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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSF vom 06.12.2011, RV/0024-F/09

Anwendbarkeit der Verlustvortragsbegrenzung gemäß § 2 Abs. 2b Z 2 EStG 1988 idF des AbgÄG 2005 im Fall eines Schuldnachlasses


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Miterledigte GZ:
RV/0058-F/09


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0024-F/09-RS1
Kann ein Gewinn aus einem Schulderlass nicht unter einen der in § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 idF des AbgÄG 2005, BGBl. I Nr. 161/2005, angeführten Ausnahmetatbestände subsumiert werden, kommt die Vortragsgrenze gemäß § 2 Abs. 2b Z 2 EStG 1988 zur Anwendung, wonach vortragsfähige Verluste (§ 18 Abs. 6 und 7) nur im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte abgezogen werden können. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Aspekte im Sinne der Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , B 294/00, da gegenständlich nicht von einer Beendigung des Betriebes ausgegangen werden kann und eine Verrechnung der vorerst nicht abzugsfähigen Verluste in nachfolgenden Jahren somit möglich ist.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Peter Steurer und die weiteren Mitglieder Mag. Peter Bilger, Dr. Ulrike Stadelmann und Bernd Feldkircher im Beisein der Schriftführerin Veronika Pfefferkorn über die Berufungen der A Holding GmbH (nach Namensänderung nunmehr C GmbH), vertreten durch die BGR Treuhand GmbH & Co KG Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, 6850 Dornbirn, Färbergasse 15, gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch betreffend Körperschaftsteuer 2007 sowie Anspruchszinsen 2007 nach der am in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Unternehmensgegenstand der berufungsführenden A Holding GmbH ist laut Erklärung vom über die Errichtung der Gesellschaft die Beteiligung an anderen Unternehmen im In- und Ausland (Holding), die Bereitstellung von Dienstleistungen und zentralen Funktionen für Konzernunternehmen sowie der Erwerb von Liegenschaften. Nach eigenen Angaben bestand ihr Zweck im Aufbau einer internationalen Vertriebsstruktur für von der B GmbH hergestellte Produkte, die ihr auch die dafür erforderlichen Mittel zur Verfügung stellte.

Mit Gesellschafterbeschluss vom wurde der Firmenwortlaut der Gesellschaft in C GmbH umbenannt und Punkt II. (Gegenstand des Unternehmens) der Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft aufgehoben und neu gefasst. Gegenstand des Unternehmens sind nunmehr die Entwicklung, die Produktion und der Vertrieb von Textilien und Reinigungsprodukten aller Art sowie der Handel mit Waren aller Art. Die Änderungen wurden im Firmenbuch am eingetragen.

Nachdem die Berufungsführerin sich infolge der erzielten Verluste gezwungen sah, die Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Aufbau einer internationalen Vertriebsstruktur im Jahr 2007 einzustellen, hat die B GmbH aus der Finanzierung dieser Aktivitäten resultierende Forderungen mit einem Teilbetrag von 415.000,00 € nachgesehen.

Infolge des Schuldnachlasses wurde von der Berufungsführerin für das Jahr 2007 ein Gewinn in Höhe von 395.080,56 € erklärt. Mit demselben Betrag wurden unter der Kennzahl 624 "im Gesamtbetrag der Einkünfte enthaltene Sanierungs-, Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinne zur Ermittlung der Verlustvortragsgrenze gemäß § 2 Abs 2 b" EStG 1988" deklariert. Als Sonderausgaben wurden aus den Vorjahren herrührende Verlustabzüge in Höhe von 367.812,30 € geltend gemacht.

Das Finanzamt hat die Verlustabzüge im Körperschaftsteuerbescheid 2007 unter Hinweis auf die Verlustverrechnungsbegrenzung gemäß § 2 Abs. 2b EStG 1988 mit 296.310,42 € (d.s 75% von 395.080,56 €) berücksichtigt und begründend darauf hingewiesen, dass aufgrund des Forderungsverzichtes kein Sanierungsgewinn entstanden sei und es an einer operativen Tätigkeit fehle.

Gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2007 sowie den Bescheid betreffend Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2007 wurde von der steuerlichen Vertretung aufgrund der Anwendung der Verlustvortragsverrechnungsgrenze des § 2 Abs. 2b EStG 1988 Berufung erhoben. Richtig sei, dass die A Holding GmbH derzeit keinen operativen Betrieb mehr unterhalte und dem Unternehmen daher jegliche Sanierungseignung im Zusammenhang mit einem Forderungsverzicht abzusprechen wäre. Entgegen der Annahme des Finanzamtes sei die beantragte Nichtanwendung der Verrechnungsgrenze des § 2 Abs. 2b EStG 1988 jedoch nicht durch das Vorliegen eines Sanierungsgewinnes, sondern im Vorliegen eines Aufgabegewinnes im Sinne dieser Bestimmung begründet. Nachdem die Berufungsführerin im Zusammenhang mit dem Aufbau eines internationalen Vertriebssystems herbe Verluste erzielt habe, sei sie gezwungen gewesen, ihre diesbezüglichen Aktivitäten einzustellen. Anlässlich der Einstellung dieser Aktivitäten habe die B GmbH der Berufungsführerin einen Teilbetrag von 415.000,00 € nachgesehen. Dieser Forderungserlass habe bei der Berufungsführerin zu einem entsprechenden Ertrag geführt, der als Aufgabegewinn im Sinne des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 zu qualifizieren sei und für den daher die Verlustverrechnungsgrenze nicht zur Anwendung komme. Da die gewährten Schuldnachlässe in Zusammenhang mit der Beendigung der Tätigkeit der A Holding GmbH stünden, seien diese als Aufgabegewinn zu qualifizieren. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom , B 294/00, (Buch)Gewinne aus Forderungsverzichten, die im Wege eines (zur Sanierung nicht geeigneten) Zwangsausgleichs im Zusammenhang mit einer Einstellung einer Tätigkeit entstanden seien, einem "Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn" gleichgehalten. In diesem Erkenntnis habe der VfGH zu Recht erkannt, dass die Verlustverrechnungsgrenze des § 2 Abs. 2b EStG 1988 nicht anzuwenden sei, soweit im Einkommen Gewinne enthalten seien, die infolge von Schuldnachlässen im Zusammenhang mit der Einstellung einer Tätigkeit entstanden seien. In diesem Sinne habe auch der Unabhängige Finanzsenat unter Berufung auf die Rechtsprechung des VfGH zu Recht erkannt, dass der Bestimmung des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 das Verständnis zu Grunde liege, atypische Gewinne, die am Ende einer unternehmerischen Betätigung entstünden und bei denen die Verwertung von Verlustvorträgen erst ab einem Folgejahr zu spät kommen könne, von der Verlustvortragsbegrenzung auszunehmen ().

In der abweisenden Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt darauf hin, dass, nachdem die restlichen in § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 angeführten Ausnahmen nicht zur Anwendung kämen, einzig zu prüfen sei, ob im Einkommen Aufgabegewinne von Betrieben bzw. Teilbetrieben enthalten seien. Die im Jahr 2007 nachgesehene Verbindlichkeit sei ursprünglich eine Verbindlichkeit gegenüber der A Produktionsgesellschaft mbH aus dem Jahr 2003 gewesen. Im Jahr 2008 sei die A Produktionsgesellschaft mbH in die B GmbH umbenannt worden. Aus der Bilanz 2003 sei ersichtlich, dass die Verbindlichkeit gegenüber der A Produktionsgesellschaft mbH eindeutig im Zusammenhang mit den im Jahr 2003 erfolgten Anschaffungen der im Anlagevermögen befindlichen Beteiligungen stehe. Diese Verbindlichkeit hätte mit Gewinnausschüttungen der Tochtergesellschaft getilgt werden sollen. Nur so sei der in sämtlichen Bilanzen von 2003 bis 2006 bezüglich der Bilanzposition "negatives Eigenkapital" festgehaltene Vermerk zu verstehen, wonach die A Produktionsgesellschaft mbH gegenüber der Berufungsführerin in einer Rangrücktrittserklärung vom verbindlich erklärt habe, dass die Berufungsführerin zu Zahlungen auf diese Verbindlichkeit nur verpflichtet sei, sobald und soweit die sonstigen Verbindlichkeiten durch Aktivvermögen, bewertet nach Liquidationswerten, gedeckt seien. In den Jahren 2003 bis 2007 seien keine Gewinnausschüttungen der Tochtergesellschaften erfolgt, sodass die Verbindlichkeit nicht getilgt habe werden können. Somit stehe zweifelsfrei fest, dass die im Jahr 2007 von der A Produktionsgesellschaft mbH nachgelassene Verbindlichkeit mit Beteiligungserwerben im Jahr 2003 und nicht mit Aufwendungen, die aus dem Aufbau einer Vertriebsstruktur resultierten, zusammenhingen. Zudem werde in sämtlichen Bilanzen seit 2003 als Unternehmensgegenstand "Beteiligungsgesellschaft" bzw. "Unternehmensbeteiligungen" angeführt. Dass auch tatsächlich keine anderen Tätigkeiten ausgeführt worden seien, lasse sich aus den Gewinn- und Verlustrechnungen ablesen. Darin seien hauptsächlich Wertberichtigungen zu Forderungen, Beteiligungsabschreibungen, Rechts- und Beratungskosten sowie Zinsen enthalten. Dass der Aufbau einer internationalen Vertriebsstruktur ohne Einsatz von Personal vonstattengehen sollte, entziehe sich jeglichem Verständnis. Es seien auch sonst keine Anhaltspunkte vorhanden, die auf eine Erwerbstätigkeit schließen ließen. Die einzige Erlösbuchung - neben der Auflösung der Verbindlichkeit - sei in all den Jahren eine geringfügige Rückstellungsauflösung. Die berufungsführende GmbH sei eine reine Holdingfirma, bei der bislang noch keine Beteiligungserträge eingegangen seien. Da von einer reinen Holdingfirma auszugehen sei, die keine gewerbliche Erwerbstätigkeit, sondern bloß eine vermögensverwaltende Tätigkeit entfalte, könne auch kein Betrieb bzw. Teilbetrieb aufgegeben worden sein. Somit könnten im gegenständlichen Fall in den positiven Einkünften auch keine Aufgabegewinne enthalten sein.

Mit Schriftsatz vom wurde die Entscheidung über die Berufungen gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2007 sowie den Bescheid über die Festsetzung von Anspruchszinsen für das Jahr 2007 durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt. Begründend wurde nach einer Beschreibung des geplanten Vertriebssystems zusammengefasst ausgeführt, die Geschäftsführung der Berufungsführerin sei durch den Alleingesellschafter wahrgenommen worden, der in diesem Zusammenhang enorm viel Arbeit investiert habe. Für seine Tätigkeiten habe er aus wirtschaftlichen Gründen keine Vergütung beansprucht, weshalb in den Gewinn- und Verlustrechnungen der Jahre 2003 bis 2007 keine Personalaufwendungen ausgewiesen seien. Wie jedoch ebenfalls aus den Gewinn- und Verlustrechnungen ersichtlich sei, habe die A Holding GmbH eine zeitlang in der Schweiz und in Deutschland ein Vertriebsbüro unterhalten und seien in diesem Zusammenhang Mieten, Betriebskosten und Telefonkosten angefallen. Außerdem habe die A Holding GmbH über eine komplette Büroeinrichtung für diese Büros verfügt und im Sachanlagevermögen ausgewiesen. Nach Auflösung der Büros sei diese wieder nach Österreich verbracht und im Jahr 2006 verkauft worden.

Richtig sei, dass die Verbindlichkeiten der A Holding GmbH gegenüber der B GmbH zu einem Teil aus der Finanzierung von Auslandsbeteiligungen stammten. Dass diese Verbindlichkeiten durch künftige Gewinnausschüttungen der Tochtergesellschaften an die A Holding GmbH getilgt werden sollten, ergebe sich jedoch nicht aus der von der B GmbH bezüglich dieser Verbindlichkeit abgegebenen Rangrücktrittserklärung. Diese besage lediglich, dass eine Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft trotz Ausweis eines negativen Eigenkapitals nicht gegeben sei. Primäres Ziel der A Holding GmbH sei es nicht gewesen, das Kapital der Tochtergesellschaften in Form von Gewinnausschüttungen abzuziehen, sondern vielmehr hätte eine gut funktionierende Vertriebsstruktur geschaffen werden sollen.

Die bei der A Holding GmbH im Zusammenhang mit dem Aufbau der Vertriebsstrukutur angefallenen Kosten seien ausschließlich im Interesse der B GmbH gelegen, die die angefallenen Kosten vorfinanziert und schließlich auch endgültig getragen habe. Die von der B GmbH auf ihre Forderungen gegenüber der A Holding GmbH vorgenommenen Abschreibungen seien auch im Zuge einer Betriebsprüfung als Betriebsausgabe anerkannt worden.

Soweit das Finanzamt das Nichtvorliegen einer betrieblichen Tätigkeit mit dem Hinweis auf den in den Jahresabschlüssen angeführten Unternehmensgegenstand ("Beteiligungsgesellschaft' bzw. "Unternehmensbeteiligungen") begründe, werde angemerkt, dass diesem Umstand bei der Beurteilung des Vorliegens einer betrieblichen Tätigkeit keine Bedeutung zukomme. Diese Frage sei vielmehr nach den tatsachlichen Verhältnissen zu beurteilen. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse könne aber kein Zweifel am Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit bestehen. Insbesondere sei nicht ersichtlich, weshalb der Finanzierungszusammenhang eines Teils der Verbindlichkeiten mit dem Erwerb von Auslandsbeteiligungen für das Nichtvorliegen einer betrieblichen Tätigkeit sprechen sollte. Diesem Umstand könnte allenfalls bei der Beurteilung der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 UStG 1994 Bedeutung zukommen. Dies sei aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und für das Vorliegen eines Betriebes in keiner Weise maßgeblich.

Zum Verweis auf die Ausübung einer vermögensverwaltenden Tätigkeit sei anzumerken, dass die in § 7 Abs. 3 KStG enthaltene Zurechnungsvorschrift nicht ausschließe, dass eine Körperschaft steuerrechtlich auch einen außerbetrieblichen Vermögensbereich haben könne. Für den Fall, dass das Finanzamt damit das Nichtvorliegen eines Betriebes aufzeigen wolle, werde zu bedenken gegeben, dass in diesem Fall konsequenterweise sämtliches Vermögen, das im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Berufungsführerin stehe, einer außerbetrieblichen Sphäre zuzurechnen wäre. Dies wiederum hätte zur Folge, dass Wertänderungen und somit auch der Buchgewinn aus dem Wegfall der Verbindlichkeit gegenüber der B GmbH steuerlich unbeachtlich wären.

Der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 liege das Verständnis zugrunde, dass die Verlustverrechnungsgrenze auf atypische Gewinne, die am Ende einer betrieblichen Tätigkeit stünden und bei denen die Verwertung von Verlustvorträgen erst ab einem Folgejahr zu spät kommen könne, nicht anzuwenden sei. Diesem Grundsatz hätten der Verfassungsgerichtshof und der Unabhängige Finanzsenat stets auch in Fällen zum Durchbruch verholfen, in denen solche atypischen Gewinne zwar nicht als "Veräußerungs-, Aufgabe-, oder Liquidationsgewinne" zu qualifizieren gewesen seien, sie jedoch zumindest in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen einem solchen atypischen Gewinn nahe gekommen seien. Bei Vorliegen eines solchen atypischen Gewinnes würde die ungehinderte Anwendung der Verlustverrechnungsgrenze des § 2 Abs. 2b EStG 1988 eine Verletzung des durch Art. 5 StGG verfassungsrechtlich geschützten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums darstellen, weil damit auf eine sachlich nicht gerechtfertigte Weise die Möglichkeit der Verlustverwertung faktisch endgültig ausgeschlossen würde.

Nach den Gesetzesmaterialien zur Bestimmung des § 2 Abs. 2b EStG 1988 solle sich die Ertragsbesteuerung stärker an der Liquidität von Unternehmen orientieren. Die aufgrund dieser Bestimmung nicht verrechenbaren Verlustvorträge sollten aber nicht endgültig verloren gehen, sondern deren Verrechnung sollte nur auf spätere Zeiträume aufgeschoben werden. In diesem System habe der Gesetzgeber für eine Gruppe von drei Regelfällen, bei denen ein Aufschub der Verlustverrechnung typischerweise keinen Sinn mehr mache, eine Ausnahmebestimmung vorgesehen, nämlich für Veräußerungs-, Aufgabe- und Liquidationsgewinne. In diesen drei Fällen könne es in der Regel nicht mehr zu einer späteren Verlustverrechnung kommen, weshalb die Anwendung der Verlustverrechnungsgrenze auf diese drei Regelfälle atypischer Gewinne verfassungsrechtlich keinesfalls haltbar wäre.

Die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes () gelte nach Laudacher (SKW 2002, S 593) auch für sämtliche Fälle, in denen atypische Erträge vorlägen, die wirtschaftlich so gelagert seien, dass eine spätere Verlustverrechnung nicht zustande kommen könne. Maßgeblich sei, ob es zu einem sinnwidrigen Auseinanderfallen von atypischem Ertrag und möglicher Verlustverwertung komme, bei dem zwar eine theoretische Möglichkeit der Verrechnung in den Folgejahren verbleiben würde, diese aber wirtschaftlich betrachtet nur mit dem atypischen Gewinn sinnvoll gewesen wäre. Nach diesen Ausführungen seien auch solche atypischen Erträge einem "Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn" gleichzuhalten, die in einer bestimmten betrieblichen Konstellation zwar noch nicht unmittelbar die Betriebseinstellung zur Folge hätten, die aber der Einstellung einer unternehmerischen Tätigkeit zumindest in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen nahe kämen. Sei beispielsweise einem Betrieb die Sanierungsfähigkeit zur Gänze abzusprechen, werde damit zum Ausdruck gebracht, dass dessen Chancen auf eine Betriebsfortführung auf ein Minimum reduziert seien und die Möglichkeit einer späteren Verlustverwertung zumindest in hohem Maße fraglich sei. Das Finanzamt habe der Berufungsführerin jegliche Ertragskraft und damit jegliche Sanierungseignung abgesprochen. Somit stelle sich auch hier die Frage, womit die Gesellschaft denn die Verluste, die vorläufig von einer Verrechnung ausgeschlossen worden seien, in den Folgejahren verrechnen sollte. Bei Anwendung der Verlustverrechnungsgrenze hätte die Berufungsführerin im Jahr 2007 Einkünfte in Höhe von 71.501,88 € zu versteuern, die durch Verlustvorträge gedeckt seien. Da die Gesellschaft diese Verlustvorträge mangels Ertragsaussichten in den Folgejahren voraussichtlich nicht mehr verwerten könne, würde die Anwendung der Verlustverrechnungsgrenze faktisch zu einem endgültigen Ausschluss der Verlustverwertungsmöglichkeit führen. Dies könne nicht dem Willen des Gesetzgebers entsprechen und stelle einen verfassungswidrigen Eingriff in das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums dar. Die Finanzverwaltung habe dem im Stufenbau der Rechtsordnung höherrangigen Verfassungsrecht in jeder Lage des Verfahrens uneingeschränkte Geltung zu verschaffen. In Fällen, in denen die Anwendung einer einfachgesetzlichen Bestimmung zu einem offensichtlich verfassungswidrigen Ergebnis führen würde, habe die Behörde dem höherrangigen Verfassungsrecht dadurch Geltung zu verschaffen, dass sie die entsprechende Bestimmung in verfassungskonformer Weise auslege. Könne in seinem solchen Fall eine offensichtliche Verfassungswidrigkeit auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung beseitigt werden, habe die Behörde die entsprechende Bestimmung unangewendet zu lassen.

Aus diesem Grund sei der Gewinn aus dem Schulderlass in verfassungskonformer Auslegung des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 einem "Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn" gleichzuhalten und die Verlustverrechnungsgrenze nach dieser Bestimmung nicht anzuwenden. Die genannte Ausnahmebestimmung bezeichne nur drei Regelfälle atypischer Gewinne, bei denen der Aufschub einer Verlustverrechnung keinen Sinn mehr mache und daher verfassungswidrig sei. Dem Grunde nach sollten mit dieser Bestimmung jedoch nicht nur die drei erwähnten Regelfälle, sondern sämtliche Fälle atypischer Gewinne, die am Ende einer unternehmerischen Tätigkeit stünden und bei denen eine aufgeschobene Verlustverrechnung zu spät kommen könne, von der Anwendung der Verlustverrechnungsgrenze ausgenommen werden. In diesem Sinne habe auch der Unabhängige Finanzsenat zu Recht erkannt, dass insoweit in den positiven Einkünften (atypische) Gewinne aus der Veräußerung der Betriebsgrundlagen und der Auflösung von Rückstellungen und Investitionsfreibeträgen infolge Einstellung des Geschäftsbetriebes enthalten seien, in verfassungskonformer Interpretation des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , B 294/00 , die Verrechnungs-und Verlustvortragsgrenze nicht anzuwenden sei ( ).

Mit Schreiben vom wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung zurückgezogen.

Über die Berufung wurde erwogen:

1. Körperschaftsteuer

Mit der im Gesetz durch das Budgetbegleitgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, neu eingefügten Bestimmung des § 2 Abs. 2b EStG 1988 wurde die Verlustverrechnung und der Verlustabzug(-vortrag) betraglich beschränkt.

Die Begrenzung der Berücksichtigung von Verlusten war nach § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 142/2000, insoweit nicht anzuwenden, als in den positiven Einkünften oder im Gesamtbetrag der Einkünfte Sanierungsgewinne (Gewinne, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens in Folge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind) oder Veräußerungsgewinne und Aufgabegewinne (Gewinne aus der Veräußerung sowie der Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen) oder Liquidationsgewinne enthalten waren.

Mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, wurde die Ausnahmeregelung bezüglich von Sanierungsgewinnen zunächst auf solche im Sinne des mit diesem Gesetz neu geregelten § 36 EStG 1988 eingeschränkt.

Nach der mit dem Abgabenänderungsgesetz 2005, BGBl. I Nr. 161/2005, erfolgten Neufassung der Ausnahmebestimmung der Z 3 hat die Bestimmung des § 2 Abs. 2b EStG 1988 folgenden Wortlaut:

"Sind bei Ermittlung des Einkommens Verluste zu berücksichtigen, die in vorangegangenen Jahren entstanden sind, gilt Folgendes:

1. In vorangegangenen Jahren entstandene und in diesen Jahren nicht ausgleichsfähige Verluste, die mit positiven Einkünften aus einem Betrieb oder einer Betätigung zu verrechnen sind, können nur im Ausmaß von 75% der positiven Einkünfte verrechnet werden (Verrechnungsgrenze). Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht verrechnet werden können, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung der Verrechnungsgrenze zu verrechnen.

2. Vortragsfähige Verluste im Sinne des § 18 Abs. 6 und 7 können nur im Ausmaß von 75% des Gesamtbetrages der Einkünfte abgezogen werden (Vortragsgrenze). Insoweit die Verluste im laufenden Jahr nicht abgezogen werden können, sind sie in den folgenden Jahren unter Beachtung der Vortragsgrenze abzuziehen. Dies gilt auch für Verluste im Sinne des § 117 Abs. 7 zweiter Satz insoweit, als diese Verluste wegen der Vortragsgrenze nicht abgezogen werden können.

3. Die Verrechnungsgrenze und die Vortragsgrenze sind in folgenden Fällen insoweit nicht anzuwenden, als in den positiven Einkünften oder im Gesamtbetrag der Einkünfte enthalten sind:

- Gewinne aus einem Schulderlass gemäß § 36 Abs. 2,

- Gewinne, die in Veranlagungszeiträumen anfallen, die von einem Konkursverfahren oder einem gerichtlichen Ausgleichsverfahren betroffen sind,

- Veräußerungsgewinne und Aufgabegewinne, das sind Gewinne aus der Veräußerung sowie der Aufgabe von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen,

- Sanierungsgewinne, das sind Gewinne, die durch Vermehrungen des Betriebsvermögens infolge eines gänzlichen oder teilweisen Erlasses von Schulden zum Zwecke der Sanierung entstanden sind,

- Liquidationsgewinne im Sinne des § 19 des Körperschaftsteuergesetzes 1988.

Die steuerliche Vertretung wendet unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes () sowie auf Entscheidungen des Unabhängigen Finanzsenates ( und ) im Wesentlichen ein, der Gewinn aus dem in Rede stehenden Schulderlass sei in verfassungskonformer Auslegung des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 einem "Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn" gleichzuhalten und die Verlustverrechnung daher nicht nach § 2 Abs. 2b EStG 1988 begrenzt.

Das angesprochene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom , B 294/00, ist zur Bestimmung des § 117 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 ergangen. Nach der als Verfassungsbestimmung beschlossenen Norm des § 117 Abs. 7 Z 1 EStG 1988 idF BGBl. 201/1996, war bei der Veranlagung 1996 und 1997 ein Verlustabzug nicht zulässig. Die aus dieser Sistierung des Verlustabzuges resultierenden Folgeprobleme hat der Gesetzgeber ua. durch die - nicht im Verfassungsrang stehende - Z 2 dieser Vorschrift abgefangen. Nach § 117 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 konnte der Steuerpflichtige in Fällen, in denen ein Verlust aus vorangegangenen Jahren von einem bei der Veranlagung für die Kalenderjahre 1996 oder 1997 zu berücksichtigenden Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn abzuziehen gewesen wäre, beantragen, dass die steuerliche Erfassung des betreffenden Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinnes insoweit auf das Veranlagungsjahr 1998 verschoben wird, somit auf ein Jahr, in dem Vorjahresverluste wieder abgezogen werden konnten.

In diesem Zusammenhang hat es der Verfassungsgerichtshof als unsachlich und damit als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz angesehen, wenn einem außerordentlichen Ertrag aus Forderungsverzichten im Gefolge eines Zwangsausgleiches und damit einhergehender Einstellung der unternehmerischen Betätigung einerseits - mangels Betriebsfortführung - die Eigenschaft eines steuerfreien Sanierungsgewinnes, andererseits aber auch die Qualität eines Aufgabe- oder Liquidationsgewinnes, dessen Versteuerung auf 1998 verschoben hätte werden können, abgesprochen wird.

Begründend führt der Verfassungsgerichtshof im Wesentlichen aus, bei den in § 117 Abs. 7 Z 2 EStG 1988 angeführten Gewinnen handle es sich um die Regelfälle von atypischen Gewinnen, die am Ende einer unternehmerischen Betätigung stünden und bei denen daher die Verwertung von Verlustvorträgen erst ab einem Folgejahr zu spät kommen könne. Gerade dies treffe aber auch für (Buch)Gewinne zu, die aus Forderungsverzichten im Wege eines (zur Sanierung nicht geeigneten) Zwangsausgleiches resultierten, wenn es im Zusammenhang damit zu einer Einstellung der unternehmerischen Betätigung komme. Auch dann, wenn der außerordentliche Ertrag aus den Forderungsverzichten im Gefolge des Zwangsausgleiches nicht als Aufgabegewinn im spezifisch steuerrechtlichen Verständnis anzusehen sei, sei dieser Ertrag aus Gründen der verfassungskonformen Behandlung einem "Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn" gleichzuhalten, weshalb auch für ihn eine Verschiebung der steuerlichen Erfassung in das Jahr 1998 möglich sein müsse.

Auf die Aussagen des Verfassungsgerichtshofes gestützt, hat der Unabhängige Finanzsenat in der Entscheidung vom , RV/0571-W/05, die Verlustverrechnungs- bzw. Verlustvortragsgrenze als auf (atypische) Gewinne aus der Veräußerung der Betriebsgrundlagen und der Auflösung von Rückstellungen und Investitionsfreibeträgen infolge Einstellung des Geschäftsbetriebes nicht anwendbar beurteilt.

In einer weiteren Entscheidung ist der Unabhängige Finanzsenat zur Ansicht gelangt, dass als Liquidationsgewinne im Sinne des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 bei unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallenden Körperschaften nicht nur solche im Sinne des § 19 KStG 1988 anzusehen seien (). Diese Auffassung wurde zwischenzeitig vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt (). Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof aus, im Kontext eigenständiger Definitionen der "Sanierungsgewinne" sowie der "Veräußerungsgewinne und Aufgabegewinne" in der auszulegenden Bestimmung sei ein Verständnis des Begriffs "Liquidationsgewinne" im Sinne der Regelungen des § 19 KStG 1988 nicht zwingend vorgegeben und eine Interpretation nach Maßgabe des Zwecks der Norm angebracht gewesen. Auch lasse das Gesetz nicht auf die Absicht des Gesetzgebers schließen, die Berücksichtigung von Verlusten früherer Jahre in Fällen, in denen die Gewinne eines Jahres aus Forderungsverzichten von Gläubigern im Zusammenhang mit der Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit resultierten, endgültig zu schmälern. Der sachliche Zusammenhang des aus einer Anwendung der Begrenzung in einem solchen Fall resultierenden Nachteils mit der Entstehung der zu besteuernden Gewinne lege es unter Wertungsgesichtspunkten, wie sie auch im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes zum Ausdruck kämen, nahe, den Gewinn in einem Fall wie dem vorliegenden einem "Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn" gleichzuhalten, zumal in der Regierungsvorlage zum Budgetbegleitgesetz 2001, BGBl. I Nr. 142/2000, mit dem die Betragsbegrenzungen eingeführt worden seien, davon die Rede gewesen sei, dass die vorerst nicht verrechenbaren Beträge nicht verloren gehen würden (311 BlgNR XXI. GP).

Die berufungsführende Holding GmbH wurde mit Erklärung vom errichtet. In den Bilanzen bis 2006 wurden jeweils die Betriebs- und Geschäftsausstattung (Anschaffungskosten 7.124,72 €, Abgang im Jahr 2006), auf 1,00 € abgeschriebene Anteile an verbundenen Unternehmen (D GmbH) und Beteiligungen (A Limited, bis 2004) sowie Ausleihungen an verbundene Unternehmen ausgewiesen. Als Umlaufvermögen wurden Forderungen gegenüber Gesellschaftern und sonstige Forderungen sowie bis 2006 Guthaben bei Kreditinstituten ausgewiesen. Passivseitig wurden neben dem Eigenkapital und Rückstellungen die Verbindlichkeit gegenüber der A Produktionsgesellschaft mbH sowie sonstige Verbindlichkeiten ausgewiesen. Die Aufwendungen resultierten im Wesentlichen aus Abschreibungen, Steuern und Gebühren, Mietaufwendungen (Büro Schweiz und Deutschland; bis 2004), Betriebskosten (Büro), Zinsen, Geldverkehrsspesen, Provisionen (2003), Wertberichtigungen sowie Rechts- und Beratungsaufwendungen. Als Erträge wurden lediglich Zinserträge sowie Rückstellungsauflösungen verbucht.

In der Bilanz zum wurden aktivseitig noch auf 1,00 € abgeschriebene Anteile an verbundenen Unternehmen (D GmbH) und Forderungen gegenüber Gesellschaftern (41.378,25 €) ausgewiesen, passivseitig das Eigenkapital, Rückstellungen (1.800,00 €) und sonstige Verbindlichkeiten (23.096,98 €). In der Gewinn- und Verlustrechnung sind als Einnahmen neben den sonstigen Erträgen aus dem Forderungsnachlass (415.000,00 €) Gesellschafterzinsen ausgewiesen, als Aufwendungen Gebühren, Beiträge und Steuern, Rechts- und Beratungsaufwand sowie Zinsen.

Die Bilanzen der Jahre 2008 und 2009 weisen im Wesentlichen dieselben - betraglich geringfügig differierenden - Positionen aus.

In den Erläuterungen zur Bilanz zum ist zur Position "Negatives Eigenkapital" wie auch in den Vorjahren folgendes angemerkt:

"Die Gesellschaft weist unter den Passiva den Posten "negatives Eigenkapital" in Höhe von 396.132,60 € aus.

Die Geschäftsführung der Gesellschaft nimmt zur Frage, ob eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechts vorliegt, wie folgt Stellung:

Die Gesellschaft weist Verbindlichkeiten gegenüber der "A" Produktionsgesellschaft m.b.H. mit einem Betrag von EUR 489.946,02 aus. Bezüglich dieser Forderung hat die "A" Produktionsgesellschaft m.b.H. in einer Rangrücktrittserklärung vom gegenüber der A Holding GmbH verbindlich erklärt, dass die A Holding GmbH zu Zahlungen auf diese Forderung nur verpflichtet ist, sobald und soweit ihre sonstigen Verbindlichkeiten durch Aktivvermögen, bewertet nach Liquidationswerten, gedeckt sind.

Es liegt daher keine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes vor."

Unbestritten ist, dass im Berufungsfall kein Sanierungsgewinn im Sinne des § 2 Abs. 2b Z 3 vierter Teilstrich EStG 1988 vorliegt und kann auch aus der Aktenlage - gerade auch im Hinblick auf die oben wiedergegebene Erklärung - nicht abgeleitet werden, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Sanierungsgewinnes (allgemeine Sanierungsmaßnahme, Sanierungsbedürftigkeit, Sanierungsabsicht, Sanierungseignung; vgl. dazu Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer - Kommentar, 47. Lfg., § 36 Tz 5ff; Quantschnigg/Renner/Schellmann/ Stöger, Die Körperschaftsteuer - Kommentar, 11. Lfg., § 23a Tz 11ff) erfüllt wären. Ebenso kann kein Zweifel bestehen, dass ein Liquidationsgewinn im Sinne des § 19 KStG, wie es anders als nach der vom Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2005/13/0122, zu beurteilenden Rechtslage in § 2 Abs. 2b Z 3 fünfter Teilstrich EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 161/2005, nunmehr ausdrücklich gefordert wird, vorliegt. Nachdem mit der Gesetzesänderung durch das Abgabenänderungsgesetz 2005 auch klargestellt wurde, dass die angeführten Liquidationsgewinne das körperschaftsteuerrechtliche Pendant zu den einkommensteuerrechtlichen Veräußerungs- und Aufgabegewinnen darstellen (vgl. Wiesner, RWZ 3/2011, 73f), besteht für eine Interpretation nach Maßgabe des Zwecks der Norm im Sinne der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , 2005/13/0122, kein Raum mehr.

Darüber hinaus kommt nach Überzeugung des Unabhängigen Finanzsenates eine Subsumierung des gegenständlich zu beurteilenden Sachverhaltes unter die Ausnahmeregelungen des § 2 Abs. 2b Z 3 EStG 1988 auch unter verfassungsrechtlichen Aspekten im Sinne der ins Treffen geführten Judikatur nicht in Betracht.

Den vom Verfassungsgerichtshof bzw. vom Verwaltungsgerichtshof und vom Unabhängigen Finanzsenat entschiedenen Fällen lagen jeweils Fälle zugrunde, in denen außerordentliche Erträge im Zusammenhang mit der Einstellung der unternehmerischen Tätigkeit erzielt wurden. Davon aber kann im Berufungsfall nach dem sich aus der Aktenlage ergebenden Bild nicht ausgegangen werden.

Wie bereits ausgeführt, sind in den Bilanzen neben einer 50%igen Beteiligung an der A Limited (bis 2005) jeweils nur auf 1,00 € abgeschriebene Anteile (100%) an der D GmbH (den Erläuterungen in der Bilanz zum , Punkt 7.3. zufolge hat diese zum Stichtag ein positives Eigenkapital in Höhe von 11.794,00 € ausgewiesen und einen Gewinn in Höhe von 506.492,00 € erzielt) ausgewiesen. Diese hat sie im Jahr 2007 wie auch in den Folgejahren unverändert ausgewiesen. Sie konnte somit auch jederzeit - dem ausgewiesenen Unternehmenszweck entsprechend - neue Beteiligungen erwerben oder Tochterunternehmen gründen. Selbst wenn die Berufungsführerin den eigenen Angaben entsprechend daher eine im Aufbau einer internationalen Vertriebsstruktur bestehende operative Tätigkeit ausgeübt haben sollte, hat die Berufungsführerin damit allenfalls diesen Tätigkeitsbereich eingestellt, nicht aber einen Betrieb als solchen aufgegeben. Auch die Berufungsführerin selbst behauptet nicht, dass der Betrieb eingestellt worden wäre, spricht sie doch davon, dass sie die Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Aufbau einer internationalen Vertriebssystems einstellen habe müssen bzw. auch solche atypischen Erträge einem "Veräußerungs-, Aufgabe- oder Liquidationsgewinn" gleichzuhalten seien, die in einer bestimmten betrieblichen Konstellation zwar noch nicht unmittelbar die Betriebseinstellung zur Folge hätten, die aber der Einstellung einer unternehmerischen Tätigkeit zumindest in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen nahe kämen. Bestätigt wird dies letztlich auch dadurch, dass die Berufungsführerin laut Firmenbuch mit Gesellschafterbeschluss vom Namen und Unternehmensgegenstand geändert hat.

Dass die Berufungsführerin nach dem Schulderlass keine entsprechenden Erträge erzielt, steht der Anwendung der Bestimmung des § 2 Abs. 2b EStG 1988 nicht entgegen. Wie auch der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, ist die Begrenzung der Abzugsfähigkeit vortragsfähiger Verluste nach § 2 Abs. 2b EStG 1988 nicht davon abhängig, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte in den nachfolgenden Veranlagungsjahren positiv ist (vgl. ).

Die Berufung war daher als unbegründet abzuweisen.

2. Anspruchszinsen

Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen, nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzten Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Bescheide zu verzinsen.

Nach dem Normzweck des § 205 BAO gleichen Anspruchszinsen die Zinsvorteile bzw. Zinsnachteile aus, die sich aus unterschiedlichen Zeitpunkten der Abgabenfestsetzung ergeben; dabei löst jede Nachforderung bzw. Gutschrift gegebenenfalls einen (neuen) Anspruchszinsenbescheid aus. Es liegt daher je Differenzbetrag eine Abgabe vor, wobei der Zinsenbescheid an die Höhe der im Spruch des zur Nachforderung oder Gutschrift führenden Bescheides gebunden ist. Aufgrund dieser Bindung ist der Zinsenbescheid aber nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Stammabgabenbescheid (gegenständlich somit der im Ergebnis ohnedies bestätigte Körperschaftsteuerbescheid 2007) sei rechtswidrig (vgl. Ritz, BAO3, § 205 Tz 34; ebenso , mwN). Wird der Abgabenbescheid abgeändert, hat von Amts wegen ein weiterer Zinsenbescheid zu ergehen, ohne dass eine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides zu erfolgen hat (vgl. ). Der im Ergebnis mit der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Körperschaftsteuerbescheides begründeten Berufung gegen den Anspruchszinsenbescheid konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

Feldkirch, am

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