw. für seine Klienten auf der Hand. Aus dem Verhalten des Bw. ist ersichtlich, dass er - deutlich über bloß wenige Einzelfälle hinausgehend - eine umfassende Vertretungstätigkeit gegenüber den Abgabenbehörden zu entfalten beabsichtigt. So gibt der Bw. in seiner Berufung selbst an, bereits in den vergangenen Jahren für seine Klienten derartige Fristerstreckungsanträge gestellt zu haben.

Entgegen der Auffassung des Bw. können aber die berufsrechtlichen Vorschriften nicht dadurch umgangen werden, dass sich der Bw. jedes Mal Spezialvollmachten für sein Einschreiten ausstellen lässt.

Allerdings ist der Bw. im Recht, wenn er sich darauf beruft, dass er in bestimmten Teilbereichen, nämlich hinsichtlich der Vertretung in Angelegenheiten der unterjährigen Umsatzsteuervoranmeldungen befugt tätig wird.

Es genügt nicht, gegenüber dem Bw. bzw. dem UFS darauf zu verweisen, dass ein mit den berufsrechtlichen Befugnissen konform gehendes Einschreiten des Bw. zulässig ist und er diesbezüglich nicht abgelehnt wird; diese Einschränkung hat auch im Ablehnungsbescheid zum Ausdruck zu kommen.

Der angefochtene Bescheid, der den Bw. generell ohne Einschränkung als Vertreter ablehnt, erweist sich daher als überschießend und ist - wie im Spruch dieser Berufungsentscheidung dargestellt - zu modifizieren.

Im Hinblick auf das Vorbringen des Finanzamtes im Vorlagebericht in Bezug auf die Einreichung eines Fragebogens für TH. ist zu bemerken, dass eine Ablehnung des Bw. als Parteienvertreter der TH. nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist, zumal der Fragebogen am eingereicht wurde, der angefochtene Bescheid aber mit datiert, und Frau TH. nicht vom Spruch dieses Bescheides - der sich offenbar auf die Liste vom bezieht - umfasst ist.

Der Unabhängige Finanzsenat ist nicht zuständig, anstelle des Finanzamtes erstmals den Bw. als Vertreter der TH. abzulehnen.

Wenngleich im Verfahren vom Finanzamt nicht angesprochen, ist festzuhalten, dass eine allfällige Zustellungsbevollmächtigung nicht vom Regelungsumfang des § 84 erfasst ist (siehe oben bei Ritz und Stoll, BAO, 1058).

Ebenso ist - angesichts dem Bw. gegenüber geäußerter Bedenken seiner Klienten über seine Berufsberechtigung an sich - klarzustellen, dass der Ablehnungsbescheid die berufsrechtlichen Befugnisse des Bw. nicht berührt.

§ 84 Abs. 1 enthält keine Regelung darüber, welche Abgabenbehörde im Rechtsmittelverfahren die Verständigung der Vollmachtgeber von einer Änderung des Ablehnungsbescheides vorzunehmen hat. Es erscheint zweckmäßig, dies von jener Abgabenbehörde vornehmen zu lassen, die auch den angefochtenen Ablehnungsbescheid in erster Instanz erlassen hat, zumal die Abgabenbehörde zweiter Instanz erst Ermittlungen über die Anschriften der Vollmachtgeber - die sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen lassen; auch die Verständigungen gemäß § 84 Abs. 1 letzter Satz BAO wurden der Abgabenbehörde zweiter Instanz nicht vorgelegt - pflegen müsste. Da der Ablehnungsbescheid eine inhaltliche Änderung erfahren hat, ist auch eine geänderte Information der Vollmachtgeber - dass der Bw. in einem bestimmten Umfang sehr wohl zur Vertretung vor den Abgabenbehörden des Bundes berechtigt ist - erforderlich.

Bemerkt wird, dass über die vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides durch den Bw. als Parteienvertreter gestellten Anbringen zu entscheiden sein wird, da die Ablehnung erst für nach der Ablehnung erfolgte Anbringen Wirksamkeit entfaltet (siehe § 84 Abs. 2 BAO).

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Bundesabgabenordnung eine generelle Ablehnung einer Person als Bevollmächtigter jedweder Personen nicht kennt, sondern - wie sich auch aus § 84 Abs. 1 letzter Satz BAO ergibt - stets ein konkretes Vollmachtsverhältnis zu beurteilen ist. Daher entfaltet der gegenständliche Bescheid hinsichtlich der Vertretung von für TH. keine Wirkung; über eine allfällige Ablehnung wäre von der Abgabenbehörde erster Instanz in einem eigenen Verfahren zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 84 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 WTBG, Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, BGBl. I Nr. 58/1999
§ 98 Abs. 1 BibuG, Bilanzbuchhaltungsgesetz, BGBl. I Nr. 161/2006
§ 11 FOnV 2006, FinanzOnline-Verordnung 2006, BGBl. II Nr. 97/2006
Verweise
Ritz, BAO, 3. Auflage, § 84 Tz 13 ff
Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, 3. Auflage, § 84 Anm. 2
Stoll, BAO, 1058
Zitiert/besprochen in
UFSaktuell 2009, 218
UFS Newsletter 2009/04
taxlex 2009, 274

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at